Urentenbibel: 1-3
Narrengott Ente sammelt Anhängerschaft - 1
Es war Nacht. Der weiße Vollmond schien durch das widerspenstige Laub auf eine vermummte Gestalt hinab, die sich panisch einen Weg durch das Gestrüpp bahnte. Sie stolperte über eine Wurzel und fiel mit dem Kopf ins Gras. Einen Moment lang verharrte sie reglos und lauschte in die Dunkelheit hinein. Nichts als Stille. Die Gestalt rappelte sich auf und setzte ihren Weg fort.
»GACKER!«, machte der Wecker auf Lord Entes Nachttisch.
Aus sanftem Schlaf gerissen von dem quälenden Lärm, schlug Ente den Wecker zu Boden und ließ ihn zerspringen. »Dämlicher Wecker ... Was glaubt der, wer er ist?!«, gähnte er und streckte seine Gliedmaßen. »Was es heute wohl wieder zum Frühstück gibt?«
Diese Frage war nur närrisch, da Lord Ente seit Anbeginn des Entisch-Gänsischen Krieges nichts anderes als sich selbst hatte gegessen. Nachdem er gesättigt war, ging er durch das kleine Zimmer zum Fenster und öffnete es. Warme Mittagsluft strömte ihm entgegen. »Wozu habe ich überhaupt einen Wecker, wenn er nie die richtige Uhrzeit zeigt?« Ente schloss das Fenster wieder und setzte sich in seinen Sessel aus Entenfell (das Entenfell war im Übrigen das des Lords selbst).
Er holte aus dem Bücherregal hinter ihm ein dickes Buch heraus und fing an zu lesen.
Draußen war es bereits dunkel. Entes Entenlippen waren leicht ausgetrocknet, weshalb er beschloss, sich vom Sessel zu lösen und einen netten Tee zu kochen.
»Ein weiterer Tag mit dem Nichtstun vergeudet«, quakte Ente und ließ sich in sein unbequemes Bett fallen. Er wollte schon einschlafen, da - Bumm! - wurde die Tür eingetreten. Ente rollte sich zur Seite, so dass er mit dem Kopf zum ungebetenen Besucher gerichtet war. »Wer bis'n du?«
Vor ihm war die Silhouette einer gekutteten, hünenhaften Eule. »Man nennt mich Sir Eulrich von Daher«, begann der Eulenmann, »und ich benötige die Hilfe des einzig wahren Lords.«
»Setzt Euch doch. Tee?«
»Ich fürchte, ich muss verneinen.«
»Gut, Ihr seid hergekommen um Hilfe zu erbitten?«
»Genau.«
»Dann fangt an zu erzählen von Eurem Problem.« Ente nippte an seinem bereits kalten Tee und lehnte sich nach hinten.
»Gewiss, o Lord. Vor einigen Tagen wurde ich von unserem König ausgesandt, Euch eine Botschaft zu überbringen. Er sagte, er wolle Euch bitten -« Die Eule stockte und schaute verlegen in eine Ecke.
»Bedeutet Euer Schweigen, dass Ihr die ursprüngliche Nachricht vergessen habt?«
»Genau. Auf Bemerkung dieses Dilemmas hin beschloss ich, mich in den Eulenwald zu verkriechen, und zu hoffen, weder von Entenkriegern noch von denen des zornentbrannten Eulenkönigs gefunden zu werden. Schließlich hänge ich am Leben wie eine Klette am Gefieder!« Sir Eulrich räusperte sich und fuhr fort. »Jedenfalls bin ich im Eulenwald auf eine winzigkleine Siedlung gestoßen - ein komisches Kaff mit komischen Bewohnern. Haben mich ständig angestarrt als wäre ich etwas zutiefst Abstoßendes. Das Angebot mit dem Tee, steht das noch?«
Ente nickte und bewegte seine Finger zur Teekanne auf dem Nachttisch. Als er sie jedoch anhob, bemerkte er, dass seine Finger eingeschlafen waren. Zu spät, die Kanne fiel, zersplitterte und hinterließ eine Lache auf dem Holzboden.
Er schnipste, woraufhin sich die Flüssigkeit in die Luft erhob. Nach einem weiteren Schnipsen fügten sich die Scherben um den schwebenden Tee wieder zusammen.
Erstaunt starrte Sir Eulrich vom Boden zur Kanne und von dort zum Lord. Dies wiederholte sich einige Male, bevor er sich fing. »Dies ist also die Macht eines Gottes!«
»Erzählt doch bitte weiter.«
»N-natürlich doch«, sagte der Eulenmann, nachdem er sich Tee eingeschüttet hatte. »Jedenfalls beschloss ich, in diesem Dreckskaff zu verweilen. Zumindest so lange, bis der Krieg unserer närrischen Könige vorüber ist.«
»Dies wird nicht vor Eurem Tode eintreten.«
»Täuschen mich denn meine Eulenohren?«
»Nein, Ihr werdet sterben. Vor Anbruch des Morgens, um genau zu sein.«
Sir Eulrichs Mundwinkel zuckten leicht.
»Ich war bereits einmal bei dieser ominösen Ansammlung von Dingern.« Entes Stimme wurde zu der eines alten Mannes, der im Krieg all seine Gliedmaßen verloren hatte und nun seine Lebensgeschichte erzählte.
»Damals war ich noch ein glückliches, fröhliches Entlein. Doch nun bin ich nichts als ein klappriges Gestell. Beim entisch-menschentischen Krieg, da dachte ich's mir ebenso. Ich bin davongerannt in den Wald. Ich dachte, dort wäre es sicher. Jedoch war ich mir nicht den Gefahren, die dort schlummerten, bewusst. Ich fand ebenjene Siedlung und sah einen Teich.«
»Meint Ihr den, der neben dem Kirchturm steht?«
Ente machte einen Laut, den man von sich gäbe, wenn man von einem Salz in die offene Wunde gestreut bekäme. »Ja, genau den meine ich. Dieser Teich zog mich förmlich magisch an. Ich badete darin, wälzte mich im klaren Wasser.«
»He, das hab ich auch gemacht.«
Ente schaffte es nicht, sein Gegenüber anzusehen, und schwieg einen Moment lang. »Es wurde dunkel. Schneller als ich es erwartet hatte. Vollmond war es. Genauso wie es heute einer ist. Ich wurde müde und bemerkte die Finsternis um mich herum, die eisige Kälte, die sich um mich gab und nach meinem Leben kostete.« Ente wischte sich die Tränen weg. »Und dann ... Dann sah ich ihn. Den ausgerotteten Pizzabaum. Glück überkam mich. Unendliches Glück. Das wollten sie, denn Glück würzt.«
»Dürfte ich fragen, wer ›sie‹ sind?«
»Blutrünstige Monster, angeführt vom Teufel persönlich! Ich rannte zum Baum, wollte essen!« Ohne es zu merken, schrie Ente förmlich ein jedes Wort. »Ich sah sie nicht hinter mir herkommen! Nein, mein Blick war starr auf meinen sehnlichsten Wunsch gerichtet! Ich berührte ihn den Baum, seine Früchte! Ich wollte kosten, doch da löste das Trugbild sich bereits auf in Nebel und beißende Nässe!« Ente schluchzte lautstark und gab sich selbst eine Ohrfeige. »Nicht echt, nicht echt, es ist nicht echt ...«, wiederholte er sich leise und zitternd. »Mein Wille war gebrochen. Verzweiflung herrschte über mich, denn so schmeckt es ihnen besser, diesen Ausgeburten der Hölle selbst! Ich sank in die Knie und sah sie kommen, die Untiere in Eulengestalt ... Sie umkreisten mich und rissen sich um mich. S-sie stießen ihre faulen Zähne in mein göttliches Fleisch und zerfetzten mich! Sie ... aßen mich.« Ente rollte sich zusammen und zitterte am ganzen Leib. »Sie töteten mich nicht. Noch nicht. Geschliffen haben sie mich in den Teich, mich eingetunkt haben sie. Gekostet und probiert ... Schließlich auseinander gerissen und die einzelnen Teile gebraten, nur nicht meinen Kopf, den warfen sie ins Feuer! Dann aßen sie den Rest meines Körpers. Doch ich konnte fliehen. Ich habe meinen Körper in dem eines der Wesen zusammengesetzt. 's ist geplatzt. Daraufhin bin ich gerannt. Bloß weg von dort. In der darauffolgenden Nacht war es ebenfalls Vollmond. Sie haben mich im Schlaf überrascht und wiederholten den Prozess unzählige Male. Der Teich verleiht Leben. Auch Ihr habt darin gebadet, nicht?«
Sir Eulrich stotterte ein »Ja« aus.
»Der Teich ist die pure Essenz des Lebens. Doch das war's noch nicht. Das Wasser führt sie. Gebrandmarkt seid Ihr.«
»Dann wissen diese Untiere, wo wir sind?«
»Sie wissen, wo Ihr seid.«
»O Gott! U-und was kann man tun, um sie loszuwerden? Letztendlich habt Ihr es ja auch geschafft!«
»Sterben.«
»Nur durch den Tod finde ich Erlösung?!«
»Es gibt da noch zwei andere Möglichkeiten, jedoch ...«
»Sagt es mir, wie kann ich weiterleben!«
»Gut. Entweder, Ihr schließt Euch dem Teufel a-«
»Kommt nicht infrage!«
»Oder Ihr werdet ein Anhänger meiner Selbst, des großen Lords. Denn dann gebiete ich Euch Schutz und Frieden.«
Sir Eulrich dachte an die Aktion mit der Teekanne und willigte hastig ein beim Gedanken, was er noch so anstellen mochte.
»Dann sprecht mir nach! Ich schenke Leib und Seele dem allmächtigen Lord Ente bis zum Ende der Ewigkeit.«
»Ichschenkeleibundseeledemallmächtigenlordentebiszumendederewigke it!«, brach aus der Eule hinaus. Von draußen ertönten Schritte.
»Sie sind hier! Schnell, nehmt dies und befolgt meine Befehle!« Ente drückte der Eule in ihrer Todesangst ein langes, stumpfes Messer in die Hand. »Ich befehle Euch: Stoßet es in Euer Herz!«
Der Eulrich tat wie ihm gehießen.
»Eh, Quakhardt, du kannst jetzt aufhören!«
Die Schritte wurden eingestellt und eine Ente kam in die Hütte. »War das nicht ein wenig übertrieben?«, fragte Quakhardt.
»Keineswegs! Man muss nun mal alles tun, um Anhänger zu gewinnen! Noch ein oder zwei Jahre, dann haben wir einen Krieger mehr in unserer Armee gegen die Welt!«
»Aber das mit dieser Siedlung und dem Teufel und dem Teich, das war bloß gelogen, oder?«
»Nein, das war so und ist noch so! Doch nicht im Eulenwald, sondern im unbeanspruchten Reich, nach dem gerade alle anderen ihre gierigen Greifer ausstrecken.« Ente gähnte. »Ich glaub, du kannst jetzt wieder nach Hause gehen, Quakhardt. Mein faules und müdes Ich gewinnt langsam die Oberhand.«
»Ja doch, o Lord.«
Narrengott Ente sammelt Anhängerschaft - 2
Lord Ente klebte wie üblich an seinem Sessel und las gerade Nekromantie: Tote versklaven leicht gemacht. Der Sessel gegenüber des Lords war leer, doch nicht mehr lange, das wusste der Lord, denn am Tag davor kam ein Briefbote herbei, eine um Hilfe bittende Ente solle bei Sonnenaufgang vorbeikommen.
Noch drei Minuten, dann wäre der Tee fertig und der Gast an der Türschwelle. Die Zeit nutzte Ente, um herauszufinden, dass es für einen Wiedererweckten unmöglich war, nach der Wiedererweckung wieder in den Himmel aufzufahren.
Auf die Sekunde genau klopfte es leicht. Die Tür fiel nach innen und enthüllte eine abgemagerte Ente mit zerzaustem Gefieder. »So hart habe ich doch gar nicht geklopft ...« Der Besucher hatte eine leise Stimme, wie es für eine Bettlerente üblich war.
»Habt Ihr auch nicht, werter Herr. Es ist bloß die Türe, die bei der leichtesten Berührung bereits aus dem Rahmen springt.«
»Verstehe ...«
»Ihr scheint zerstreut. Ihr mögt sicherlich Tee, nicht? Nehmt Euch doch ein Tässchen, setzt Euch.«
Die Ente bedankte sich kleinlaut und nahm mit der Tasse in der Hand Platz.
»Nun, Ihr seid gekommen, um -«
»- Eure Großzügigkeit darum zu bitten, mich zu befreien.«
»Und wovon?«
»Dem Fluch, der auf mir lastet. Ich habe gehört, Ihr wäret in der Lage, Wunder zu vollbringen, da dachte ich mir ...«
Ente legte das Buch zurück ins Regal. »Da dachtet Ihr Euch, ich könne den Fluch von Euch nehmen, nicht?«
»Genau so ist es ...«
Einige Sekunden verstrichen. Schließlich unterbrach Lord Ente die Stille: »Kommt schon, erzählt von Eurem Leiden.«
Die Ente schluckte. »Ich habe jemanden verflucht. Und jener hat den Fluch von sich gelöst und auf mich zurückgeworfen.«
»Und um welche Art von Fluch handelt es sich?«, fragte Ente, sich ein Gähnen unterdrückend.
»Der Geschmackssinn des Verfluchten schwindet. Ich meine, was auch immer ich esse, ich schmecke es nicht mehr! Ich darf den göttlichen Geschmack einfachen Brotes nicht mehr genießen!«
»Ich verstehe. Weshalb und auf wen habt Ihr diesen Fluch heraufbeschworen?«
»Es war mein zutiefst verabscheuter Zwillingsbruder mit zwei Köpfen, der all die Schulden unserer Eltern geerbt hat, während ich bloß eine versteckte, dreckige Kiste mit Tonnen voll Gold gekriegt habe!«
»Mein Beileid. Der leichteste Weg, diesen Fluch zu brechen, ist es, das ursprüngliche Opfer erneut zu verfluchen.«
»Das scheint mir wenig Sinn zu machen.«
»Macht es Sinn, dass es Magie gibt?«, gab Lord Ente der Ente zu denken.
»Ich schätze nicht. Gut, soll ich Euch zum Anwesen meines Zwillingsbruders führen?«
»Das wird, schätze ich, nicht nötig sein«, sagte Ente und zog an eine Hebel, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war An der Decke tat sich eine Luke auf, ließ eine reglose Ente mit zwei Köpfen zu Boden fallen. »Na, welch unerwartete Wendung!«, Ente schlug seine Flügel aneinander, wie ein Mensch es tun würde, wenn er klatschte.
»Ist er -«
»- tot? Ja, ist er. Er hat gerade Freude daran, im Himmel durch das Wolkenmeer zu schwimmen. Anscheinend müsst Ihr doch auf die Alternative zurückgreifen, doch leicht, das kann ich sagen, wird es auf keinen Fall.« Ente trank einen Schluck und ließ die Tasse schweben. »Es muss ein Ersatz gefunden werden. Da Ihr jedoch das einzige Familienmitglied seid, das lebt noch, ist diese Möglichkeit ebenso ausgeschlossen. Allerdings ...«
»Allerdings?«
»... gibt es da noch eine einzige Möglichkeit, Euren Geschmackssinn wiederzuerlangen. Doch dazu müsst Ihr mir nachsprechen, verstanden?«
»Alles würde ich tun, um wieder den liebreizenden Geschmack des täglichen Brotes schmecken zu dürfen!«
»Ich schenke Leib und Seele dem allmächtigen Lord Ente bis zum Ende der Ewigkeit!«
Die Ente wiederholte.
Zufrieden sagte der Lord: »Befolget meine Befehle!«
Die Ente nickte hastig als sie das Brot sah, das der Lord hinter seinem Rücken hervorholte.
»Ich befehle Euch: Sterbet!«
Die Ente griff gierig nach dem Brot und würgte es den Hals hinunter, wo es jedoch steckenblieb. Nach einer guten Minute verzweifelter Versuche, die Atemwege zu befreien, fiel die Ente um und blieb liegen.
»Warum ist's nicht einfacher, angemessene Krieger für die eigene Armee zu finden ... He, Quakhardt, komm vom Dachboden runter.«
»Ja doch, o Lord«, kam als Antwort. Daraufhin sprang eine weitere Ente durch die Luke. »Großer Gott, was habt Ihr -«
»- mit diesem armen Wesen angestellt? Es dazu gebracht, sich selbst zu ersticken.«
»Könntet Ihr bitte -«
»- damit aufhören, Leute zu unterbrechen und ihre Sätze zu vollenden? Nein.«
Quakhardt bemühte sich, das Gesicht der Ente nicht anzusehen, und schliff die beiden Körper in die Grube unter Entes Sessel.
»Nicht mehr lange, dann ist es Zeit, die Welt zu verändern. Sag, Quakhardt, weißt du, ob man Untote im Krieg ebenso gebrauchen kann, wie wiedergeborene Krieger?«
»N-nein, o Lord.«
Narrengott Ente sammelt Anhängerschaft - 3
Es war Mittag. Lord Ente trank wie üblich seinen Tee und verschmolz mit seinem Sessel, während er überlegte, ob er lieber Nekromantie für Fortgeschrittene oder doch Wie man einen Willen bricht lesen sollte, da bemerkte er, dass jemand kam, um ihn zu sehen.
Brüchig riss er sich vom Sessel und hitzte den kalten Tee auf. Als er sah, dass der Mensch, der ihn besuchte, keinen Entenmeter von der Tür entfernt war, hechtete er schnell auf seinen Sessel zurück. Ein starkes Klopfen war hörbar und die Tür fiel schon nach innen, um den Entenaugen des Lords den Menschen zu zeigen, der sich bei ihm später das Leben nehmen würde.
»Seid gegrüßt, o Lord«, sagte der Mensch mit kalter und klaren Stimme. Er war nicht mehr als zwei Menschenmeter groß und sah ziemlich dünn aus, als ob man ihn zusammengedrückt hätte.
»Oho! Guten Tag, der Herr. Mögt Ihr Euch vorstellen?« Ente nahm eine herzliche Stimme an.
»Gewiss, o Lord, der Ihr den Hilfsbedürftigen helfet.« Er sah hinüber zum kochenden Wasser.
»Mögt Ihr?«
Der Menschenmann nickte, woraufhin der Lord mit seiner Hand die Luft umgriff und zur Seite zog. Die kochende Kanne erhob sich in die Höhe und ergoss sich über einem Paar Tassen, die wiederum flogen magisch zum Menschen und dem Lord. Ente legte seine Hand zurück auf den Sessel und die Tassen landeten auf dem Tischlein, der die Mitte des Raums erfüllte.
»Beeindruckend!«, staunte der Mensch, die Augen weit offen. Er nahm einen Schluck und begann, zu erzählen: »Vor zwei Tagen bin ich zum Jagen ausgegangen und habe dazu mein Schloss verlassen.«
»Ein Schloss habt Ihr?«, fragte sein Zuhörer unglaubwürdig. »Dann seid Ihr also ein Adliger?«
Der Mensch errötete. »So sei das nicht. Ich habe einige Vorfahren, die dem Menschenkönig gedient haben.«
Ente grinste und klatschte die Flügel gegeneinander. »Also dient Ihr auch Eurem König?«
»Nein, nein. Doch meine Eltern taten dies, bevor sie starben. Und da sie starben, sollte ich ihren Platz einnehmen. Dazu weigerte ich mich allerdings, denn der König war mir schon immer ein wenig schräg da oben. Einmal hat er befohlen, die Kinder der Enten zu nehmen und ihr Blut in einer Badewanne zu sammeln, worin er sich dann badete.«
»Dies ist mir bekannt.«
»O ja, ein schrecklicher Herrscher, dieser Mann! Jedenfalls ging ich vor einigen Tagen jagen. Ich jage nämlich gern Menschen und hänge ihre Köpfe dann an meine Trophäenwand.«
»Klingt edel.«
»O ja, das ist es auch. Als ich dann schließlich mit zehn neuen Köpfen zurückkehrte, bemerkte ich, dass etwas Schlimmes geschehen war: Meine Sammlung war gestohlen worden! Ich geriet in Rage, hing den Fang auf und rannte mit meinem Jägermesser ins Dorf am unteren Ende des Hügels, auf dem mein Geerbtes stand. Auf dem Weg dahin tötete ich fünf weitere, es führte mich mein Messer zu jedem, der darin lebte, und schnitt ich ihre Häupter ab.«
»Das Messer führte Euch? Habt Ihr es zufällig dabei?«
»O nein, leider wollte es nicht mit hinein kommen, es ist sehr schüchtern«, erklärte der Mensch und ließ seinen Blick über die unzähligen Bücher hinter Ente wandern. »Ziemlich viele, findet Ihr nicht, o Lord?«
»Nein«, sagte Ente barsch.
»Ah, ich erzähl dann mal weiter ...« Er nahm einen weiteren Schluck und fuhr fort. »Nachdem ich alle im Dorf getötet hatte und ich nirgends meine gestohlenen Trophäen auffinden konnte, ging ich zum Nachbardorf und tötete dort auch jeden. Und als ich da dann fertig war und auch nichts gefunden hatte, da ging ich zum nächsten. Es dauerte nicht lange, bis ich das ganze Reich der Menschen ausgelöscht habe, bloß den königlichen Sitz nicht. In diesem Moment wurde mir klar, dass er mich bestohlen haben musste! Ich ging zum König, enthauptete die Wachen und -«
»Ihr habt die Wachen, die dazu ausgebildet worden waren, den König vor allerlei Gefahren zu schützen, einfach so ermordet?«, unterbrach ihn Ente.
»O ja, wie hätte ich es denn sonst geschafft, den König ohne Probleme auszuquetschen?«
»Gar nicht, schätze ich.« Entes Gesicht wurde immer unwohler, doch da bekam er einen Geistesblitz. »Die Köpfe habt Ihr aber noch, nicht?!«
»O ja. Weshalb fragt Ihr?«
»Nur aus Interesse«, sagte er und dachte daran, wie dieser Mensch seine »Trophäen« essen würde und sich als Gott seiner Armee anschließe.
»Ich tötete alle Wachen und überraschte den König, der gerade in Blut badete. Ein Blutbad später verließ ich das Schloss ohne Antwort. Es dauerte einige Zeit, die Köpfe aller Toten in meinen Sitz zu schaffen, da waren bereits ein, zwei Tage vergangen, in denen ich mich nach meinen gestohlenen Trophäen sehnte. Und dann sah ich Euer Plakat. ›Ihr habt ein Problem und seid überfragt? So kommt in den Eulenwald, um mich zu ersuchen. Jene, die wahrhaftig Hilfe benötigen, werden mich finden‹. Also kam ich her und tötete Umherirrende, die nach Hilfe strebten. Dann sah ich Eure Hütte auf diesem Hügel hier erscheinen.«
»Gut, und ich soll Euch helfen, Eure Jagdtrophäen zu finden?«
»Ja.«
Vorfreude erfüllte den Lord. »Dann leistet den Schwur. Sprecht mir einfach nach: Ich schenke Leib und Seele dem allmächtigen Lord Ente bis zum Ende der Ewigkeit!«
»Ich schenke Leib und Seele dem allmächtigen Lord Ente bis zum Ende der Ewigkeit«, wiederholte der Mensch reibungslos.
»Ich befehle Euch: St-« Ente stockte. Wäre es nicht besser, ihn zu seinem Diener zu machen, der tötete, wen auch immer er tot sehen wollte, statt zu einem Soldaten in einigen Jahren erst? Oder gar könnte er Leute dazu bringen, den Schwur abzulegen, damit sie als Entes Diener wiedergeboren wurden! Ja, das war es! »Ich befehle Euch: Dient mir bis zur Ewigkeit!«
Ente stand vom Sessel auf und der Mensch verneigte sich: »Jawohl, o Lord«
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