Kapitel 10

Wieder einmal ist es mein Wecker, der mich früh morgens aus dem Schlaf reißt. Wer diese Folterwerkzeuge erfunden hat, sollte auf der Stelle erhängt werden. Diesmal werfe ich ihn nicht an die Wand - ich lerne schließlich aus meinen Fehlern - sondern ertränke ihn in dem Wasserglas, das auf meinem Nachttisch steht. Stille. Sehr erlösend. Da ich mich aber gut genug kenne, um zu wissen, dass ich jetzt wieder einschlafe, wenn ich die Augen schließe, quäle ich mich gleich aus dem Bett und unter die Dusche. Charlie hat heute frei - schließlich ist Samstag - und will mich abholen und zur Arbeit mitnehmen, da er in der Stadt noch etwas erledigen muss. Ich beeile mich also auch dementsprechend. Schließlich will ich nicht aussehen, als wäre ich gerade von den Toten auferstanden.
Als es klingelt, bin ich gerade dabei, alles was ich heute brauchen könnte, zusammenzusuchen und in meine Tasche zu werfen. Ohne zu fragen, wer geklingelt hat, betätige ich den Türöffner und renne zurück in die Küche.
„Morgen, Scar!", höre ich Charlies Stimme aus dem Flur.
„Morgen!", antworte ich und renne auf der Suche nach meinem Geldbeutel weiter hin und her. In der Küche ist er schon mal nicht. Vielleicht im Wohnzimmer...
„Was suchst du denn?", fragt er lachend. Ich renne an ihm vorbei, gebe ihm einen kurzen Kuss und renne weiter ins Wohnzimmer.
„Meinen Geldbeutel. Ich weiß nicht mehr wo ich ihn gestern hin..." Ich unterbreche mich, da er plötzlich vor mir steht und mit etwas vor meiner Nase herumwedelt.
„Wo war der denn jetzt?", frage ich verwirrt und stopfe den Geldbeutel in meine Tasche.
„Auf dem Schrank da.", sagt er und zeigt über die Schulter nach hinten. Ich stöhne auf. Wieso bin ich auch morgens noch so verpennt? Ich dürfte so um die zehnmal da vorbeigerannt sein.
Er kommt auf mich zu, bis er direkt vor mir steht, sodass ich glaube meine Brust zerreißt vom Hämmern meines Herzens, und hebt mein Kinn an. Dann senkt er seine Lippen sanft auf meine. Ich schlinge sofort die Arme um seinen Hals und erwidere den Kuss. Die Erinnerung an gestern Abend kommt hoch und ich kann ein Lächeln nicht unterdrücken. Seit zwei Jahren bin ich endlich wieder glücklich. Seit damals war ich das nie wieder. Aber das hat sich seit dem Moment unseres ersten Kusses geändert. Das weiß ich spätestens, als ich ihm in die wundervollen Augen sehe.

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