Ehe mit Vorteilen
"Wenn ich mal heirate, dann aus Liebe."
-Prinzessin Jasmin
Jamil musste im Nachhinein zugeben, dass er durch das Vortesten viele Indirekte Küsse mit Kalim geteilt hatte, aber da er logischerweise als erstes essen und trinken musste, hatte ihn das nie gestört und Kalim war sowieso viel zu naiv, um sich was dabei zu denken, aber das hier hatte rein gar nichts mit indirekt zu tun. Die Trauung war geschlossen und aus irgendeinem bizarren Grund sahen die Traditionen es vor, dass dies mit einem Kuss vor versammelter Mannschaft besiegelt wurde. Als sie sich küssten, Jamil am liebsten gekotzt hätte und Kalim sich fragte, ob er das auch richtig machte, ging ein Jubeln durch die Halle. Yay, der fast Volljährige hat seine 15 Jährige Dienerin geehelicht. Darauf erst mal einen Schluck!
Alishba Al-Asim, die Frau des zukünftigen Oberhauptes der Familie Al-Asim und hoffentlich baldige Mutter des darauffolgenden Oberhauptes. Sie war noch jung und musste unmittelbar nach der Verlobung einen Eid ablegen, dass sie ihre Tage bereits bekommen hat. Wenn jemand herausfinden sollte, dass die Blutung ausblieb, könnten sie Jamil, nein, Alishba für Eidbruch hängen lassen. Gott, es gab so vieles was schief laufen könnte und in den direkten Tod führen würde, dass Jamil gar nicht weiter drüber nachdenken wollte. Dann würde er halt als Alibi alle vier Wochen Binden kaufen und sich unerträglich Verhalten. Wird schon schief gehen.
Der Zeremonie Saal leerte sich langsam, also wirklich sehr langsam, was bei den ganzen Gästen kein Wunder ist. Jamil hatte ganz vergessen wie viele jüngere Geschwister Kalim hatte, da er bei dem zehnte aufgehört hatte zu zählen, aber inzwischen waren es Pie mal Daumen 30 Geschwister. Er hatte keine Ahnung woher Kalims Eltern die Energie nahmen so viele Kinder zu zeugen und dann auch groß zu ziehen, aber das war ihm auch eigentlich egal. Er hoffte nur, dass man nicht das selbe von ihm verlangte. Selbst wenn er Kinder kriegen könnte, würde er lieber sterben, als 30 von ihnen an der Backe kleben zu haben.
Na ja, wenigstens gebe das gutes Kindergeld, aber die ganzen Anlagen in der Steuererklärung würde er nicht ausfüllen wollen.
„Alishba?“, die zögerliche Stimme riss Jamil aus seinen Gedanken. Er sah zu Kalim und bedeutete ihn fortzufahren. „Wo ist dein Bruder? Ich hab ihn nicht unter den Gästen gesehen.“
Oh warum wohl bloß? Jamil musste sich Mühe geben getroffen auszusehen. „Er ist... abgehauen. Die Welt erkunden und so.“ Etwas schwermütig wurde ihm jetzt doch, als er seinen Traum so als den einer anderen Person aussprach und feststellte, dass eben dieser Traum nie wahr werden würde.
Und zum allem Überfluss sah Kalim genauso verzweifelt aus wie seine Mutter, als sie erfuhr, dass ihr Sohn weg ist. 'Was sind deine Beweggründe, huh? Dass du dir die Schuhe ohne mich nicht binden kannst? Dass du mich als Fußabtreter brauchst? Na sag es schon!'
„Ich bin so egoistisch!“, rief Kalim wütend. Jamil konnte sich das spöttische "Ach, auch schon bemerkt?" gerade noch verkneifen. „Ich bin totunglücklich darüber, dass mein bester Freund gegangen ist und dabei sollte ich mir sorgen um dich machen. Immerhin wurdest du von deinem Bruder verlassen!“
Das war unerwartet. Er dachte, dass er und seine Schwester in Kalims Augen nur Werkzeuge waren, so wie für ihre Eltern auch, aber dem war wohl nicht so. Aber das Kalim ausgerechnet Jamil als seinen besten Freund bezeichnete, zeigte nur mal wieder wie naiv er doch war. Jamil war sein einziger "Freund", der im Grunde dafür bezahlt wurde mit ihm abzuhängen. In Wahrheit konnte er ihn nicht ausstehen und auch diese Ehe würde nicht lange überdauern. Ja, Jamil hatte das ganze überstürzt angegangen, doch in seinem Kopf bildete sich bereits ein düsterer Racheplan an die Al-Asims. "Wollt ihr für den Rest eures Lebens und Generationen darüber hinaus Diener sein?", hat seine Schwester geschrieben und nein, das wollte Jamil sicher nicht. Er wollte mehr, viel mehr und bevor irgendwer überhaupt die Chance hätte nach dem Nachwuchs zu fragen, den er niemals geben könnte, würde er, mit Hilfe seiner Magie, den gesamten Besitz und die Macht seiner Herren an sich gerissen haben. Schicksale sind dazu da umgangen zu werden.
„He, kommst du? Die anderen warten schon!“, rief Kalim aufgeregt. Er wirkte wie ein Kleinkind auf der Kirmes und nicht wie ein Mann auf seiner Hochzeit, aber gut, was sollte Jamil schon von Kalim Al-Asim erwarten?
Sie verliesen zusammen die Halle und folgten ihren Gästen in den Speisesaal, doch so ausgelassen die Stimmung dort auch war, das frisch getraute Ehepaar war am Trübsal blasen. Jamil, weil er einen Ring am Finger trug, der ihn noch mehr an Kalim fesselte als vorher und Kalim, weil er glaubte Jamil verloren zu haben. Wenn er nur wüsste wie falsch er da lag. Dennoch zerbrach er sich den Kopf darüber, ob er etwas falsch gemacht und Jamil vegrault hatte. War er etwa immer noch sauer wegen diesem zweiwöchigen Koma? Kalim wusste ehrlich nicht, dass dss Curry vergiftet war.
Nein, er musste aufhören sowas zu denken. Jamil wird seine Gründe gehabt haben und solange er glücklich ist, würde er das auch sein. Immerhin hat er ein wunderbares Mädchen geheiratet und Jamil wäre nicht einfach gegangen, ohne seine Schwester in guten Händen zu wissen. Er vertraute Kalim also und dieses Vertrauen würde er nicht missbrauchen!
Er würde sie königlich behandeln, wie auch immer das bei Mädchen funktionierte. Ob sie Blumen mochte? Schokolade? Oh je, wieso hat er sich nicht vorher Gedanken darüber gemacht? Kalim würde sich am liebsten selbst ohrfeigen.
„Hey, hast du Lust zu tanzen“, fragte er also wie ein Idiot und wunderte sich kein Stück über Alishbas verwirrten Gesichtsausdruck. „Kalim, das Essen wird gleich serviert. Wir können doch nicht-“, Kalim lies sie... ihn gar nicht aussprechen, sondern gab ein Zeichen und im nächsten Moment hallte schöne, nostalgische Musik durch die Halle. „Komm, das wird lustig! Rief er aufgeregt und zog Jamil mit auf die Tanzfläche. Jamil liebte das tanzen, ja, aber doch nicht als einziger vor so vielen Menschen... Nah just kidding, er war eine ziemlich attention whore, auch wenn er das niemals zugeben würde. Kalim wollte tanzen, das konnte er haben.
Nach ihnen fanden auch genug andere den Mut die Tanzfläche zu betreten, doch sie bemerkten es gar nicht, zu beschäftigt mit sich selbst. Jamil hat seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr getanzt und nicht mal Kalims unbeholfenen Schritte konnten ihn das verderben. Im Gegenteil, er fand diese trottelige Art sogar irgendwie sympathisch, wenn er sich nicht gerade noch dümmer anstellen musste, um in Kalims Schatten zu bleiben, so wie es früher der Fall war. Und Kalim schien spaß zu haben, was doch die Hauptsache war. In diesem Moment störte es Jamil nicht mal, dass sein Partner eine Paartanzstellung mit ihm einnahm und mit ihm, im Takt der Musik, über die Tanzfläche wirbelte. Das hier war immerhin ihre Hochzeit und ohne Paartanz würden sie nur verdächtig wirken. Jamil konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so viel Spaß gehabt hat und das ist angesichts der Situation in der er sich befand äußerst ironisch. Ja, er lachte sogar etwas, was er allerdings niemals freiwillig zugeben würde.
Kalim hingegen war so begeistert, dass er selbst alles vergaß was er über das Tanzen gelernt hat. Er kannte Alishba fast sein ganzes Leben und natürlich war auch ihm nicht entgangen, dass sie eine Schönheit ist, aber so hat er sie nie erlebt. Das weiße Gewand in dem Kontrast zu ihrer Karamellfarbenden Haut, die langen, perfekt geflochtenen Ebenholzschwarzen Haare, ihre anmutigen Bewegungen und das süße Lächeln regten etwas in Kalim, das er vorher nie zuvor gespürt hat. Er hat sie geheiratet, weil seine Eltern ihm gesagt haben, dass er es tun soll, doch bis zu diesem Moment hat er in seiner Frau nichts anderes gesehen als eine gute Freundin. Jetzt war er sich da nicht mehr ganz so sicher. Ob das diese "Schmetterlinge im Bauch" waren, von denen Vil Senpai ihm erzählt hatte?
Er hätte Stunden so weiter machen können, nein, Tagelang, doch das Essen wurde kalt und die hungrigen Gäste ungeduldig.
Die Sonne war schon untergegangen, als Jamil sich drausen die Beine vetritt. Es hatte Curry gegeben, sein Lieblingsessen, und weil er wegen Kalims Curry Abneigung seit Jahren keines mehr gemacht, geschweige denn gegessen hat, hat er wohl etwas zu viel gegessen. Es würde Stunden dauern das wieder abzutrainieren.
Er hätte sich gerne in den, durch die Nacht abgekühlten, Wüstensand fallen gelassen und eine Runde Geschlafen, aber das hätte das Hochzeitskleid ruiniert und er war sich ziemlich sicher selbst als Kalims... "Frau" dafür Schläge zu bekommen. Life sucks.
„Auf ein Wort, junge Dame.“ Die Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und er wirbelte herum, nur um Mrs. Al-Asim, seiner Schwiegermutter allen Anschein nach, gegenüber zu stehen.
Jamil verbeugte sich, weil es ihm so beigebracht wurde. Es war die respektvolle Art seine Herrin zu grüßen. „Oh Kind, nein. Du bist jetzt ein Mitglied unserer Familie und wir verneigen uns nicht vor anderen. Richte dich auf“, sagte sie in einen so liebevollen Ton, wie er es ganz sicher nicht von ihr kannte. Dennoch kam er der Aufforderung direkt nach und sah ihr nun direkt in ihr hübsches Gesicht. Sie hatte diese blutroten und trotzdem freundlichen Augen, wie ihr Sohn auch, doch wirklich wohl fühlte Jamil sich trotzdem nicht. Was wollte sie jetzt nur?
„Ich kann mir nur vorstellen was gerade in deinem Kopf vorgehen muss. Weißt du, ich war ungefähr in deinem Alter, als ich meinen Mann geheiratet habe“, erzählte sie, während die Beiden ein Stück zusammen liefen. Dabei erzählte sie Jamil auch eigentlich nichts neues, denn wie sonst hätte sie dazu in der Lage sein sollen 30+ Kinder zu zeugen? „Ich weiß, dass eine Welt für einen zusammenbricht und man denkt seine Freiheit für immer verloren zu haben, aber so ist es nicht! Das Familienleben hat mich erfüllt und dir wird es nicht anders gehen.“
„Familienleben“, wiederholte Jamil vorsichtig. Die erwartete wohl echt bald das erste Enkelkind. Wie alt war sie noch mal? 32? Diese ganze Familie hat doch einen Schlag schräg. „Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich schon bereit bin für Kinder, also-“
„Machst du Witze, Kleines? Früh Mutter werden ist das Beste was du tun kannst! Dein Baby und du, ihr werdet später mal beste Freunde sein, weil du von dem Alter her noch so nahe an ihm dran bist!“
Das ist das dümmste was Jamil je gehört hatte, aber das würde immerhin auch Kalims Dummheit erklären. „Ich weiß nicht was das alles soll. Seid Ihr nur her gekommen um sicher zu gehen, dass ich Kinder kriegen? Wenn es darum geht, solltest Ihr nicht mit mir reden, sondern mit euren Sohn, ich meine, habt ihr bereits mit ihm gesprochen? Über die Bienchen und die Blümchen?“ Jamil hatte keine Ahnung woher dieses plötzliche Selbstvertrauen kam, aber es fühlte sich verdammt gut an! Dieser ungläubige Ausdruck auf ihrem Gesicht war eine riesen Genugtuung. Jetzt wurde sie auch noch rot. „Ich? Wo denkst du hin? Das machen doch die Schulen oder nicht?“
„Aufklarungsunterricht beginnt meistens in der vierten Klasse, Mrs. Al-Asim. Da ist der Zug schon abgefahren.“
Jamil hatte nicht damit gerechnet, dass sie diese Kritik so leicht aufnimmt. Er hatte damit geregerechnet angeschrien und in seine Schranken verwiesen zu werden, doch nichts davon geschah. Sie seufzte einfach nur. „Ich gebe es ja zu, es ist gar nicht so leicht ein Kind großzuziehen und schon gar nicht, wenn man selber noch mitten in der Pubertät steckt, aber Kalim ist mein kleiner, unschuldiger Sonnenschein. Ich wünsche euch Beiden einfach, dass ihr euch bald mit der Situation anfreundet und von dem Glück erfahrt, wenn man dieses kleine, schrumpelige Bündel Leben das erste mal in den Armen hält und diese kleinen Fingerchen nach euren Daumen greifen. Das wünsche ich euch aus ganzen Herzen.“
Er hätte nie gedacht, dass er die schwärmenden Worte einer Mutter mal aufsaugen würde wie ein Tafelschwamm. Für Jamil stand nie in Frage, dass er ärmer dran ist als Kalim, doch er dachte, dass sie zumindestens bei ihren Eltern etwas gemeinsam hatten, dass sie gar nicht dazu in der Lage wären Kalim bei ihren 30 anderen Kindern die Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken die er brauchte, aber da lag er wohl falsch. Mrs. Al-Asim schaffte bei über 30 Kindern, was seine Mutter nicht mal bei zwei Kindern schaffte. „Alishba, ist alles in Ordnung?", fragte die Ältere besorgt, offenbar verunsichert von dem plötzlichen Stimmungswandel. „Nein, natürlich ist nichts in Ordnung. Du brauchst Zeit für dich, was ich verstehe, aber glaub mir einfach, wenn ich dir sage, dass alles wieder gut wird“, beantwortete sie sich die Frage schließlich selbst, bevor sie Jamil einen respektvollen Kuss auf die Wange gab und ihn dann alleine lies. Er stand noch einige Minuten da und starrte fassungslos in die Leere.
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(Ignoriert die Flecken, ich hab Cola drüber getropft buhu.)
Jamil: Mom, wo ist meine Aussteuer?
Mrs. Viper: Ahem... Dein Vater und ich hätten nicht damit gerechnet, dass du jemals heiratest...
Jamil: EXCUSE ME?
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