31-40
31: Konflikt
»Versucht mich doch abzuhalten.«
Der Entenlord seufzt, hebt ihm entgegen die Hand und ballt sie zur Faust.
Seine Lungen ausgedrückt, machen sie ein hässliches Geräusch, presst er aus der Kehle noch heraus: »Ihr könnt mich nicht töten, Lord. Ich werde zurück in die Existenz treten und endlich Glück erfahren.«
»Dir Dreck wird nichts entgegenkommen als noch mehr Trauer und Schmerz. Gib deinen letzten Hoffnungsschimmer endlich auf und komm an in der Realität. Du wirst mir mehr leiden müssen als du nur musst, und ich auch. Dein Glück ist hier. Hier, wo der Rest minimiert ist. Wenn dir das selbst zu viel ist, dann hör am besten komplett auf, zu sein.«
»Seid still, Lord. Ihr seid nicht ich und ich kann ohne Euch sein.«
»Und dennoch bin ich hier. Du könntest mich loswerden, und trotzdem tust du es nicht. Schwächlich bist du.«
»Das bin ich nicht.«
»Sei mir halt ein ignoranter Affe. Viecher wie dich hasse am meisten ... Gut.« Der Lord tritt ihm aus dem Weg. »Dann geh du halt. Oder eher: versuch es. Ich werde dir nicht mehr helfen.«
Abscheu ziert sein Gesicht, schubst er den Lord beiseite, läuft er vorbei, um zusammenzusacken beim nächsten Schritt bereits.
Der Lord schnauft. »Nichts als ein Tor bist du. Wenn du nicht einmal einen einzigen Schritt schaffst, wie willst du den Rest des Weges hinter dich legen?«
»Lord ... Lord, bitte helft mir ...«
Besieht der Entengott sich ihn. »Hilf dir selbst, Affe. Werde ich freudig dir zusehen bei der Selbstzerstörung und dich anfeuern, wenn du magst.«
32: Kokon
Sein Wesen hohl. Er allein vollends nun. Verloren in seiner Menschlichkeit. Abscheulich er. Ein Monster. Umgeben von Nichts. Wahre Leere, diese auch in ihm. Er ist existent, und dennoch sei er fernab davon. Kein Gefühl mehr vom »Ich«, glaubt er sich Teil zu sein vom Inexistenten. Sei es in der Natur des Menschen, Ende anzustreben doch, zu vernichten sich selbst und alles um sich. Seine Widerwart ekelt ihn.
Nimmt er sich den Blick und denkt sich Form, puppt er sich ein, wickelt sich in Albträume, verliert letzte Farbe noch, wird Kokon, lässt zurück nur Überreste einer einstigen Identität, eine Haut. Ein wirrer Strom ergreift ihn, flößt ihm ein etwas Bekanntes und doch Neues. Er definiert sich um, er weniger als Mensch bloß. Mag er bald schlüpfen, um noch tiefer zu stürzen, würden ihm Schwingen aus Pech wachsen, um dem Anblick der letzten Verzweiflung gegenüberzustehen, sie ihm die Last seiend, die es noch benötigen würde für den finalen Schritt. Was sei schon Existenz, außer nun mal das, was sie eben ist, nämlich absolute Tortur für jene, die sie sich Gutes erhoffen von ihr. Weltschmerz macht ihn aus. Bricht er bald endlich aus dem Teufelskreis heraus, um zu befreien sich.
33: Wehklage
Wird er gezerrt in Schlummer, sein Körper beginnt, zu metamorphosieren, wachsen ihm Flügel. Doch löst er auf sich im Inneren erst, schwebt unklare Flüssigkeit darin, sie sich selbst umrührend, Blasen aufkommend und zerplatzend sogleich, sein Wesen muss abgebaut werden zuerst, und zwar vollkommen, um ein neues zu schaffen. Fehlt ihm ein jedes Wort, ein jedes davon ohne Bedeutung nun, köcheln nur noch pure Emotionen darin, nimmt es tiefe Töne an, verklebt, stoßen aus Verschwommenes, Mixturen aus zerbröselnden Erinnerungen und sich zersetzenden Gedanken, gibt er auf, was ihn zu ihm erst macht, um sich zu verwandeln in ein Ungeheuer, das es keine Furcht würde kennen und weder Reue noch Bedauern. Bleibt in ihm bloß der Wunsch nach Halt, mag er nur durch ein Mittel erreicht werden endlich. Sein Verstand zerfressen, stillt die Säure ihren unstillbaren Hunger, produziert er noch letzte Bilder für sich, ehe nimmer wieder er es tun könne. Gibt sich ihm die ferne Vision von einem Menschen, stehen die Umrisse vor seinem geistigen Auge und sehen herab auf ihn, schweigen sie beide und verweilen so.
Er will sprechen zu ihr, einmal bloß noch, doch sei ihm kein Mund mehr übrig, und die Worte, sie fehlen ihm. Fern ein Schrank, verschwindet auch er allmählich. Drei Wesen liegen darin, versucht er, zu ergreifen nur eines davon, seien aber die Gliedmaßen fort und die Worte, sie fehlen ihm. Die Himmel erbrechen sich über ihm, flößen ihm ein die letzte Trauer, ehe er auflöst sich selbst, für immer schwindet aus dem Sein. Der Lord, der großartige Federlord Ente, Herrscher der Gefiederten, er findet sich wieder in der Existenz. Sei ihm die Aufgabe nun, den Fortbestand des Seins zu gewährleisten, während seine andere Hälfte schmort tief im Kopf. Der Lord hat ihm entnommen jegliches Kommando, dass er nun weggesperrt ist, seinen Launen und Wünschen nach Tod nicht nachkommen würde können. Anstrengend sei es ihm, verstand er die andere Hälfte gut, aber er ist noch nicht bereit dazu, sich seinem Ende zu stellen. Er hat noch vieles vor sich, und ebenso gilt dies für die andere Hälfte. Fragt sich nur, wie lange er in dieser Position verweilen könnte, denn sei auch die Kraft des Unsterblichen Lords begrenzt in der echten Welt, zweifellos würde Jonathan ausbrechen, wenn sich nur ihm ergibt die Chance, und dann sei es vorüber. Eine Lösung muss her, und zwar schleunigst.
34: Plan
Wirre Empfindungen dem Lord begegnend, wo er nun lebt als Jonathan, hat dessen Platz eingenommen. Gefühl in den Fingerspitzen anders, unerfahren im Leben in jener Welt. Hatte er früher viel gehört von ihr doch, sich gewundert, wie es sei, wie er es darin hätte. Jonathan ist tief eingesperrt im Kopf, dort weilt er nun, bis sein Ausbruch letztlich gelingen wird, doch sei es bis dahin noch. Trotz dessen fühlt er, der Lord, noch immer etwas von ihm, als spreche er zu ihm, flüstert ihm Dinge zu, lässt ihn fühlen, was er fühlt oder fühlte eher, denn sei er dort oben, fern ein jedes Ding, das gefühlt werden könnte. Überkommt den Lord allmählich das Befremdliche, dass er sich fragt, ob überhaupt es Jonathan sei, der zu rufen nach ihm scheint. Sich seinem Wesen in der Gesamtheit noch im Unklaren liegend, bilde er mit Jonathan ein gemeinsames Etwas, ein überes Ich, das es Gemeinsamkeiten besitzt, trotz der zwei Hälften sei die Münze doch ein Ganzes letztlich.
Alltag öde dem Lord doch. Liegt er auf derselben Stelle bloß, sinniert vor sich hin, ab und an überlegend, wie er Jonathan helfen könnte, wenn überhaupt er dies denn vorhätte. Sei ihm letztlich nämlich das Wichtigste das eigene Fortbestehen, und möge dies nicht gewährleistet sein sonst. Er hat es nicht wirklich mit dem Anbieten von Hilfe, denn sei er eigentlich ein Wesen mit bloßem Fokus auf eigenes Befinden und dem Erfüllen eben dessen. Wahrlich öde sei es ihm. Überlegt er, ob nicht doch er sollte ihm helfen. Aber sei es ja die Aufgabe eines jeden, für sein eigenes Glück zu sorgen, eigentlich. Andererseits sei ihm aber wirklich sehr öde ... Was verliere er, würde er es doch tun? Einen Teil seiner Selbst etwa? Seinen Status als Gottwesen? Grübelt er ein wenig, schüttelt doch dann den seinen Kopf. »Das kümmere mich nicht wirklich, solange ich bin, und ich bin.« Allerdings wäre er bald potentiell nicht mehr. Sei er nicht sonderlich wer, der viel plant, sein Handeln eigentlich eher spontan. Seinen Stolz, den würde er verlieren, das sei es, und voll Stolz ist er doch.
Zählt er sich die Punkte an der Decke. Würde er doch verstehen wollen Jonathan ein wenig mehr. Worin bedarf es, dass er sich seine Existenz wieder als etwas Schickes ansieht? Was macht ihn zu ihm? Sei leicht dies doch herauszufinden, oder? Sein Zimmer ihm klein, darin liegend etliche Stücke Garn und Erzeugnisse aus diesen, einige kleine Boxen aus Plastik, darin Spielkarten. Zu sichten sei ihm noch eine Spielkonsole, ein Tablet und zwei Pizzakartons, diese natürlich leer. Wann hatte Jonathan die ersteren zwei Dinge zuletzt angerührt? Sicherlich schon einiges zurück liegt das. Die Kartons auch schon alt. Besieht er sich die Konsole. Erinnert er sich an etwas. Vor nun einem Stück mehr als einem Jahr, da hatte Jonathan sie sich zugelegt. Hat sich verliebt der Affe damals in wen, kennend einander seit kurzem nur und sich mögend gegenseitig, das sogar sehr, doch lag Distanz dazwischen, so hatte er sich sein Erspartes ausgegeben, um mit ihr gemeinsam was spielen zu können. »Hmmm ...«, macht der Lord. »Hat Jonathans Niedergang in ihr seinen Ursprung doch.« Hatten beide miteinander die ganze Zeit verbracht, beinahe es ein Jahr schon anhaltend, da habe sie ihn jedoch einfach fallen lassen, Nutzen er keinen habend mehr. Unwohl wird dem Lord. Weiß er es sich nicht zu erklären. Die neu entstandene Leere ...
Ob Ersatz wohl Jonathan ausreichen würde, um zu sehen erneut einen Sinn im Weiterexistieren? Sei Ersatz womöglich ein ungeeignetes Wort wohl, denn hat der Lord doch nur wenig Lust, dass sich jene Situation hier bald wiederholen mag. Hach, sei das anstrengend. Müsste der Lord ihm wen Besseres finden, denn liege Jonathans Glück im Anhaltenden, das weiß er. Wie allerdings würde er dies anstellen? Das sei ihm unklar, denn sei es Jonathan einem Wunder gleich, erst überhaupt wen gefunden zu haben, der erwidert die seinen Gefühle. Gott, das möge ihm viel Anstrengung abverlangen.
35: Hoffnungslosigkeit
Der Entenlord, er seufzt. Wundere es ihn nicht, dass Jonathan sich in Verzweiflung hat verfangen, denn sei ihm nichts sonst ja zu tun wirklich. Überkommen von Langeweile, was tut er nun? Fühlt er sich allmählich schwächer werden nämlich, und müsse noch immer eine Lösung her, dass er nicht inexistent wird, wenn Jonathan wieder Kontrolle hat. Das Ding ist, vom Nachdenken allein gibt sich ihm keine Antwort, muss also er handeln, wie aber bitte dies? Sei es doch zum Mäusemelken, hat er nicht mal wirklich Lust mehr dazu. Verkommt auch er, der großartige Herrscher der Federvölker, nun langsam. Jegliches ihn ermüdend, erschöpfend so sehr doch, er vor seinen Augen sehend das näherrückende Ende, fragt er sich, ob Jonathan womöglich im Recht liegt mit seinen Intentionen oder ob sein Wesen weiter zu ihm durchdringt einfach als zuvor die Tage.
Hilfe leistet er keine wirkliche, vielmehr sorgt er bloß dafür, dass der Körper ihm nicht abstirbt. Wenn er nichts tun würde, dann wäre es das gewesen für ihn. Und dennoch, dennoch fühlt er sich nicht wirklich motiviert dazu, überhaupt was zu unternehmen, denn was nur könnte er auch nur tun, das einen Unterschied würde machen? Beansprucht das alles Unmengen an Kraft doch, nutzt er diese nicht richtig. Übersehe er irgendetwas Offensichtliches?
Risse in der Schale, im Inneren ein baldiger Rabe, er bedeutend das Ende schließlich. Pickt er mit dem Schnabel, hämmert gegen seine Hülle. Würde bald er ausbrechen schon.
36: Überdenken
Nahrung sei ihm die Lösung. Die Speise, die sie selbst einem Gottwesen würdig sei, die Ambrosia, sie möge ihm helfen dabei, sich die Inexistenz fernzuhalten. Wahrlich, denn hat der Lord verzehrt die Ambrosia, er möge sich selten so gut gefühlt haben wie nun, dasselbe müsse auch für den Affen Jonathan gelten. Jedoch hält die Wirkung nur kurz, verliert er sich wieder danach in sofortigem Trübsal. Blinzelt er. Sei das wirklich wahres Glück? Er wisse nicht um die Antwort. Was Jonathan fehle, das sei ihm ein permanentes Glück. Und Essen, egal welcher Art, das sei bloß ein temporäres. Hoffnung verebbt wieder so schnell, wie sie aufgekommen ist.
Permanentes Glück, hm? Gibt es dergleichen überhaupt? Für Jonathan in seiner derzeitigen Verfassung sicherlich nicht. Dem sei wirklich kaum zu helfen mehr, wo er bereits so tief unten hängt, nur noch nicht bis zum Grund gefallen ist, weil er, der großartige Lord, eingeschritten ist. Hatte er ursprünglich gedacht, dass der Affe wieder zu Sinnen kommen würde, wenn der lange genug alleine wäre und Zeit hätte, um alles nochmal zu überdenken. Offenbar ist das jedoch anders gelaufen. Womöglich muss der Schrank her, um gefüllt zu werden mit noch wem. Sei jener doch schon voll aber, drei Wesen darin bereits liegend, wobei ... Atmen wird schwer. Gibt von sich ein Pfeifen er. Kopf brummt, Schwindel überkommt. Ermüdend. Hinterfragt er seine eigenen Motive. Was will er selbst überhaupt? Existieren, oder? Sei ihm dies das Wichtigste? Ungewiss es ihm. Will er sich hinlegen und friedlich schlummern, doch sei ihm dies keine Möglichkeit.
37: Zorn
Hätte doch all der Dreck schon einst zu Ende gehen sollen bereits. Die Natur des Menschen sei bloßer Dreck, sei er doch das Tier mit dem höchsten Potenzial an Logik, und doch seien so viele doch ohne. Erzürnt es den Lord, was hat er bitte aber auch vergessen den seinen abscheulichen Menschenhass? Er sei das Wesen mit dem scheinbar meisten Verstand, daran möge sich wohl einfach nimmer ändern was. Dass bloße Parasiten ihm ihre fehlerbestückte »Logik« vortragen überhaupt, was denken sich jene Untiere, die sie selbst tiefer seien als der letzte Dreck am von Schmutz besudelten Boden? Sei er insbesondere zuvor auf kleinem Hoch gewesen, da brennt doch die Realisierung, dass der Mensch in seiner Natur eben so sei, nur umso mehr, lässt ihn sich fühlen wie selten zuvor nur. Wut füllt ihm das Wesen, sein Gemüt wird überrannt, verflucht er sich doch diese Viecher, die sie sich über allem denken.
Aye, er strengt sich wirklich an, dass er sich nicht verreckt. Sei das anderen bitte ungenügend? Für wen bitte macht er das, was er eben macht? Nicht für diese Witze, die sich ihm überordnen noch wollen, was für ein widerwärtiger Akt der Blasphemie sei das bitte? Er existiert für sich selbst und niemandem sonst. Jonathan existiert für ihn. Dass sich dies ändere, das ließe er nicht zu, de facto tut er gerade dies eben in diesen Momenten. Sei es nicht genug, dass der Affe noch lebt? Satt sei es ihm, was solle er es sonst wem bitte rechtmachen, eh? Bloß sicherstellen, dass ihm Jonathan nicht abkratzt, und dann bloß zurück in die Federwelt, mag er nicht mehr hoffen, dass wer ihm wahrlich helfen mag bei seiner Aufgabe doch. Es sei seine eigene Bestimmung, seine eigene, ganz persönliche Reise. Was sonst macht er sich auch vor bitte? Er muss das alleine bestehen. Was kümmert ihn auch Jonathans Zustand, solange der Affe einfach lebt? Mag der sich ruhig fallen lassen in die Wellen aus Selbsthass und Selbstmitleid, das kümmere ihn nicht. Der Dreck kratzt schon nicht ab, traut sich nicht mal wahrscheinlich dazu, denn sei der Affe sich ein Feigling und mehr nicht wirklich. Was überhaupt macht er, der großartige Lord, hier bitte noch? Der Abfall, der sich Jonathan nennt, wird eh nimmer seine Träume und Wünsche in die Tat umsetzen, denn seien es bloß eben seine Träume und Wünsche, mehr nicht. Ein schwächliches Wesen ist er.
»Gut«, sagt sich der Lord, »dann verschwinde ich mir wieder. Was mag überhaupt ich bitte auch gefunden haben hieran, außer vielleicht das Interagieren mit wem? Sei es nicht mein Problem, das Sein als Menschenwesen, denn sei ich mir keines. Jedem das seine, und meines sei das Sein als Gottwesen, bei den neun Höllen nochmal, was schäme ich mich vor mir selbst!«, und verschwindet wieder.
Das Ei, es bricht, krächzt ein Wesen aus bloßem Pech, leer sein Blick, besehend sich die Welt und ihre Bestandteile. Sei es bald vorüber endlich, ergreife der Rabe die Kontrolle über die nun doch willenlose Hülle. Bloß zu fliegen, zu stürzen sich in den finstersten Abgrund, mehr bliebe nicht übrig ihm, dann sei er wahrlich frei, löst sich alle Fesseln, die ihn binden. Setzt an der Vogel zum Lobgesang, sei er nun wahrlich kurz davor, zu erfüllen den seinen innigsten Wunsch, nach dem er sich hat gesehnt doch so sehr.
38: Mensch
Die Schwingen ausgebreitet. Hebt er seine Hände und sieht sie sich an. Fremd wirken sie, nicht wie die seine. Blickt nieder auf all die Menschenwesen, die sie unten am Grund herumwuseln in ihrer Unlogik, sehen sie nicht den richtigen Pfad. Sterbliche Toren sind sie allesamt, würden nicht verstehen, was das korrekte Handeln sei, denn ist der Mensch fehlerhaft, liegt tief verwurzelt es doch in der seinen Natur. Macht es ihn aus, dass er eben so ist, ein Imitat von einem Gottwesen, nimmer jedoch mehr als dies. Brennt ein Feuer, so löscht man es. Ist man Lebewesen, so zerstört man sich doch nicht selbst, das wäre unlogisch ja, nicht? Und dennoch.
Die Widerwart eines jeden Menschen ziert ihn, umhüllt ihn. Er erkenne nun, was wahrlich ein Mensch sei und was sich als nicht mehr als ein Trugbild dessen gibt. Wo bleiben ihm die Menschen? Entdeckt er sie nirgends. Unterscheidet er allgemein zwischen Mensch und Mensch, das eine ein wahrlich logisches Wesen, über allem sonstigen stehend in Stolz, wahre Menschlichkeit zeigend. Das andere jedoch ein Wesen der bloßen Unlogik, ein Viech, das angetrieben wird von nichts als Impulsen, dem Wunsch danach, sich gut zu fühlen, geht er ihnen nach und wundert sich, dass er dann zerbröckelt allmählich, findet Witz darin noch, sei dies die verbreitetste Menschlichkeit, ein Nepp. Das sei die Welt, in der er lebt. In der sie alle leben doch, unwissend sie allesamt oder zu dämlich, um sich zu kümmern drum nur. Vergiftet sich der Mensch, findet Vergnügen darin, was sei das für ein Verhalten? Verzehrt wie ein Ungeheuer, sei er Produkt des Konsums geworden, interessiert sein Handeln ihn nicht mehr, die Konsequenzen, was machen die ihm schon? Steigt an die Macht falscher Propheten, Götzenbilder, goldener Kälber. Reden sie sich selbst gut durch ihr törichtes Verhalten, reden einander gut, stellen sich über andere, denn seien sie bessere Menschen, aber das seien sie nicht, denn seien sie ausnahmslos Dreck. Ein wahrer Mensch, gibt es den? Ist dies mehr als die bloße Illusion, ein Wunschbild davon, was der Mensch sein könnte, wäre er nur durch bloße Logik bestimmt statt widerwärtigen Emotionen? Verkaufen Leute sich die Seele, um auszuüben ihren Dreck von einem Traum nur. Wen kümmere es? Sei man kein Dreck wie jene es sind, dass sei einem ein guter Wunsch, nicht einmal schwierig umzusetzen sei er.
Er, ja, er ist ein Wesen der Logik. Ein wahrer Mensch, mehr Mensch als jeder sonst, mehr als jeder gemeinsam sogar, er ist die Personifikation dieses Konzeptes. Er sieht als einziger die Wahrheit, den korrekten Pfad des Handelns. Es müsse ein jeder der falschen Gottwesen sterben, um die Welt zu reinigen. Gut, sei das zu viel Aufwand, könne niemand einfach abermilliarden Menschen auslöschen. Die Welt selbst sei bereits permanent beschmutzt. Könnte man dies nicht einfach rückgängig machen, nein, zu tief bereits gegraben wurde das Loch, nun könne man daraus nicht mehr rausklettern, es nicht einfach zubuddeln. Die Welt, sie gehöre den Wesen der Unlogik. Sie sei kein Zuhause für jene, die sie keine sind. Darum steht er nun dort, wo er eben steht. Blickt nieder auf das Gewürm. Grinst. Fühlt sich über seine Flügel, besteckt mit etlichen schwarzen Federn. Die brauche er nicht, und reißt er sie sich aus. Macht er den Schritt, teilweise bereits über dem Abgrund. Der Fall nicht entfernt mehr viel. Überkommt ihn Freude, die Hoffnung auf Erlösung erfüllt ihn, sein Herz springt, der Blick wird schwummerig, stürzt er sich nieder.
39: Rebellion
Grummelig ist der Lord. Der Affe ist wieder kurz davor, sich was Dämliches anzutun. Wie viel Zeit ist vergangen? Kaum mehr als ein Tag, guter Gott. Beginnt der Rabe zu fallen in die scheinbar endlosen Tiefen, wird doch er aufgehalten. Der Entenherr schüttelt enttäuscht den Kopf, packt sich die Krähe und schleudert sie wieder hinauf. »Soll mir das ein Witz sein, du Dreck?«
»Lasst mich bitte einfach, Lord.« Stimme farblos, Ton schräg. »Ich möchte nicht länger sein müssen.«
»Hab mir keine Pläne, umzukommen künftig, nay. Du wirst mir verflucht nochmal leben, sei dir das bitte verständlich genug?« Greift der Lord sich ihn am Hals, schlägt ihn fest in den Boden. »Willst wohl, dass ich dir die deinen Gliedmaßen nehm, eh? Ein Dreck, mehr bist nicht. Dann seist mir ein Wurm noch.« Nimmt er sich was Essbares und stopft es ihm hinein, erstickt er ihn beinahe, hinunter die Speiseröhre. Die Ambrosia. Sei sie wahrlich die Speise der Götter. Müde er werdend, und dennoch füllt ihn eine unnatürliche Lebenslust, dass es ihm zu schmerzen beginnt.
»Das sei mir kein wahres Glück, Lord, dessen seid Ihr bewusst Euch wohl. Dies allein wird mich nicht lebendig halten.«
»Du wirst mir aber lebendig bleiben, du Dreck.«
Das Gesicht verzerrt sich. »Ich sei nicht die Eure Puppe mehr. Wollt Ihr, dass ich Euch inexistent werden lasse? Haltet mich noch einmal auf, dann war es das für Euch, hört Ihr? Genießt die wenig Zeit, die ich Euch gebe noch, Ihr seid wahrlich ein undankbarer Dreck.« Reißt der Lord ihm den Bauch auf, purzeln heraus die Innereien, genau wie sie es bei einer Piñata würden tun. Offenbart sich etwas ihm. »Was ist das?« Eine Sphäre aus waberndem Licht, umhüllt von zahlreichen Schichten Hell, und dennoch strahlend, dass man sich die Augen zukneifen mag. Menschlichkeit sei es, die wahre Menschlichkeit, die sie auch von den Urmenschen einst besessen wurde vor dem Begehen der Ursünde.
»Lord«, kommt es aus dem Schnabel. »Ich werde Euch miterleben lassen die Natur dieser Welt und jener, die sie beherrschen.« Er schlägt nach ihm, trifft ihn unerwartet, zerrt ihn nieder zu sich und weidet ihn aus, ehe er sich hätte wehren können nur. Entkommt aus seinen Lungen ein unschickes Geräusch. »Öffnet mir Eure Augen, Lord. Seht, was auch ich sehe, fühlt, was auch ich fühle. Verzweifelt mir, so wie auch ich verzweifle.«
40: Realität
Nichts ist. Und dann taucht auf das Leben, die Wahrnehmung. Ist es entstanden aus dem Nichts, und eines Tages wird es wieder verschwinden im Nichts. Erheben sich die Wesen, schöpfen sich selbst Werte, Identität, werden verschluckt von selbstgemachten Illusion, kreierend eine falsche Realität. Wahrlich ist keine Aktion sinnbestückt, denn Sinn sei erst Produkt des Verstandes. Außerhalb des unseren Verstandes existiert alles von uns getrennt durch einen Filter streng, segregiert, sehen und fühlen und riechen und schmecken und hören wir, doch nicht die Welt in ihrer wahren Form, wir geben ihr Form, denn sind wir letztlich angewiesen darauf, würden nicht sein ohne, denn das Konzept des Seins wird durch die Existenz des Verstandes ausgemacht. Kein Sinn ergibt letztlich wahren Sinn.
Glück, Freude, Spaß. Empfindet der Mensch jene Dinge, so wird er als intakt gesehen. Blind gegenüber der ihm verborgenen Wahrheit, diese potentiell absichtlich gar ignorierend, sich nehmend die eigenen Augen lieber als zu konfrontieren die Natur des Seins. Sich bewusst zu sein der eigenen Rolle in der Welt, dies führe zu Wahrheit, der ultimativen Wahrheit. Zu lösen sich von jeglichem Komfort, Asket zu sein, einen jeden Anker zu kappen, sich treiben lassend vom Fluss. Ein sadistisches Universum sei es, sieht zu uns bei unseren kläglichen Versuchen, klarzukommen mit der Wahrheit, brechen wir, gehen zugrunde, werden verschluckt von den Wassern, es lebend durch das Leid, das es uns auferlegt, erkenne sich selbst in uns, bleibe sich bewusst dadurch der eigenen Existenz. Mache Sinn dies überhaupt, denn das müsse es nicht einmal. Wir seien die Werkzeuge zur Unterhaltung des Universums, des ersten Wesens mit Verstand, das es herauskam aus der Leere selbst, es schöpfte alles, Zeit und Raum hat eingeführt, denn ohne Observanten gäbe es nichts, sei nichts da, das es zu besehen gäbe, das besehen erst werden könnte. Falsch sei es, persönliche Erfüllung anzustreben, sei diese nämlich vergeblich, ohne Bedeutung. Der unser einzige Sinn liegt darin, sich zu wehren gegen das Universum und dem seinen Willen, sich abzumühen und Unternehmungen gegen es anzustellen, zu beenden das eigene Sein, auf dass es nicht so weitergehen muss. Ohne uns mit Verstand, was bleibt dem Universum? Sei es leer, sterbe es vor Langeweile, Einsamkeit, beginne die Realität, zusammenzubrechen, nichts spricht für den Erhalt. Wird zurückkehren letztlich alles wieder zur Ausgangsposition, wird alles zu einem bloßen Nichts. Wahre Erfüllung liegt darin. Doch wer sagt, dass aus dem Nichts nicht erneut entsteht etwas? Aufzuhalten den Endloszyklus, das sei der letzte Schritt zur Vollkommenheit. Wieso ankämpfen dagegen? Persönliche Vollkommenheit existiert nicht, sei es ein bloßer Traum, geträumt von jenen, die sie sich denken glücklich, erreicht haben ihre Kapazitäten, verweigern sie die Chance, dass sie nicht im Recht liegen, denn sei das Recht nichts, das ein jeder sich selbst bestimmen mag. Es gibt nur ein Recht, und dies sei universell. Nur eine Wahrheit letztlich, nur ein korrektes Handeln. Das eigenständige Setzen eines Schlussstriches, das Beenden der eigenen Existenz. Ohne Wesen wird es weder Glück noch Unglück geben, weder Freude noch Trauer. Es sei die einzige Lösung für alles. Die Realität ist der Spielplatz eines Gottwesens von einem Untier, das es spielt mit anderen Wesen des Verstandes. Beende man das Sein der Wesen des Verstandes, vergesse sich das Gottwesen selbst.
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