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Raum 208 war leicht zu finden und ich war ein wenig überrascht als ich viele Studenten in einem Wartebereich davor fand. Das würden dann wahrscheinlich die anderen sein die sich in die Universität eingeschrieben hatten.

Setz dich zu den anderen. Ich entschloss kurzerhand mich neben ein Mädchen, mit einem freundlichen Lächeln zu setzen. Sie sah mich schon als ich die Treppe hoch kam und nickte mir nun zu als ich mich auf den harten Stuhl neben ihr fallen ließ.

„Hast du dich hier auch neu eingeschrieben?", flüsterte sie mir neugierig zu. Als ich nickte strahlten ihre Augen.

„Ich auch, das ist alles so aufregend! Ich wollte schon als ich ein kleines Kind war auf diese Universität gehen.", sie redete so schnell das ich kurz Zeit brauchte ihre Wörter zu verstehen, da sie immer noch flüsterte. Dann nickte ich wieder und lächelte sie an.

„Du bist nicht von hier oder?", fragte sie mich während sie meinen Aufzug musterte. Eine hellblaue, verwaschene Jeans mit ein paar Kratzern und einem kunstvoll verzierten Riss der über mein Knie ging. Und dann meine Bomberjacke die ich immer noch anhatte.

Ich spürte die Blicke der anderen ebenfalls auf mir und zog diese dann rasch aus und hängte sie über die Stuhllehne. Darunter trug ich ein schlichtes weißes T-Shirt, meine Haare trug ich heute offen. Sie reichten mir bis unter meine Brüste. Eigentlich würde ich dazu meine coole weiße Käppi mit schwarzen Strass-Steinchen an den Seiten aufsetzen, allerdings wollte ich heute ein wenig seriöser auftreten und hatte auf sie verzichtet.

Ich drückte mich tiefer in den Stuhl um mich ihren Blicken zu entziehen.

Starr zurück. Lass dich nicht unterkriegen.

Ich richtete mich abrupt wieder auf und starrte jeden einzelnen von ihnen an. Einer blieb mir im Gedächtnis, ein Junge der mich weder vorwurfsvoll noch abschätzig musterte, sondern mir zuzwinkerte. Ich starrte auch ihn eisig an und ließ mein Blick weiter über die anderen gleiten. Als ich die Blicke aller erwidert hatte, kehrte ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Mädchen neben mir zu. Und ich war erleichtert, das die meisten Starrer ihre Aufmerksamkeit ebenfalls wieder anderen Dingen zuwendeten.

Das Mädchen sah mich schuldbewusst an. „Oh entschuldige, ich wollte dich nicht angreifen, oder so was. Ich frage nur, weil ich dich hier noch nie gesehen habe.", sie zuckte nervös mit den Schultern und schaute dann auf ihre Hände die sie unruhig faltete.

Sie hatte schulterlanges braunes Haar und glänzende blaue Augen, die jetzt unruhig hin und her zuckten. „Nein, schon gut. Ich bin vorgestern erst hier her gezogen.",antwortete ich ihr endlich und sie sah wieder zu mir hoch, ein zaghaftes Lächeln auf ihren dünnen, rosigen Lippen. Die gleiche rosa Farbe hatte sie auf ihren Augenlidern aufgetragen und Highlighter glänzte auf ihren Wangenknochen.

Ich selbst hatte eine dunklere Farbe für meine nussbraunen Augen gewählt, ein schimmernder Bronzeton abgerundet mit einem schwungvollen Eyeliner Strich plus einem kleinen Wing am äußeren Augenwinkel.

Eigentlich war ich sehr zufrieden mit meinem Make-up, doch im Gegensatz zu ihr wirkte ich wie ein Grufti.

Ich erwiderte ihr Lächeln und sie fragte mich woher ich denn kam und wie ich es geschafft hatte an dieser Uni noch einen Platz zu ergattern.

Ich erklärte ihr die Beziehung zu dem Direktor und meinem, wie ich vor ihr sagte Vater. Und das ich aus Norwegen komme. Sie wirkte sehr interessiert und ich fragte sie ebenfalls ob sie direkt hier aus LA sei, das sie bestätigte.

Wir unterhielten uns sehr gut und ich mochte sie gleich, ihre neugierige unschuldige Art. Sie plapperte manchmal vor sich hin, aber gerade das war so lieblich an ihr, dieses ungezwungene Reden. Ich nickte immer mal wieder während sie mir erzählte das sie vorher an der Safferson-Highschool zur Schule ging und schon immer davon träumte sich hier einzuschreiben. Ich bewunderte ihren Ehrgeiz.

Zwischendurch beantwortete ich ein paar ihrer Fragen zu meiner alten Schule und ob ich mein altes zu Hause vermissen würde. Ich beantwortete ihre Fragen eher knapp, was sie jedoch nicht bemerkte da sie sofort wiederzu ihrem liebenswürdigen Geplapper überging.

Immer wieder kam eine Frau in den Raum und rief einzelne Studenten auf, die ihr dann eilig ins Direktorat folgten. „Okay, ich müsste die Nächste sein, ich bin ja so aufgeregt. Vielleicht bekommen wir hier ja ein Zimmer zusammen, drüben im Wohnheim der Erstsemestler und vielleicht belegen wir ja auch ein paar Kurse zusammen , das wird alles so spannend werden, am meisten freue ich mich ja auf den Geschichtskurs,der soll hier ganz toll sein. Du ziehst doch auch hier in eines der Wohnheim-Zimmer ein oder?", sie unterbrach ihren Wortschwall und sah mich erwartungsvoll an.

Ich hatte noch nie jemanden so schnell reden gehört, weshalb ich eine Weile brauchte um all ihre Worte aufzunehmen.

„Eigentlich", fing ich an, doch ich wurde von der Frau unterbrochen die den nächsten Namen aufrief.

„Sophie Winters."

„Das bin ich, wir sehen uns im Wohnheim!", sagte sie und dann stand sie auf und lief schnellen Schrittes in das Direktorat, vorher drehte sie sich nochmal um und schenkte mir ein aufrichtiges glückliches Lächeln und dann war sie auch schon verschwunden. Sophie, das war also ihr Name.

Jetzt wurde ich auch langsam nervös. Ich würde vermutlich die nächste sein. Ich holte mein Handy aus meiner Jackentasche, ich hatte es es in die Tasche gleiten lassen als dieser arrogante Schnösel meinen Arm gepackt hatte.

Er hatte einen starken Griff, außerdem war er sehr muskulös gewesen, hatte ein breites Kreuz und vermutlich sogar noch ausgeprägte Bauchmuskeln, Arroganter Mistkerl.

Ich verdrängte die Gedanken an ihn und starrte traurig auf den Bildschirm-riss. Ich versuchte erneut es einzuschalten, diesmal reagierte es. Ich sah zu wie es hochfuhr und war erleichtert als ich mein Passwort eingeben konnte und es noch funktionierte. Ich wollte gerade prüfen, ob noch alle Funktionen gingen doch dann erschien wieder diese Frau und diesmal rief sie mich auf:

„Angelin-Olivia Johnson"

Angelin-Olivia. Meine Eltern konnten sich nicht entscheiden. Meine Mutter liebte den Namen Angelin, doch sie rief mich immer nur Angel, mein Spitzname. Während mein Vater darauf bestand dass ich den Namen seiner Mutter in meinem Namen tragen sollte. Olivia. Und so nannten sie mich Angelin-Olivia.

Und dann natürlich unser gemeinsamer Nachname, Johnson. Mein Stiefvater hatte diesen Nachnamen meiner Mutter zu Liebe auch angenommen, auch etwas wofür ich ihm sehr dankbar bin.

„Folge mir bitte." Ich warf mir meinen Rucksack über die Schulter und lief ihr nach. Sie öffnete die Tür zum Direktorat und ich trat ein.

Es war ein großer Raum mit langen Fenstern, von denen man super den gesamten Campus im Blick hatte. An einem Schreibtisch saß ein kleiner, pummeliger Mann und sah freundlich zu mir.

„Du musst Angelin-Olivia sein. Setz dich doch.", sagte er und zeigte auf den Stuhl ihm gegenüber. Hinter mir wurde die Tür geschlossen. Ich sah mich kurz um, während ich auf den Schreibtisch zu ging. Große Schränke säumten die Wand gegenüber der Fenster. Ein Gemälde eines See 's hing an der Wand über einem kleineren Schrank, auf dem eine Kaffeemaschine leise vor sich hinkochte.

Die Wände waren weiß gestrichen, genau wie die Möbel. Allgemein wirkte der Raum sehr schlicht auf mich. Das einzig farbige in dem Raum war der Direktor, der einen schwarzen Anzug trug. Er lächelte mich immer noch an, aber er wirkte ein wenig ungeduldig,weshalb ich mich ihm schnell gegenübersetzte.

Er räusperte sich. „Nun gut. Willkommen an meiner Universität Miss Johnson. Ihr Stundenplan wird ihnen zugesendet. Melden sie sich dafür mit ihrem Namen und ihrer E-Mail Adresse auf unserer Internet Website an. Haben sie vor eins unserer Zimmer zu beziehen?", er sah auf seinen Computer und hämmerte einige Buchstaben auf der Tastatur.

,,Es wären noch einige Zweierzimmer frei." Er sah wieder zu mir hoch. Als ich ihn nur verwirrt anstarrte fragte er mich erneut, diesmal ungeduldiger.

„Ich.. eh... ich denke schon." Ich räusperte mich nervös und antwortete noch einmal: „Ja sehr gerne."

Er nickte und tippte einiges auf seiner Tastatur. Er schaute wieder hoch und lächelte.

„Ein Zweierzimmer ist doch okay, oder?" fragte er dann und rückte seine Brille zurecht.

„Ja das klingt gut.",antwortete ich und entspannte mich ein wenig. Er nickte und seine Finger flogen erneut über die Tastatur.

Dann stand er auf und holte einen Schlüssel und einige Formulare, welche er vor mir ablegte.

„Das müssten sie dann bitte einmal unterschreiben.", er hielt mir einen Stift hin, den ich zögerlich nahm und dann ansetzte zum Unterschreiben.

Lies. Ich hielt inne und las erstmal den kurzen Text darüber durch. Auf dem stand das üblichen Informations-Geplänkel, das ich mir das Zimmer mit einem anderen Mädchen teilte. Welches Zimmer ich bezog und was ich im Falle des Schlüsselverlustes zahlen müsste.

Ich überflog die anderen Blätter, hauptsächlich Informationen über die Kurse, die Mensa und die Bibliothek, wie auch Verhaltensregeln. Und ganz unten stand es dann.

"Außerdem müssen die Schüler die Schuluniform dieser Universität tragen. Die entweder aus einem Rock und einer Bluse besteht oder aus einer Hose und einem T-Shirt, sowie auch jeder eine Jacke mit dem Schullogo erhält." Ich sah auf.

„Hier gilt Schuluniform-Pflicht?", fragte ich entsetzt. „Ja natürlich,das gehört sich so, des Anstands halber." Mist. Daran hatte ich nicht gedacht.

Ich sah wieder auf das Blatt und entdeckte noch etwas.

"Außerdem benötigen wir eine Unterschrift ihrer Eltern, dass sie diese Universität besuchen dürfen, nur als Absicherung."

Doppelt Mist. „Entschuldigen Sie bitte, aber meine Eltern sind beide Tod."

Er sah wieder hoch und ich zeigte auf die Zeile, die für die Unterschrift meiner Eltern war. Er räusperte sich. „Mein Beileid. Haben Sie noch andere Verwandtschaften ?",fragte er dann mitfühlend.

Mitleid, wie ich es hasste. Das war der Moment, an dem ich jedem anderen eine patzige Antwort gab und ihn abschrieb.

Ich setzte bereits an: „Ich brauche Ihr"

Nein! Ich räusperte mich.

„Ich meinte, ja Sie kennen ihn. Pier Johnson. Er ist mein Stiefvater." Er nickte knapp, ein wenig verwirrt über meine vorherigen Wörter.

Dann nahm er sich mein Formular und tippte einiges in seinen Computer ein. Ich wusste nicht was das war, aber es rettete mich oft vor vorschnellen und unüberlegten Reaktionen. Dennoch jagte es mir Angst ein. Diese Stimme konnte anscheinend nur ich hören.

Am Anfang dachte ich immer das es jemand in meiner Nähe gesagt hätte, doch bereits nach kurzer Zeit wurde mir klar das nur ich sie hören konnte, denn als ich mich einmal bei ihr bedankt hatte und Pier mich irritiert angesehen hatte, fand ich mich auch schon einem Psychiater gegenüber.

Seitdem tat ich so, als wäre sie nicht da und ignorierte sie so gut ich konnte. Doch auch jetzt hatte sie mich zur richtigen Zeit ausgebremst. Ich seufzte.

„Ich habe ihnen ein neues Formular ausgedruckt.", der Direktor schob mir ein neues Blatt vor die Nase und ich sah es mir an. Anstatt der Zeile Unterschrift der Eltern stand dort jetzt:

"Unterschrift des Erziehungsberechtigten" Ich nickte. „Ja."

„Gut dann war 's das erstmal. Deine Schulbücher und deine Uniform werden auf dein Zimmer gebracht. Bei weiteren Fragen kannst du ruhig zu mir kommen." Ich nahm seine ausgestreckte Hand entgegen, erwiderte den Druck aber nur schwach. Ich schob die Formulare in meinen Rucksack und warf mir diesen über die Schulter. Danach verließ ich das Direktorat.

Ich schloss die Tür und ließ mich daneben gegen die Wand fallen. Ich schloss die Augen und atmete ein paar mal ruhig aus und ein. Ich sah das Bild von meinem Vater, meiner Mutter und mir vor Augen. Ich erinnerte mich noch genau an diesen Tag. Die Ärzte hatten gute Nachrichten. Sie wollten es riskieren ihn zu operieren.

Hoffnung.

Wir konnten es nicht glauben. Danach hätte alles wieder so werden könne wie früher. Eine Krankenschwester hatte das Bild gemacht, das in einem Rahmen in einem meiner Umzugskartons liegt und natürlich auch auf meinem Handy gespeichert ist.

Am Tag der Hauptoperation warteten wir die ganze Zeit im Wartezimmer, bis eine Krankenschwester uns mitteilte wie die OP verlaufen war. Meine Mutter bat mich das ich sie allein ließ und schon mal in das Zimmer meines Vaters ginge.

Ich setzte mich auf das Bett und sah durch die Glasscheibe durch diese konnte ich meine Mutter und die Krankenschwester sehen. Ich sah wie meine Mutter ihre Hände vor das Gesicht schlug und wie ihre Schultern bebten.

Später erklärte sie mir das es einige Komplikationen gab, damals konnte ich damit nichts anfangen, doch jetzt wusste ich das es damals schon zu spät war. Der Tumor ließ sich nicht entfernen ohne das mein Vater daran gestorben wäre. Einen Tag darauf verstarb er. Ich verbannte die Gedanken aus meinem Kopf, straffte meine Schultern und beschloss mir mein Wohnheim-Zimmer mal anzusehen.

Soo auch das Kapitel habe ich etwas gekürzt.. Viel zu viele unnötige Informationen 😂 *Facepalm*

Überarbeitet: 04.11.17

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