Kapitel 17
Die Überraschung stellt sich letztendlich der Gang auf unseren Balkon heraus. Zuerst fiel mir nichts auf, was daran so besonders sein sollte, aber als Charlie dann seinen Zauberstab herausholte und etwas sagte, das ich - wie so oft wenn er das macht - nicht verstehe, passiert etwas Atemberaubendes. Unser Balkon verändert sich. Um das rostige rot-braune Geländer legt sich eine schmale Schnur, aus der kleine Lichter zu wachsen scheinen. Sie sind unterschiedlich in ihrer Farbe und bald zieren das Geländer viele bunte Lichter.
„Wahnsinn.", sage ich. „Ich will das auch können."
„Das war noch nicht Alles.", sagt er und grinst geheimnisvoll. Fragend sehe ich ihn an. Wieder richtet er seinen Zauberstab nach vorne, doch dieses Mal auf den Himmel.
„Cloud trahit te, et ostendit in nocte caelum.", sagt er - dieses Mal laut und deutlich. Zuerst passiert gar nichts. Doch plötzlich weht mir ein heftiger Wind durch die Haare, sodass ich die Augen zusammenkneifen muss.
„Schau!", sagt Charlie und zeigt gen Himmel. Die Wolken bewegen sich jetzt schneller als zuvor und ziehen über das Haus des Daches davon. Zurück bleibt ein klarer Nachthimmel, von dem silberne Sterne herableuchten.
„Du schaffst es doch immer wieder dich selbst zu übertreffen.", lache ich und sehe mich nach ihm um. Er hat sich auf die schäbige Holztruhe gesetzt, die von einem blauen Polster bedeckt ist und beinahe die Hälfte des Balkons einnimmt. Er lächelt mich an und sieht mit seinen treuen braunen Augen in meine kühlen grünen, während er meine Hand in seine nimmt.
„Für dich würde ich sogar die Sterne herunterzaubern, wenn ich die Macht dazu hätte." Bevor ich überhaupt darüber nachgedacht habe, was ich sagen soll, setzen sich meine Beine von selbst in Bewegung. Ich setze mich auf seinen Schoß, lege meine Hände an sein Gesicht küsse ihn. Er schlingt die Arme um meine Taille und zieht mich so nahe zu sich, wie es überhaupt nur möglich ist. Und dann küsst er mich. Mit einer Intensität, die alles bisher Dagewesene übertrifft. Und trotz der Leidenschaft trägt er die gewohnte Ruhe und Gelassenheit in sich, die ich so liebe. In diesem Moment habe ich das erste Mal in meinem Leben das Gefühl, angekommen zu sein. Ich will einfach nur diesen Moment genießen und ihn nicht mehr loslassen. Und ich kann mir im Moment auch nicht vorstellen, jemals ohne ihn zu sein.
Und plötzlich sehe ich die vielen Bilder von Charlie und mir. Alles, was wir gesagt haben, alles, was wir getan haben, alles was wir noch vorhaben. Ich dachte, es schon vergessen zu haben, aber ich kann mich an jeden einzelnen Moment unserer gemeinsamen Zeit erinnern. Die schönen und auch die weniger schönen. An jeden Kuss, jede Umarmung, jede gemeinsame Nacht. Und ich will mehr. Mehr als alles bisher. Und zwar so lange ich ihn festhalten kann. Solange will ich nur ihn.
Langsam werden die Küsse wieder ruhiger und sanfter, bis wir uns schließlich voneinander lösen und uns Stirn an Stirn in die Augen sehen. Ja, ich bin angekommen. In diesen Augen bin ich zuhause. In diesen Augen und in seinem Herzen, das schnell in seiner sich hebenden und senkenden Brust schlägt.
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