Urentenbibel: 30-33
Das Leben des Javamoul
Es lebte ein namenloser Junge in einer weitbekannten Stadt. Er war ungelehrt, suchte nach Wissen und traf eines Tages einen Mann, eingehüllt in edlem Mantel. Der Junge staunte über ihn und beschloss wich dazu, dem Mann aus der Stadt zu folgen, um ihn dort auszurauben und das Kleidungsstück für eine nette Summe zu verkaufen. Schließlich stoppte der Wandersmann und wühlte herum in seinen Taschen, da rannte der Junge aus den Schatten auf ihn zu und umklammerte seinen Hals, drückte zu, fester und fester, bis der Mann erstarrte. Der Junge lachte, zog ihm den Mantel aus, betrachtete ihn, da sprach eine Stimme zu ihm: »Niederes Wesen.« Der Körper des Erwürgten stand auf.
Der Junge zuckte zusammen.
»Niederes Wesen … Du hast Potenzial, doch keimt es noch. Wir werden uns wiedertreffen, wenn die Zeit gekommen ist, in einem anderen Leben.« Der Mann fiel tot zu Boden und ließ den Burschen verängstigt zurück.
Sieben Tage danach starb auch er schließlich, den Mantel fest umklammert.
Nach etlichen weiteren Leben kam es dazu, in einer recht … merkwürdigen Welt, zu einer recht merkwürdigen Zeit wiedergeboren zu werden. Die Welt bestand aus einem riesigen Ozean, dem Meer Tethys, und einem großen Fleck Land, Pangäa, in dessen Mitte das reine Paradies zu sein schien. Drum herum waren unzählige Inselgruppen.
Auf der ganzen Welt lebten Vögel aller Art. Gänse, Eulen, Enten … In dieser Welt gab es noch mehr Sonderbares. Es gab andere Gesetze, seltsame Wege zu Macht … und natürlich noch Götter - Kannibalen, die gesegnet waren mit übernatürlichen Fähigkeiten. Allzu schnell fand er dies heraus.
In wenigen Monaten nur gelang er an Macht, so viel, um über drei Reiche regieren zu können, er wurde bekannt unter dem Namen Javamoul. Er unterjochte die Einwohner und machte gehorsame Sklaven aus ihnen. Mit seiner Armee eroberte er schließlich die ganze Welt - ausgenommen einiger Inseln. Er stellte fünf Waffen aus der Göttlichkeit der Alten her, er gab vier weiter an seine treusten Diener, eine behielt er. Mit dieser Streitmacht drohte er den Inseln deren Auslöschung, würden die Bewohner nicht freiwillig überkehren und ihm Sklave sein. Als ihm schließlich die gesamte Welt gehörte, da zeigte er sich wieder, der durch den Mann im Mantel gesprochen hatte. »Ihr zeigt Stärke und wisst sie zu nutzen. Doch liegt Ihr im Recht, dies zu tun? Sagt, Gottloser, ist dies, was Ihr wollt?«
Das brachte den Jungen zu denken. Aber letztendlich lautete seine Antwort: »Ich will Sieg. Ich will Tod. Ich will Zerstörung.«
»So erfülle ich Euch diesen Wunsch.« So ging er einige Zeit später seines gebrochenen Geistes zugrunde. In seinem nächsten Leben widmete er sich voll und ganz der Wiedereroberung aller Reiche und der Verbreitung eines eigenen Glaubens, der ihn als höchstes aller Wesen angepriesen hatte. Die Bewohner dieser Welt folgten ihm, doch einige sträubten sich und kämpften gegen die Gläubigen.
In einer Nacht kam er wieder. »Was Euch antreibt, reicht es? Seid Ihr wahrlich bereit, um fortzuschreiten im Stolz? Auserwählt, um mich zu vernichten, ich gebe Euch die Chance auf Erfüllung. Ich werde hinabsteigen und Euch die Wahl überlassen.«
In der Nacht darauf erschien ein anderes Wesen, um mit ihm Kontakt aufzunehmen. »Man nennt mich den Teufel, Krieger gegen den Unsterblichen. Ich habe gehört, Ihr seid davor, Euch ihm zu stellen. Ich kann meine Hilfe anbieten, frei von Gegenleistung natürlich. Doch müsst Ihr versprechen, meine ganze Hilfe anzunehmen.« So wurde er unwissend ein Mitglied der Armee des Gefallenen.
Jahre verstrichen. Er hatte sich nicht mehr zu erkennen gegeben. Doch eines Tages, vollkommen unangekündigt, brachen die finsteren Wolken. Ein geflügeltes Etwas glitt hinab. Er wusste davon, ohne es zu wissen. Es zog ihn an, dahin, wo das Etwas mit den Dämonen kämpfte, sie vernichtete. Er zog die fünfte Waffe der Alten Göttertöter aus seiner Göttlichkeit und rannte ihm entgegen. Mit Schwung schlug er ihm mit der seltsamen Klinge den Oberkörper ab.
»Vollende deine Bestimmung.«
Er trat näher an den herumliegenden Torso. Die Klinge des Schwertes rammte er in den felsernen Boden.
»Vernichte, was mich trübt.«
Er riss es heraus, spitze Steine ragten aus der Klinge hervor. »Hackscalibur«, sagte er, »gib mir die Kraft der Erde!« Das Schwert schien die Energie aus der Umgebung förmlich aufzusaugen. Es blitzte auf und rauschte auf den Kopf Gottes zu, doch bevor es zum Zusammenstoß kam, wurde er weggerissen.
Ein Licht blendete ihn. Als es aufhörte, war Gott fort. Er verschluckte das Schwert wieder und starb einige Tage danach als Ergebnis eines Aufruhrs der Alten Göttertöter gegen ihn.
Schwäche. Es lebte einst ein Junge in einer weitbekannten Stadt. Er war ungelehrt, suchte nach Wissen und traf eines Tages einen Entenmenschen. Dieser sah ihn prüfend an und sagte: »Die Suche nach Macht kann gefährlich sein. Du solltest aufhören und zur Vernunft zurückkehren. Arbeite für mich. Ich entlohne dich für deinen Fleiß, denn Stärke allein ist nicht alles.«
Die Flucht des Möchtegerns
Wenngleich der Herr der Gefiederten war verschwunden, so wusste das einfache Volk doch, er würde wiederkehren und die verkommende Welt ein weiteres Mal in seinen zelestialen Glanz hüllen. So war es schließlich, dass die Zeit näher kam, dass der nunmehr inexistent gedacht seiende Lord sich zurückzerren würde in die diese Existenzebene, ferner denen der Unvernunft und dem Schmutz.
Javamoul alias Quakhardt, welcher in der seinigen Abwesenheit so gut wie möglich versucht hatte, die Welt der Gefiederten zu wahren, wie sie auch verlassen wurde vom Entenlord, ja, genau dieser verzweifelte gerade, sitzend, gar hockend und seinen Platz auf dem verwaisten Thron des ehemaligen Herrn findend. »Kannibalengöttin«, sprang er auf und sah durch das Fenster hinab zum Wald der Eulen, welcher noch vor einer Weile den Enten gehört hatte, »Lehmmensch.«
Auf Quakhardts Rufen kamen zwei wirre Gestalten angekrochen: ein Wesen, nicht gerade ungleich der Menschenfressenden zu ihren einstigen Lebzeiten sowie ein bloßer Klumpen Erde, geformt wie ein Mensch, lange ausgestorben sie. Zweifellos, er hing fest in seinen selbst gesponnenen Netzen der Illusion, festklammernd an alten Tagen.
Das Land lag ganz in Grau gehüllt, das Konzept von Göttern verzerrt. Nur noch übrig war die ungestillte Lust und der schmerzende Hunger nach einer erneuten Unifizierung der Federländer, wenn auch durch einen Tyrannenkönig wie einst es durch den Entenlord geschehen war.
Quakhardt trat in Begleitung seiner geschaffenen Begleiter aus dem verwahrlosten Schloss der einstigen Menschenfressenden heraus und betrachtete den lichterloh brennenden und zugleich düster wirkenden Himmel mit seinen trüben Augen.
»Etwas Großartiges wird bald stattfinden. Ich fühle es«, griff er in seine Tasche und nahm eine farblose Feder hervor, keine Frage darum, wessen.
Die Luft wurde leer, trocken. Raschelnd verschwand die Feder wieder in den weiten Taschen. »Verzeiht mir, Lord. Ich konnte Euren Erwartungen nicht gerecht werden und habe all dies hier zu verantworten.«
»Lord«, sagte die Kannibalengöttin. »Wir haben keine Zeit mehr zu verschwenden.«
Der Lehmmensch stimmte ein und deutete auf die flackernden Flammen, welche wurden bedeckt vom sterbenden Laub an den Kronen der nun so unprächtigen Bäumen.
Quakhardt nickte. »Wenn ich bitten dürfte, Kannibalengöttin.« Aus dem Rücken dieser rissen vier unförmige Flügel heraus, moorig aussehend und wie Matsch, zweifellos der Beweis der Unvollständigkeit, bedingt durch den unerfahrenen Schöpfer Quakhardt.
Der Lehmmensch und der, welcher gerade als Lord betitelt wurde, griffen sich fest am aus Dreck gemachten Gefieder und hoben ab, als die Kannibalengöttin sich mit ihren Rabenfüßen vom dürren Gras abstieß, der traurigen Sonne hinterher.
Die Gänse schnatterten wie wahnsinnig gewordene Trompetenspieler bei einer Beerdigung. Im uneinen Einklang marschierten sie gen Norden, entgegen dem Leichenhügel mit dem steinernen Klotz oben drauf, sie riefen den Namen des Unheiligen und hoben die separierten Entenköpfe Richtung Himmel, das Blut den ihren langen Weg bedeutend.
Schnattermann, Anführer des jetzigen gänsischen Haufens, wenngleich wenig bis gar nicht recht koordiniert und kaum als Haufen geltend, sondern vielmehr als anhaltsloses Gemenge, ja, eben jene Gans, gezeichnet vom Schicksal und verbunden mit den Entengöttern durch die Untaten des ehemaligen Lords, war auf dem Weg zur lang ersehnten Vergeltung. Nur allzu klar hingen ihm noch die Visionen von damals im Kopf, die grässlichen Bilder aus den Entenkriegsgefangenenlagern, die getürmten Kadaver, das erdrückende Gequake …
Der flammende Hass brannte tief in seinem Herzen, doch unbeschreiblich war der Zorn, als er erst sah, wie fern dort in den Himmel glitt jener, den man den Lord nannte, schuldig für die Massaker vor, während und natürlich auch nach den großen Federkriegen, welche wirklich doch hervorgerufen wurden durch Lord Ente, den Urvater des Bösen, wie manch einer ihn nannte, doch nach dem Verschwinden Entes gab man allgemein die Schuld dem nahezu vollständig unverschuldeten Diener Quakhardt, vielleicht aus bloßem Unwissen, vielleicht aber auch aus Komfort nur.
Die Kannibalengöttin landete anmutig auf dem Skalp eines gebrochenen Soldaten, mitten auf der Entischen Ebene. »Wo nun hin?«, fragte der Lehmmensch, zurück zu den Hügeln und Bergen blickend.
»In die Enthardt'schen Höhlen, und durch diese dann ins verborgene Reich«, erklärte Quakhardt. Nach einer Weile des Laufens erreichten sie das, was kaum mehr als eine Pfütze war. Der derzeitige Lord kramte wieder in seinen Taschen. »Aaah, wo hab ich ihn nur? Lehmmensch, komm, hilf mir beim Suchen«, grummelte er und ließ die humanoide Figur mit dem Kopf in seinem Gefieder verschwinden, dann auch noch mit dem restlichen Oberkörper.
»Habe es!«
Zur Kannibalengöttin geworfen wurde ein kleines Steinchen, diese ließ es in das Wässerlein plätschern. Sogleich stieg Rauch auf, der Boden sackte ein, das Maul des Tunnelwurms weitete sich, ein wirrer Gestank entfloh und ließ Unbehagen aufsteigen.
»Rein nun«, sprang Quakhardt zwischen den Zähnen hindurch, hinter ihm die anderen dicht. Von miefiger und warmer Finsternis umwickelt, dem ruhigen Puls der fleischigen Wände lauschend, so landeten die drei Wesen sanft auf dem Grund, kurz darauf werdend zu Leere, sie auf den steinigen Boden schleudernd. Vor ihnen erstreckte sich nun die letzte Zuflucht jener, die nach Heimat strebten, ein Paradies fern von der lichten Welt, eine Zusammenkunft von durch Trauer gebrandmarkte Seelen. Grob aus dem kalten Stein gehauen, lag die Siedlung gut zwei Stadtlängen unter der Erde, angrenzend an ein dunkles Loch, so groß wie ein ganzer See, weit hinabgehend, dass kein Licht auch nur annähernd zum Ende kam und nichts ihm entfloh.
Mit spitzen Wegen und simpel gehaltenen Wohnbereichen, ab und an durch ein kleines Feuer nur beleuchtet, behaust von denen, die sich selbst aufgegeben hatten.
Quakhardt nickte zufrieden beim beiläufigen Überfliegen dessen, was sie von dort aus vom verborgenen Reich zu sehen vermochten, und lächelte seit Urzeiten wieder. »Kommt, gehen wir die Henkersente suchen.«
»Sehr wohl«, gaben die Kannibalengöttin und der Lehmmensch zurück.
Die Henkersente
Müsste man eine normale Ente beschreiben, so würde dies in etwa so aussehen: Sie hat einen Körper und eine Seele. Doch die Henkersente schien keine normale Ente zu sein, sondern vielmehr eine bloße Hülle, gefüllt von einem hochkonzentrierten Hauch GÖTTLICHKEIT, ausgeprägt wie selten zuvor eine.
Ulumpudulumpu, so hieß der junge Entenmann, der gerade vor ihnen stand. Quakhardts Finger schoss auf ihn. Ulumpudulumpus Finger schoss zurück. Die Fingerspitzen beider trafen sich und tauschten ein Hallo aus.
»Herr Entenlord.«
»Herr Ulumpudulumpu.«
»Seid gegrüßt«, faselten die Diener des Lords inhaltslos daher.
»Ist es endlich so weit?«, winkelte Ulumpudulumpu seinen Kopf an und schnatterte wie eine aufgeregte Ente es nur tun würde.
Der Entenlord nickte.
Freude in Ulumpudulumpus Gesicht, große Freude. »Lord, folgt mir, es sind weitere Neulinge angekommen seit Eurem letzten Besuch.« Ulumpudulumpu führte sie durch die groben Straßen direkt am hungrigen Schlund des Abgrunds entlang,
Quakhardt nahm sich einen Zahn und warf ihn hinein. Alle bedeckten kurz ihre Münder mit beiden Armen und fuhren fort. So erreichten sie kurz nur später eine kleine Kammer und schoben einen mittelgroßen Felsbrocken in der hinteren linken Ecke zur Seite, einen versteckten Tunnel entblößend, noch tiefer in die Erde führend, hin zum Lager der noch Ungereinigten.
Armageddon
Die Zuflucht unter der Oberfläche erwies sich als Paradies inmitten der sterbenden Welt. Das Armageddon, es würde bald eintreten, das war einem jeden bewusst, der sich die Anzeichen für das Ende besah. Eine schwarze Sonne, Pestilenz, Massensterben und Unfruchtbarkeit.
Auch Quakhardt war sich dessen bewusst, ebenso seine Diener. Wo der alte Entenlord nicht mehr war, gab es nichts mehr, was das Ende noch verhindern mochte, wenn auch viele dachten, Quakhardt hätte die Kraft, sich ihm entgegenzustellen.
Zwar durfte er sich als neuen Lord betiteln, doch nicht einmal annähernd war seine Kraft gleich der seinen, den er selbst hatte verschwinden sehen. »O Lord«, ging es dem einstigen Entendiener durch den Kopf, nun im Körper eines anmutigen Entenmenschen, »was habt Ihr Euch nur dabei gedacht? Ich bin nicht stark genug. Die ganze Last, die auf mir rastet … Es ist zu viel für mich.«
»Lord«, schielte die Kannibalengöttin ihn an. Quakhardts Aufmerksamkeit ging auf sie über. »Was tun wir nun also hier?«
»Wir warten das Ende ab. In Frieden.«
»Huh, wie öde«, gackerte sie. Sie war eine Amalgamation aus etlichen Federviechern, hatte Füße von Krähen, vier Flügel von Ente, Gans, Schwan und Eule, den Schnabel eines Finks und wirres Gefieder in den schillerndsten Farben.
»Ulumpudulumpu.« Der Lord betrachtete sein Gegenüber. »Ist Ulumpudumpulu bereits hier?«
Ulumpudulumpu schüttelte zögernd den Kopf. »Er hat den Weg nicht geschafft.«
Bitter nickte Quakhardt. »Ich verstehe.«
Die Erde bebte. Das ferne Schreien eines der Urfederwesen drang zu ihnen. »Wir haben nicht mehr lange«, merkte der Lehmmensch an. »Lasst uns beten für einen weiteren Zyklus, auf dass dieser es ist, in dem wir erfolgreich sein werden.«
Fliegende Funken und brennende Landschaften, Risse im Grund, aus denen Gestalten aus Schwarz entfliehen, wehende Wirbelwinde und apokalyptische Wesen sich aus der Asche erheben, die Urfederwesen, die ersten Kreaturen, die Göttlichkeit besaßen, verfluchte Dinger ohne Willen, gigantisch große Marionetten des Gottes in den weiten Himmeln, der er der Auslöser war dieses Unheils. Die Ketten, an die sie gebunden waren, glühten sengend und fraßen sich durch ihr Fleisch, ihr Heulen und Kreischen zerfetzte ganze Wälder, ließ Lebendiges zu Unlebendigem werden, da erschienen Splitter im Himmel und aus ihnen entsprangen die Hände des Schöpfers, leerfegend die gesamte Bildfläche, Engel ihnen folgend und die Welt erneut zu einem Ei werden lassend, aus dem letztlich eine neue würde schlüpfen.
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