21.

Mein Rücken bringt mich noch um.

Gerade hatte ich zu Abend gegessen, extra früh, um noch etwas bei mir im Zimmer entspannen zu können, aber nein, anscheinend war der Flur nicht sauber genug.

Stöhnend stelle ich den Wischmopp beiseite.
Warum besteht Filch darauf, alle Arbeiten ohne Magie zu vollziehen?
Zum größten Teil halte ich mich eher weniger daran, aber wenn seine Katze mich aus ihren leuchtenden Augen heraus anglotzt, macht man die Arbeit dann doch richtig.

"Husch.", drohe ich ihr mit meinen Zauberstab.
Sie miaut nur.
Können Katzen passiv-aggressiv miauen?
Anscheinend.

"Mistvieh.", murrend wende ich mich wieder dem Wischmopp zu, ihre unheimlich menschlichen Augen hat sie immernoch auf mich gerichtet.

Das Flattern einer Eule erregt meine Aufmerksamkeit.
Ein Blatt Papier fällt auf den sauber gemischten Boden.

Schnell, bevor das Katzenvieh es mir noch wegschnappt, hebe ich das Pergament auf.

Wieder sicher.
Morgen 24 00 Uhr

Seufzend Strecke ich den Brief in meine Manteltasche.

Bring dich nir nicht in Gefahr, Sirius. Nur weil du ihnen einmal entkommen bist, heißt das loch lange nicht, dass du für immer frei sein wirst.

"Haltet sie!"

Erschrocken wirbel ich herum.

Eine struppige Katze rast auf mich zu, gefolgt von einen Rotschopf und einen jungen Mädchen.

"Meine Ratte!", heult der Junge.

Ratte?

Ja.

Eine kleine, graue Gestalt sprintet vor der Katze her, in Todesangst.

"Stupor.", sowohl Katze als auch Ratte halten mitten in ihrer Bewegung inne, fallen schließlich einfach um.

Langsam bücke ich mich, hebe die Ratte an ihrem Schwanz hoch.

Sie atmet noch, schnell und flach, die Augen zucken panisch durch die Gegend.

Bist du ein Mensch?

Das Fell einer Ratte, die Ohren einer Ratte, die Augen einer Ratte.

Mein Blick fällt auf die Vorderpfote.
Tatsache.
Ein Finger fehlt.

"Entschuldigung?"

Der Rotschopf steht direkt vor mir, seine Begleiterin hebt ihre gelähmt Katze von den Boden auf und wirft mir einen missmutigen Blick zu.

"Kriege ich meine Ratte wieder?"

Ronald Weasley, du weißt nicht zufällig,  ob deine Ratte ein Mann Anfang dreißig sein könnte?

Schweigend reiche ich ihm das quietschende Tier.
Oder Mensch.

Mit einen Schwung aus meinen Zauberstab kehrt Leben in die Geschöpfe zurück.

Die Katze faucht, die Ratte schreit.

"Krummbein, aus."

Ein durchaus passender Name für ein Gesicht, das nur eine Mutter lieben kann.

Krummbein sieht aus, wie die verwahrloste Schwester von Miss Norris.

"Tut mir leid, wir wollten Sie nicht stören.", entschuldigt sich das Mädchen.
Hermine Granger, wenn ich mich recht entsinne, Klassenbeste in fast allem.

Lachend schüttel ich meinen Kopf. "Passt nur auf, dass die Katze nicht die Ratte auffrisst."
Was wäre, wenn die Ratte stirbt und dann wirklich Petrigrew wäre?
Dann wäre Sirius wohl für immer verloren.

Hermine schüttelt so heftig ihren Kopf, dass ihre struppigen Haare nur so durch die Luft wirbeln. "Ich werde aufpassen."

Weasley wirft ihr nur einen Vorwurfsvollen Blick zu, der Griff um sein Haustier verstärkt sich unmerklich. "Ja. Das wird nichtnoch mal passieren. Vielen Dank, das Vieh hätte sonst Krätze erwischt."

"Kein Ding." Ich sehe den beiden nach, wie sie noch immer streitend den Gang entlang stapfen.

Seufzend hebe ich den vollen Wassereimer auf, werfe der Hausmeisterkatze einen bösen Blick zu.

Krätze die Ratte.
Petrigrew der Mensch.

Der Eimer wird immer schwerer und schwerer, wiegt gefühlt eine Tonne, als ich bei Filchs Büro ankomme.

Ohne zu Klopfen stoße ich die Tür auf, der mürrische Herr wird sowieso im Schloss herumschleichen.

Die Ketten, die von der Decke hinunterhängen verleihen dem Raum eine eher weniger fröhliche Atmosphäre.

Filch hat mit bei jeder Gelegenheiten erzählt, dass man hier früher umgezogene Schüler zur Strafe aufgehängt hat.

Allein bei den Gedanken erschaudere ich.

Eilig leere ich das Schmutzwasser im Waschbecken aus, lehne den Mopp gegen die Wand.

Ich bin ganz verschwitzt von der unnötig anstrengenden Arbeit.

Nichts gegen körperliche Ertüchtigung, aber man muss es ja nicht gleich übertreiben.

Nichts wie raus aus diesen Folterkeller von Büro.

Draußen geht die Sonne langsam unter, taucht das Land in ein warmes Rot.

Die Dementoren sind noch da, aber in weiter Ferne.
Warum kann das Ministerium sie nicht einfach abziehen?
Dumbledore ist hier Schulleiter, Albus Dumbledore, der mächtigste und weiseste Zauberer, den ich je kennenlernen durfte.

Ich glaube ja, das Ministerium vertraut ihn nicht mehr.

Leider haben sie nicht Unrecht.

Es würde mich doch sehr wundern, wenn Albus nicht zumindest ahnen würde, wo sich Sirius aufhält.
Und dann ist da noch der Orden.

Es gibt ihn noch und er wird noch gebraucht werden.

Als ich an meiner Tür ankomme, fällt mir sofort der Zettel auf, der an das Holz geklebt ist.

Ganz unschuldig und beinahe schüchtern hängt das Stück Papier da.

Neugierig reiße ich ihn ab, als ich mein Zimmer betrete.

Samstag 22:00 Uhr Irrwicht im Wald fangen
Treffen bei mir
Date?

Remus

Er hat eine schöne, geschwungene Schrift.
Date?

Lächelnd lege ich das Papier auf meinem Schreibtisch ab.

Date.

Verglichen zu seiner Schrift, wirkt meine beinahe krakelig, als ich meinen Terminplan durchblättere.

Also Zeit hätte ich.

Und Lust?

Mit Remus mitten im Winter nachts im Wald einen Irrwicht jagen?
Hört sich auf jeden Fall vielversprechend an.

Warum lasse ich mich jedes Mal auf ihn ein, auch wenn ich weiß, wie es enden wird?

Beinahe enttäuscht von mir selbst, sehe ich ein, dass ich wohl egoistisch bin.

Egoistisch genug um zu vergessen, dass ich Jasmin bin.

Schweren Herzens sehe ich aus dem Fenster.

Es schneit.

Der erste Schnee in diesen Jahr.
Wäre ich noch ein Kind, würde ich nach draußen rennen, einen Schneemann bauen, meinen Bruder mit Schneebällen abwerfen, bis Mama und Papa uns wieder nach drinnen rufen.

Eine kleine, schmerzhafte Erinnerung, an das was war und an das was ist.

Remus ist.

Gabriel war.
Und Gabriel ist.

Ich öffne ein Fenster, sofort wirbeln Schneeflocken in den Raum, schmelzen aber sofort zu kleinen Tropfen, die die Tinte meiner Unterlagen verschmieren.

Ich werde Gabriel nicht wiedersehen.
Nicht lebendig.
Es bleiben nur die Erinnerung.

Es ist nicht falsch, dass ich Remus mag, es ist falsch, dass er mich nicht kennt.

Nachdenklich sehe ich auf die Landschaft, die sich langsam weißlich verfärbt.

Wenn es soweit ist...
Wird er es verstehen?

Ich habe verstanden.
Und so schwer es mir fällt es mir einzugestehen...

Ich habe Gefühle für Remus, die ich nicht haben sollte.

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