Die Geschichte von zwei Engeln
Adrian schlug ruckartig die Augen auf, bereit sich gegen den mysteriösen Angreifer zur Wehr zu setzen. Mavis schmiegte sich noch mehr an seinen Rücken und ihr Mund gab zufriedene Geräusche von sich. Adrian brauchte einen Moment um sich zu vergewisser, das niemand ihn oder sie töten wollte. Er seufzte schwer und befreite sich behutsam aus Mavis Klammergriff. Dann rollte er sich zur Seite und stand ächzend auf, um das provisorische Lager abzubauen. Sie hatten fast gar nichts packen können. Nur seine Notrationen und ein wenig aus der Küche. Den Rest hatten sie aus gefundenen Materialien gebastelt.
Sie hatten viel Zeit verloren, dadurch das er Mavis auch in der Wirklichkeit auf die Schultern hatte laden müssen. Es ärgerte ihn immer noch das sie um sich getreten hatte, den sie hatte ihn am Auge getroffen und es schmerzte auch nach einer Woche noch. Am Ende hatte er sie in einen Tiefschlaf versetzt und war Hals über Kopf geflohen. Und keinen Moment zu früh. Die Silhouette einer Armee hatte sich in der Ferne gegen die aufgehende Sonne abgezeichnet und sie war rasend schnell näher gekommen. Er war in die entgegengesetzte Richtung davon gehuscht und hatte für Marlene gebangt und gebetet. Es dauerte zwei Tage, bis er an einer Siedlung vorbeikam. Alles war verbrannt und Zerstörung war als einziges übrig geblieben. Er sammelte aus den verlassenen Ruinen, was er finden konnte und nachdem er eine nahegelegene Höhle gefunden hatte, legte er Mavis vorsichtig ab, richtete sich ein und ruhte sich zum ersten Mal seit zwei Tagen aus.
Als er aufwachte, war Mavis wach. Sie hatte ihn wohl beim Schlafen beobachtet, was ihm nicht ganz gefiel. Er konnte nicht ganz sagen, was in ihren Gedanken vorging, weil sie ihn völlig ausdruckslos ansah. Schweigend sahen sie einander an. Er war nicht sicher, ob er zuerst sprechen sollte, aber er wollte ihr lieber das Vorrecht lassen.
Du hast eine Menge zu erklären, sprach sie irgendwann.
Ja ich weiß. Ich werde alles erklären. Du musst mir nur zuhören.
In Ordnung. Ich werde dir zuhören, aber falls ich merken sollte, dass du mich anlügst, sind wir geschiedene Leute. Ich meine das komplett ernst. Danach gibt es keine zweite Gelegenheit sich zu erklären.
Adrian nickte zustimmend.
Ja das hört sich vernünftig an. Möchtest du die lange Version hören oder lieber die kürzere?
Ich möchte alles wissen. Woher du Marlene kennst. Ob sie wirklich meine Mutter ist. Wer du bist? Warum wir fliehen musste. Das alles möchte ich wissen.
Adrian nickte nochmals.
Das ist dein gutes Recht. Ich werde dir alles erklären. Aber zuerst beschaffe ich uns etwas zu essen. Mit leerem Magen erzählt es sich nicht gut.
Also ging er zurück zur Siedlung und suchte nach Lebensmitteln, während Mavis ein Feuer schürte. Grinsend kam Adrian zurück. Er trug etwas Großes über seiner Schulter.
Die Siedlung hat nichts hergegeben, aber dieses Prachtstück ist mir über den Weg gelaufen. Wir werden die nächsten Tage genug zu essen haben.
Mavis fragte sich, wie er ohne Waffe einen Hirsch erlegt hatte, aber sie war zu hungrig um zu lange darüber nachzudenken.
Sie bereiteten den Hirsch vor und brieten ihn über dem Feuer. Während sie so da saßen, begann Adrian zu erzählen.
Ich erzähle dir jetzt eine Geschichte. Sie handelt von zwei Engeln, welche eine ganz besondere Freundschaft geschlossen hatten. Sie ließen sich durch das Schicksal aneinander binden. Ging es dem einen gut, so erfreute sich auch der andere bester Gesundheit. Ging es einem jedoch schlecht, so spürte der andere es auch am eigenen Leibe. Sie taten alles zusammen und ließen den anderen an ihren innersten Gedanken teil haben. Sie waren froh, einander zum Freund zu haben. Alles war gut. Bis zu einem schicksalhaften Tag, an dem sich alles ändern sollte.
Er pausierte und trank einen Schluck Wasser aus dem Wasserbeutel.
Mavis sah ihn verwirrt an.
Was in aller Welt hat diese Geschichte mit meiner Frage zu tun?
Er lachte. Ein von Trauer und Schmerz erfülltes Lachen.
Das wirst du noch erfahren. Hör genau zu. An diesem Tag schauten sie auf die Erde, um die Menschen bei ihrem tun zu beobachten. Der eine Engel liebte diese Beschäftigung. Er war von den Menschen so fasziniert. Der andere war nicht so neugierig. Aber er konnte seinem Freund doch nichts abschlagen. Also beobachtete er mit ihm zusammen die Erde und ihren Wandel. Für ihn sah alles gleich aus, aber er beschwerte sich nicht. Nun, an diesem Tag entdeckte der Engel etwas, das seine Interesse weckte. Ein junger Mann mit roten Haaren sah ihn direkt an und winkte.
Das kann nicht sein. Menschen können uns nicht sehen, dachte er sich. Aber der Mann winkte unbeirrt weiter. Sie winkte zurück und der Mann lachte, warf einen Luftkuss und ging wieder seines Weges. Der Kuss schwebte bis ins Himmelreich hinauf und dem Engel direkt in die Hände. Er war wunderschön. Der Freund war komplett aus dem Häuschen und bat darum das Herz halten zu dürfen. Aber der Engel enthielt es ihm vor und zum ersten Mal seit sie sich kannten, teilte einer von ihnen nicht mit dem anderen. Der betrogen Engel, er räusperte sich, überlegte kurz und seufzte, der betrogene Engel wusste nicht, warum sein Freund so abweisend war. Von einem Moment zum anderen. Aber er wollte keinen Streit und deswegen ließ er ihn gewähren. Aber die Situation verschlimmerte sich rapide und der Engel verbrachte immer weniger Zeit mit seinem besten Freund. Stattdessen saß er am Rand der Wolken und beobachtete den jungen Mann, welcher ihm immer zuwinkte. Er vernachlässigte sogar seine Pflichten und Hygiene, um das Objekt seiner Begierde rund um die Uhr zu beobachten. Das fiel den Erzengeln auf und als sie auch mit wiederholten Ermahnungen nichts ausrichten konnten, wurde er auf die Erde verbannt. Er sollte erst zurückkehren, wenn er bewiesen hatte das er einen Platz unter seinesgleichen verdient hatte. Dies war eine noch nie da gewesene Strafe. Es zerriss ihm das Herz, aber alles flehen und erklären würde nichts helfen. Also ging er. Vorher jedoch ging er zu seinem Freund und übergab ihm den Kuss.
Vergib mir mein Freund. Ich werde mich bessern und versuchen wieder deiner Freundschaft würdig zu sein. Vergiss mich nicht. Mit diesen Worten ging er. Und brach mir das Herz "
Eine Träne rann ihm über die Wange, als Adrian aufstand.
Das reicht für heute. Wir reden ein andermal weiter.
Dann verließ er die Höhle und ließ eine verwirrte Mavis zurück.
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