Übermorgenwelt
Was ist das für eine Welt, in der wir leben?
Eine Welt, die sich so schnell dreht, dass wir alle an Schleudertrauma leiden. Unser Kopf platzt vor Gedankengut, sodass wir die Dinge vergessen, die wir unbedingt speichern wollen. Denn wir werden überflutet mit Eindrücken, überrollt mit Informationen. Sollen schaffen, arbeiten, mithalten. Und das, obwohl wir doch alle keine Langstreckenläufer sind.
Wir nehmen den Mund voll mit Worten, doch unsere Hände sind leer von Taten. Mit Schampus stoßen wir an und trinken uns blind, während Venedig im Meer versinkt. Stoßen an auf unsere inhaltslosen Reden.
Uns wird die derbe Kost der Armut vorgesetzt, während uns Konsum vorgelebt wird. Wir sollen die Welt verändern! Dabei sind wir doch nur die Wegwerfkinder der Wegwerfgesellschaft, die nun plötzlich die Verantwortung der vorherigen Generationen aufnehmen, tragen und zu etwas Besserem wandeln sollen.
Wir schwimmen im Geld, andere im Müll. Uns wird schon ganz schlecht vom regelmäßigen Bulimie-Leben, sodass wir nicht nur den vorgekauten Müll wieder erbrechen, sondern auch unsere Werte, unseren Stolz, uns selbst. Wir sind Produkte, geschaffen, um zu produzieren, zu leisten. Geformt unter Druck, vernichtet durch Stress.
Geschlagen liegen wir da, totgetrampelt vom Wandel der Zeit. Haben den Kampf gegen die Schnelllebigkeit verloren, konnten mit den Läufern des Fortschritts nicht mehr mithalten. Uns ist die Puste ausgegangen.
Wir holen neuen Atem, ziehen am Joint der Gleichgültigkeit, verabreichen uns die Pillen der Akzeptanz, hängen an der Flasche der Ignoranz. Zombieartig erheben wir uns, gestanzt zu morallosen Kopien unserer Gesellschaft, den Blick auf Übermorgen gerichtet. Wir leben in einer Übermorgenwelt, haben vergessen zu lieben, Beziehungen bedeutungslos gemacht, Kinder manierlos, Politik wertlos, die Gesellschaft gottlos.
Wir können nicht sagen, ob das Übermorgen übermorgen noch existiert. Daher haben wir das Übermorgen zu unserem Heute gemacht, leben in der Zukunft ohne an das Gestern zu denken. Wir wurden gestorben, weil wir nicht bereit sind länger auf diesem Planeten zu leben.
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