VI.II Die Schimmelreiterin
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In Valon regnete es Säure.
Aus ihrem Fenster beobachtete Zilli, wie die Tropfen zischend auf der verdorbenen Erde aufschlugen, wie Rauch in den Himmel stieg und Soldaten mit schmerzhaft verzerrten Gesichtern ins Trockene stürzten.
Auch Kerinks Kontorhaus wäre wohl der Zerstörung zum Opfer gefallen, schützte es nicht ein Zauber gewoben von ihr und Hašek.
So ragte es nur als blasser Zahn in den Sulfurhimmel und trotzte tapfer Magie und Wetter.
Ihre Strafe hätte deutlich schrecklicher ausfallen können, befand sie so hier im Trockenen und Warmen sitzend.
Nur lag das momentan weniger an Kabisius Gnade, sondern an der notorischen Abwesenheit des Oberst.
Zilli seufzte, dann blickte sie wieder stur auf ihr Grimoire.
Die ewig gleichen Sigillen und Beschwörungen verschwammen schon vor ihren Augen, aber was blieb ihr anderes übrig?
Seit Stunden war kein einziger Befehl aus der Kommandozentrale gekommen.
Seit Stunden hockten sie hier, mit keiner Erlaubnis ohne Befehl agieren zu dürfen.
Das Paradoxon der niederen Offiziere.
Nicht an der Front, auch nicht am Ort der Entscheidung, sondern im Limbo dazwischen.
Also taten sie das einzige, was ihnen in dieser Armee geführt von aristokratischen Dünkeln übrigblieb:
Warten.
Warten und Beten.
Nur hatte Zilli schon seit Jahren keine Hoffnung mehr in den goldenen Statuen und Talismanen gesehen, sondern blanken Schrecken.
Stattdessen kreisten die ganze Zeit nur Saphirs und Kabisius Gesichter in ihrem Kopf.
"Sehen Sie", quietschte Hašek da und drückte ihr regelrecht eine kleine, wild wuchernde Topfpflanze ins Gesicht.
Sie hob nur eine Braue.
Hašek - vollkommen unbeeindruckt- schwenkte mit der Hand und eine blassgrüne Knospe erblühte in roter Pracht.
"Sie heißt Cäcilia!", verkündete er da stolz. Die immer weiter wuchernde Pflanze aber platzte fast aus ihrem Topf.
Man sagte, die meisten Terramagier wären Tschetiken wie Hašek. Und viele Tschetiken somit Terramagier.
Ihre Geschichte erstreckte sich neben all den Sigillen und Zaubern auch in ihrem Grimoire.
Es war eine Abfolge von Bildern, ähnlich wie ein Wandteppich über Geburt und Fall eines Volkes.
Sie sah auf die Seite mit ihren verschlungenen Motiven und Zeichnungen herab.
Zuerst die Wälder an der Südküste Morokews, Heimat zahlloser Naturgeister, Samowilas und anderen Kreaturen.
Ihr Grün wurde alsbald verschlungen von Rot, Orange und Grau, als die Natur der Brandrodung zum Opfer fiel, dann an ihrer Statt Fabriken aus dem versiegelten Boden schossen.
Die Geister flohen über das Meer, retteten sich an die Nordküste Bruktiens und nahmen menschliche Gestalt an, um nun - beraubt von den Wäldern und Quellen ihres Lebens - überleben zu können.
All diese Irrfahrt, nur um zuletzt festzustellen, dass sie in der selben, kalten industrialisierten Welt gefangen waren.
Jetzt waren sie es, die den kläglichen Rest ihrer von der Industrie in den Boden gestampften Landwirtschaft am Laufen hielten.
Aber dieses Überleben wurde bezahlt mit ihrem Blut.
Natürlich war es leicht, Magier auszubeuten. Aber es war noch so viel simpler, fremde, ungewollte und vergessene Magier irgendwo auf dem Land als knapp bezahlte Landarbeiter irgendwie am Leben zu halten.
"Ist der Name jetzt eine Beleidigung oder ein Lob?", schüttelte sie den finsteren Gedanken herab.
Hašek schürzte prompt die Lippen. "Gleich stell' ich die Pflanze in den Regen. Und Sie gleich mit."
"Gleich vertraue ich Ihnen eine höchst wichtige Aufgabe namens Latrinendienst an."
"Und ich Ihrem Essen Arsen!", meinte Hašek nur.
Schnaubend wandte sie sich da von ihm ab und richtete ihren Blick erneut aus dem Fenster.
Doch sie blinzelte.
Und blinzelte noch einmal.
Aber die kleine Rauchfahne an der Kaserne einen Straßenzug entfernt verschwand nicht.
Feuer? Krieg hieß noch lange nicht ein Aussetzen der alltäglichen, gewöhnlichen Tragödien und doch...
Die mitreanische Artillerie war gar nicht in Reichweite. Sie mussten Kilometer entfernt sein.
Und wenn nicht... die Mitreaner konnten unmöglich so schnell vorrücken.
Ihre Hände klammerten sich um den Fenstersims, als sie es sah.
Ein Leuchten im Himmel, ein glühender Ball.
Aber es war nicht die Sonne.
Stattdessen schoss er direkt auf sie zu.
"Hašek", schrillte sie noch, wollte ihn packen, da drückte es sie schon zu Boden.
Das Artilleriegeschoss ließ das ganze Kontorhaus zittern.
Die Glasscheibe platzte auf.
Hunderte kleine Splitter regneten auf sie herab und gruben sich in ihre Haut. Zilli riss schützend einen Arm über das Gesicht.
Der Aufschlag riss sie von den Füßen.
Ihr Körper entglitt ihr, wurde herumgerissen wie eine Puppe und keuchend schmetterte es sie gegen die nächste Wand.
Noch immer erzitterte die Welt, da hörte sie etwas Gigantisches zu Boden stürzen.
Die Decke?
Das benachbarte Gebäude?
Da erst merkte sie, dass sie fiel.
Der Boden war unter ihr weggebrochen und sie segelte durch das nichts, hinab in das unterste Stockwerk.
Sie konnte gerade noch einen Schrei ausstoßen, da sah sie noch Hašek, wie er unter Trümmern begraben wurde.
Im nächsten Moment krachte sie zu Boden.
Das Knacken von Stein und Putz hallte durch den Raum, da hatte sich Zilli schon taumelnd aufgerichtet und prompt schlug ihr eine Wolke aus Rauch und Staub ins Gesicht.
Alles schwirrte.
Klingelte.
Blinkte.
Aber sie schwankte durch den Raum und rief: "Hašek?"
Stille.
Jemand schrie in der Ferne.
Es roch nach Rauch. Rauch und verbranntem Fleisch.
"Hašek?" Panik flammte in ihrer Stimme auf.
Dann - ein leises, gebrochenes: "Chefchen?"
Sie stürzte neben ihm zu Boden. Mit zittrigen Händen begann sie seine Gestalt, halb begraben unter Schutt und Trümmern, freizuschaufeln.
Blut sickerte seine Schläfe herab.
"Wie geht es Ihnen?", sprang es über ihre Lippen. "Können Sie mich hören? Mich sehen?"
Hašek öffnete den Mund, doch nur Husten entkam.
Dann ein Röcheln.
"Nur ein Kratzer."
Er lächelte.
"Ich bin Terramagier. Die Steine spielen mit mir."
Fast hätte sie aufgelacht, doch der Laut erstickte in ihrem Mund, als sie Hašek unter die Arme packte und auf die Beine zog. Das letzte Geröll stürzte seine Uniform herab.
"Wir müssen hier weg", meinte sie bloß. "Wenn wir noch einmal getroffen werden- Wenn das Gebäude einstürzt-"
Sie ließ die Sätze unvollendet, stattdessen humpelten sie los und quetschte sich durch einen Spalt im eingestürzten Gemäuer.
Doch statt Tod trafen sie Leben.
Im ehemaligen Vestibül schrillten Stimmen und klatschten Stiefelsohlen.
Offiziersburschen, Schreiber, Adjutanten und Trümmerteile verknoteten sich im Unheil.
"Was ist hier los?", rief Zilli, während sie den schnaufenden Hašek an eine recht stabile Wand lehnte.
"Die Mitreaner- Sie- Sie haben uns überrannt", kreischte ein blutjunger Leutnant mut blutiger Stirn. "Wir wissen nicht, wann genau, wie genau, aber sie... Sie waren da."
"Wo da? Die ersten Gräben?"
"Nein", quietschte es zurück."Die Randbezirke der Stadt. Keinen halben Werst von hier entfernt."
Bei den Worten wurde ihr weiß vor Augen.
Unmöglich.
Aber das Treffen am Tränensee, mit all ihren Kommandeuren... Es war doch ein unausgesprochener Waffenstillstand gewesen und-
Kabisius.
Eine eiskalte Hand glitt Zillis Rücken herab.
Sie waren hintergangen worden. Vielleicht sogar alle tot.
Das Grauen warf sich auf sie wie eine ausgehungerte Bestie, trotzdem zwang sie sich zu funktionieren.
Sie musste.
Sie musste unbedingt.
Das war sie der Welt schuldig.
Aber etwas anderes machte sie stutzig.
"Der Oberst? Wo ist er?"
"Ich weiß es nicht", sprudelte es aus dem bleichen Leutnant hervor. "Er ist vor zwei Stunden ins Kurhaus aufgebrochen, aber jeder Kontakt dorthin ist erloschen. Wahrscheinlich wurden die Leitungen der Telefone und Fernschreiber zerbombt oder zerschnitten."
Sie waren also abgeschnitten. Von der ganzen Welt.
"Geben Sie mir mein Pferd." Zillis Stimme war fest, aber in ihrem Inneren flatterte es.
"Was?"
"Geben Sie mir mein Pferd", wiederholte Zilli. "Ich reite zum Kurhaus. Hole uns Befehle. Hole unseren Kommandeur. Eine Lagebesprechung. Irgendetwas."
"Aber- Aber-"
"Ich bin eine der einzigen, die unbeschadet durch den Regen kommen können! Und die einzige, die sich gut gegen mehrere Feinde wehren kann."
Er blinzelte, schluckte schwer und nickte dann hastig.
"Machen Sie schnell!"
Zilli aber hatte sich schon umgedreht, wies einen Gefreiten an, sich um Hašek zu kümmern, da stürzte sie schon davon und entzündete Magie in ihren Fingern.
Seltsam ruhig glitten sie über den Stoff ihrer Uniform und brannten die nötige Schutzsigille.
Ihr Schicksal wurde da draußen entschieden.
Und sie würde diesmal dafür sorgen, dass es nicht von Fremden geschrieben wurde.
Regen peitschte in Zillis Gesicht, als ihr Pferd durch den Nebel schoss und Hufe die verkümmerte Erde aufrissen.
Die Säure aber perlte wirkungslos an den beiden ab.
Sie war dicht über den Hals des Tieres gebeugt, Tschako tief im Gesicht und das Donnern des Ritts in den Ohren.
Selbst die Bäume und schroffen Felsen verschwammen zu Schlieren.
Bäume- oder eher das, was von ihnen übrig blieb.
Krumme, dürre Stümpfe, ausgeblichen und wie die krummen Finger einer Hexe.
Ein weiterer Windstoß blies in ihr Gesicht und wirbelte ihre dunklen Locken auf.
Sie waren kurz, knapp kinnlang.
Mehr konnte man sich im Krieg nicht erlauben.
Ein verhedderter Zopf oder die Hand eines Angreifers, der einen daran herumwirbelte, konnten ein Todesurteil sein.
Lange Haare enttarnten den Luxus, nicht in den Krieg ziehen zu müssen, oder die gemütliche Schreibtischarbeit einer Adligen.
Außer Kabisius.
Sie war eine Soldatin, das hatten die kurzen, grauen Locken gezeigt.
Eine jähzornige, launische, willkürliche Soldatin.
Oder zumindest war sie das gewesen.
Zilli schluckte schwer.
Was, wenn man ihr im Kurhaus nicht helfen könnte?
Was, wenn die Hoffnung mit Saphir und Kabisius begraben worden war?
Niemand war dann da. Nur ein Vakuum.
Nein.
Ihre Zähne knirschten.
Sie musste weiter. Immer weiter. Kein Zurück.
Wie ein Pfeil setzte sich ihr Ross über einen reißenden Strom hinweg und irgendwo hinter ihnen entlud sich ein arkaner Blitz in das Land. Das Tier stieß ein markerschütterndes Wiehern aus.
Im nächsten Moment rammte es die Hufe in den Boden und kam schlitternd zum Stehen.
Zilli schleuderte es beinahe zu Boden, doch sie verkrallte sich in Mähne und Steigbügeln.
"Brrrrh", raunte Zilli und tätschelte den Hals des Schimmels.
"Ganz ruhig, alles gut."
Aber nichts war gut.
Die Augen des Tieres verdrehten sich, da war nur noch das weiß in seinem Blick und ebenso heller Schaum um seinen Mund.
Zilli zerrte vergeblich an den Zügeln, aber Froufrou tänzelte nur, machte einen Satz nach links-
Ein Knall zerfetzte die Luft.
Im nächsten Moment schlug ein Projektil in einen Baumstamm ein. Dort, wo Zillis Kopf noch vor einem Sekundenbruchteil geruht hatte.
Sie erstarrte, aber dafür blieb keine Zeit.
Das Tier schrie, bäumte sich auf, dann schnellte es nach vorne.
Dickicht schlug ihr mit einem Mal entgegen und Äste zerrissen ihre Haut, aber Zilli spürte den Schmerz nicht. Nur das Gleißen der Panik in ihrer Brust, das Pfeifen des Sturms in ihrem Gesicht und das Angeln nach der Pistole ihrer Rechten.
Sie gab dem Pferd die Sporen, presste ihre Schenkel ganz fest und riss sie zwischen den Baumstämmen in wilden Mustern umher.
Nur nicht ins Fadenkreuz des Angreifers geraten.
Ein weiterer Schuss hallte durch den Wald.
Scheppernd ließ er eine Felswand zersplittern.
Sie wagte, einen Blick über die Schulter zu werfen und bereute es sofort.
Vier Gestalten auf schlanken Pferden preschten hinter ihr durch den Wald. Allesamt wendiger und schneller als ihr schnaufender Schimmel.
Sie erkannte sie sofort als Dutvari.
Die olivfarbenen Uniformen gaben sie preis, spätestens aber die mattbraune Farbe ihrer Haut kennzeichnete sie.
Da hob schon eine Soldatin im wilden Ritt ihr Gewehr. Direkt auf sie gerichtet.
Und Zilli musste in ihrer orangenen Offiziersuniform ein vortreffliches Ziel abgeben.
Die Zauberin handelte einfach.
Ihren Händen entglitt die Pistole, stattdessen rauschte Magie durch sie, prickelte in ihren Fingerspitzen und zog sich über ihrer Handfläche zu einem pulsierenden Punkt zusammen.
Es blieb keine Zeit zum Nachdenken.
Sie schleuderte den Bolzen in die Luft, direkt auf den Stamm eines naheliegenden Baumes.
Gleißendes Blau zerfetzte das Holz.
Es knarrte, dann stürzte der Koloss ächzend vor die Hufe der Feinde.
Dumpfe Schreie drangen an Zillis Ohren, aber sie hatte keine Zeit, zurückzublicken, sondern fasste die Zügel fest und richtete ihren Blick nach vorne.
Sie musste unbedingt weg von hier, bevor andere sie fanden oder die Dutvari das Hindernis umgingen.
Schon umfing sie der vertraute Griff ihrer Magie und riss Reiterin und Pferd durch die Zwischenwelt.
Schnaufend wurden sie zwei Steinwürfe weiter zurück in den Wald gespuckt.
Erst viel zu spät erkannte sie das metallische Blitzen unter der Laubdecke.
Erst in dem Moment, als die Hufe ihres Schimmels die Mine berührten.
Die Explosion zerfetzte das Pferd unter ihr.
Schon im nächsten Moment schleuderte es Zilli in die Luft.
Sie fiel, realisierte sie da wie im Traum. Sie fiel und segelte durch Nichts.
Dann kam der harte Aufschlag.
Knochen, Stimme, Holz und Stein stöhnten, da purzelte sie schon einen Hang hinab.
Sie nahm nur Bruchstücke wahr.
Weiße Fetzen Fell ertränkt in Blut. Wurzeln, die in ihren Rücken stachen. Das Aufblitzen des grauen Himmels. Noch zuckende Hufe.
Der Fall endete, als sie gegen Gestein knallte.
Tausende Funken blinkten in ihrem Sichtfeld und mit schwirrendem Schädel hob sie den Kopf.
Beinahe hätte sie laut aufgelacht, denn sie blickte geradezu in drei Gesichter aus verwittertem Marmor.
Ein alter Schrein gewidmet den Schicksalsschwestern hatte ihren Fall gestoppt.
Einst bedeckt von Efeu, jetzt von der Säure hinfortgespült. Aber das religiöse Relikt hatte sie nicht gewagt zu verätzen. Oder hatte es zumindest nicht gekonnt.
Als Zilli auf dem Waldboden lag, betrachtete sie die spottenden, kalten Augen der Statuen.
Die Jungfrau, wie sie die Spule der Schicksalsfäden hielt.
Die Mutter, wie sie diese zum Leben verwob und zuletzt die blinde Greisin, die Unabwendbare, die jeden Faden durchschnitt.
Nicht jeden, schoss es Zilli da durch den Kopf.
Nicht ihren.
Nicht jetzt.
Aus dem Dickicht drang das Scharren von Hufen und Pferdewiehern. Danach ein dutvarischer Fluch.
Ein Stöhnen unterdrückend richtete sie sich auf, klappte aber sofort wieder zusammen.
Das Knacken der Äste kam näher.
Mit Zähnen fest aufeinandergepresst, stemmte sie sich hoch und schleppte sich auf allen vieren über den Waldboden.
Gerade noch rechtzeitig kollabierte sie im schützenden Unterholz und Gestrüpp, dann brachen Pferde auf die Lichtung.
Es waren die Dutvari, aber nur noch drei.
Einer hatte den linken Arm blutig und unbeweglich an seiner Seite hängen.
Zilli drückte sich hinter einen knorrigen Stamm, trotzdem sah sie noch das Glänzen der Khukuri an den Gürteln der dutvarischen Soldaten.
Shruti hatte eine solche Klinge besessen. Rasiermesserscharf und mit einer fiesen, tödlichen Krümmung.
Doch es hatte deutlich zeremoniellen Wert besessen, mit verziertem Stahl und dem Perlmutt, Lapislazuli und Gold an dem gewundenen Griff.
Auch hatte es niemals Zillis Blut vergossen, sondern nur Feigenfleisch aufgeschlitzt.
Übelkeit schoss in ihr empor, als sie an den roten Fruchtsaft dachte, der an dem Messer herabgetropft war.
Da spie der Soldat mit dem verwundeten Arm einen Schwall dutvarischer Worte aus.
In ihrer flatternden Panik brauchte sie einige Momente, um ihre Bedeutung zu erschließen.
Ich kann schwören, sie muss hier gewesen sein.
Sie erstarrte noch weiter hinter ihrem Baumgerippe, doch sofort zischte schon ein anderer:
"Und wo soll sie sein? Hier ist niemand. Wir verschwenden unsere Zeit."
Jetzt standen sie direkt vor ihr.
Zilli konnte ihren Atem rasseln hören.
"Habt ihr vergessen, was die Prinzessin befohlen hat?", fiel da die grollende Stimme der Schützin ein. "Sie will diese Magierin haben. Lebendig. Eine Feuerwisperin, die-"
Der Rest verschwand in unverständlichem Singsang.
Innerlich fluchte sie.
Shruti hätte ihr mehr Vokabeln über Kriegsführung und Gefangenschaft beibringen müssen, kein Bettgeflüster.
Aber vielleicht konnte sie das noch. Vielleicht blieb dafür ja Zeit.
Scheinbar wollte sie Zilli nämlich nicht ausgestopft in ihrem Salon ausstellen, sondern lebendig.
Ein heiseres Lachen erschütterte die Luft.
"Lebendig? So wie dieser Gaul?" Die Stimme des Soldaten kratzte über ihre Nerven wie Kreide auf Stein. "Da wird nicht mehr viel von ihr übrig sein."
"Die Prinzessin-", wollte die Schützin einwerfen, doch man erwiderte nur: "Sie wird sich eine andere suchen müssen."
Die Stimmen schrillten noch weiter durch das Tal, aber keine Bedeutung drang mehr an Zillis Ohren.
Sie kauerte nur da, verkrampft, verletzt und mit zitternden Gliedern, bis die Worte verblassten und das Donnern der Hufe vom Gurgeln des Bächleins abgelöst wurde.
Die Sonne malte bereits glutrote Ränder an die schwefligen Wolken, als Zilli begleitet vom pfeifenden Wind aus ihrem Versteck kroch.
Der Himmel selbst blutete und ihr Herz blutete mit ihm.
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