Kapitel 42...Alles braucht seine Zeit, mein Kind!
"Mein Vater liegt im Krankenhaus. Niemand darf zu ihm. Die nächsten zwei Wochen bleibt er auch erstmal auf Station...
Das heißt, solange er nicht da ist, braucht das Hotel einen Verantwortlichen, einen Ansprechpartner. Heute wird eine neue Leitung für diesen Zeitraum gewählt. Mein Vater hat Max Instruktionen hinterlassen...in einem Brief. Er hat ausdrücklich hinzugefügt, dass nur meine Mutter und ihr Enkel an der Versammlung teilnehmen dürfen."
Bowden stellte seine Tasse ab und strich ihr über ihre rechte Wange. "Alles zu seiner Zeit, Sam!"
"Ich musste an ihre Worte denken, die Sie mir mit auf dem Weg gegeben haben, bevor wir abgereist sind.", erinnerte Sam ihn.
Bowden lächelte.
"Was hat Max zu Ihnen gesagt, als es heute um die Wahl ging?"
"Er...Er ist...Er ist für ein - GEMEINSAM führen! Genau wie Sie es auch zu mir sagten, als ich bei Ihnen war. Derselbe Gedanke, die gleiche Absicht."
"Und? Könnten Sie das?...Ein - GEMEINSAM -?"
Sam blieb verstummt.
Bowden stand auf und stellte sich vor sie.
"Max weiß, dass Sie vor dieser großen Entscheidung Angst haben, Miss Stanford! Dieser Vorschlag war eine gute Wahl, eine Möglichkeit, die Sie in Betracht ziehen können, damit er Ihnen nach und nach das Feld überlassen kann. Sie werden in der Lage dazu sein, wenn Sie so weit sind, diesen Schritt zu gehen und bereit dafür sein, das Hotel ihrer Tante zu führen, so, wie sie es getan hat. Aller Anfang ist schwer, Sam!
Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut, aber das wissen Sie ja.
Sie müssen sich nicht schämen oder vor anderen rechtfertigen oder verstecken! Alles braucht seine Zeit, um zu gedeihen, mein Kind! Trinken wir unseren Kaffee aus und dann gehen wir schlafen. Es war ein langer Tag für uns alle."
Sam zeigte ihm noch sein Zimmer, sah nochmal nach Billy und verließ dann mit dem Tablett das Penthouse. In der Lobby sah sie auf die große Uhr. Die Versammlung lief bereits drei Stunden. Es ging auf Mitternacht zu. Sie brachte das Tablett in die Kaffee - Bar, wusch alles noch ab und stellte alles abgetrocknet auf seinen Platz. Danach ging sie zum Büro ihres Vaters.
Wieso brannte dort Licht? Es war heute doch niemand drin gewesen. Die Reinigungskräfte waren auch schon längst durch. Sie ging leise heran und erblickte Sybil im Büro. Offenbar suchte sie irgendetwas. Sie zog eine Schublade nach der anderen am Schreibtisch heraus und wühlte darin herum und knallte sie danach wieder zu.
Sam öffnete die Tür und trat ein. "Störe ich Sie etwa Misses Steward? Wonach suchen WIR denn?", überraschte Sam Sybil auf frischer Tat.
"Sollten Sie das etwa wissen?...Natürlich nicht!", antwortete Sybil schnippisch und hörte auf zu suchen.
"Verlassen Sie das Büro meines Vaters. Sie haben hier keinen Zutritt, wenn niemand hier drin ist. Sollte ich Sie noch einmal beim Wühlen hier drin erwischen, Misses Steward, dann wird das für Sie eindeutige Konsequenzen geben! Ihr Vertrag ist in zwei Monaten abgelaufen. Sie wollen doch nicht schon vorzeitig gehen...Oder doch?", zog Sam sie auf und wartete auf eine Antwort.
"Sie haben mir gar nichts zu sagen. Heute Abend wird Max zum neuen Chef ihres Hotels gewählt. Dann werden wir ja sehen, wer hier wem etwas zu sagen hat...Miss Stanford!...Tochter des Hauses!"
"Was macht Sie da so sicher, Misses Steward?", fragte Sam sie im ruhigen, beiläufigen Ton, Sybil hatte nur giftige Blicke für Sam übrig. Sie legte ein böses Lächeln auf ihren Lippen auf und eilte an Sam vorbei aus dem Büro hinaus.
Sam ging zum Schreibtisch und ordnete alles wieder und stellte alles zurück auf seinen Platz. Vor dem Kamin blieb sie stehen und sah sich das Foto von Tante Helen an. Sie war eine entschlossene, starke Frau, die wusste, was sie wollte.
Doch Sam war nicht wie sie! Sie hatte große Angst, Angst davor alle zu enttäuschen und der Familie Stanford nicht gerecht zu werden, allen voran Tante Helen, von der sie alles gelernt hatte.
Ihr Blick fiel auf die Bürotür von Tante Helen, links neben dem Kamin.
Seit sie nicht mehr da war, hatte Sam es nicht mehr betreten.
Langsam und beunruhigend trat sie auf die Tür zu. Ihr Puls ging etwas schneller, als sie sich der Bürotür von Helens Büro näherte. Weit in der Vergangenheit hörte Sam Kindergelächter dahinter, ihr Lachen und eine frauliche Stimme, Helens Stimme.
Die Stimmen wurden lauter, je näher sie der Tür kam.
Sam legte ihre rechte Hand zögernd auf die Klinke und drückte sie ganz vorsichtig bis zur Hälfte herunter.
Doch wie aus Trance kehrte Sam zurück ins "Jetzt" und ließ die Klinke abrupt los und ging zwei Schritte rückwärts.
Sie atmete schnell ein und aus. Was war da gerade mit ihr passiert? Sie entfernte sich noch etwas mehr von der Tür. Sie warf einen Blick auf das Schild, was an der Tür befestigt worden war.
Es war nicht mehr Tante Helens Büro. Es gehörte jetzt IHM...Mister Max Harper.
Sie drehte sich zum Büroausgang ihres Vaters um und eilte darauf zu, machte das Licht aus und schloss das Büro ab und steckte den Schlüssel ein. Sie hatte soeben Sybil erwischt, wie sie das Büro auf dem Kopf gestellt hatte. Nebenan lief die Wahl im Konferenzraum. Hat denn niemand das Licht brennen sehen?
Natürlich konnte es niemand sehen. Die Tür zum Konferenzzimmer hatte kein Fenster aus Glas.
Wonach hatte sie gesucht? Was hoffte sie im Büro ihres Vaters zu finden? Was war ihr so wichtig, dass sie mitten in der Nacht sich dort aufhielt und ihren Job gefährdete?
Ach apropo Job:
Sam betrat ihr Büro und suchte die Bewerbung von Sybil heraus.
***
"Was erhoffst du dir damit?", hatte ihr Vater sie einmal gefragt...
"DNA, Vater!"
***
Der Brief lag einfach so eines Morgens auf dem Schreibtisch ihres Vaters...noch ehe die Nachricht von Louise' Verletzung hier eintraf...ohne eine Briefmarke, ohne Stempel und ohne einen Absender auf dem Umschlag...nur die Bewerbung...ohne Passfoto...
Ihr Vater belauschte ein Gespräch zwischen Alex und Sybil, um lediglich herauszufinden, dass Sybil nicht an dem Job interessiert war, sondern an Max und an dem Hotel, wie Sybil sich Sam gegenüber bei einer Auseinandersetzung darüber äußerte.
Doch Sam würde das nicht zulassen, dass Sybil ihr das weg nahm, was rechtlich der Familie Stanford gehörte und so sollte es auch für die Zukunft bleiben.
Sam ging ins Sekretariat und verschaffte sich Überblick über ein paar Akten und Unterschriften von Sybil. Vielleicht konnte die Polizei weiterhelfen, wer sich so eifrig an die Bewerbung gesetzt und wer seinen Speichel geopfert hatte. Da blieb noch die Frage offen, wie der Unfall von Louise passieren konnte.
Sam wollte sich Rat holen und sie wusste schon, an wen sie sich zu wenden hatte, um der Sache auf den Grund zu gehen.
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