Kapitel 61 - Zurück im Zeltlager
Der Rückweg kam Alec viel kürzer vor als der Weg nach Alicante. Das lag vielleich daran, dass sie dieses Mal nicht durch die Gegend flanierten und nahezu an jedem Baumstumpf anhielten, sondern ein zügiges Lauftempo anschlugen, das irgendetwas zwischen Gehen und Rennen war.
Dennoch hatten sie genug Zeit, um sich auszutauschen. Alec berichtete von seiner Begegnung mit Magnus, ließ dabei aber viele Details weg. Wie zum Beispiel, dass dieser ihn verlassen wollte, um Alecs Sicherheit zu garantieren oder auch wie er sich dabei gefühlt hatte. Er wollte diese kalte Leere einfach nicht beschreiben, denn dann war die Erinnerung daran viel zu präsent und das konnte er nicht ertragen.
Durch einen Mehrheitsbeschluss wurde entschieden, dass Isabelle sie auch weiterhin begleitete und ähnliche Rechte genoss, wie Alec damals.
Während Alec im Zellentrakt eine Gefühlsachterbahn nach der anderen erlebt hatte, konnten die anderen den Kompass Armor bergen -für die anderen vier blieb keine Zeit mehr.
Die Sonne stand schon lange nicht mehr im Zenit, als sie endlich im Lager der Schattenweltler ankamen, welches auf einem flachen Hügel oberhalb eines namenlosen Dorfes aufgeschlagen worden war.
Das knappe Dutzend Schiffe, mit dem sie angereist waren, lag in einer geheimen Bucht nördlich vom Lager vor Anker und war mindestens so bunt zusammengewürfelt, wie die Bewohner der Zeltstadt, von denen die sechs nun umringt war.
Doch Alec wollte alles nicht nochmal berichten müssen, weshalb er sich zügig abkapselte und sich zielstrebig einen Weg tiefer in die Zeltstadt hinein bahnte, Izzy direkt hinter ihm.
Er hatte ein ganz bestimmtes Ziel, auch wenn er nur vermuten konnte, wo sie sich gerade aufhielt.
Während er über das bereits platt getretene Gras zwischen zwei Zeltreihen lief, kamen ihm die unterschiedlichsten Leute entgegen.
Bleichgesichtige Vampire und Elben in ihrer charakteristischen Lederrüstung, die sie nie abzulegen schienen, aber auch ein paar Kleingruppen von Werwölfen und das ein oder andere Hexenwesen kreuzte seinen Weg.
Da sich sowohl Camille und die Elbenkönigin als auch Luke dazu entschlossen hatten, mit dem Großteil ihres Gefolges auf Jade-Island zu bleiben, herrschte im Lager eine Art geregelte Anarchie, denn deren Offiziere hatten hier nur einen symbolischen Wert.
Offiziell hatte Ragnor, als ranghöchtser Schattenweltler, das Sagen, doch eigentlich sorgte Catarina dafür, dass kein Chaos ausbrach. Sie verhinderte jeden Streit, organisierte Wachen und Versorgung und schien jedem eine Aufgabe zu geben, sodass man auch ja nicht auf dumme Ideen kam.
Wie sie es unter einen Hut brachte, nebenbei auch noch im Lazarett als Krankenschwester auszuhelfen, war für Alec schier unbegreiflich.
~Wo gehen wir eigentlich hin?~, fragte Izzy in seine Gedanken hinein, in denen er den größten Respekt vor dieser Superfrau hatte.
~Zu einer Freundin von mir. Sie hat hier gewissermaßen das Sagen und ich will, dass sie von mir persönlich erfährt, was im Palast geschehen ist.~, erklärte er, als sie um einr Ecke bogen und auf einem quadratischen Platz ankamen.
Man konnte bereits das Abendessen von hier riechen, aber sein eigentliches Ziel war das große Zelt in der Mitte des Platzes.
Er ging darauf zu und schlüpfte unter den zurückgeschlagenen Zeltplanen hinduch.
Drinnen war es warm, aber nicht stickig.
Im Gegenteil, die Luft war erfüllt vom Duft verschiedenster Kreuter und nur ein Hauch von Blut wagte es, sich unter dieses würzige Aroma zu mischen.
Im Zelt standen ein paar Krankenbetten, aber vor allem kleine Koffer und Schränke, in denen Verbandszeug, Salben, Sizierwerkzeug und andere Medizin gelagert wurde.
Die Betten waren bis auf eins alle unbesetzt, was ungewohnt war, denn Alec hatte die überfüllten Zelte und den Gestank nach Blut und Verweseung innerhalb der Höhle auf Edom-Island noch gut in Erinnerung. Hier hingegen wirkte alles so leer ... und friedlich.
Nur Catarina saß auf einem der Betten und verband einem der Köche die Hand, weil er sich wohl in diese geschnitten hatte.
Sie tat das aber dennoch mit höchster Konzentration und Sorgfalt, sodass sie die beiden Neuankömmlinge erst bemerkte, als Alec zögerlich einwandte, um sie nicht zu erschrecken~Wir sind wieder zurück.~
Schnell ließ sie von ihrem Patienten ab und wandte sich ihm zu.
~Das sehe ich und ich sehe auch, dass es dir absolut grottig geht. Was ist passiert?~, fragte sie, während sie ihre Hände an der Hose abwischte und auf ihn zuging.
Alec fühlte, wie all seine angestauten Gefühle drohten, an die Oberfläche zu kommen. Er machte sich schon die ganze Zeit selbst so fertig, dass er beinahe schon voraussagen konnte, wann er unter alle dem zusammenbrechen würde.
Liebend gerne würde er seine Sorgen mit Catarina teilen, denn so schwer die Zeit auch zu sein schien, egal wie schwer ihre eigene Trauer wog, sie hatte immer ein offenes Ohr für andere und glich einem Fels in der Brandung.
Liebend gerne würde Alec einfach in Catarinas Armen zusammenbrechen und ihr all seine Selbstvorwürfe schildern, aber er wollte sie nicht damit belasten.
Immerhin wusste er, dass sie genauso litt wie er.
Außerdem war Izzy auch noch anwesend und ihr wollte er all seine Gefühle auch nicht aufbürden. Sie sollte sich nicht schlecht fühlen, nur weil er sie gerettet hatte, statt Magnus.
Deshalb schluckte er den Großteil der Worte herunter, die bleischwer auf seiner Zunge lagen und in seiner Kehle brannten und sagte schlicht~Magnus ist immernoch im Palast. Wir konnten ihn nicht retten.~
Sofort erlosch der Funken, der Catarinas dunkle Augen zum Leuchten gebracht hatte und auch ihre fröhliche Mimik fiel in sich zusammen.
Dennoch musterte sie ihn aufmerksam von oben bis unten und ihr Blick schien Später zu sagen, sodass Alec wusste, dass mit seiner möglichst unpersönlichen Aussage doch nicht davongekommen war und das ganze noch ein Nachspiel hatte.
Doch für den Anfang schien sich Catarina damit zufrieden zu geben, denn nun wandte sie sich Isabelle zu, die bis dahin sehr schweigsam gewesen war.
~Und du bist ...?~
~Isabelle Lightwood, Alecs Schwester.~
~Das sehe ich. Schön dich kennen zu lernen~, meinte sie und lächelte,~Nenn mich einfach Cat. Ich hoffe, du hast nicht auch noch ein Beziehungsproblem, um das ich mich kümmern muss?.~
Alec verdrehte peinlich berührt die Augen, während Izzy lachte.
~Nein, aber ich helf dir gerne dabei. Mein Bruder ist schon viel zu lange allein, meiner Meinung nach. Dann platzt er wenigstens nicht mehr in mein Zimmer, wenn ich gerade mit meinem Verlobten beschäftigt bin.~
Nun gesellte sich eine leichte Röte zu dem Augenrollen, denn natürlich schoss Alec sofort das dazugehörige Bild in den Kopf.
~Zu deiner Information, es war mein Zimmer, in dem ihr rumgemacht habt.~, verteidigte er den letzten Rest seiner Ehre, aber er klang dabei so beschämt, dass die beiden Frauen nur lauter lachten, was seine Wangen nur noch heißer werden ließ.
Für einen kurzen Moment war die Atmosphäre so unbeschwert und leicht, so losgelöst von jeglichen Problemen. Doch diese friedliche Seifenblase platzte, als ein atemloser Bote im Zelteingang erschien.
Er pumpte wie ein Marienkäfer, als wäre er einmal durch das ganze Lager gerannt, aber dennoch überbrachte er seine Nachricht klar und deutlich~Wir .... haben einen Eindringling ... gefasst, ... der in die graue Zone eingedrungen ist.~
Die graue Zone war der vorderste Verteidigungsring, den die Schattenweltler errichtet hatten, um im Falle eines Angriffs genug Zeit zum Reagieren zu haben, denn natürlich würde ihr Standort nicht lange unbemerkt bleiben. Dazu waren sie zu viele.
~Wo ist er?~, fragte Catarina alamiert.
~Im Viertel der Werwölfe.~
~Dann wollen wir uns mal unseren neuen Gefangenen genauer ansehen.~, meinte Catarina und joggte los. Alec und Izzy liefen ihr nach.
Sie schienen endlose Trampelpfade entlangzulaufen und igendwann hatte Alec völlig die Orientierung verloren, weshalb er sich einfach an Cat hielt. Diese wusste anscheinend genau, wo sie hinmussten, denn schon bald konnte er laute Stimmen hören und hinter der nächsten Ecke trafen sie auf eine dicke Menschentraube, die aber sofort verstummte, als man Catarina erkannte.
Ohne sich lange aufzuhalten, bahnte sie sich einen Weg zwischen den Menschen hindurch und bildete so eine Gasse, durch die auch die beiden Lightwood-Geschwister sehen konnten.
In der Mitte waren zwei Schattenweltler, vermutlich Werwölfe, die eine dritte Person festhielten, indem sie ihr die Arme auf dem Rücken verdrehten.
Es war ein Mann, etwas jünger als Alec selbst, mit braunen Haaren und verdreckter Kleidung.
Er sah erst auf, als Cat genau vor ihm stand und ehe Alec reagieren konnte, rief Izzy panisch ~Simon!~
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