Kapitel 54 - Ein kurzes Kennenlernen
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Magnus tigerte ziellos durch seine neue Zelle.
Er fühlte sich eingeengt, obwohl er erst am Vormittag hierher gebracht worden war. Dabei waren seine Hände noch nicht einmal mehr mit Fesseln fixiert und er konnte sich frei zwischen den Gitterstäben und dem vergitterten Fenster bewegen.
Das einzig Gute war, dass es nicht dunkel war, denn wenn es eins gab, das Magnus noch weniger mochte als enge Räume, waren enge, dunkle Räume.
Er war der einzige Gefangene in diesem Gang und er hasste es. Er hasste diese Stille, die nur von dem Klacken der Rüstungen einiger vorbeigehender Wächter unterbrochen wurde.
Aber viel mehr als die Stille, setzte ihm die Langeweile zu. Er wusste einfach nichts mit sich anzufangen.
Er konnte nicht fliehen, dazu war die Zellentür zu stabil, aber er konnte sich auch nicht mit jemanden unterhalten und für Selbstgespräche war er noch nicht verzweifelt genug.
Er vermisste sogar die Folterungen und die Verhöre, denn ohne diese Ablenkung war er seinen Gedanken und Gefühlen schutzlos ausgeliefert.
In seinem Kopf herrschte das reinste Chaos. Von Horrorszenarien bis zu Glücksgefühlen und Hoffnung und über allem thronten Alexander und Sebastians Angebot.
Er konnte nicht darauf eingehen. Er konnte und wollte Alec nicht verlassen, aber der Gedanke, ihn wegen diesem Egoismus zu verlieren ... Das war beinahe noch schlimmer.
Und so lief er hin und her. Versuchte irgendiwe eine Melodie aus all diesen Misstönen zu spinnen und doch wusste er, dass ihm dazu die wichtigsten Puzzleteilchen fehlten.
Plötzlich krachte die schwere Eichentür am Ende des Gangs auf und schwere Schritte ertönten.
Magnus hechtete quasi zum Gitter und presste sein Gesicht so weit wie möglich zwischen zwei Stäbe, um sehen zu können, wer da vorbeikam. So viel Abwechslung war er hier gar nicht gewöhnt.
Endlich traten drei Gestalten in sein Sichtfeld. Zwei Soldaten hielten eine gefesselte, junge Frau in ihrer Mitte, die sich mit aller Kraft versuchte, zu widersetzen, obwohl sie gegen die beiden bulligen Männern keine Chance hatte.
Aber das wollte die Frau wohl nicht einsehen, denn sie wehrte sich mit Händen und Füßen, zappelte unkontrolliert und dem Gang des zweiten Soldatens nach zu urteilen, hatte sie auch ihr Knie eingesetzt.
Der andere Soldat sperrte die Zelle gegenüber von Magnus auf und schubste die Schwarzhaarige hinein, bevor er die Tür blitzschnell schloss.
~Kurze Pause~, keuchte er,~Dann bringen wir sie in den Frauentrakt.~
Der andere nickte knapp und dann eilten die beiden weiter, zur nächsten Tür hinaus.
Magnus sah ihnen verwirrt nach, bevor er die Frau genauer musterte.
Ihr schwarzes Haare war zerzaust, ihre Kleidung zerrissen, aber dennoch strahlten ihre dunkelbraunen Augen eine entwaffnende Entschlossenheit aus.
~Die Männer hier haben einfach grauenhafte Manieren, findest du nicht?~, begann er ein Gespräch, erleichtert, dass es doch kein Selbstgespräch wurde.
~Und du hast bessere oder was?~
~Natürlich. Ich bin schließlich kein Schattenjäger.~
Die Augen der Frau weiteten sich überrascht und sofort wurde ihr Blick gefährlich düster. Magnus hatte das dumpfe Gefühl, etwas Falsches gesagt zu haben.
~Pirat!~
~Schattenweltler~, korrigierte er augenblicklich,~Wenn wir schon sterben, will ich zumindest das richtig stellen.~
Es war keinesfalls übertrieben. Nahezu jeder wusste, dass, wenn man ins Gefängnis der Schattenjäger geworfen wurde, es in den seltensten Fällen wieder lebend verließ.
~Und was hat das jetzt mit Manieren zu tun?~
~Schattenjäger sind immer so auf ihr Ziel fixiert. Absolute Spielverderber und von einer richtigen Party verstehen sie auch rein gar nichts. Geschweige denn von Mode~, erklärte er und deutete auf seine einheitlich graue und formlose Kleidung,~Das hier geht einfach gar nicht!~
~Da hast du recht.~, kicherte die Schwarzhaarige leise.
~Ich bin Magnus.~, stellte er sich grinsend vor, während er sich durch die Haare fuhr. Gott, er vermisste sein Haargel.
~Isabelle, aber nenn' mich ruhig Izzy.~, sagte die Schwarzhaarige.
Magnus' Herz geriet kurz aus dem Takt.
Izzy?
Den Namem hatte er schon einmal gehört ... von Alexander.
~Isabelle ... Lightwood?~
~Ja. Woher weißt du das??~
Magnus stieß die angehaltene Luft aus.
~Sagen wir mal so, dein Bruder hat viel von dir erzählt.~
~Alec? Er lebt?~, fragte sie verwundert, aber mit voller Hoffnung in der Stimme und sie umfasste die Gitterstäbe vor sich fester. Als befürchte sie, sonst zusammenzubrechen.
~Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er mehr oder weniger quicklebendig. Wieso dachtest du, er sei tot?~
Isabelle sah zu Boden.
~Die Soldaten, die mich mitgenommen haben, haben mir gesagt, dass Alec von Pi- Schattenweltlern entführt und getötet wurde. Was ist dann wirklich passiert?~
~War ja klar, dass wir wieder an allem Schuld sind~, schnaubte Magnus,~Hör zu, ich weiß nicht, wie viel Zeit uns vergönnt ist, weshalb ich mich kurz fassen werde. Auf meiner Flucht haben Alexander und sein blonder Freund mich verfolgt und sind von den Vampiren gefangen genommen worden. Ich habe aber meine Kontakte spielen lassen und er kam wieder ... frei. Während der Überfahrt nach Edom-Island sind dein Bruder und ich ... uns nähergekommen. Auf besagter Insel haben uns aber die Schattenjäger überfallen und wir wurden getrennt. Er lebt noch und die einzigen, die einen Grund haben, ihn töten zu wollen, sind die Schattenjäger.~
Er hatte sich wirklich kurz gefasst, was eigentlich nicht gerade zu seinen Stärken gehörte, aber dennoch sah er, dass er Isabelle mit seinen Worten etwas überfordert hatte.
~Was bedeutet näherkommen?~
~Wir sind quasi zusammen.~, erklärte er, überrascht, dass sie gerade auf diesen Part so intensiv einging.
~Alec und du ... Na endlich!~
Auf seine fragende Miene hin, sagte sie leicht stolz~Ich wusste es schon immer und habe nur noch darauf gewartet, dass er es endlich akzeptiert.~
~Glaub mir, darauf habe ich auch gewartet.~, stimmte er grinsend zu.
~Also geht es ihm gut?~
~Ich gehe davon aus, dass meine beste Freundin Catarina auf ihn aufpasst und deshalb glaube ich, dass es ihm gut geht.~
~Alexander?~, fragte sie skeptisch.
~Ihn stört es nicht.~
~Blöd, dass du hier bist.~
~Dasselbe könnte ich von dir behaupten, immerhin gehörst du zu seine Familie. Weshalb bist du eigentlich hier?~
~Verdacht auf Piraterie, auch wenn ich glaube, dass es etwas mit Alec und seinem Seitenwechsel zu tun hat.~
Magnus verkniff sich ein triumphierendes Aha!, denn natürlich war das der, von ihm prophezeite, häufigste Grund für eine Festnahme.
~Und du?~
Magnus schluckte, wollte Isabelle aber wirklich die Wahrheit sagen. Irgendwie hatte er das Gefühl ihr vertrauen zu können, auch wenn er sie eigentlich überhaupt nicht kannte.
Lag das daran, dass sie Alexanders Schwester war?
Oder doch eher an ihrer Einstellung den Schattenjägern gegenüber, weshalb er sie so sympathisch fand?
Er wusste es nicht, aber er bekam auch keine Möglichkeit mehr, ihr alles über Kali und seine Rolle in der Beschwörung zu erzählen, denn laute Schritte kündigten die beiden Soldaten an, die ihre Mittagspause anscheinend beendet hatten.
Die Tür wurde aufgerissen und während sie auf sie zu kamen, sprudelten die nächsten Worte nur so aus ihm hervor~Wir haben keine Zeit mehr, aber lass dir einst gesagt sein, alle Legenden sind wahr.~
Isabelle wurde gepackt und hinausgezerrt.
Sie schien allerdings noch nicht fertig zu sein, denn augenblicklich trat sie dem einem Soldaten auf den Fuß, sodass dieser sie losließ und sie die letzten Meter zu ihm überbrücken konnte.
Sie umklammerte die Gitterstäbe so fest, dass ihre Fingernknöchel weiß hervorstachen und ihre dunklen Augen funkelten angsterfüllt.
Schnell umgriff er ihre eiskalten Hände und sagte mit, wie er hoffte, beruhigender Stimme~Vertrau niemandem, vor allem nicht dem Rat oder den anderen Schattenjägern.~
~Und warum sollte ich dir vertrauen?~
~Solltest du nicht, vertraue nur dir selbst~, riet er ihr,~Verlier nie den Glauben an dich selbst.~
Dann wurde Isabelle von den Soldaten fortgerissen und mitgeschleift. Sie wehrte sich zwar, aber es war offensichtlich, dass ihr Kopf vor Informationen schier zu platzen schien.
Die Tür am anderem Ende wurde aufgerissen, als ihm noch eine Idee kam. Ihre Chancen, Alexander wieder zu sehen, standen um einiges höher als seine und er wollte, dass dieser noch etwas wusste, auch wenn Magnus wohl nie den Mut finden würde, es ihm persönlich zu sagen.
Für ihn war es der absolute Beweis dafür, sich von jemandem abhängig zu machen.
Dennoch rief er noch ~Sag Alexander, dass ...~
Doch in diesem Momemt fiel die Tür ins Schloss und es war wieder still in seinem Zellentrakt.
So hörte ihn auch niemand, als er kraftlos fortfuhr~ ... ich ihn liebe.~
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