Kapitel 50 - Schuldig
~Ich weiß, ihr habt Angst. Angst, alles zu verlieren und eure Liebsten sterben zu sehen, aber wir dürfen uns von dieser Angst nicht beherrschen lassen, denn sie hält uns davon ab, das Richtige zu tun. Wir dürfen die Schattenwelt nicht einfach aufgeben, nur weil die Situation ausweglos erscheint, denn sie ist auch unsere Heimat!~, sagte Alec mit fester und drängender Stimme,~Als ich klein war, habe ich viele Geschichten gehört. Geschichten über die unbeugsamen Schattenweltler, die zwar nichts als Chaos anrichteten und immer das taten, was ihnen in den Sinn kam, aber sich auch nie beirren ließen. Doch ich verlor die Erinnerung an die Faszination, die ich für sie empfunden hatte, und ging zu den geordneten, aber ebenso gnadenlosen Schattenjägern. Ich war der Überzeugung, dass Gutes von Ordnung hervorgerufen wird und bis vor ein paar Wochen war ich mir sicher, dass meine Meinung richtig war.~
Die Menge war so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen lasssen können und sie dennoch gehört hätte..
Dagegen wütete in ihm ein wahrer Orkan, in dem Entschlossenheit und Verzweiflung um die Oberhand kämpften. Er wusste, wie viel von seinen Worten abhing, aber er versuchte, sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen.
Stadessen redete er weiter~Aber ich wurde eines Besseren belehrt. Ich erfuhr, dass die Welt nicht nur aus Schwarz und Weiß bestand und dass vieles, das ich glaubte zu wissen, falsch war. Ich erfuhr von dem Plan der Schattenjäger und wollte dies verhindern. Es mag viel Schlechtes geschehen sein, aber ich habe den Glauben nicht verloren! Ich habe das Vertrauen nicht verloren! Ich glaube daran, dass wir die Kompasse zurückholen und die Schattenjäger von der Auslöschung der Welt, wie wir sie kennen, abbringen können! Sie ignorieren die weitreichenden Folgen ihres Handelns und das müssen wir ändern! Es wird Zeit, das Richtige zu tun und endlich für unseren Platz in der Schattenwelt zu kämpfen. Wir werden aus den dunklen Schauermärchen emporsteigen, die über uns verbreitet werden, um allen zu zeigen, dass auch wir irgendwo Helden sind!~
Alec war ziemlich zufrieden mit sich, denn die Worte waren ihm erstaunlich leicht über die Lippen gekommen. Ohne großes Nachdenken.
Dennoch brachte ihn die nächste Frage aus dem Konzept ~Und wie genau sollen wir das anstellen?~
All die Worte, die gerade noch in seinem Kopf herumgeschwirrt waren, waren plötzlich wie weggeblasen und nun herrschte dort eine gähnende Leere.
Wie sollte er darauf antworten, wenn er selbst keine Ahnung hatte?
Sein Vosatz bestand darin, alle zu überzeugen, nicht aufzugeben. Einen konkreten Plan hatte er nicht verfolgt und das wurde ihm gerade zum Verhängnis.
Den Engeln sei Dank stand er nicht allein auf diesem Podium, denn ehe seine Ratlosikeit auffiel, sprang Catarina ein~Ganz einfach. Wir segeln erst nach Jade-Island und sammeln dort alle Kinder und Kampfunfähigen -in dieser Hinsicht stimme ich der Elbenkönigin zu, wir müssen sie schützen.
Wir stellen ihnen eine Vielzahl an Wachen an die Seite, die für ihren Schutz sorgen werden. Der Rest segelt weiter nach Alicante, um die Kompasse zurückzuholen und notfalls segeln wir sogar bis Downworld-Island! Wir kennen die See besser als jeder andere und ich sehe es nicht ein, dieses Wissen an eine temperamentvolle und unberechenbare Hexe zu verlieren.~
Sie lächelte Alec nur leicht an, aber die Wirkng war dennoch sehr intensiv. Dieses einfache Lächeln schien ihm einen großen Teil der Last auf seinen Schultern, zumdindest für einen kurzen Moment, zu nehmen, sodass er einmal frei durchatmen konnte.
Dieses Lächeln fühlte sich an wie ein stilles Versprechen, dass schlussendlich alles gut werden würde ... Oder aber Alec war einfach nur etwas zu sentimental gestimmt.
~Um den Vorschlag durchzusetzen, brauchen wir eine Mehrheit~, fuhr Ragnor fort,~Und wie meine Stellvertreterin bereits angedeuet hat, stimmen wir dafür. Wir werden unsere Heimat nicht aufgeben. Nicht solange es noch Hoffnung gibt und die gibt es.~
Dann herrschte erneut Schweigen, in dem die verbliebenen drei Piratenfürsten ihren eigenen Gedanken nachhingen und Pro und Kontra gegeneinander abwogen.
Schließlich seufzte der hochgewachsenen Mann mit den breiten Schultern und der tiefbraunen Haut, Luke.
~Mir gefällt die Idee nicht, aber ich stimme dafür. Ich habe auch noch Familie auf Idris, die ich nicht im Stich lassen kann.~
~Ich teile eure Ansichten nicht. Warum sollten wir gerade für diejenigen unser Leben riskieren, die uns zu hunderten gnadenlos niedermetzeln und den Plan verfolgen, uns vollständig zu vernichten? Ich verstehe die Logik dahinter nicht~, meinte die Elbenkönigin in einem arroganten Tonfall,~Ich bin dagegen.~
Nun lag alles an Camille, denn wenn sie auch dagegenstimmte, kamen sie zu keinem endgültigen Entschluss und der waghalsige Plan wäre auf Eis gelegt.
Alles sprach dafür, denn es war kein Geheimnis, dass die Frauen enge Verbündete waren und somit oft von der jeweils anderen profitierten.
Wahrscheinlich mischte sich Catarina genau deshalb nochmals ein.
~Camille, du hast es ihm versprochen.~, flehte sie mit eindringlicher Stimme.
Was versprochen?, fragte sich Alec, schwieg aber.
Stadessen beobachtete er Camille, die ihren Kopf unschlüssig gesenkt hielt, sodass das silberblonde Haar ihr Gesicht verbarg.
~Daran bin ich nicht mehr gebunden.~, murmelte sie leise, als würde sie die brennenden Blicke ihrer rothaarigen Verbündeten spüren.
~Doch, das bist du. Du hast es ihm bei deiner Ehre als Captain geschworen. Willst du uns wirklich beweisen, dass Vampire nicht zu ihrem Wort stehen?~, fragte sie erstaunlich sanft, als spräche sie zu einem verwundeten Tier.
So sah Camille auch irgendwie aus, überlegte Alec. Sie wirkte mit ihren hochgezogenen Schultern plötzlich so unglaublich verletzlich und unschlüssig, dass er beinahe das Bedürfnis verspürte, sie in den Arm zu nehmen. Beinahe.
Stadessen fügte er hinzu, obwohl er nur erahnen konnte, um was es ging ~Nach allem, was du ihm angetan hast, bist du ihm das schuldig. Findest du nicht?~
Camille seufzte, bevor sie ihre Schultern straffte und sich aufrichtete. Nun wirkte ihr Gesicht so unnahbar und kalt wie eh und je. Nichts war vor ihrer Unsicherheit übrig geblieben.
~Ich stimme dafür.~, sagte sie und mied den empörten Blick der Elbenkönigin.
Dann brach überraschend lauter Jubel los. Menschen fielen sich in die Arme oder genossen den kurzen Hoffnungsschimmer, der wie ein Blitz das Innere der Höhle zu erhellen schien.
Alec hingegen schloss einen kurzen Moment die Augen, um den Augenblick zu genießen. Er lächelte zwar nicht, aber er war auch nicht weit davon entfernt.
Er war schlichtweg zufrieden, weshalb er überrascht aufkeuchte, als ihm plötzlich ein Zettel in die Hand gedrückt wurde.
Verwirrt öffnete er die Augen und faltete diesen auseinander.
In einer filligranen kleinen Schrift stand dort eine kurze Nachricht.
Komm in das violette Zelt, mein Lieber.
Wir haben etwas zu besprechen.
Ek
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