Kapitel 45...Die rothaarige Frau

Nach dem Frühstück unter der Weide stand Sam in der Lobby mit Großvater Bowden und Billy. Die beiden Männer wollten einen Ausflug in die Stadt und sich einen schönen Tag machen. Sie warteten auf die Limousine, um sich von Mister Crawford fahren zu lassen.
Sam wurde von hinten auf die Schulter geklopft und Louise stand mit zwei Geh - Hilfen vor ihr.
"Hallo Louise!...Sie sehen erholt aus. Wie geht es Ihnen?", erkundigte sich Sam bei ihr und drückte sie.

"Ich dachte, ich verlasse heute die vier häuslichen Wände und schaue hier mal vorbei!...Mir fällt die Decke zu Hause auf den Kopf...Schön, auch dich zu sehen, Sam! Du wirst deiner Mutter immer ähnlicher...ehm...Du...Du siehst gestresst aus, mein Kind!", versuchte sich Louise aus irgend etwas heraus zureden.

"Das ist noch milde ausgedrückt...gestresst...Willkommen!...Schön Sie zu sehen!", wiederholte Sam. "Louise?...Das ist Großvater Bowden Harper und das ist Billy Harper! Sein Urenkel!"
"Freud mich sehr...", streckte Louise die rechte Hand nach den beiden Männern aus.
"Ganz meinerseits, Misses Louise!", kam es von Großvater Bowden.
"Guten Tag!", begrüßte Billy sie.

***
Tom kam mit einem Kofferwagen voll bepackt in das Hotel und fuhr in Richtung Empfang. Er hatte alle Hände voll zu tun, um nicht ein Gepäckstück zu verlieren oder unterwegs fallen zu lassen.

"Entschuldigt mich, die Arbeit ruft...Und euch Beiden wünsche ich einen angenehmen Tag in der Stadt. Mister Crawford ist ein ausgezeichneter Reiseführer. Ihr seid bei ihm wunderbar aufgehoben. Viel Spaß!"

Louise und Sam sahen den beiden Männern noch hinterher und winkten ihnen nach, bis sie das Hotel verlassen hatten.

"Reizender Junge!...Gibt es auch eine Mutter und einen Vater dazu?", scherzte Louise.
Und schon war Max zur Stelle.
"Guten morgen die Damen!"
"Oh! Was für ein charmanter junger Mann!", bemerkte Louise und lächelte Sam fragend an. Sam bemerkte wohl, was Louise damit meinte. Und sie tat ihr den Gefallen. "Louise?...Das ist Mister Max Harper!...Mister Harper?...Louise Crawford...unsere Sekretärin!...Im Moment außer Dienst wegen Krankheit...Aber bald wieder im Einsatz."

"Willkommen Louise! Ich hoffe, Sie beehren uns auch bald wieder mit Ihrer Gesellschaft!", gab Max ihr seine rechte Hand.

Louise griff danach und sagte zu ihm: "Das gefällt mir!..Also das ist dann wohl der Vater des Jungen....Ist Theresa im Haus?"
"Nein! Sie ist bei Dad im Krankenhaus!"
"Okay, dann werde ich mir ein Taxi rufen und die Zwei besuchen. Mein Mann zeigt Bowden und dem Jungen die Stadt...Das wird ne Weile dauern...Ist es etwas Ernstes mit deinem Vater?"

"Ich hoffe nicht, Louise!"
"...Wir sehen uns später, Kleines! Ach ja, ehe ich es vergesse: Wirf die Angel nach Mister Harper aus. Er mag dich sehr. So, wie er dich ansieht, schaut mich nicht mal mein Mann an...Naja, bei dem Alter! Wir werden auch nicht jünger.", und das Gespräch brach ab wegen einem lauten, gleichmäßigen Rhythmus von Absätzen, die auf den Empfang zu steuerten.

***
Eine rothaarige Frau, bis zu den Schultern gelockt, um die Dreißig, kam mit hohen silbernen High - heels ins Hotel gewackelt. Ihr weißer Rock reichte bis zu den Knien und verschnürte sie so eng, dass sie sich kaum vorwärts bewegen konnte. Im Gesicht trug sie eine übergroße Sonnenbrille und auf dem Kopf saß ein Sonnenhut, in weiß...Am linken Arm trug sie eine pastell - gelbe Handtasche. Sie stolperte direkt auf die Rezeption zu und tat einen kleinen Fluganfall simulieren, als ob sie gleich der Länge lang auf die Nase fallen würde. Max fing sie auf, bevor die Frau auf ihrer Sonnenbrille landete.
War das von ihr gerade mit Absicht inszeniert?

Alex pfiff durch die Zähne.
"Voila!...Wieviel Zentimeter haben die Schuhe denn? Mächtig verkorkste Ansicht und wackelige Angelegenheit möchte ich meinen!"

Die Rothaarige Frau nahm die Sonnenbrille ein Stück aus ihrem Gesicht und hauchte ein: "Oooh! Ich muß mich wohl bei Ihnen bedanken, junger Mann!...Das war sehr ungeschickt von mir!...Ich Tollpatsch!...Ich werde es wohl nie lernen, in diesen Schuhen zu gehen..."

Sam sah an ihr herab und nuschelte in Alex' Ohr:
"In diesem Rock, wollte sie wohl eher sagen!" und Alex kicherte und tippte den Namen der Frau in den Computer.

"Tom?...Würdest du bitte der jungen Dame ihr Zimmer zeigen und ihr die Koffer hinauf bringen?", bat Sam ihn.
Erst jetzt bemerkte Sam den riesigen Berg von Koffern auf dem Wagen.
"Ehm...Sind das alles Ihre?", fragte Sam verwirrt und zeigte auf die Koffer.
"Natürlich! Man kann nie genug Kleidung mit sich herum tragen. Ich brauche immer sehr viel davon. Ich ziehe mich am Tag mehrmals um."

Tom fragte sich, wie viele Taxen sie vom Flughafen bis hierher benötigt hatte, um all die Koffer hier vor der Hoteltür abzuladen.

"Was sagt denn Ihr Mann dazu, dass Sie so viel mit sich herum schleppen?", fragte Alex die Rothaarige.

"Oh! Er kauft mir was ich will! Er ist nicht zimperlich mit seinem Geld. Er verwöhnt mich...Wer weiß, wie lange er noch leben wird. Er ist schon alt."

Sam bat Tom, jetzt die Frau auf ihr Zimmer zu begleiten und ihr die Koffer hinauf zu bringen. "Nimm dir Jonas und Alex noch dazu, dann geht es besser voran!"

Die Rothaarige winkte ab und drehte sich zu Max um. "Sie können mir doch mein Zimmer zeigen, junger Mann!"

"Tut mir leid, Verehrteste! Das liegt nicht in meinem Bereich...Die Arbeit ruft...Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt!"
Max zwinkerte Sam zu und streifte sie flüchtig an ihrem linken Handgelenk. Dann machte er seinen Rundgang und schaute hier und da nach dem Rechten.

"Wie schade!", trauerte die Rothaarige ihm nach und widmete sich ihrem Schlüssel zu, den ihr Sam in die linke Hand drückte.
"Wünschen Sie sonst noch etwas?" fragte Sam nach.

"Mit seiner Telefonnummer wäre ich schon zufrieden!", antwortete die Frau. Ihr Name war übrigens Romina Wighfield.
"Tut mir leid Ihnen sagen zu müssen: Das, was einem nicht gehört, daran sollte man sich nicht vergreifen!"
"Wie meinen?", sah die Rothaarige Alex fragend an.
"Ehm, er...er ist schon vergeben!", platzte es aus Alex einfach so heraus.

"Oh! Das ist natürlich jammerschade!...Wer ist denn die Glückliche, wenn ich fragen darf?"
Und Alex konnte es nicht sein lassen und zeigte auf Sam. Tom und Jonas sahen geschockt auf Sam. Sie allerdings war noch mehr geschockt als die Pagen und war überhaupt nicht davon begeistert. Sie hätte Alex am liebsten den Hals umgedreht.

"Sie Glückliche! Hoffentlich sind Sie es auch wert! Befriedigt er sie wenigstens auch richtig im Bett? Wenn nicht Kleines, schicken Sie ihn zu mir. Er kann von mir noch etwas lernen!", gratulierte Romina ihr.
Alex wurde etwas ungehalten.
"Wie reden Sie denn mit der Tochter des Hotelbesitzers?"

Romina nahm ihren übergrossen Hut vom Kopf und riss ihre Augen weit auf.
"Ach du meine Güte!...Sie sind Sam?... Sam Stanford?", vergewisserte sich Romina nochmal instinktiv. "Oh mein Gott! Mein Mann schwärmt von Ihnen herzallerliebst. Ich muß gestehen, das kann ich leider nicht nachvollziehen...Sehen Sie sich doch mal an!...Das kann doch nicht ihr voller Ernst sein! Sie sind so klapperdürr! Ihr Haar sollten Sie abschneiden! Die Länge passt so gar nicht zu Ihnen und die Farbe erst. Rot steht Ihnen ganz und gar nicht, Miss Stanford!"

"Und Ihnen etwa schon?", platzte Alex dazwischen. Ihr gefiel es überhaupt nicht, wie Romina mit ihrer besten Freundin Sam sprach und es gefiel ihr auch nicht, wie sie Sam von ihrem Aussehen her kritisierte.
Mit ihrem Aussehen war alles in bester Ordnung und klapperdürr war sie ganz und gar nicht.
Vielleicht war Romina von sich aus gegangen, denn sie war sehr mager. Man konnte jeden einzelnen Knochen an ihrem Körper sehen.

Alex richtete ihre Worte an Misses Wighfield.
"Wenn Sie endlich fertig sind mit Ihrem negativen Voodoo, so muss ich Ihnen leider gestehen, Sie sehen auch nicht gerade makellos aus...eher wie ein Bleistiftstrich in der Landschaft...Ehrlich gesagt, ich würde Sie nicht freiwillig anfassen!", holte Alex die eingebildete Rothaarige auf den Boden der Tatsachen zurück.

Romina allerdings war ziemlich angewidert nach Alex' harter Kritik und warf ihr schnippisch ins Gesicht:
"Werden Sie erstmal erwachsen, junges Fräulein! Sie haben einen ziemlich vorlauten Mund! Man sollte Sie dafür bestrafen und hinaus werfen. Und Sie, Miss Stanford! Werden Sie erstmal eine richtige Frau!...Oh mein Gott!", und sie ließ Alex und Sam stehen und folgte Tom zum Fahrstuhl.

***
Alex fing an zu lachen. "Was war das denn gerade?...Wieso läßt du so mit dir reden, Sam?..."
Sam klatschte ihr eins auf ihren Kopf.
"Wieso erzählst du so einen Blödsinn...?"
"Was meinst du?"
"Max und ich?"

"Was denn? Kriege ich keine Abmahnung für meinen - vorlauten Mund - der eingebildeten Kuh gegenüber?...Sie hat nur bekommen, was Sie verdient hat!...Oh ja, eine lange Dürre wird kommen und ausgerechnet hier im Hotel!...Das muss ausgerechnet von ihr kommen!"

"Alex, das reicht jetzt! Also! Was für einen Blödsinn tischt du hier auf? Von wegen Mister Harper und mein...", schimpfte Sam.

"Entschuldige mal!...Ich kenne diese Sorte - Frau-. Sie krallen sich die reichen, alten Kerle und wenn sie dann tot sind, holen sie sich den Nächsten, den sie ausnehmen können...Die Rothaarige ist scharf auf ihn!...
Was sollte ich denn sonst sagen?"

"Gar nichts!...Einfach die Klappe halten, Marshal! Und der Rest war jetzt nur ausgedacht oder?"

"Nein! Der war ernst gemeint...Meine Mutter war auch so eine Frau!"
Sam entschuldigte sich bei Alex für ihre Frage und der nächste Gast wurde von ihr begrüßt.

"Du mußt dich nicht entschuldigen. Wenn du mich nicht dauernd ermahnt hättest und ich nicht die Zeit bekommen hätte, mir über mein Leben Gedanken zu machen, wäre ich vielleicht auch so geworden wie sie!", gab Alex Sam zu verstehen.
"Ohne dich und deinen Vater hätte ich nie die Kurve gekriegt!...Danke!"

Aus dem linken Augenwinkel sah Sam Sybil an der Säule am Eingang stehen. Sie beobachtete Sam und drehte mit ihrem rechten Zeigefinger Locken mit einer Haarsträhne.
Alex bekam es mit.
"Was hat sie für ein Problem, Stanford?"
"Lass sie! Ignoriere sie!...Wir haben zu tun!"

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