Kapitel 2
,,Caraysiiyo hooyadeed , waan kuu xiisay", sagte ich und umarmte meine Mutter noch ein aller letztes mal in meinem Leben (Tschüss Mutter, ich werde dich vermissen). ,,Madaxweynaha oo sagootiyey gabadhayda la jecel yahay oo qurux badan", antwortete sie und schluchzte verzweifelt auf (Leb wohl meine geliebte und wunderschöne Tochter). Ich nahm meinen kleinen Rucksack und ging. Sobald ich außer Hörweite war, fing ich bitter an zu schluchzen. Ich wollte das nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich auf offenem Meer vor der Italienischen Küste mit dem Boot einfach wieder weg geschickt werde, war so unglaublich riesig, dass ich noch mehr weinen musste. Aber wenn, ja wenn ich es schaffen würde, ganz theoretisch, könnte ich jedenfalls mein kleines Baby da noch auf die Welt bringen und dann könnten sie mich meinetwegen wieder abschieben, dann hätte mein Kind dort eine gesicherte Zukunft, weg von all dem Leid, das hier in Somalia war. Durch diesen Gedanken etwas optimistisch gestimmt und mit neu gewonnener Kraft ging ich weiter.
Nach drei Stunden in der prallen Sonne, brannte mein Hals schrecklich vor Durst, doch ich probierte das zu ignorieren. Hooyade (meine Mutter) hatte mir zwar eine zwei Liter Flasche mitgegeben, aber damit musste ich bis zur Küste durchhalten und das waren gut drei Tage und ich hatte schon Angst das ich dies nicht durchhielt. Meine Brüder hatten mir gesagt, dass ich nach gut einem Tag an einem kleinen Dorf ankommen würde und das dort riesige Busse auf mich warte würden, in welche ich mit einem Ticket, mein Vater hatte mir welche besorgt, zu einem weiteren Halt fahren würde und dort per Motorrad zur Küste um dort dann endgültig in ein Schiff steigen würde, das mich nach Italien bringen sollte.
Die Sonne war schon vor gefühlten Stunden hinterm Horizont verschwunden und die Dunkelheit war über mein Vaterland (?) gekommen. Für eine Frau, und dann auch noch einer jungen, war es hier draußen sehr gefährlich und ich hatte auch sehr stark Angst, weshalb ich, trotz den Schmerzen die ich deutlich in meinen Beinen und Füßen spürte, schneller ging. Als die Sonne schon langsam hinter dem Hügel wieder auftauchte, kam ich endlich an. Schon hörte ich eine schon etwas heiser gewordene Stimme rufen: ,,All oo raba inuu Italy badan halkan" (alle die nach Italien wollen hier her). Ich nahm meine ganze restliche Kraft zusammen und rannte zu dem durch die Gegend Brüllenden Mann. Fordernd streckte er die Hand aus. Schnell gab ich ihm meine Fahrkarte. Er gab sie mir wieder und nickte in Richtung Bus, in den ich einsteigen sollte. In dem Bus war es voll und stickig. Ich quetschte mich durch und angelte mir einen Sitzplatz, auf welchen ich mich leise seufzend nieder ließ. Ich wollte eigentlich nicht auf meine Füße schauen, tat es dann aber doch. Erschrocken stieß ich Luft aus. Ich hatte mir so einiges vorgestellt, aber nicht dass was ich dort sah: meine Füße waren nicht nur blutig gelaufen, nein, sie bestanden kaum noch aus mehr als Blut und Knochen. Schnell guckte ich weg. Denn Anblick brauchte ich nicht länger. Stattdessen schaute ich mich im Bus um; ich sah ungefähr 100 Menschen, die sich alle in diesen Bus, auf irgendwelche Stühle quetschen, von kleinen Kinder mit ihren Müttern oder älteren Geschwistern, zu bestimmt schon 100jährigen. Ich sah auch noch ein Mädchen, was vielleicht nur ein, zwei Jahre älter ist als ich, das auch schwanger ist. ,,Salaamaha" (Hallo), spreche ich schüchtern das Mädchen an. ,,maalin wanaagsan" (Guten Tag) antwortet sie mir. ,,Ma laguu soo hijrooday aabbahaa?" (Wurdest du auch von deinem Vater verstoßen?), fragte sie mich ohne Scheu. Verwundert schaute ich sie an. Solche Fragen, solche direkten Fragen, gehörten sich nicht, hatte mein Vater mir beigebracht, doch trotzdem antwortete ich: ,,Haa waxa uu leeyahay" (Ja hat er). Sie nickte. Ruckelnd startete der Bus und wir fuhren los. Die weitere Fahrt unterhielt ich mich mit dem Mädchen, dass sich später als Abla vorstellte. Sie war im 3. Monat ungefähr, genau wie ich. Sie wollte nach Deutschland, sie erzählte von Irgendwelchen Frauenhäusern, in denen Frauen, mit oder ohne Kinder hinkonnten, und von gut ausgestatteten Asylbewerberhäusern. Und einem ordentlichen ,,Jugendamt", die kümmerten sich um Kinder und sorgen dafür, dass sie ordentlich behandelt werden. Ich glaubte ich wähle mir auch Deutschland aus. Aber die Hauptsache war, dass mein und Ablas Baby irgendwo genommen werden und das es ihnen dort gut geht. Ich war froh endlich jemanden gefunden zu haben, dem es genauso ging. Ich schlief dann nach einer Stunde ein.
,,Hllo laba iyada aan u jiraan" (Hallo ihr zwei wir sind da), weckt mich eine Frauenstimme. Noch verschlafen öffnete ich die Augen. Auch Abla stand auf, nahm sich ihren Rucksack und reichte mir meinen. Zusammen gehen wir beide raus. Draußen war es beinahe noch heißer als in dem Bus, doch das war uns egal. ,,In ka badan halkan , halkaan", ruft die Stimme eines jungen Mannes. Schnell gehen alle Bus Insassen zu dem Mann, der sagt das erst alle Frauen und Kinder mit sollen. Ich komme zu dem, anscheinend, Anführer. ,,Xaji dhagan yar"(gut festhalten Kleines), sagt er und grinst mich dreckig an. Ich bekomme Angst, probiere sie jedoch zu verstecken. Jetzt ist es sowieso zu spät umzukehren, denn wir sind schon los gefahren. Der Fahrtwind schlägt mir mit voller Wucht ins Gesicht, doch es ist eine willkommene Abwechslung zu der brüllenden Hitze, die ich nun schon seit gut zwei Tagen andauernd zu spüren kriege. ,,In shan saacadood waxaan jiraan" (in fünf Stunden sind wir da), brüllt mir der junge Mann, der mich fährt, nach hinten. Ich nicke dankend, bemerke aber dann erst, dass er das gar nicht sieht. Er legt an noch mehr Tempo zu und ich kralle mich stärker an seinen Rücken, was er nur mit einem Lachen quittiert. Mein Magen knurrt und meine Lunge schreit schon förmlich nach Wasser, doch ich muss nur noch diese 5 Stunden durchhalten, dann habe ich es geschafft.
Endlich sind wir da und ich steige mit schmerzenden Beinen von Motorrad. ,,Jala", höre ich Abla rufen und humple schnell zu ihr. Strahlend umarmen wir beide uns; den ersten Schritt in Richtung eines neuen Lebens haben wir erfolgreich geschafft.
Hallo, das hier ist (Oh wunder) das zweite Kapitel von ,,Die Flucht", ich hoffe es gefällt euch und ich würde mich freuen wenn ihr auf den Link, den ich gleich hier hin schreiben werde mal klicken würdet
Mit lieben Grüßen Luise :*
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/flucht-aus-somalia-niemand-wusste-ob-wir-ankommen-wuerden-13203103.html
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