5.
Leise schleiche ich durch die Gänge.
Keine Ahnung, ob ich das darf, aber solange ich nicht erwischt werde...
Wenn Miss Norris gelbe Augen mich aus der Dunkelheit heraus anglotzen, ist es vorbei.
Da wo die Katze ist, ist auch ihr nicht weniger gruseliger Besitzer nicht weit entfernt.
Und Filch kennt das Schloss so gut wie kein anderer.
Ja, ich sollte wahrscheinlich besser auf meinen Zimmer bleiben, aber der Himmel ist zu Verführerisch, zu laut.
Eilig haste ich die Treppen hinab, nur im Nachthemd mit meinen Zauberstab in meiner Hand, mache aber kein Licht.
Das Schloss hat Augen.
Die Gemälde schlafen.
Erleichterung durchfährt meinen Körper, als meine nackten Füße das stachelige Gras berühren.
Geschafft.
Und nicht erwischt worden.
Zufrieden sehe ich in den beinahe scwarzenHimmel.
Ja, es sind dieselben Lichter da über mir.
Die selben, wie am See.
Leise summend entferne ich mich lagsam vom Schloss.
In der Ferne kann ich Hagrids Hütte erkennen, hinter ihr den verbotenen Wald.
Von wegen verboten.
Laut Filch schleichen sich da ständig Schüler rein, ob sie noch an einen Stück rauskommen ändert sich je nach Geschichte, die er mir erzählt.
Angeblich leben wilde Zentauren zwischen den Bäumen, vertäumte und durchaus weise Wesen, die ich sehr zu schätzen weiß.
Das Schloss liegt dunkel und still da, als ich gemächlich die Wiesen entlang schreite.
Kein Licht brennt.
In weiter Ferne kann ich die Präsenz von den Dementoren spüren, die dieses Jahr auf Hogwarts aufpassen sollen.
Eine eisige Kälte, ein leiser Anflug von Panik kriecht meinen Rücken hoch.
Hoffentlich lassen sie mich in Ruhe, ich kann die Dinger echt nicht leiden.
Meine Finger schmiegen sich etwas fester gegen das warme Holz meines Zauberstabs.
Er beruhigt mich, wenn ich Angst habe.
Und gerade habe ich Angst.
Angst, vor den Dementoren, Angst, gerade etwas ganz fürchterliches zu tun.
Meine Schritte beschleunigen sich.
In den Wald.
In den verbotenen Wald.
In der Natur ist es am leisesten, der Himmel am lautesten.
Die ersten dunklen Bäume verschlucken mich, gierig ziehen die knochigen Äste mich in ihr tiefes Gebüsch.
Die schwarzen Finger der Bäume recken sich gen Himmel, können ihn aber nicht erreichen.
Ein Zweig knackt.
Ich bin nicht alleine.
Unwillkürlich hebe ich meinen Zauberstab.
"Wer ist da?"
War es dumm, alleine in den Wald zu gehen?
Ein grollen.
Erschrocken wirbel ich herum.
"Komm raus! Ich bin bewaffnet!"
Ein schwarzes etwas rast aus den Büschen, wirft mich unsanft zu Boden.
Mein Zauberstab fliegt in hohem Bogen durch die Luft.
Nur Zentimeter von meinen Kopf entfernt schnappen zwei mächtige Kiefer zu, krallen Bohren sich in meine Arme, ich kann warmes Blut meine Haut hinunterrinnen spüren.
Mit aller Kraftanstrengung versuche ich das Biest von mir weg zu drücke, taste nach meinen Zauberstab.
Keine Chance.
"Bleib weg!"
Verzweifelt drücke ich das Ungeheuer von mir, meine Arme zittern vor Anstrengungen.
Wars das?
Wird das Ding mich jetzt zerreißen?
Mein Blick zuckt zu den ungeheuren Kopf, den langen Fängen, den leutenden Augen.
Gelbe Augen.
"Sirius?"
Das Ding hält aprupt inne.
"Sirius!", erleichtert atme ich tief ein und aus. "Du hast mich vielleicht erschreckt. Erkennst Du mich nicht?"
Der Hund lässt von mir ab.
Er ist es wirklich.
Vor meinen Augen Strecken sich die Beine, die Schnauze wird zu einen bärtigen Gesicht.
"Jasmin? Was machst du denn hier?"
"Das selbe könnte ich dich fragen."
Suchend taste ich mach meinen Zauberstab, der Mann hilft mir auf die Beine. Mein Arm ist blutig.
"Tut mir leid. Ich hab dich nicht erkannt.", entschuldigend sieht er auf die Kratzspuren.
"Ist ja nicht schlimm.", mit einen kleinen Zauber schließt sich die Wunde wieder. "Jetzt aber raus mit der Sprache. Was machst du hier? Guter Gott, warum Hogwarts? Das ist nicht sicher für dich. Hast du die Dementoren nicht gesehen?"
Der Sträfling zuckt nur mit seinen Schultern. "Das ist nicht wichtig. Pettigrew ist hier."
Petrigrew.
Da klingelt was.
Diesen Namen hat er mir genannt, als er an den See auftauchte.
Der Verräter.
Die Ratte.
"Außerdem... Harry ist hier. Und der Junge ist immerhin mein Pate. Und was hat dich von deinen See vertrieben?"
"Dumbledore.", schnaube ich. "Er hat mich als Clarissa Gunn nach Hogwarts gelassen. Ich soll auf Potter aufpassen. Außerdem hat er einen Werwolf eingestellt. Remus Lupin. Seltsamer Kerl."
Seine Augen Leuchten auf. "Remus Lupin? Bist du dir sicher?"
Verwirrt sehe ich ihn an. Seine Körpersprache hat sich von den einen Moment auf den Anderen geändert.
Jetzt sieht er etwas so aus, wie ein aufgeregter Schuljunge in einer zerrissenen Sträflingsuniform.
"Ja. Ganz sicher. Du kennst ihn?"
"Ein alter Schulfreund.", winkt Black ab. Zu sich gewand fügt er leise murmelnd hinzu: "Da wird sich Schniefelus aber freuen..."
"Was?"
"Egal...", müde sieht Sirius in den Nachthimmel.
Er ist dünn geworden, wild, ungepflegt. Askaban hat sich seinen Teil genommen.
"Du solltest zurück zum Schloss. Wenn man dich mit mir sieht..."
"Wäre es sehr ungünstig für uns beide, ich weiß.", vollendet ich ihn. "Aber wir sehen uns noch mal, oder? Harry, Pettigrew... Remus. Wir haben viel zu bereden."
Zuszimmend nickt der Mann. "Ich lebe in der heulenden Hütte. Schick mir eine Eule."
"Mach ich. Und pass auf dich auf. Die Dementoren..."
"Keine Sorge.", er schenkt mir ein Lächeln. "Ich bin doch nur ein großer Straßenköter."
Mit diesen Worten schrumpft er wieder zu den struppigen Rüden zusammen.
"Machs gut. Ich schreib dir.", verspreche ich.
Der Hund leckt mir einmal kurz über die Hand, verschwindet dann im Unterholz.
Ich sehe ihn nach.
Wusstest du es, Albus?
Langsam bahne ich mir ein Weg aus den Dickicht.
Mein einst weißes Nachthemd ist zerrissen und voller Blätter und Schlamm.
Danke, Sirius.
Leise schleiche ich mich durch die Korridore, zurück in meinen Turm.
Zum Glück dämpfen meine nackten Füße das Hallen meiner Schritte in den leeren Gängen.
"Miss Gunn."
Ein gleißend helles Licht.
Geblendet kneife ich meine Augen zusammen, die sich gerade an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
"Was haben Sie auf den Gängen verloren, mitten in der Nacht?"
Die bedrohliche Silhouette von Severus Snape tritt in das weiße Licht seines Zauberstabs.
Klasse.
Ausgerechnet er.
Notdürftig ziehe ich mein Hemd enger um meinen schmalen Körper um meine Haut zu verbergen.
"Ich bin genauso berechtigt wie sie, mich auf den Gängen aufzuhalten.", gebe ich zurück.
"Sind Sie das?"
Bin ich das?
Keine Ahnung.
Bestimmt.
"Ja. Und jetzt entschuldigen Sie mich. Ich würde mich gerne umziehen."
Erst jetzt scheint der Lehrer den desaströsen Zustand meiner Bekleidung zu erkennen, die meinen Körper gerade so bedeckt.
Ist das Scham?
Wie vom Blitz getroffen stauchelt er ein paar Schritte zurück, wendet seinen Blick ab.
Zufrieden setze ich meinen Weg fort.
Sirius, ich habe dich gefunden.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top