Kapitel 41

---Seine Sicht---
Ich schneide gedankenverloren die Tomate vor mir in kleine Stücke, starre jedoch zum Fenster hinaus, weshalb ich wenig später nur noch Tomatenmatsch in den Händen habe. Ich habe Angst. Angst vor ihrer Entscheidung. Für mich ist alles klar. Es war schwer - wirklich schrecklich - mich zu entscheiden. Aber als sie mich geküsst hat, könnte ich nicht anders. Es kann doch nichts falsch sein, was sich so gut anfühlt. Aber was ist mit ihr? Wenn sie sich gegen mich entscheidet...
„Will?", höre ich eine Stimme hinter mir. Ich lasse das Messer sinken, wasche mir kurz die Hände und drehe mich zu ihr um. Sie hat nasse Haare und andere Kleidung als vorhin an. Das Wasser in ihren Strähnen lässt ihre Haarpracht nur noch dunkler wirken, als sie ohnehin schon ist. Die grünen Augen strahlen den gewöhnlichen Glanz aus, den ich so vermisst habe. Ich lasse die Hände in die Hosentaschen sinken und lehne mich an die Küchenzeile. Sie sieht mich einen Moment nur an. Ich spüre mein Herz beinahe aus der Brust springen. Ich weiß nicht, was ich tun werde, wenn sie sich für Charlie entscheiden sollte. Fleur heiraten? Mich von Fleur trennen? Abhauen von allem? Ich habe keine Ahnung, aber noch immer habe ich die Hoffnung, dass ich mir darüber keine Gedanken machen muss. Ihre Miene ist neutral. Ich kann sie beim besten Willen nicht deuten.
Sie macht gerade den Mund auf um etwas zu sagen, als plötzlich ein Zischen ertönt und Charlie mit Ginny an der Hand im Kamin erscheint. Er grinst uns an, lässt unsere Schwester los, die ein „Hey Billy, hey Scar!" verlauten lässt und dann sofort die Treppe raufstürmt, und kommt zu uns rüber.
„Hey! Ich dachte nicht, dass Mum dich wirklich zum Kochen zwingen kann.", sagt er grinsend und tritt neben Scar, die er kurz küsst. Ich ignoriere den Schmerz in mir. Doch Charlie scheint meinen und Scars Blick deuten zu können.
„Alles ok bei euch?", fragt er dann und sieht abwechselnd mich und Scar an. Sie nickt.
„Jaja, alles klar!", sagt sie und schiebt sich an mir vorbei zum Topf mit den Spagetti.
„Was ist denn passiert?", fragt er, sieht dieses Mal aber mich an.
„Nichts, alles klar!" Er zieht skeptisch eine Augenbraue hoch, belässt es dann aber dabei.
„Soll ich das machen?", fragt er dann und zeigt auf die Küche.
„Passt schon.", sagt Scarlett. „So eine schlechte Köchin bin ich auch nicht.", lacht sie.
„Stimmt auch wieder. Ok, ich bin dann oben!", sagt er dann und läuft die Treppe nach oben.
Ich drehe mich zu Scarlett um und sehe sie an. Zuerst ignoriert sie meinen Blick, aber dann sieht sie mich doch an. Sofort überkommt mich wieder das Verlangen, sie zu küssen, sie zu berühren. Ich schlucke einmal schwer und spüre mein Herz, das in meiner Brust hämmert. Sie rührt sich nicht von der Stelle, sieht mich einfach nur an. Dann schüttelt sie den Kopf.
„Ist das deine endgültige Entscheidung?", frage ich.
„Ja, manchmal ist es besser auf den Verstand zu hören, wenn das Herz blind geworden ist."
„Vielleicht solltest du dich fragen, warum es blind geworden ist."
„Das weißt du genauso gut wie ich.", sagt sie und sieht mir in die Augen.
„Das Herz macht oft Dinge, die wir nicht verstehen. Aber es hat seine Gründe. Und die wirst du nie verstehen, wenn du auf deinen Verstand hörst."
„Ich will sie gar nicht verstehen. Ich will, dass mein Herz endlich die Klappe hält."
„Warum?", frage ich verständnislos.
„Es ist das Beste."
„Das Beste für wen? Wem bringt das etwas? Dir? Mir? Bestimmt nicht."
„Charlie ganz sicher! Ich kann ihm nicht wehtun. Ich liebe ihn!"
„Mich auch. Das hast du selbst gesagt und das hast du vorhin auch bewiesen. Mir tust du jede Minute weh, in der ich dich sehe. Wenn du Charlie küsst zerreißt es mich. Wenn du ihn umarmst oder wenn du ihn einfach nur anlächelst auch. Ich bin bereit, die Hochzeit abzusagen. Ich werde alles tun, was du willst. Hauptsache du kommst zu mir zurück." Ich sehe sie flehend an.
„Das ist nicht so einfach, wie du es dir vorstellst!"
„Doch, natürlich ist das einfach. Ich liebe dich immer noch. Und du musst nur auf dein Herz hören und alles wird gut. Du weißt, was du willst. Du musst es dir nur eingestehen. Ich bitte dich! Du weißt, dass du so nie glücklich wirst. Wen liebst du mehr? Mich oder Charlie?", frage ich sie.
„Charlie!", kommt prompt die Antwort.
„Das glaube ich dir nicht. Denkst du echt, dass wir uns geküsst hätten, wenn du Charlie von ganzem Herzen lieben würdest? Bestimmt nicht. Und du hättest erst recht nicht mit mir geschlafen, wenn es so wäre. Und du weißt, dass ich recht habe!", sage ich.

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