151-160
151
Das Stück Dreck schnarcht wieder. Dass das keinen sonst wachhält. Ich halte das kaum noch aus. Ich will dem Schwein wehtun. So richtig. Ich verspüre das Verlangen, ihn dazu zu bringen, ruhig zu sein, und ich meine das wirklich ernst, ich kann kaum noch dagegen ankämpfen, ich will den echt umbringen, ihm mit meiner Nagelschere die verdammte Kehle öffnen, ich will sein schwarzes Blut sehen, fühlen. Manche Menschen sollten nicht leben dürfen. Manche Menschen sind nichts als eine Belastung. Menschen wie er. Abfall. Schmutz. Ich halte das nicht aus. Seine gesamte Existenz dient dem Unzweck, das Leben anderer noch schlechter zu machen. Viecher wie der, die atmen dieselbe Luft wie ich, und es ekelt mich an, der Gedanke, dass das meine Luft atmet, dass ich seine Luft atme, die durch diese widerwärtigen Atemwege geflossen ist. Der soll Ruhe geben. Sei still. Hör endlich auf. Zwing mich nicht dazu, dich beseitigen zu müssen. Es ist allein deine Schuld. Du bringst mich dazu, das zu tun. Nur du. Nur wegen dir. Du hättest eine Totgeburt sein sollen. Das würde die Welt nur heller machen, denn befleckst du sie bloß. Nichts trägst du zur Gesellschaft bei. Du bist ein defekter Schrotthaufen. Gib endlich den Geist auf und zwing uns nicht, dich den Geist aufgeben zu lassen. Stirb bitte einfach von selbst und bring uns nicht dazu, dich sterben zu lassen. Das würdest du sicherlich nicht wollen, denn kannst du es selbst tun, ohne all die unnötigen Schmerzen spüren zu müssen, die wir dir antun werden, denn verdienst du sie alle und noch mehr, drum suizidiere du dich lieber, erstick einfach, sag deinen lebenswichtigen Organen, dass sie gefeuert sind, hör einfach mit dem Atmen auf. Schmutz bist du.
153
Mittwoch, 8. September, kurz vor Mitternacht. Die Visite gestern war meh. Habe da nichts ansprechen können, die wollten das schnell vorüber haben, danach habe ich für ganze zwei Stunden am Stück geheult, warum auch immer, so lange hab ich das noch nie müssen. Habe dann auch Zeug zur Beruhigung bekommen, das hat aber auch recht lange gebraucht, dass es zu wirken begann. Ich mache mir noch immer Hoffnungen, dass die Menschin bald zu Besuch kommt, auch wenn ich um die Torheit dahinter weiß. Hätte heute um 12:30 Uhr ein Gespräch mit der Psychologin hier gehabt, aber sie hat es vergessen, sodass sie meinte, nachdem sie sich nach einer Weile wieder erinnert hatte, es auf Freitag zu verschieben.
Das Schnarchen wird nicht besser. Ich schaffe das echt nicht mehr. Es klingt so widerwärtig und ekelerregend, dass ich mich übergeben möchte. Na ja, oder mich zumindest umbringen. Bohre schon mit der Nagelschere in meinem Fleisch rum, das hilft etwas. Immerhin besser als mir die Pulsadern zu durchkappen, nicht wahr? Außerdem tut der Schmerz gut, selbst wenn er nicht genug Ablenkung bietet und das eigentliche Problem, nämlich diesen Dreck neben mir, nicht beseitigt. Bald werden wieder Plätze in anderen Zimmern frei. Hoffentlich kann ich dann wechseln. Das ist mir hier viel zu viel. Wirklich, das tut mir kein Stück gut. Warum die überhaupt die Wand hier eingerissen haben, um aus zwei Zweibettzimmern ein Vierbettzimmer zu machen, ich kann den Gedankengang nicht verstehen, den dieses Großgehirn gehabt haben musste, das auf diese tolle Idee gekommen ist. Kurz nach Mitternacht, noch etwa 36 Stunden bis zum Gespräch, da kann ich das endlich ansprechen. Ah ja, der Tavormensch geht morgen und will noch von mir den Schlüssel zur Heiligen Bibliothek haben. Denk dran, ihn ihm am Morgen zu geben.
Wenn die Menschin bald nicht kommt, sterbe ich. Wirklich. Ich muss einfach von ihr hören, wie sie mir zu leben befiehlt. Ansonsten schaffe ich das niemals. Ich gehe dann kaputt. Komplett kaputt, obwohl ich das mittlerweile ja auch schon eigentlich bin. Dann sterbe ich. Sie ist meine einzige Rettung. Meine letzte Rettung. Aber sie ist nirgends. Sie ist fort. Hat mich vergessen. Bin ganz alleine, ganz einsam. Sie weiß es nicht, weiß nicht, wie wichtig sie ist, welche Rolle sie für mich spielt. Sie hat ja keine Ahnung, kann es auch gar nicht wissen. Sie kann nicht wissen, was in meinem Schädel vorgeht, und lesen kann sie auch noch nichts von dem, was ich hier alles geschrieben habe. Vielleicht sollte ich mich dazu zwingen, wen hier nach Netz zu fragen, damit ich das alles hier hochladen kann. Na ja, nicht alles. Muss sicherlich einiges noch etwas überarbeiten oder gar gänzlich streichen. Dann frag ich nach und lad das hier hoch. Wenn ich dann irgendwann mal wieder zurück in der Wohngruppe bin, kümmere ich mich darum, dass das alles in die jeweiligen Räume gesteckt wird, die ich dann auch noch kreieren muss. Wahrscheinlich liest die Menschin dennoch nichts davon. Denke auch nicht, dass sie überhaupt schon was von der Entenbibel gelesen hat. Sicherlich hat sie nur falsches Interesse gezeigt, um nicht unfreundlich zu wirken oder unhöflich. Will gerade irgendwie wieder weinen. Diesmal aber keine zwei Stunden lang, bitte. Das Schnarchen wäre sicherlich laut genug, dass es übertönt werden würde, also muss ich mich nicht sorgen, dass mich wer hört. Na gut, mache ich das mal. Ich liebe dich, Menschin. Bitte besuch mich irgendwann. Das wäre schön, tatsächlich sogar mehr als nur schön, das wäre … Was wäre es? Grandios, großartig, fantastisch, wundervoll, bedeutungsvoll, heilend, erfüllend, reanimierend, Hoffnung gebend, toll? Das wäre schick. Ja, schick wäre das, aye! Also, bitte beeil dich. Lange lebe ich sonst nämlich nicht mehr, ich spüre es, ich weiß es. Mein Fall endet bald, der Boden bereits in Sichtweite, rückt er stetig näher, nein, rücke ich ihm stetig näher, bald klatsche ich auf und färbe ihn rot, rinnt aus meinem Körper mein Wesen, die Knochen zerberstet, der Schädel geöffnet, der Geist erlischend endlich, so viel Tortur er durchgemacht hat, letztlich er befreit durch mich. Menschin, du kannst es verhindern, nur du bist dazu in der Lage. Erkenne es bitte rechtzeitig. Lies das hier. Hilf mir. Rette mich vor meinem Untergang. Fang mich auf. Gib mir Sinn. Sei mein Sinn. Lass mich leben für dich. Werde nun zu schlafen versuchen.
154
Donnerstag Abend. Na ja, Nacht eher, kurz vor 23 Uhr. Habe eigentlich nicht wirklich was zu berichten, denke ich. Tag war anstrengend gewesen, dreimal Sport gehabt, sehr viel geschwitzt, gefühlte Liter insgesamt. Warm war es. Von 15 bis 17 Uhr war das Zimmer wieder von Schnarchen erfüllt. Hoffentlich dafür dann jetzt gleich weniger. Vermisse die Menschin. Frage mich, warum sie noch nicht hergekommen ist. Hasst sie mich in Wirklichkeit auch, so wie sonst auch jeder? Hat sie mich nur abspeisen wollen durch ihre Zusage? Hat sie sich nicht getraut, abzulehnen? Hat sie nur zugesagt, damit sie sich an meiner wiederkehrenden Enttäuschung satt sehen kann? Will wieder bluten. Will mir wieder Schmerzen zufügen, um sie zufrieden zu machen. Meine Schreie wie eine Melodie für dich. Tanz mit mir. Gib an das Tempo, ich reiße an meiner Haut, esse sie, nimm du auch was davon und iss, habe viel. Was mir gehört, gehört auch dir. Mein Hunger auch deiner, weiß, dass du auch so bist. Musst es nicht länger verbergen. Offenbare dein Wesen. Offenbare dich. Verzehre mich. Friss mein Fleisch, trink mein Blut. Ich lasse es nur für dich. Kopf schwindelig. Müde. Beruhige mich langsam wieder. Nacht, Menschin. Träum was Schönes, Menschin. Müde.
155
Vorhin etwa eine Stunde lang mit der Psychologin hier geredet. Die Krankenkasse bezahlt das hier noch zweieinhalb Wochen, also spätestens bis zum 29., dann wäre ich insgesamt … lange jedenfalls hier. Bin nun schon neun Wochen hier, bald zehn. Zwölf also? Scheint so. Nach zwölf Wochen hier zahlt die Krankenkasse das nicht mehr, ist bei anderen auch so gewesen, dass keiner länger bleibt. Am 29. also, da werde ich entlassen. Wenn ich bis dahin nicht versprechen kann, mich nicht umzubringen, wenn ich draußen bin, komme ich in eine »geschlossene Wohneinrichtung«, wie auch immer diese aussehen würde, dazu hat sie nichts gesagt. Wie auch immer, ich sage denen einfach ganz artig, dass ich das schon schaffen werde, und dann spring ich direkt danach endlich runter von diesem Drecksdach. Ich bin von eiserner Determination erfüllt. Mir wird nichts und niemand mehr helfen können. Tut mir leid, Menschin. Ich werde dich enttäuschen. Aber hasst du mich sowieso schon, drum macht es mir nicht wirklich was aus, und selbst wenn nicht, ich halte das dennoch einfach nicht mehr aus. Das verstehst selbst du nicht. Nur ich kann das verstehen. Letztlich bist auch du menschlich wie jeder andere Mensch. Es gibt kein gutes »menschlich«, nur das schlechte. Ich gebe auf. Wirklich diesmal aber.
Ebenfalls wurde heute tatsächlich die Bezeichnung »Kannibalengöttin« von der Psychologenfrau angesprochen. Habe ihr das mit der Haut erzählt, die sie mir von sich zum Essen gegeben hat, habe aber fälschlich verneint, als sie nachgefragt hat, ob ich die denn dann auch gegessen habe. Das habe ich nämlich, und noch immer ist mir diese Erinnerung besonders klar im Gedächtnis, die Textur, der Geschmack, ihr Gesichtsausdruck, als ich einen Teil davon direkt vor ihr verzehrt habe, Überraschung, Ekel, Gelächter. Den Rest habe ich aufbewahrt, berührt, wenn es mir schlecht ging, habe mich ihr dadurch so nahe gefühlt, so als würde ich die Haut der echten Kannibalengöttin berühren, na ja, das habe ich ja, aber ihr wisst, was ich meine. Und dann verging die Zeit, die Haut wurde trockener, härter, zuvor noch so weich gewesen. Das hat mich traurig gemacht. Und dann habe ich sie weggeschmissen, als ich mich endgültig von der Kannibalengöttin lösen wollte, kurz bevor ich die Einstige habe kennengelernt. Hätte sie behalten sollen, die Haut. Sie noch essen sollen. Ah, und kam der Psychologin auch von mehreren Mitpatienten zu Ohren, ich würde viel über Tod reden, Kannibalismus, Makaberes allgemein, das solle ich unterlassen. Deren Problem, wenn die zu schwach sind, um es zu verstehen, das Großartige daran. Ich verstehe es. Nichts es gibt, über das ich noch lieber rede als über Haut und Schmerz und Folter. Mehrere Patienten, was? Glaube ich sogar. Ja, wie die wollen. Dann unterlasse ich halt jegliches Sprechen zu allen fortan. Viecher wie diese sollten ohnehin nicht hören von Göttlichem. Ihre Augen blind, um zu sehen wahre Schönheit, ihre Ohren taub, um zu vernehmen den Wohlklang der Schreie.
Für mich ist jegliche Hilfe zu spät, um noch zu wirken. Ihr werdet es schon sehen. Ich will leiden. Noch mehr als je zuvor. Ich will Verzweiflung spüren, absolute Verzweiflung. Ich will dem Tod ins Angesicht blicken, ihn bitten, mich mitzunehmen, grinsend seine knöcherne Hand ergreifen. Das war es für mich. Hat keinen Spaß gemacht, das Leben. Menschen sind verächtliche Dinger. Nicht mehr lange bis zu meiner Erlösung. Komm bitte zu meiner Beerdigung, Menschin. Bestattung eher, will lieber eingeäschert werden als als Leiche verscharrt, und die Urnen, die kommen ja nicht auch unter die Erde. Oder doch? Na ja, jedenfalls besser als zu verwesen ganz alleine und langsam.
156
So, nun lege ich auch meine letzte Maske nieder, werde zu dem stehen, was ich wahrlich bin. Bin ein Lügenbold, habe erzählt von der Haut der Kannibalengöttin, doch habe die Unwahrheit erzählt, noch nie wem die Wahrheit gesagt darüber, über das, was vorgefallen ist damals, als sie noch der essenziellste Teil meines Wesens war, mein einziges Glück, meine gesamte Welt, mein Alles. Nicht nur das eine Mal hat sie mir ihre Haut gegeben, damit ich sie essen konnte. Beim ersten Mal, da kam sie an, ein Stück toter Haut von sich in der Hand, »Hier, kannst du essen«, so hat sie es genau gesagt, also habe ich sie genommen, sie mich ansehend, »Iss«, und gegessen, ihre Stirn sich runzelnd und ihre Augen sie zusammenkneifend, »Bah, bist du eklig, als ob du das echt getan hast!«, und habe ich das echt getan. Kaum eine Woche danach sie wieder zu mir kam mit Haut, erneut mir zusehend dabei, wie ich aß, einen Teil ihrer selbst in mich aufnahm, sie mir einverleibte, »Das erzählst du bloß aber keinem, sonst kriegst du nichts mehr«, und so habe ich geschwiegen deswegen, und immer wieder kam sie an, um zu füttern mich, ich geworden ihr ein Haustier, wurde noch abhängiger von ihr als ohnehin schon, damals noch nicht erkennend die Unmenschlichkeit, die sie mir dadurch hat eingeflößt, hat sie mich verformt, zum Untier großgezogen, zum Monster. Haut, ich begann allmählich, mehr zu wollen als bloße Haut, ich wollte ihr Fleisch schmecken, ihr Blut, und als ich sie danach fragte, da würde ich in Hunger leiden, sie mich verlassend, mich nicht mehr nährend, wirrer Kopf, der Bauch verlangend nach mehr, bloß mehr, immer und immer mehr, doch gab es nichts mehr, drum begann ich, die meine eigene Haut zu essen, mein eigenes Fleisch rauszuschneiden, mir Videos anzusehen von Leuten, die einander aßen, mir vorzustellen, dass ich Teil davon wäre, ich wollte das, was sie hatten, wollte verzehren, anderen Leid antun, ihnen beim Sterben zusehen, ihre letzte Lebenskraft an mich reißen.
Ich will das alles nicht mehr. Nicht mehr so sein, kein Unmensch mehr. Will verzehren alle, die mir lieb sind, will Zeuge sein ihrer Qualen, Leid antun, Tränen schmecken, Haut abreißen, sie essen und ihnen selbst zum Essen geben. Eine jede zweite Nacht ich von der Menschin träume. Jedes Mal dasselbe, wenn auch mit leichten Variationen, liegt sie am Boden, ich über ihr hocke, Finger sich in ihre Haut bohren, sie abkratzen, ziehe ich daran, Zähne kappen sie wie die Schere den Faden. Öffne ich ihren Mund, ihre Augen gefüllt von Angst, will sie sich wehren, doch gefesselt ist sie, kann sie sich nicht sträuben, außer durch das Geschlossenhaltens ihres Mundes, forciere ich ihn offen, lege ihre Haut auf ihre Zunge, sie beißt zu, meine Finger zwischen ihren Zähnen eingeklemmt, lache ich doch nur, helfe ihr dabei, indem ich ihren Kiefer nur noch fester zudrücke, hört sie schockiert auf in Ekel, will die Haut ausspucken, doch halte ich ihr den Mund zu und beginne mit der anderen Hand damit, auf dem entblößten Fleisch rumzudrücken, die Fingernägel hineinzustechen, ich erst aufhören werde, wenn sie ihre Haut runterschluckt, und dauert es, bis sie es endlich auch tut, ich ihren Kopf tätschelnd, weich, wiederholend es immer und immer wieder, sie anfangs noch geschrien, dass ich aufhören solle, dass ich ihr bitte nicht wehtun solle, doch findet allmählich sie Gefallen daran, gebe ich ihr auch meine Haut, löse sie von ihren Fesseln, ihre Zähne an mir reißen, frisst sie mich wie ein ausgehungertes Tier, und fresse ich sie wie eines.
Ich will das nicht. Ich will ihr nicht wehtun, will keinem wehtun, will auch nicht, dass mir wer anders wehtut. Ich will das nicht mehr wollen, will nicht mehr danach verlangen, nicht mehr besessen sein davon, nicht mehr träumen müssen davon, nicht mehr daran denken. Es geht aber nicht mehr anders. Nichts hilft mir. Ich will sterben, viel lieber sterben als zu leben als dieses Untier, ständig Angst zu haben davor, dass ich mich nicht länger unter Kontrolle halten kann, dass ich mich losreiße und losziehe, um zu verschlingen, um wem was anzutun. Lieber wäre ich tot. Es wäre einfach das beste für alle so. Heilung scheint unmöglich, ist unmöglich, und niemand versteht es einfach, niemand versteht mich, keiner dieselben kranken Verlangen hat wie ich, zumindest ich niemanden kennend, doch will ich auch keinen kennenlernen, letztlich man noch gemeinsam auf die Jagd geht, ich fürchte mich so unfassbar sehr vor mir selbst, ich verabscheue mich mehr als alles andere. Noch nie wirklich wem erzählt bis nun, ich werde sterben bald, doch will ich nicht als Scheinheiliger bestattet werden, sondern als Monstrum, denn letzen Endes bin ich nicht mehr als eben das, eine widerwärtige Kreatur, die nie hätte geboren werden sollen, ein einziger Fehler. Ich bin krank. Ich will das alles einfach nicht mehr. Der einzige Ausweg der Tod, die einzige Erlösung für mich, die einzige Möglichkeit, um sicherzugehen, dass ich keinem was antun kann.
137
Sonntag Nacht, mir geht es gut, denke ich, zumindest jetzt gerade. Habe mit der Menschin erneut interagiert, das hat unglaublich gutgetan, bei den Himmeln. In der nächsten Woche wird sie herkommen, sie es tatsächlich vorher schon vorgehabt gehabt, doch hat sie mich erst fragen wollen, ob es passen würde, ehe sie plötzlich hier auftaucht, drum hat sie es in ihrer Unsicherheit gelassen, denn kamen keine ihrer Nachrichten an, da ich kein Netz mehr hatte. Hach, Menschin, was könnte ich je dagegen nur haben, ob nun gegen deinen Besuch oder dich gar? Solltest nun zumindest wissen, wie ich das sehe, nicht? Du bist mir wie ein Gott, du bist ein Gottwesen, ein Engel einfach, deine Schwingen unsichtbar, doch all die Winde in der Welt Beweis für ihre Existenz, die Sonne dein Heiligenschein, erhellt er ein Alles, du bringst Besserung, womöglich gar Heilung, ich fühle es, fühle das schwarze Blut in mir sich auflösend, du kannst mir helfen dabei, zu erschlagen meine Dämonen, dein weiches Licht, es verbrennt sie alle, reinigt und läutert mich, sogar als ich dir davon erzählt habe, Menschen essen zu wollen, ihnen die Haut abziehen, ihnen zusehen in ihrem Elend, selbst da hast mich keinen Unmenschen genannt. Womit nur habe ich dich verdient? Geheiligt seist du. Mich schlecht zu fühlen, unmöglich ist es gerade. Du bist meine Rettung, Menschin. Ich fühle mich lebendig. Es tut so gut, so unglaublich gut. Ohne dich wäre ich nichts, ich wäre tot, aber bist du da, du bist da, ich lebe dank dir, lass mich leben für dich, lass mich dir zeigen meine Dankbarkeit, muss den Emotionen einfach Ausdruck verleihen, besieh sie, erkenne, dass du mehr bist als nur ein Mensch, du bist so viel mehr. Menschin du bist mein Alles.
Sie meinte, dass ich andere Menschen verzehren wollen würde, das sei mein »menschliches Verlangen«. Ob sie womöglich gar auch eines hat? Ob sie auch verzehren möchte die Haut anderer? Das wäre … schlichtweg toll. Dann könnten wir einander nähren, tatsächlich wäre das schön. Aber sei realistisch, du, sie ist nicht so wie du, sie würde niemals jemandem was antun, ob das Gegenüber es nun auch wahrhaftig wolle oder nicht. Sie hungert nicht nach dem Fleisch. Dennoch, ob ich sie fragen sollte, ob sie mir ihre Haut geben würde, wenn sie welche im Überfluss hätte? Zu verzehren die ihre Haut, bei den Göttern, nichts will ich lieber. Würde es sie ekeln? Sie abschrecken? Es sei schon etwas unheimlich, dass ich das mit dem Menschenessen tatsächlich alles will, meinte sie, aber heißt das auch, dass sie mich nicht würde füttern? Ihre Haut, will sie schmecken, sie verschlingen. Wie viel Haut sie wohl von sich finden würde, die sie mir zum Essen geben könnte, wenn ich sie denn fragen sollte? Gott, der Gedanke bringt mich ganz in Wallung, läuft mir schon das Wasser im Mund zusammen, bin Unmensch, und dennoch sie mich nicht verabscheut, akzeptiert sie meine Unmenschlichkeit? Darf sein ich bei dir so, wie ich wahrlich bin? Menschin, gib mir her dein Wesen, will einverleiben es mir, bist mein Gottwesen, nähre mich bitte, lass mich schmecken deine Haut, dein Fleisch, will es fressen, so als wär ich Tier, denn bin eines ich.
Am Samstag wird sie wahrscheinlich herkommen, geheiligt werde die Menschin!
158
Okay. Ich habe soeben die Menschin gefragt, ob sie ihre Haut mitbringen könnte, wenn sie am Samstag zu Besuch kommt. Noch hat sie es nicht gelesen, kann auch noch etwas dauern, bis sie es tut, denn ist sie ein beschäftigtes Wesen, jawohl. Ich sollte noch dankbarer sein dafür, dass sie sich extra für mich die Zeit nimmt. Bei den Göttern, wenn sie zustimmen sollte … Mein ganzer Körper kribbelt. Gott, das wäre schön, so unfassbar schön, dann würde ich einen Teil der Menschin mir selbst einverleiben können, einen Teil ihrer Heiligkeit, ihrer Menschlichkeit, ihrer Göttlichkeit. O Menschin, was würde ich nur dafür geben, um zu kosten davon? Kann nicht zu grinsen aufhören, was, wenn sie wirklich einwilligt? Ich will ihre Haut essen, ich hungere so sehr danach, das Bedürfnis kaum zu stillen durch die Vorstellung davon mehr, ich will die Haut der Menschin.
Ah, sie hat geschrieben. Sie glaubt, sie käme an tote Haut gar nicht ran. Hm. Scheint sie wohl keine trockene Haut zu haben. Meine ist ziemlich trocken, denn habe ich Neurodermitis, das erleichtert natürlich den Verzehr um einiges, da muss man sich gar nicht für wehtun, um die Haut abzukriegen. Schade drum. Von ihr zu verlangen, sich Haut abzuschneiden oder abzuziehen, dass kann ich doch nicht. Oder? Nein, hör auf damit, das wirst du auf keinen Fall tun, du wirst sie nicht fragen, nein, bitte hör auf, tu das nicht, riskier nicht, dass sie uns verlässt, das darfst du einfach nicht! Krieg dich wieder ein, verflucht, beruhig dich. Menschin, gib mir deine Haut her, ich habe so einen Hunger. Haut, deine Haut, ich will deine Haut essen, gib mir welche ab, hast sicherlich mehr als du benötigst, wozu also verwehrst du mir meine Erfüllung, die du mir bist? Lass mich nähren daran, nicht einmal nach deinem Fleisch ich verlange, sondern nur nach Haut, das ist doch nicht etwa zu viel verlangt, oder etwa doch? Sag, du willst es doch auch, nicht wahr? Leugne es nicht. Wir beide wollen sie fressen, an ihrem Fleisch zerren und zehren, ja, ihr Blut rinnen sehen, es schmecken, sie schmecken. Ich weiß, dass du es auch willst, wem machst du was vor also? Nein, hör auf, ich bin nicht wie du, ich bin kein Unmensch. Tief im Inneren weißt du es doch, du weißt, dass du lügst, dass du mich anlügst und sogar dich selbst. Sei still endlich.
Ich muss sie warnen, muss die Menschin warnen vor mir. Sie darf nicht herkommen, sie muss fernbleiben, sonst werde ich ihr wehtun, ich weiß es einfach, ich werde ihr wehtun, ich will das nicht. Sie hat ja gar keine Ahnung, womit sie es zu tun hat, hat gar keine Ahnung, was ich bin, sie weiß nicht um die Gefahr, in der sie sich befindet, und das nur wegen mir. Gott, was habe ich nur getan? Töte mich, ich will ihr nichts antun, bitte töte mich einfach, irgendwer, bitte. Würde so viele vor mir retten, wenn ich einfach sterben würde. Ich muss nur sterben. Es ist nicht schwer. Ja, du weißt es, du weißt, wie leicht es doch ist. Komm, scher dich raus, die Türen unten noch offen, die des Gebäudes, von dem du dich stürzen willst, auch die sind es noch. Komm, nimm meine Hand, lass mich dich führen, dort, wo wir hingehen, wird es keine Sorgen mehr geben, du wirst Seelenfrieden erlangen, ewige Ruhe, Permanenz, ich weiß schon, ich weiß, dass du es willst. Wehre dich nicht, mein Kind, du wirst gereinigt durch den Tod, ja, und dann wirst du auffahren in die Himmel, du wirst glücklich sein, nach all der Zeit, all dem Leid, du wirst unbeschwert sein, ja. Komm also, steh doch auf, ergreife dein Glück, musst nur aufstehen und losgehen, das schaffst du, ich weiß, dass du das schaffst, du hast schon so viel geschafft, also komm, das schaffst du auch noch. Du willst ihr doch nichts antun, oder? Willst du ihr wehtun, was? Ja, willst du das? Dann komm, ich kann dir Befreiung zeigen von deinen unmenschlichen Gelüsten. Steh auf. Steh endlich auf und geh sterben. Geh einfach sterben, Jonathan, ja, erinnerst dich an sie? Auch die wolltest du verzehren, hast anvertraut wem dein Bedürfnis danach, das Geheimnis nicht lange eines geblieben, dass letztlich jeder wusste von deiner Natur. Los, stirb doch endlich, bei Gott, wieso tust du es nicht einfach, du Stück Dreck? Ich will nicht. Wie war das, hm? Was du willst oder nicht, das kümmert keinen, absolut niemanden interessiert es. Hörst du? Hör bitte auf. Aufhören soll ich? Womit denn? Was mache ich Übles denn, hm? Du Unmensch willst töten, willst foltern, willst verzehren. Du bist es, der aufhören sollte. Zu leben aufhören. So etwas wie dich, das will niemand, das braucht niemand. Widerwärtig bist du, dass du dich noch traust, zu leben. Bitte, stirb. Tu es für die Menschin. Sonst wirst du ihr wehtun. Willst du das etwa? Nein, ich will das nicht. Na also, dann musst du sterben. Tu es für sie. Liebst sie doch, oder etwa nicht? Doch, das tu ich. Schön, dann mach es doch einfach. Okay? Na los. Sie wird dir sicherlich dankbar sein. Sie versteht es sicherlich, das, was du alles durchgemacht hast, sie wird dein Opfer anerkennen. Also komm endlich mit. Hört bitte einfach alle auf.
159
Heute habe ich mit der Unsinnigen geschrieben. Schon eine Weile her, dass wir beide miteinander geredet haben, vor allem weil da kein einziges Wort gewechselt wurde, als sie zu Besuch kam vor … x-vielen Wochen, Gefühl sagt etwa drei. Könnte sogar stimmen, zumindest in etwa. Obwohl? Vier vielleicht eher. Fünf klingt aber nach zu viel. Heute schon zehn Wochen hier, noch zwei bis zur Entlassung. Jedenfalls, sie hat mich gefragt, ob ich denn jetzt schon draußen sei, weil ich ihr nun schreibe, ich ihr erklärend, dass ich noch etwas bleibe, Mutter mir jedoch ein altes Handy von sich mitgebracht hat, welches tatsächlich funktionierende SIM-Kartenslots hat, wodurch ich endlich wieder Netz habe. Sie hat gefragt, ob es mir wenigstens besser gehe. Schön wäre es, aber bleibt dies ein Traum.
Ich soll positiv denken, meinte sie, und optimistisch, soll mir meine Ziele vor Augen führen. Ziele, welche? Positiv denken, um wieder und wieder zu erkennen, dass alles in Wahrheit doch so negativ ist? Optimismus, bleib man mir fern mit diesem Dreck, »Pessimismus« ist Realismus, und lebt man eben in der Realität, keiner hellen Traumwelt aus Zucker und Glitzer und Glitter und Feenstaub. Ich sei doch hier, um wieder aufgebaut zu werden, doch bin ich nicht mehr zu reparieren, es wäre das beste, wenn man mich einfach einreißen würde, ich einige meiner Gedanken zur Impermanenz erläutern, zur Sinnlosigkeit hinter allem doch. Das sei echt nicht gut, ob ich deswegen denn schon mit der Psychologin gesprochen hätte, wollte sie wissen. Getipptes Kopfnicken, aber weiß selbst diese nicht um die Gedanken, die mich zum wahren Unmenschen erst machen. Ich sei doch kein Unmensch, hat die Unsinnige dann gesagt. Habe vernommen die Aufforderung, ihr das Gegenteil zu beweisen, Finger wirbeln über den Bildschirm, schreibe ihr von meinem Verlangen nach Haut und Blut und Fleisch, von der Freude, die ich empfinde, wenn jemandem was angetan wird, wenn wer gefoltert wird, wenn wer stirbt, von dem Wunsch, diese Dinge nicht nur passiv mitanzusehen, sondern aktiv zu verursachen auch.
Was meinte sie daraufhin? »Hallo Jonathan, tut mir echt total leid, aber ich bin total überfordert mit den Informationen und weiß gar nicht, wie ich damit umgehen soll … Ich brauche echt Zeit und kann erstmal keinen Kontakt halten. Tut mir echt leid!«
Ich werfe ihr nichts vor, aber hätte ich mir schon gewünscht, von ihr zumindest als Unmensch betitelt zu werden. Na ja. Witzig ist, dass sie danach hier angerufen hat und die Sachen den Pflegern hier mitgeteilt hat, die ich ihr erzählt habe. Mensch, so was Ähnliches hat sie schon mal gemacht, nach dem vierten Brief. Um 12:30 Uhr hatte ich heute ein Gespräch mit der Psychologin gehabt, ihr dabei versichert, dass es mir tatsächlich besser gehen würde.
Ein paar Stunden später hat die Unsinnige von der Unterhaltung erzählt, wurde erneut zum Gespräch gebeten, Frau Unsinnige hätte Bescheid gegeben, dass es mir in Wahrheit kein Stück besser gehe, dass ich das Verlangen nach Menschenverzehr habe, danach, anderen Schmerzen zuzufügen. Mund funktionierte nicht mehr, drum habe ich ihre Fragen auf einem Papier beantwortet und es danach umgedreht. Um ehrlich zu sein, die Psychologin hat sich nichts von ihrem Ekel anmerken lassen, aber habe ich es sehen können in ihrem Blick. Abscheu. Tja, wer sucht sich auch freiwillig so eine Arbeit? Tat so, als wäre das gar nichts Schlimmes, so etwas zu verspüren, solange ich es unter Kontrolle halten könne. Es ist aber etwas Schlimmes, allein der Fakt, dass diese Gedanken stets präsent sind, schon so lange schon, und immer werden sie stärker, nehmen mehr und mehr Platz im Schädel ein, dass er bald aufzubrechen droht. Unmensch bin ich, solange ich diese Dinge will, auch wenn ich es gar nicht will, aber das Verlangen danach, das Bedürfnis, das ist es, was mich bereits zum Unmenschen werden lässt.
Ich frage mich, ob ich es ihr mit der Absicht, dass sie es weitererzählt, anvertraut habe. Kann die Möglichkeit jedenfalls nicht streichen. Habe auch wieder etwas mit der Menschin interagieren dürfen. Hab ich das letztens schon erwähnt gehabt? Na ja, ein zweites Mal schadet nicht, falls es so ist. Habe ja wieder zu häkeln begonnen, ich glaube, das war vor … Zeitgefühl, funktionier doch einmal, bitte. Vielleicht vor einer Woche oder so. Spinne, Bär, Herz. Habe die Menschin gefragt, ob sie noch was möge. Einen Langhals oder ein Eichhörnchen, vielleicht auch einen Oktopus. Habe den Brachiosaurus begonnen, Körper ist fertig, fehlen nur noch die Beinchen und der Kopf, der Hals nämlich schon fertig. Mich macht das glücklich, für sie was zu tun. Dafür zu sorgen, dass sie sich über etwas freuen kann. Ich will, dass sie sich gut fühlt. Muss mich beeilen, dann schaffe ich bis Samstag noch ein zweites Ding. Je mehr ich ihr schenke, desto mehr wird sie sich darüber freuen. Will ihr die Welt schenken, einfach alles. Ein Gottwesen ist sie. Sie verdient es, und noch mehr. Menschin, du bist so toll, wieso bist du nur so toll, hach, würdest du nur auch das Fleisch anderer essen wollen! Gott, die Vorstellung, die lässt mich erschaudern, ich will, dass wir die Haut von uns gegenseitig essen, einander füttern. Menschin, ob du auch diesen Hunger verspürst? Oder es zumindest versuchen würdest?
Aufzunehmen einen Teil eines anderen Wesens. Muss mich beruhigen, Sabber mir tatsächlich schon runtergeflossen. Menschin, du bist die Menschin, du bist die Menschin, du bist die Menschin, du bist Gott, bist mein Gott, mein Gottwesen, heilig bist, lass mich nähren an deinem Fleische, will schmecken es, will verschlingen es, schlemmen an Haut, will deine Haut, auflecken dein Blut, will Unmensch sein, aber meintest du, ich sei kein Unmensch. Das stimmt, es ist menschlich, so was zu wollen. Menschin, ich liebe dich, was nur ich würde ohne dich tun? Probier meine Haut. Ich will danach dann auch deine probieren. Gott, ich will dich blutig beißen, dass das Rot mich besudelt, den gesamten Boden, ich will, dass auch du mich bluten lässt, dass unser Blut sich vermischt, dadurch auch wir austauschend Teile unseres Wesens miteinander, Menschin, tu mir weh, will, dass du mich hinrichtest, meine Leiche verschlingst, will dir als Treibstoff dienen, besieh dir meine Aufopferungsbereitschaft, ich will dir geben meine Existenz, sollst sein meine Herrin. Ah, Augen schwummerig. Soll ich schlafen schon? Na gut.
160
Samstag, 18. September. 12:11 Uhr. Die Menschin wird in wenigen Stunden herkommen. Ich habe die letzten Tage durchgearbeitet. Meine armen Finger, die tun so weh. Viele Opfergaben habe ich für die Menschin vorbereitet, Spinne Alberto, einen Brachiosaurus, ein Bärchen, ein Eichhörnchen und ein Herz. Wollte ihr noch einen Oktopus machen. Mittlerweile zu spät dafür, habe bis vorhin auch noch das Eichhörnchen verbessern müssen und einiges kürzer machen, da die Wolle nicht mehr gereicht hat. Hoffe, das wird sie nicht stören. Ich hoffe wirklich, dass sie sich freuen wird. Ab 15 Uhr sind Besuchszeiten. Hatte irgendwie im Kopf gehabt, dass die am Wochenende schon ab 10 sind, aber offenbar ist das nicht so, das hat die Menschin mir berichtet, nachdem sie hier angerufen hat, um ihren Besuch anzumelden. Hatte da erst direkt Angst bekommen, dass sie es dann zeitlich nicht mehr schafft, herzukommen, und selbst nachdem sie meinte, dass es dennoch gehen würde, blieb dieses Gefühl für Stunden noch bestehen. Hab ziemlich viel Angst gehabt, dass sie es nicht schaffen kann oder dass irgendwas dazwischen kommen könnte. Aber anscheinend klappt alles. Bis jetzt zumindest. Vielleicht kommt ja doch noch irgendwas dazwischen.
Kann mir echt nicht vorstellen, wie das wird, wenn sie erst hier ist. Weiß gar nicht, wann ich mich das letzte Mal mit irgendwem getroffen habe. Oh, doch, mit der Einstigen. Und davor ein paar Mal mit der Kannibalengöttin. Schick, jetzt hab ich die ganzen Erinnerungen wieder aufgewirbelt. Schon etwas länger bereits nicht mehr daran denken müssen. Jedenfalls, bislang hat sie nur Alberto gesehen. Wenn ihr ein anderer Name einfällt, wird er umbenannt, seinen Namen ich ihr nicht mitgeteilt habe. Flüche, muss Albertos Beine noch fester drannähen, die werden ziemlich lose, zumindest ein paar. Okay. Ich hoffe wirklich, dass ich sie nicht enttäusche mit den Kuscheltieren. Werde ihr die Dinger nacheinander zeigen, bloß nicht alle gleichzeitig, und anfangen werde ich mit dem, welches ich am meh-sten finde, also wahrscheinlich in der Reihenfolge »Brachiosaurus, Bär, Herz, Alberto, Eichhörnchen«, auch wenn sie Alberto schon kennt. Ich bin nervös, so nervös. Darf nicht vergessen, sie darum zu bitten, mir zu leben zu befehlen. Dann werde ich leben, dann darf ich nicht mehr sterben. Das wird mich retten, ich bin mir absolut sicher. Gut, nach Haut habe ich sie ja schon einmal gefragt, meinte sie als Antwort, sie hätte eigentlich keine trockene Haut, die sie mir so einfach geben könnte. Nicht schlimm, nicht schlimm, auch wenn du die essen möchtest, es ist besser so. Den Brief, gebe ich ihn ihr? Nein, nein, das führt nur zu weiterer Ablehnung, die will ich nicht mehr, mehr kann ich davon nicht aushalten. Ob es für sie in Ordnung sei, wenn sie mein Gottwesen wäre, das wollte ich sie auch fragen, auch wenn sie es mittlerweile schon ist, so ziemlich irreversibel tatsächlich bereits. Wenn sie verneint, das ist nicht schlimm. Oder? Ich weiß nicht. Kann ich erst herausfinden, wenn sie es tut. Falls sie es tut. Wahrscheinlich schon, aber dennoch, lass mich meine Hoffnung auskosten, solange ich welche noch habe. Werde nun duschen gehen, danach noch Robertos Beine verstärken, und mich letztlich psychisch auf später vorbereiten.
Okay, die Menschin war vorhin hier gewesen, ist gerade wieder weggegangen, weil sie noch auf einen Geburtstag wollte. Ich weiß nicht, ich fühle mich … wirr? Ganz seltsam. Hätte mir gewünscht, sie wär länger geblieben. Bestenfalls einfach gar nicht mehr gegangen. Es hat gut getan, glaube ich, dass sie hier war. Teilweise zumindest. Ich will jetzt gerade ziemlich gerne sterben, aber darf ich nun nicht mehr, sie hat es mir verboten. Das immerhin ist doch gut, oder? Ich schätze, das ist es. Kopf tut weh, so weh. War mehrfach kurz davor, einfach loszuheulen, aber geht das nicht, wenn irgendwer dabei ist, nicht mal bei ihr. Die Kuscheltiere, ich kann nicht sagen, ob sie sie mag. Der Dinosaurier zumindest sei »süß«. Weiß nicht, was ich gedacht habe, wie sie reagieren würde, aber war es irgendwie bedürftig ausgefallen. Ich hab gehofft, sie würde sich noch mehr freuen. Schulsachen hat sie mir auch beigebracht, alle Arbeitsblätter seit Schuljahresanfang. Habe vorhin durchgeblättert, eigentlich hab ich kaum was verpasst, so scheint es. Ob ich mir das alles nun durchlese und einpräge oder nicht, nach ein paar Stunden Unterricht wäre ich wahrscheinlich eh wieder auf dem selben Level wie die anderen, da spar ich mir wahrscheinlich die mühsamen Mühen, das Überfliegen sollte mir reichen. Es hat sie überrascht, zu hören, dass ich noch immer in sie verliebt bin. Eigentlich sogar mehr schon mittlerweile, aber kam das recht negativ an, wollte es nicht noch negativer werden lassen. Was erwartet sie aber auch? Dass das alles nach ihrer Ablehnung einfach verflogen sei? So einfach ist das nicht. Tatsächlich stecke ich mittlerweile noch tiefer drin als vor … als zu dem Zeitpunkt, an dem ich es ihr indirekt mitgeteilt habe. Schon etwas her. Ja, auf ihre Ablehnung hin habe ich mit dem Pizzaschlemmen begonnen. Das muss Juni gewesen dein, früher Juni. Schon etwas her. Ich verabscheue mich.
Ah, ich hatte ursprünglich ja auch gehofft, dass mir gemeinsam Pizza essen gehen könnten. Waren letztlich nur auf dem Zimmer gewesen, zwei zuhause, der andere unterwegs gewesen, kam der zurück, die Menschin und er kannten einander von irgendeinem sportlichen Sportdings, denn leitet der solche Sachen beruflich. Noch was? Wohl nicht. Also weinen, das soll ja entlastend sein, nicht? Muss mich beruhigen, Hölle.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top