Neuer Reichtum und alte Schulden
Noch am selben Tag erreichte das Gefolge des Bischofs die Vatikanstadt. Aufgebracht und in Panik, stürmten sie durch das Tor, um sich hinter den dicken Mauern in Sicherheit zu bringen. Der oberste Sekretär des Bischofs, rannte sofort zum goldenen Palast, um dem Papst davon zu berichten. Er berichtete dem Papst, was geschehen war, aber ließ alles was ihn oder den Bischof schlecht da stehen ließ aus.
So erzählte er von einer gewaltigen Stadt, in welcher sie vor der Nacht Schutz gesucht hätten. Einige Soldaten hätten ein Auge auf die weibliche Begleitung im Tross geworfen und sie angepöbelt. Als sie sich gewehrt hatten, kam es zu Handgreiflichkeiten. Die Leibwächter hatten tapfer gekämpft, aber am Ende mussten sie sich zurückziehen und der Bischof ließ sich als Pfand gefangen nehmen, um ihre sichere Rückkehr zu sichern.
Was niemand wusste, war das der Bischof und der Papst enge Freunde waren, seit der Kindheit schon. Der Papst war natürlich erzürnt und sorgte sich um seinen Freund. Er überlegte wie man ihn retten und diese Schmach aus der Welt schaffen könnte. Er ließ sich die Geschichte noch einmal erzählen und beschloss dann zu beten und so eine Lösung zu finden.
Also begab er sich in seinen Gebetsraum und betete. Und tatsächlich: Durch das einzige Fenster in seinem Gebetszimmer, leuchtete ein heller Lichtstrahl herein und auf sein Gesicht. Dann vernahm er eine gewaltige und doch sanfte Stimme: „Mein Kind, der du bist mein Repräsentant auf Erden, was begehrst du?“
Demütig kniete der Papst nieder und legte den Kopf auf den staubigen Boden. Sein kahles Haupt glänzte vor Schweiß, als er mit schwacher Stimme antwortete: „Herr, wie soll ich meinen Freund, den Bischof, befreien und was für eine Gerechtigkeit soll der Stadt widerfahren, in der er genächtigt hat?“
Da antwortete die Stimme: „Ach du unwissender. Der Sekretär hat dich belogen. So höre die wahre Geschichte.“ So erfuhr der Papst von der Wahrheit. Tief bestürzt und traurig kniete er da und weinte um seinen Freund, weil er nicht erkannt hatte, was in ihm vorging und geholfen hatte.
Die Stimme sprach ihm gut zu und tröstete ihn.
„Es gibt noch Hoffnung für ihn. Seine Seele ist nicht auf ewig verdammt. Um ihn zu retten, musst du folgendes tun.“
Der Bischof saß da und hörte zu. Nachdem die Stimme geendigt hatte, willigte er ein ihren Rat zu befolgen. Der Lichtstrahl schwand und der Papst stand auf und zog seine Robe und seine Krone, die Tiara, auf. So bekleidet trat er in seinen Audienzsaal und ließ den Sekretär, sowie alle Mitglieder des hohen Rates kommen. Als dieser vor ihm stand, flankiert von Soldaten, forderte der Papst ihn auf seine Geschichte zu wiederholen. Eifrig erzählte der Mann seine Lüge und als er fertig war stand der Papst auf, bebend vor Wut, weil der Sekretär ihn zum dritten Mal angelogen hatte. Er ließ alle Frauen kommen, welche den Bischof begleitet hatten, ließ sie schwören, dass sie die Wahrheit sprachen und stellte ihnen Fragen. Alle Antworten widersprachen der Geschichte des Sekretärs. Er entließ die Damen und rief die Leibwächter zu sich. Auch diese ließ er schwören die Wahrheit zu sagen. Sie taten dies und erklärten voller Scham, dass sie vor der Hexe weggerannt waren. Er entließ sie und rief zu guter Letzt zwei Gestalten herein. Die eine war mittelgroß und stand aufrecht, die andere war eher klein und gebückt. Eine Kapuze bedeckte ihr beider Gesicht und ein Mantel lag über ihrem Körper. Die größere Gestalt führte die andere an der Hand in den Raum und bedeutete ihr neben ihr stehenzubleiben.
Nun drehte der Papst sich zum Sekretär und fragte: „Kannst du schwören, das du mich nicht angelogen hast?“
Der Sekretär war nervös und ihm wurde klar, dass er in eine Falle getappt war. Trotzdem blieb er bei seiner Geschichte und nickte.
„Sprich!“
„Ich schwöre es!“
Da warf die Gestalt Kapuze und Mantel von sich und richtete sich zur vollen Größe auf. Der Sekretär schrie und bekreuzigte sich drei Mal. Er fing an, leise ein Gebet zu murmeln und ließ dabei die Hexe nicht aus den Augen.
„Ich habe gelogen! Ich habe gelogen! Es tut mir leid! Ich habe gelogen! Lasst sie nicht zu mir durch! Bitte!“
„Schafft ihn weg. Ich möchte das ihr alle den Raum verlasst. Sofort! “
Innerhalb weniger Sekunden war der Raum leer. Nur der Bischof und die Hexe, sowie ihre Begleitung bleiben im Raum zurück.
Die Hexe zog der Begleitung den Mantel und danach die Kapuze aus. Der Papst stand von seinem Thron auf und stellte sich vor den Bischof. Als er seinen glasigen Blick sah, rollten ihm Tränen die Wange herunter. Als er sich wieder gefangen hatte, drehte er sich zur Hexe um und sprach mit neu gewonnener Entschlossenheit: „Nehmt was ihr braucht, um meinem Freund von seinem Elend zu Erlösen. Ruht nicht, bis eure Aufgabe erfüllt ist.“
Die Hexe nickte, verkleidete sich wieder und drehte sich zur Tür. Als sie hinausging, hörte sie den Papst, als er betete: „Gott behüte sie.“
Danach schloss sich die Tür mit einem großen Knall.
Zurück in der Gegenwart
Als am Nachmittag die ersten Dorfbewohner aufstanden, um ihrer Arbeit nachzugehen, da staunten sie nicht schlecht, als Berge von Gold und Geschmeide auf dem Dorfplatz lagen. Sie rieben sich die Augen und schlugen sich gegenseitig ins Gesicht, um zu prüfen, ob sie wach waren. Waren sie.
Ein ganz mutiger, ging auf den Goldberg zu und berührte ihn. Kaltes Metall spürte er unter seinen Fingern und sein schmutziges Gesicht verzog sich zu einem Lächeln ohne Zähne. Nach und nach trauten sich mehr Menschen die Kostbarkeiten anzufassen und es gab aahs und oohs, als besonders schöne Stücke gefunden wurden. Vorsichtig legten sie sie zurück und weckten die anderen. Nachdem diese die gleiche Prozedur durchlaufen hatten, wurden die Gaben auf Haufen sortiert. Am Ende gab es sieben Haufen: Edelsteine, Silber, Gold, Gewürze, verarbeitete Waren, Stoffe und Münzen.
Die Ressourcen wurden fair verteilt und jeder spendete ein wenig in die Dorfkasse. Händler wurden gerufen und die Waren wurden zu Geld gemacht. Von dem Geld reparierten die Menschen ihre Häuser und kauften Werkzeuge um ihre Arbeit besser zu verrichten. Es gab talentierte Architekten, begabte Handwerker und Bäcker und Köche von meisterlichem Können. Und nun hatte sie die Ressourcen, um das Beste aus sich herauszuholen. Schon bald blühte das Dorf auf und Menschen von nah und fern siedelten sich an, um sich ein exquisites Haus bauen zu lassen, exzellente Handwerkskunst zu erwerben oder exotische Speisen zu kosten.
Mit der Zeit nahm das Dorf an Größe und Bevölkerung zu. Die Kinder der Stadt heirateten und zogen mit ihrer besseren Hälfte in ein Haus innerhalb der Stadt. Frieden zog ein ins Land über mehrere Generationen lang. Die Hexe und ihre Gehilfin, überlebten all diese Jahre gesund, jung und munter.
Trotzdem fiel niemandem auf, dass die Besitzerin der Herberge und ihre Gehilfin nicht nur so lange lebten, sondern auch jung blieben. Was hatte es damit auf sich? Geduld, alles kommt mit der Zeit. Ihr werdet es noch erfahren.
Natürlich verdiente auch die Hexe sich eine goldene Nase an den Besuchern und dem Wachsen der Stadt, da sie ja jetzt ihre Herberge für gutes Geld weitervermieten konnte. Sie hatte zudem expandiert und eine weitere Herberge aufgebaut, welche von ihrer Gehilfin kontrolliert wurde.
Die allgemeine Zufriedenheit und der Frieden missfielen dem Teufel. Was ihn jedoch regelrecht in Rage brachte, war der Umstand, dass die Hexe noch keinen sesshaften Wanderer aufgetrieben hatte. Mehrere Generationen waren vergangen und er hatte schon längst mit der letzten Lieferung gerechnet. Diese war aber ausgeblieben.
Denn die Hexe konzentrierte sich mittlerweile nicht mehr auf ihre Aufgabe, sondern primär auf ihr privates Geschäft. Ab und zu lieferte sie ihm zwar ein paar Seelen, aber die Anzahl war drastisch zurückgegangen. Aber er beschloss abzuwarten und noch nichts zu unternehmen. Noch mehr Jahre zogen ins Land und inzwischen hatte die Hexe ihrer Gehilfin das Geschäft verpachtet und war in den Ruhestand gegangen. Von den Abgaben konnte sie gut leben und sie war mit ihrem Reichtum zufrieden. Den Pakt mit dem Teufel hatte sie nicht vergessen, aber ihre Pacht an ihn wurde immer später und sporadischer.
Die Gehilfin war inzwischen zu einer wunderschönen jungen Frau herangewachsen. Verheiratet war sie nicht, denn sie wollte lieber die Herbergen beaufsichtigen, statt eine Hausfrau zu werden. Natürlich gab es über die Jahrhunderte eine Menge junge Männer, welche darüber nicht allzu erfreut waren, aber ihre Eltern und die Hexe standen hinter ihr. Außerdem gab es auch Leute die ihre Meinung respektierten.
Zudem gab es genug gut aussehende junge Damen für alle, sodass alle glücklich waren.
Aber diese schönen Zeiten hielten nicht an.
Denn ein Sturm braute sich zusammen, als ein Wanderer die Stadt betrat.
Prolog Ende
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