Kapitel 22
Nesrin
Erst am nächsten Morgen wachte ich wieder in meinem Bett auf und sah, dass Luzifer noch da war und Frühstück gemacht hatte. Gefühlt hatte ich schon seit Ewigkeiten kein richtiges Mittag- und Abendessen mehr gehabt. Aber wenigstens gab es noch Frühstück. „Wie geht es dir?" fragte er mich auch sogleich, als er sah das ich aufgewacht war. „Ich weiß nicht... was ist gestern nochmal passiert?" fragte ich noch ein wenig müde und unausgeschlafen. „Du warst gestern in einer Bar und hast dort mit einer Freundin geredet. Du warst danach so fertig, dass du im Auto neben mir eingeschlafen bist und ich dich in dein Bett tragen musste." antwortete Luzifer und ich wurde ruckartig wach. „Du warst das? Oh man... ich muss wirklich fertig gewesen sein..." murmelte ich vor mir her und bis von meinem Toast ab, welches mit Tee und Belag auf einem Tablett vor mir auf meinem Bett lag. „Meinst du, du kannst heute Abend trotzdem zu der Premiere?" fragte Luzifer mich besorgt. „Die Premiere? Oh! Die Premiere! Die hatte ich schon wieder völlig vergessen..." stand ich sofort auf und wollte mich dafür umziehen, aber Luzifer war ja noch im Raum. „Ähm..." gab ich deswegen von mir. „Keine Sorge, wir haben noch Zeit bis dahin..." beruhigte er mich. Da bemerkte ich erst, dass ich noch die alten Sachen von gestern trug und meine ganze Schminke verwischt war. Schnell lief ich zum Bad und wischte mir dieses versaute Meisterwerk vom Gesicht. Es dauerte fast eine halbe Stunde bis ich mich wieder richtig erkennen konnte. Nachdem ich mir auch noch die Haare durch gebürstet hatte, ging ich wieder zurück zu Luzifer und aß auf. „Bist du die ganze Zeit hier geblieben?" fiel mir dabei auf. Er nickte. „Hätte ich dich denn hier liegen lassen sollen, nachdem du mich so verheult angerufen hattest?" fragte er zurück. „Du warst auf Kurzwahl..." redete ich mich da nuschelnd heraus. Ja, es war vielleicht nicht meine bedachteste Entscheidung gewesen. Aber das war mir gestern so was von an der Nase vorbei gegangen. Luzifer musste ein wenig schmunzeln als ich mich aus der Sache so heraus geredet hatte. „Was?" fragte ich. Er seufzte. „Du weißt, dass du nicht auf mich achten musst, wenn du dich entscheidest oder?" erwiderte er. Ich starrte ihn an. „Aber..." fing ich an. „Du wirst dich für Aaron entscheiden. Das war mir von Anfang an bewusst... und es ist auch besser so für dich und diese Welt. Aber lasse dir eins gesagt sein, froh über diese Entscheidung bin ich nicht. Ich muss jetzt los... ich muss noch ein paar Vorbereitungen treffen bevor die Feier beginnt. Ich hoffe wir sehen uns dort, Prinzessin." sagte er zu mir und dann ging er einfach. Hatte er mir gerade ernsthaft die Entscheidung genommen, wen ich wählen sollte? Völlig neben der Spur stand ich auf und packte das Tablett weg. Er wusste schon die ganze Zeit über, dass ich ihn nicht wählen würde. Die ganze Zeit und trotzdem hatte er um mich gekämpft. Wieso bloß? Das ergab einfach keinen Sinn für mich. Nachdenklich packte ich den Teller auf dem das Toast war und die Tasse, den ich mittlerweile auch ausgetrunken hatte, in die Spülmaschine rein. Danach sah ich zu der einen Stuhllehne auf der das Kleid lag. Doch da war noch ein Päckchen. Verwirrt ging ich darauf zu und machte es mit der Schere von gestern auf. Eine kleine Schatulle in dunkelblau kam zum Vorscheinen. Sie war mit Samt umhüllt und dort wo man sie öffnen konnte, bestand sie aus Silber. Neugierig machte ich sie auf und hielt den Atem an, als ich sah was dort drin war. Es war eine wunderschöne Kette mit einem Smaragd als Anhänger. Genau wie die Schatullenöffnung war sie aus Silber und hüllte den Smaragd mit Schnörkeln drum herum ein.
Etwas sagte mir, dass sie von Luzifer hinterlassen wurden ist. Fasziniert von ihr, legte ich sie an. Sie passte perfekt zu mir... wann hatte er sie überhaupt besorgt? Und woher wusste er, dass sie mir passte? Nur zu gern wüsste ich die Antworten auf die Fragen. Doch erst einmal würde ich nur die Kette haben.
Die Zeit verging wie in einem Zeitraffer und es wurde schon langsam dunkel. Ich hatte mich bereits umgezogen und legte noch die Kette um, ehe ich es Klopfen hörte und die Tür öffnete. „Miss Baker, wenn sie mir folgen würden." bat mich ein Fahrer und ich nickte zustimmend. Unten angekommen erblickte ich eine lange Limousine vor dem Haus. Wahrscheinlich wurden sie und der Fahrer von Luzifer und Aaron finanziert. Aber das war mir ehrlich gesagt egal. Jetzt würde ich zum ersten Mal auf dem roten Teppich sein und das war das einzige, was mich gerade interessierte. Voller Aufregung stieg ich folglich in die Limousine ein und wir fuhren los. Ich nahm an, dass Luzifer und Aaron in anderen Autos kommen würden und mich dann dort erwarteten und ich hatte recht; als wir anhielten und sich die Tür öffnete wurden mir zwei Arme angeboten, einer von Luzifer, der andere von Aaron und wir wurden von mehreren Blitzlichtern auf dem roten Teppich begrüßt. Ich lachte in die Kamera und war glücklicher als je zuvor. Als wir beim Ende angekommen waren, blieb ich mit beiden drinnen stehen. „Danke... wirklich. Ich hätte nie im Leben gedacht, bei einer Filmpremiere zu sein umgeben von den berühmtesten Menschen der Welt!" dankte ich beiden. „Dank uns nicht zu früh..." wisperte allerdings Luzifer mir mysteriös ins Ohr und wir gingen weiter zu unseren Sitzplätzen, die uns bereits frei gehalten wurden sind. Was meinte er wohl mit „Dank uns nicht zu früh"? Was hatte er noch vor? War es soweit? Leider konnte ich mir nicht weiter Gedanken darum machen, denn schon in der nächsten Sekunde ging der Vorhang auf und wir wurden von Tim Burton persönlich begrüßt. Er war wirklich freundlich und warmherzig, so wie alle sagten. Und ein Genie, wenn man das noch so hinzufügen durfte, denn seine Filme und Serien waren genial.
„Hallo und herzlich willkommen alle zusammen zu dieser großartigen Premiere! Ich freue mich, so viele alte und neue Gesichter sehen zu dürfen! Nun will ich aber nicht länger um denn heißen Brei herum reden... und wünsche somit allen viel Spaß!"
Mit diesen Worten ging er auch schon von der Bühne und nahm seinen Platz ein. Dann ertönte Musik und die bekannten Symbole der Firmen die dort mitgewirkt hatten erschienen. Danach wurde es ganz still. Keiner sagte auch nur ein Wort und das Bild wurde weiß. Ohne das man vorgewarnt wurde, regnete es im Film rotes Blut. Die erste Szene begann damit, dass erzählt wurde das alles nicht so war wie es schien. Eine Frau, die überall an sich Blut kleben hatte, erfüllte den Bildschirm vom Kino. Gespannt lauschte ich, wie sie ihre Geschichte erzählte. Der Film war fesselnder als ich erwartet hatte und machte den Büchern wirklich alle Ehre. Auch Aaron und Luzifer schienen dem Film Aufmerksamkeit zu schenken und für einen klitzekleinen Moment, ging es nicht um diese bescheuerte Wette und ich machte mir keine Gedanken darum als ich den Film sah. Als er denn zu Ende war, applaudierte das ganze Publikum und standen dann auf. Ich hörte nebenbei, wie ein paar über eine Party danach redeten. Auch Luzifer und Aaron standen irgendwann auf, als es einigermaßen leer wurde und ich tat es ihnen gleich.
„Komm, lass uns ihnen hinterher gehen. Ich glaube, die Drinks werden da mindestens genauso gut sein, wie die Gesellschaft." sagte Aaron zu mir. Ich sah zu Luzifer. „Ich komme auch mit..." wisperte er mir zu, also stimmte ich Aaron zu und wir gingen zusammen zu der Party. Sie war ganz in der Nähe des Kinos in einer großen Villa. Ich hatte noch nie gesehen, dass so viele Berühmtheiten auf einem Haufen waren, sich unterhielten, tranken und tanzen. Und obwohl ich sie nicht kannte, fühlte ich mich ihnen sofort zu gehörig. „Ich rede kurz mit einem Freund... ich bin bald wieder zurück." entschuldigte sich Aaron und verschwand in der großen Menge. Ich drehte mich um zu Luzifer. Doch als ich meinen Mund öffnen wollte, um mich bei ihm für das zu entschuldigen, was er bereits wusste, kam jemand auf uns zu. „Hiii, na sie einer mal an wen wir da haben. Meinen alten Freund und wer bist du?" fragte mich jemand. Ich drehte mich um und bekam fasst nicht mehr meinen Mund zu. Das war wirklich Jenna Ortega. Die, die Wednesday Addams gespielt hatte. „Ich.. ich... ich bin Nesrin Baker." stotterte ich ihr vor. Ja, klar ich war älter als sie. Aber wie konnte ich auch erwarten, dass sie mich anspricht? „Die Nesrin? Wow... ich hab viel von dir gehört." erzählte sie mir. „Moment mal, du kennst Luzifer?" fragte ich verwundert. Sie nickte. „Und Aaron... sie sind sozusagen Legenden in der Filmgeschichte. Als Luzifer mich zum ersten Mal angesprochen hatte, hab ich genauso gestottert wie du eben... meine Güte war mir das peinlich gewesen!" erwiderte sie. Es schien für sie völlig normal zu sein, dass der Teufel mit im Raum stand. Kein bisschen wirkte sie von ihm eingeschüchtert. Ich hatte sie ja schon von Anfang an bewundert, aber das war wirklich erstaunlich. Wie lange sie sie wohl schon kannte?
„Freut mich auch dich wiederzusehen Jenna... würdest du uns für einen Moment entschuldigen bitte? Wir müssen noch etwas klären, bevor wir uns der Party widmen können." bat plötzlich Luzifer sie und sie nickte. „Hat mich gefreut..." sagte sie noch, dann verschwand sie genauso wie Aaron in der Menge. Das gab mir genügend Zeit um die Arme zu verschränken, zu Luzifer zu sehen und eine Augenbraue hochzuziehen. Wieder ein Seufzer seinerseits. „Ich war vor fünf Jahren wegen einer gewissen Sache in der Filmbranche unterwegs. Ohne Jenna hätte ich nicht meinen Job erfüllen können." erläuterte er mir. „Ahja..." erwiderte ich trotzdem noch ein wenig skeptisch. „Können wir bitte kurz draußen reden?" fragte er mich. „Wieso? Du scheinst hier doch alle schon zu kennen... wieso müssen wir dafür nach draußen?" entgegnete ich. Ohne mir zu Antworten nahm er einfach meine Hand und zog mich hinter sich her. „Hey!" beschwerte ich mich sofort, doch er war viel stärker als ich und ich konnte mich kaum von seiner Hand befreien. Also lief ich ihm einfach hinterher nach draußen wo es, mit nur einem Kleid an, wirklich verdammt kalt war. Natürlich bemerkte er das sofort und legte mir seinen Mantel um, sodass ich nicht erfror. „Was willst du Luzifer?" fragte ich. Wir beide wussten, dass es nicht nur auf das hier und jetzt bezogen war. Es war auf all das bezogen, was wir zusammen erlebt hatten. Auf seine Taten und die Dinge, die er mir geschenkt hatte, wertvolle Erinnerungen, Anziehsachen und auch die Kette.
„Ich möchte nur eins wissen. Hatte ich recht?"
Kurze Stille entstand zwischen uns. Ich wollte nicht antworten... nicht auf diese Frage. Doch das schien im Antwort genug zu sein. „Gut... dann werde doch mit ihm glücklich."
Und ehe ich mich versah, stürmte er wütend davon zu seinem Auto und fuhr weg. Wenige Sekunden später kam auch schon Aaron auf mich zu. „Hey, was ist los?" fragte er besorgt um mich, da ich ja jetzt alleine draußen stand. Von dem eben hatte er natürlich rein gar nichts mitbekommen. Also entschied ich mich dazu, einmal tief ein und auszuatmen. „Ich brauchte nur ein bisschen frische Luft." sagte ich dann. „Luzifer ist gegangen..." ergänzte ich. Aaron legte einen Arm um mich. „Soll ich dich nach Hause bringen?" fragte er. Das war eine Sache, die ich wirklich an ihm mochte... er hinterfragte. Das tat immer nur Luzifer. Ein Nicken von mir und er holte seine Schlüssel raus. Wenige Stunden später war ich auch schon in meiner Wohnung und in mein Bett gekuschelt. Doch schlafen konnte ich kaum. Ich hatte ihn verletzt. Und nur, weil ich meinen verdammten Mund nicht aufbekommen hatte und ihm nicht sagen konnte, dass ich schon die ganze Zeit etwas für ihn empfand...
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