Türchen 07
Thore wirkte optisch zwar wie ein Berg, aber mit seinem Selbstbewußtsein war es nicht weit her, zumindest wenn es sich um Frauen drehte. Ganz besonders, wenn es sich um eine ganz spezielle nordanischen Schönheit handelte. Das halbe Reich wusste es eigentlich und wartete bis heute auf Thore's offenes Bekenntnis. Er war unsterblich in Malene verliebt, hatte aber unglaubliche Angst davor, ihr das zu gestehen. Diese Expedition war seine Chance, Zeit mit ihr zu verbringen, ja vielleicht auch als Held bei ihr Eindruck zu schinden, falls er sie einmal vor unbekannten Gefahren schützen müsse. Als Hauptmann der königlichen Leibgarde stand er allerdings unter direktem Befehl der Königin. Und so trat Thore an Mathilda heran und bat darum, sie in einer persönlichen Angelegenheit sprechen zu dürfen. "Lass mich raten, Thore ... du möchtest von mir frei gestellt werden, um Prinzessin Malene auf dieser Expedition begleiten und beschützen zu können?“
Thore holte tief Luft, sah etwas betreten zu Boden und antwortet etwas nuschelnd "Ja, meine Königin, das ist mein sehnlichster Wunsch." Malene, die direkt neben Mathilda stand errötete unmerklich und ihr Herz klopfte eine Schläge schneller. Aber sie holte tief Luft und polterte ganz nach Malene-Art los "Ich glaube kaum, dass ich Schutz benötige, ich bin erwachsen und schwinge mein Schwert geschickter als die meisten Leibgardisten in Nordanien. Ich habe alle Armbrustwettbewerbe der letzten 5 Jahre ohne Ausnahme gewonnen. Ich kann also sehr gut auf mich selbst achten!" Mathilda jedoch legte beruhigend den Arm um ihre Schwester "Ich finde Thore's Idee ehrlich gesagt garnicht so schlecht. Wenn einer hier im Land mit unbekannten Gefahren klar kommen kann, außer dir selbst natürlich, dann ist das unser zuverlässiger Hauptmann hier. Außerdem würde ICH mich wohler dabei fühlen, zu wissen, dass im schlimmsten Fall doch noch jemand auf dich aufpassen kann." Und an den Hauptmann gewandt "Thore, du bist dabei. Malene wird dich direkt auf die Liste setzen. Ich danke dir für deinen Mut."
Überglücklich und froh, aus dieser Situation entlassen zu werden, stolperte Thore davon. Die beiden Schwestern mussten plötzlich gleichzeitig kichern und fielen sich dabei spontan in die Arme. Gleichzeitig sprachen sie "Du wirst mir unglaublich doll fehlen, Schwester!“
Kaum hatten sich die Schwestern wieder beruhigt und ihre majestätische Würde angenommen, stand der nächste Bittsteller vor ihnen, Professor Patta Pergilusson, Kuppelmeister der Königlichen Nordanischen Nordlicht-Kuppel und somit auch Meister aller Erleuchteten. Bevor er reden konnte, zischte Malene ihrer Schwester leise zu "DEN will ich jetzt aber nicht mitnehmen, der ist total verrückt, wenn du mich fragst."
Mathilda versuchte noch einmal ihren Trick mit der Vorhersagung "Lassen sie mich raten, Professor. Sie möchten mitreisen?“ "Oh, da muss ich ihre Majestät leider enttäuschen, ich bin hier vor Ort in der Krise leider absolut unabkömmlich. Aber ich denke, bei aller Ungewissheit, die der Weg über eine nordanische Brücke auf die andere Seite bereithält, könnte es nicht schaden, einen unserer fähigsten Wissenschaftler dabei zu haben. Ich möchte ihnen daher wärmstens einen unserer erfahrendsten Erleuchteten empfehlen, eines unserer wertvollsten Mitglieder, nach mir natürlich ... Doktor Sigurd Joghurdsson."
Während Malene hörbar ausatmete und froh war, dass der Professor sich selbst für unentbehrlich hielt, durchschaute Mathilda sofort das Vorhaben des Kuppelmeisters. Joghurdsson und Pergilusson hatten sich nach dem Tod des letzten Ober-Erleuchteten beide gleichzeitig um dessen Posten beworben. Dabei ließ Patta keine Gelegenheit aus, Sigurd lächerlich zu machen, was diesem den Ruf einbrachte, sagen wir mal ein wenig durcheinander zu sein. Irgendwann nahm ihn in den Gelehrtenkreisen niemand mehr ernst. Pergilusson wurde neuer Meister und erschuf sich mit der KNNK ein bleibendes Denkmal. Sigurd zog sich zurück, wurde aber vom Kuppelmeisters nach wie vor als ständige Gefahr betrachtet. Und hier bot sich die perfekte Gelegenheit, den Feind elegant los zu werden.
Mathilda gefiel es nicht, das Spiel Pergilusson's mitzuspielen. Andererseits kannte sie zufällig diesen Joghurdsson. Ihm hatte Nordanien schließlich diese leckere Speise aus Ziegenmilch zu verdanken, den nach ihm benannten Joghurt. Als sie noch klein war, konnte sie nie genug davon bekommen und bettelte so lange ihre Eltern, bis diese nachgaben und ihr erlaubten, den Doktor in seinem Labor zu besuchen. Und nur, weil sie wusste, dass er nicht verrückt ist (also nicht verrückter als alle Forscher) konnte sie dieser Empfehlung etwas abgewinnen. Wer weiß, was da drüben alles auf die Expedition wartete. Und Feuer als solches war durchaus ein wissenschaftliches Thema. Sicher, es war etwas komisch, wenn er sich mit den von ihm entdeckten durchdrehenden Joghurtkulturen unterhielt, aber er war nicht gefährlich.
Sie beugte sich zu Malene und flüsterte ihr direkt ins Ohr, dass sie Pergilusson auch für einen schmierigen Emporkömmling hielt, die Idee, gerade Sigurd mit auf die Reise zu nehmen aber vielleicht taktisch nicht ganz verkehrt sei.
Daraufhin ergriff nun Malene das Wort "Ich werde ihre Empfehlung in Betracht ziehen, halte aber auch sehr große Stücke auf ihre Leistungen. Ich könnte mir auch sehr gut vorstellen, sie bei mir haben zu wollen. Meine Entscheidung verkünde ich dann morgen Mittag." Der Professor verzog das Gesicht "Heisst das jetzt, sie werden Joghurdsson mitnehmen? Oder nicht? Ich habe doch garkeine Zeit?! Wieso können sie das nicht sofort entscheiden?" Und genauso, hin und her wieselnd, sich ständig verbeugend, ließen ihn die Schwestern dann einfach stehen. Den beiden gefiel die Vorstellung, dass Pergilusson vermutlich bis zur Verkündung der Liste keine Minute schlafen werden würde, aus Angst, sie könnten am Ende tatsächlich doch ihn selbst auswählen. Dem Befehl der Königin bzw. Prinzessin durfte sich schließlich nicht einmal der Kuppelmeister widersetzen. Einige Meter weiter gackerten die Schwestern wiederholt los, diesmal lauter und unkontrollierter, absolut unmajestätisch.
Etwas später bat Malene dann ihre Schwester noch darum, den Schreiber mit auf ihre Expedition nehmen zu dürfen. Es wäre doch wichtig, dass jemand alle Ereignisse für immer festhielt. Außerdem ist der Schreiber sehr intelligent und freundlich. Malene konnte ihn schon immer gut leiden. Als sie noch klein waren, hatte er oft wundervolle Märchen und Geschichten vorgelesen. Mathilda dachte daran, dass ja noch völlig unklar war, ob sie ihre kleine Schwester jemals wieder sehen würde. Marcus war ja nun auch schon immerhin 6 Jahre verschollen. Also konnte sie ihr diese Bitte einfach nicht ausschlagen. "Na gut, du bekommst den Schreiber. Aber nur unter einer Bedingung!" "Danke Mathilda, ich mache alles was du verlangst dafür. Der Schreiber ist mir wirklich wichtig." "Also gut, hier meine Bedingung: Du bekommst den Schreiber, wenn ... du ..." Mathilda zog die Worte künstlich in die Länge, bis Malene es kaum noch aushielt "Wenn ich ... was? Nun spuck es doch endlich aus! Willst du meine Schneeperlenkette? Meine Heldenbilder-Sammelalben?" "Du bekommst den Schreiber, wenn du Børge den Bekloppten mitnimmst!"
Malene protestierte wild und feuerte einen für eine Prinzessin sehr unangemessenen Schwall von Schimpfworten auf ihre Schwester ab. Aber am Ende gab sie nach. Ohne Børge gab es auch keinen Schreiber.
Damit war die Liste komplett:
#Prinzessin Malene, nebst ihrem Hund Claus
#Thore, Hauptmann der königlichen Leibgarde
#der Schreiber
#Doktor Sigurd Joghurdsson, Entdecker der durchdrehenden Joghurtkulturen und
#Børge der Bekloppte
Diese Liste wurde am folgenden Tag, mittags verlesen. Die Expedition sollte innerhalb von 24 Stunden reisefertig sein. Sucher hatten im südlichen Teil des Reiches, im 12. Sektor - Markano (Markasit), eine stabile nordanische Brücke entdeckt. Diese wollte man nutzen, um Nordanien zu verlassen.
Mathilda setzte alles in Bewegung, um die bestmögliche Ausrüstung zusammentragen zu lassen. Die 5 Helden bereiteten sich individuell auf ihre Abreise vor, packten ihr privates Gepäck und verabschiedeten sich von ihren Freund, Bekannten und Verwandten. Am Abend vor dem Start der Expedition, trafen sich alle Beteiligten zu einem großen Empfang im Königssaal von Zenordia, welchen Mathilda für sie veranstaltete. Alle Hoffnungen, Feuer zu finden, ruhten nun auf diesen 5 tapferen Nordaniern - und einem Hund.
Schnell hatte die Presse, allen voran "Der Frostige", einen passenden Namen für die Teilnehmer dieser Expedition gefunden und das Volk griff diesen Vorschlag gierig auf. Egal wohin sie jetzt kamen, kannte man ihre Gesichter, alle Menschen jubelten ihnen zu und es hingen überall Plakate mit dem Spruch:
"Viel Glück und Erfolg den FEUERSUCHERN!"
...
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