Kapitel 2...Ein neuer Gast

Sam Stanford arbeitete nun schon einige Zeit im Hotel ihres Vaters. Es hieß das "Stanford - Hotel". Ihr Vater hatte es für seine Schwester Helen aufgebaut und es mit ihr gemeinsam geführt. Jetzt war sie nicht mehr unter ihnen. Vor ein paar Wochen verstarb Helen. Und nun führte er das Hotel allein. Nur solange, bis seine Zeit gekommen war, um abzudanken.

Seine Tochter Sam und seine Frau Theresa unterstützten ihn dabei und nahmen ihm Aufgaben, die bisher seine Schwester verrichtete, ab. Somit blieb nicht alles an ihm hängen.

Sam war für die Hotel - Rezeption mit verantwortlich...Ihr Arbeitskreis hatte sich seitdem erweitert. Auch für die Post sortieren und an die Gäste aushändigen, war sie mit beteiligt, der Wäschedienst: Abgabe, Annahme und Austeilen auf die jeweiligen Etagen von Bettwäsche, Laken und Küchentüchern, Tischdecken, Handtüchern, Gardinen, Stores, Uniformen usw. sowie eine Reparatur - Liste für den Hausmeister erstellen, falls Hotelgäste Mängel auf ihren Zimmern entdeckten.

Zu guter Letzt geleitete sie die Gäste auf die Zimmer im Beisein des Pagen Jonas.

Sie arbeitete gern in ihrem Beruf. Manchmal war es aber nicht einfach. Jeder Tag war nicht gleich. Es gab mal mehr und mal weniger Gäste, denn die Konkurrenz schläft nie.

***
Sie arbeitete mit ihrer Freundin Alex zusammen an der Rezeption. Sie kannten sich seit ihrer Lehrzeit.
Alex war für die Telefonate und Faxe, das Ein - und Auschecken, Stornieren der Gäste, die Zimmerschlüssel - Verteilung und für die Anweisungen an die Pagen, die die Koffer mit auf die Zimmer brachten, zuständig.

Alex kümmerte sich auch um die Gästebestellungen, die von den Zimmern kamen, wenn ein Gast sein Essen mal allein und in Ruhe verzehren wollte, ohne dabei von anderen beobachtet zu werden, die ihm vielleicht auf den Teller schauten oder von den lauten Unterhaltungen, die von allen Seiten auf einen einstürmten, genervt und abgelenkt zu werden.

Oder ein Gast aus dem Hotel oder Gäste von ausserhalb ließen per Telefon einen Tisch im Hotel - Restaurant reservieren für gewisse Stunden zu Zweit.

Sie nahm auch Buchungen des Salons an, wenn Feierlichkeiten darin stattfinden sollten. Darum kümmerte sich Alex ebenfalls.

***
Es war bisher ein ruhiger Arbeitstag am Montag Morgen.

Alex war seit über einer halben Stunde verschwunden und Sam warf sich die Rezeption allein um die Ohren. Sie beobachtete das Foyer und die Gäste, die ein und aus gingen. Es herrschte heute eine ruhige, entspannte Atmosphäre. Das zauberte ihr ein zartes Lächeln ins Gesicht.

Sam vervollständigte die Hausmeister - Liste und suchte mit ihren Augen nach Tom, den Pagen. Er kam gerade durch die große Glasdrehtür und war mit einigen Koffern bepackt. Er holte sich einen Gepäckwagen heran und stapelte ihn voll. Ein Koffer machte sich selbständig und rutschte herunter und fiel auf den hellroten Teppichläufer der Lobby, der die Gäste direkt vom Hoteleingang bis zum Empfang führte. Der Koffer war bei dem Aufprall auf dem Fußboden aufgesprungen und nun lag der Inhalt auf dem Läufer verstreut.
"VERDAMMT!", zischte Tom leise und sah hinter sich zur Drehtür, ob der Gast, dem der Koffer gehörte, hinter ihm stand und das Missgeschick mitbekommen hatte. Als er feststellte, dass der Gast immer noch draußen bei seinem Chauffeur an der Limousine stand, atmete Tom erleichtert auf.

Dann sah er sich in der Lobby um, ob andere Gäste des Hotels sein Missgeschick gesehen hätten und stopfte die Wäsche wieder schnell und unordentlich hinein, verschloss den Koffer und hob ihn in Windes Eile wieder auf und verstaute ihn zu den anderen Koffern.

Er schob den Wagen an die Rezeption und stoppte dort ab. "Meine Güte!", schnaufte er. "Hat er seinen ganzen Kleiderschrank mit eingepackt?"

"Wem gehört das alles?", fragte Sam und sah über die Empfangstheke auf den vollen Gepäckwagen.

"Keine Ahnung wie der Kerl heißt. Der steht draußen vor dem Hotel mit seiner Limousine und unterhält sich mit dem Fahrer...Verdammt!...Wie hieß er doch gleich nochmal?", schnipste Tom mit dem rechten Daumen, Zeige - und Mittelfinger in der Luft herum.

"Keine Ahnung, wem du das Reisegepäck hinterher trägst! Irgend wem werden die Sachen schon gehören...Sei bitte in Zukunft mit den persönlichen Dingen unserer Hotelgäste etwas vorsichtiger, Tom!...Das darf nicht wieder vorkommen!"

"Verstanden Miss Stanford!", entschuldigte er sich bei ihr.

"Sind die Koffer mit einem Namen versehen? Dann können wir schon mal im Computer nachsehen, welches Zimmer er gebucht hat und den Schlüssel und das Gästebuch bereit legen.", und Sam öffnete die Anmelde - Datei.

Tom hatte Schwierigkeiten, die Schrift zu entziffern, die sich auf der kleinen Lasche am Koffer befand.

***
Sam unterbrach ihre Arbeit, als ein gutaussehender Mann das Foyer des Hotels betrat... circa 1,80 m groß, kurze, leicht lockige schwarz - graue Haare, etwas mit Gel nach hinten gezogen, dass die kleinen Locken zur Geltung kamen, ein leicht ergrauter, dünner Drei - Tage - Bart zierte sein Gesicht, sportliche Figur, breite Schultern und eine Sonnenbrille auf der Nase und er lenkte seine Schritte zur Rezeption.

Sam fiel der Kugelschreiber aus ihrer rechten Hand und fing ihn auf, ehe er den Fußboden berührte.
"Mist!", fluchte sie leise vor sich hin.
Wieso musste ihr das denn ausgerechnet jetzt passieren?
Wieso brachte dieser neue Gast sie so aus der Fassung?

Er hatte seinen schwarzen, langen Mantel, der bis an die Knie reichte, bereits fast ausgezogen. Er steckte nur noch mit seinem rechten Arm darin fest. Als er an der Rezeption angelangt war, legte er seine Aktentasche darauf ab, hängte sich den ausgezogenen Mantel über seinen linken Arm und grüßte mit rauer, fester, tiefer Stimme.

"Guten Tag!...", und er hielt in seinem Satz inne, als er in ihre grün - braunen Augen sah.
Tom drehte sich zu ihm um. "Sir?", bekam er nur heraus.

"Guten Tag! Herzlich willkommen im Stanford - Hotel! Wen darf ich einchecken?", begrüßte Sam ihn höflich und zuvorkommend. Sie hielt sich nebenbei an der Empfangstheke fest, um nicht in ihre weich gewordenen, leicht zitternden Beine einzusacken.

Himmel! Was war denn los mit ihr? Ihr stieg leicht die Röte ins Gesicht. Sie musste standhaft bleiben, um sich nicht vor ihm zu blamieren.
Seine Wirkung auf sie war heftig und fast unkontrollierbar.
Sie räusperte sich fast lautlos und schallt sich innerlich ihn nicht so anzustarren. Nebenbei sah sie sich in der Lobby um, und hielt Ausschau nach Alex, während sie die Anmelde - Datei der Gäste im Computer aufrief.

Schließlich war es Alex ' Aufgabe, den neuen Gast einzuchecken.
Auf der anderen Seite war sie froh, dass Alex jetzt nicht anwesend war und sie so sah.
Sie würde sie nur aufziehen und sich lustig über Sam machen.

Der Gefragte lehnte sich an die Anmeldung an und nahm seine Sonnenbrille ab. Ihr sahen nun zwei azur - blaue Augen mit langen Wimpern entgegen.
Jetzt reichte es Sam. Wie konnte er das tun? Sie betete darum, dass er die Sonnenbrille wieder aufsetzen möge.
Es machte sie nervös, wenn er sie mit diesen Augen ansah.

Tom riss den Mund auf und sprach zu sich selbst: "Was für ein Auftritt, man!"

Sam sah den Gast an. "Sir?...Ihr Name!", fragte Sam ihn abermals.

"Ähm...Entschuldigen Sie!...Ich hab Ihnen nicht zugehört. Ich hab eine Verbindung mit meinem Chauffeur über Headset. Ich hab ihm gerade.... nicht Ihnen....Verzeihen Sie Miss!"

Tom schüttelte nur den Kopf. SO EIN ANGEBER!, ging es ihm durch den Kopf. SIE REICHER VOLLIDIOT, SIE!

"Max Harper!", stellte er sich ihr vor.

Sam durchstöberte den Computer und drehte sich zu den Schlüsseln für die Penthäuser zu und entnahm einen für die "Stanford Road". Sie übergab ihm das Gästebuch, damit er sich noch eintragen konnte.
Sie beobachtete ihn dabei, wie er mit feiner Handschrift seinen Namen in diesem Buch verewigte. Sie nahm es ihm wieder ab, nachdem er sich eingetragen hatte. Tom sah Sam erbost an, denn das Penthouse war das Teuerste im Hotel.
Dann starrte er den neuen Gast an und bemerkte sehr wohl, wie er Sam mit seinen Augen verschlang.

"Tom?...Tom!...Hast du gehört, was ich dir gerade gesagt hab?", fragte Sam ihn im ruhigen Tonfall und schnipste ihm vor der Nase herum. Er schüttelte nur mit dem Kopf. "Du möchtest bitte Jonas zu Hilfe nehmen, ich kann hier nicht weg. Ich würde Mister Harper gern selbst sein Penthouse zeigen, da es meine Aufgabe ist. Doch der Empfang darf nicht unbeaufsichtigt bleiben...Wer weiß, wo Alex schon wieder steckt....Ich danke dir, Tom!"

"Geht klar, Sam!"
Dann richtete er sich an Mister Harper.
"Wenn Sie mir bitte folgen würden, Mister...Harper?", und fast hörbar knurrte er den Nachnamen des Gastes und fuhr mit dem vollen Kofferwagen vorn weg.

Mister Harper bedankte sich bei Sam und schloss sich Tom an.

"Ich wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt im Stanford - Hotel, Mister Harper!"

Er sah zu Sam und nickte ihr zu und setzte seine Sonnenbrille wieder auf. "Ist sie immer so freundlich?", versuchte Max in Erfahrung zu bringen. Tom antwortet ihm schnippisch ohne ihn anzusehen.
"Es ist ihr Job! Sie tut, was sie kann.", und schob den vollen Kofferwagen bis zum Fahrstuhl.

***
Sam folgte ihnen mit ihren Augen, bis der Fahrstuhl die Beiden hinter seiner Tür verschluckt hatte.
Dann legte sie ihren Kopf auf den Empfang und ärgerte sich über ihr mädchenhaftes Verhalten Mister Harper gegenüber.
"Herrgott Stanford! Reiß dich verdammt nochmal zusammen!", schallt sie sich erneut und versuchte ihre wach geworden durcheinander fliegenden Schmetterlinge in ihrem Bauch zu besänftigen.

Dann sah sie auf ihre Armbanduhr am rechten Handgelenk und nuschelte:
"Alex!...Wo steckst du verdammt nochmal?"

***

Als Tom zwanzig Minuten später wieder bei Sam in der Lobby an der Rezeption aufgetaucht war, ließ er Dampf ab.

"Weißt du, wieviel Kohle dieser Mann verdient? Der muss stinkreich sein, um sich so ein Penthouse zu leisten...Seine Unterwäsche ist nur vom Feinsten...Er..."

Sam unterbrach ihn in seinem Dampfgerede mit gesenktem Kopf über dem Gästebuch. Dabei streckte sie ihm ihre rechte Handinnenfläche auf Augenhöhe entgegen. "Wir reden nicht über unsere Gäste. Wenn du die Hausordnung lesen würdest, wüsstest du das. Es ist ihre Privatsphäre und geht uns nichts an. Tu bitte deine Arbeit, Tom! Nur das ist wichtig!" Dann fiel es ihr wieder ein und hob ihren Blick. "Hast du dem Hausmeister die Liste schon gebracht?"

Tom holte Luft und schlug sich mit der rechten Handinnenfläche gegen seine Stirn. "Au man! Da war doch noch was zu erledigen. Entschuldige Sam! Das hab ich doch fast vergessen...Danke Sam!"

"Tom?"

"Ja Sam?"

"Du hast es zu 100% vergessen. Ab in die Spur. Mister Clarkson muss die Liste mit seinen Leuten heut noch abarbeiten. Denen steht auch pünktlich der Feierabend zu. Also worauf wartest du noch?", feuerte Sam ihn an.

"Ist ja gut!...Ist ja gut!...Ich bin ja schon weg!...Ich eile so dann, Miss!", und er nahm ihr mürrisch die Liste aus der Hand und rannte los und schlitterte zugleich durch die Lobby zum Kellerbereich, wo sich die Werkstatt und das Büro vom Hausmeister und seinen Gesellen befand.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top