𝕶𝖆𝖕𝖎𝖙𝖊𝖑 9
𝕯ie Pegasusse glitten lautlos durch die undurchdringliche Nacht, ihre majestätischen Flügelschläge kaum mehr als ein leiser Hauch in der Dunkelheit. Das sanfte Rascheln der Blätter und das gelegentliche Knacken von Ästen begleiteten ihr Fortkommen, während sie sich durch das undurchsichtige Dickicht bewegten. Je weiter sie sich von dem Angriffsort der Schatten entfernten, desto mehr wurde der Wald wieder in das sanfte Abendlicht getaucht, das durch die dichten Baumkronen schimmerte und einen Hauch von Beruhigung mit sich brachte.
Doch auf ihren Rücken lastete eine unheilvolle Stille, die sich wie ein schweres Gewicht über die Reisenden legte und die Luft mit Spannung erfüllte. Ein bedrückendes Schweigen herrschte, als die Geschwister besorgte Blicke auf Linnea richteten, die regungslos in Elaras festen Armen lag. Ihr Gesicht, von den sanften Strahlen der Sonne beleuchtet, verriet keine Regung und ließ sie beinahe wie eine schlafende Gestalt erscheinen. Doch die beklemmende Atmosphäre verriet, dass hinter dieser scheinbaren Ruhe eine düstere Gefahr lauerte, die noch nicht gebannt war und ihre Spuren in den Herzen der Reisenden hinterließ.
"Was könnte ihr nur fehlen?" Elaras unruhiger Blick wanderte von Linneas friedlichen Gesichtszügen zu den besorgten Mienen ihrer Brüder, in denen sich dieselbe Mischung aus Angst und Ratlosigkeit widerspiegelte. Nur Cascadia, fest in Gipfelfängers dunkler Mähne verankert, ihre zarten Flügel eng an den Körper gedrückt, betrachtete die jüngste Prinzessin mit nachdenklichem Ausdruck.
"Können wir nicht höher fliegen?", durchbrach die kleine Fee die drückende Stille, während ihr Blick beharrlich auf Linnea ruhte. Cascadia zögerte einen Moment, bevor sie mit einer Dringlichkeit in er festen Stimme fortfuhr. "Wir müssen sie ins Licht bringen, um zu sehen, ob sie von den Schatten beeinflusst wurde. Das Licht könnte uns zeigen, was mit ihr geschehen ist."
"Wie sollen die Schatten sie beeinflusst haben?" Jareth war skeptisch und beäugte die Fee misstrauisch, doch Elara und Aldric, die bereits ihre Pegasusse höher führten, brachen durch die Baumwipfel und wurden von dem warmen Anblick des Sonnenuntergangs begrüßt.
Das Abendrot breitete sich über den Horizont aus wie eine feurige Decke, die den Himmel mit leuchtenden Farben malte. Die Sonne, ein großer goldener Ball, begann langsam hinter den sanften Hügeln zu sinken, ihre Strahlen tauchten die Landschaft in ein warmes, goldenes Licht. Die Wolken nahmen die Farben des Sonnenuntergangs an und wurden zu zarten Pinselstrichen in Orange, Rosa und Violett, die sich über das gesamte Firmament erstreckten.
Die Bäume, von der sinkenden Sonne angestrahlt, warfen lange Schatten über den Boden, während die Blätter im sanften Abendwind raschelten. Ein Hauch von Kühle lag in der Luft, während die Natur langsam zur Ruhe kam und sich auf die bevorstehende Nacht vorbereitete.
Jareth folgte seinen Geschwistern widerwillig. Er konnte nicht leugnen, dass ihn die Unfähigkeit der Fee, den Weg zu ihrem eigenen Zuhause zu finden, störte und Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit in ihm aufkommen ließ.
Nur wenige Herzschläge vergingen, nachdem Linneas zarte Gesichtszüge in das goldene Licht des Abendrots getaucht wurden. Als sie flatternd die Lider öffnete, schienen ihre blauen Augen von einem inneren Glanz erfüllt zu sein, der mit dem schwindenden Sonnenlicht um die Wette strahlte. Ein leises, stockendes Keuchen entwich ihrer Kehle, als sie sich mit einer ruckartigen Bewegung aus dem festen Griff ihrer Schwester löste.
Verwirrung spiegelte sich in ihren mandelförmigen Augen wider, als sie die Szenerie um sich herum erfasste.
Sie hob langsam den Kopf und ließ ihren Blick durch die dämmrige Pracht schweifen. Der Abendwind strich zart durch ihre goldenen Locken, die im schwindenden Sonnenlicht wie feurige Glut erschienen. Er kitzelte ihre erhitzten Wangen und brachte eine angenehme Kühle.
Das gleichmäßige Flügelschlagen der majestätischen Pegasusse erfüllte die nächtliche Stille und trug die Reisenden beharrlich der aufgehenden Sonne entgegen. Das Dunkel, das sie noch vor wenigen Momenten umgeben hatte, war mit einem Schlag verschwunden, als hätte die aufsteigende Sonne ihre strahlenden Arme ausgestreckt, um die Finsternis zu vertreiben und die Welt neu zu beleuchten.
Ihre Augen trafen auf Elara, deren Gesicht von einer Mischung aus Faszination und Sorge dominiert wurde.
"Was ist los?" Linnea ließ ihren Blick zwischen ihren Geschwistern hin und her wandern, eine Mischung aus Verwirrung und Neugier in ihren Augen. "Warum starrt ihr mich so an?"
"Casy hatte recht", sagte Elara mit einem Hauch von Erleichterung in ihrer Stimme, während sie versuchte, ihre aufgewühlten Gefühle zu beruhigen. "Es war diese verdammte Finsternis."
Linnea runzelte die Stirn, ihre Gedanken wirbelten umher, während sie versuchte, den Grund für die aufgeregte Atmosphäre zu begreifen. Sie konnte nicht ganz verstehen, wie sie dem Angriff der Finsternis entkommen waren.
"Du warst bewusstlos", erklärte Aldric ruhig, während er Linneas verwirrten Blick bemerkte. Von Gipfelfängers Rücken aus sprach er weiter: "Wir sind den Schatten knapp entkommen, aber es scheint, als hätten sie dich dennoch mit ihrer Dunkelheit berührt."
Casy schüttelte wild den Kopf, und ihre Stimme klang entrüstet ob der Unwissenheit ihrer Gefährten. "Schatten vergiften nicht", betonte sie energisch. "Sie führen dich an den Rand des Wahnsinns, bis du selbst ein Teil ihrer Finsternis wirst. Aber das war hier nicht der Fall. Linnea ist einfach zu sehr ein Kind des Lichts, um ihre Dunkelheit zu ertragen."
Linnea spürte eine Mischung aus Verwirrung und Beklommenheit in sich aufsteigen. Die Vorstellung, von den Schatten berührt worden zu sein, ließ sie unbehaglich erschauern, während Cascadias Worte ihr eine seltsame Erleichterung brachten. Sie verstand immer noch nicht vollständig, was in den dunklen Wäldern vor sich gegangen war, aber sie war dankbar für die Gegenwart ihrer Geschwister und die klärende Stimme der Fee.
Jareth stieß ein verächtliches Schnauben aus. "Ja, natürlich", entgegnete er mit einer Spur von Sarkasmus. Die Art und Weise, wie Cascadia mit ihm und seinen Geschwistern sprach, missfiel ihm zutiefst, und er zögerte nicht, dies deutlich zu zeigen.
Mit einem unzufriedenen Ausdruck funkelte er die kleine Fee an. "Hast du nun eine Idee, wie wir zurück zu deinem Tempel finden, oder möchtest du uns noch mehr Schauermärchen auftischen?"
Casy's Stimme, die von Anspannung und Ärger durchdrungen war, hallte durch die anbrechende Nacht. Ihre Worte schienen wie Pfeile zu fliegen, als sie Jareth mit zusammengekniffenen Augen anfunkelte. "Das sind keine Schauermärchen!", ihre Stimme war einige Oktaven höher gestiegen. "Ich lebe seit Wochen Hand in Hand mit der Finsternis. Ich habe miterlebt, wie Familie und Freunde der Dunkelheit verfielen, während wir sehnsüchtig auf die Ankunft der Erben warteten. Aber ihr habt euch reichlich Zeit gelassen, nicht wahr?" Der Vorwurf lag schwer in Cascadias Worten, durchtränkt von einer Mischung aus Frustration und Enttäuschung wie dickflüssiger Honig, und ließ den Prinzen verstummen.
Erneut breitete sich eine bedrückende Stille zwischen den Reisenden aus, und niemand wusste, wie sie dieses unangenehme Schweigen durchbrechen sollten. In der Dunkelheit hingen sie alle ihren eigenen Gedanken nach, während das angestrengte Atmen der Pegasusse die klare Nachtluft erfüllte. Das Zischen des Windes umspielte die Gesichter der Reisenden wie ein sanfter Liebkoser, der die Einsamkeit der Nacht zu durchdringen schien.
"Wir sollten einen Unterschlupf finden. Cascadia, wo sind wir vor den Schatten sicher?" Aldrics Stimme durchbrach die düstere Stille, während er seine trüben Gedanken von den Erinnerungen an seine geliebte Lyra löste und sich wieder auf das Hier und Jetzt konzentrierte. Er musste stark sein, ein guter und vorausschauender Anführer für seine Geschwister.
Cascadia, mit einem Ausdruck der Erschöpfung in ihren Augen, wandte den Blick langsam von der unheilvollen Dunkelheit ab. Ihre Stimme klang stumpf, fast resigniert, als sie die Frage nach einem sicheren Ort beantwortete. "Die Finsternis meidet alles, was vom Licht berührt wird. Sobald die Sonne untergeht, sind Gebete und Hoffnung das Einzige, was uns noch schützen kann."
Die Nacht legte sich wie ein schwerer Mantel um die Reisenden, während sie in der Dunkelheit nach einem sicheren Ort suchten. Die Sterne funkelten hoch oben am Himmel, doch ihr Licht vermochte kaum die undurchdringliche Schwärze am Boden zu durchdringen.
Aldrics Gedanken wirbelten wie Blätter im Sturm. Die Erschöpfung lastete schwer auf ihnen, und die Pegasusse, die ihre Reiter trugen, schienen unter der Last der Flucht zu zittern. Sie brauchten dringend eine Pause, einen Ort der Sicherheit, an dem sie sich ausruhen konnten.
Plötzlich, wie eine stumme Antwort auf seine stille Frage, erhob sich in der Dunkelheit zu ihrer Rechten ein Felsmassiv. Ein Spalt in der Felswand öffnete sich wie das Maul eines schlafenden Drachen, eine Höhle, die Schutz und Zuflucht versprach.
Als die Geschwister näher kamen, konnten sie die kühle Luft spüren, die aus dem Inneren der Höhle strömte. Ein schwacher Geruch nach Moos und Erde stieg ihnen entgegen, begleitet von einem Hauch von feuchtem Gestein.
Die Höhle wirkte wie ein verborgenes Reich, von den Felsen geschützt und von der Dunkelheit umhüllt. Ihre Wände schienen mit dem sanften Glanz von Moos bedeckt zu sein, das im Licht des Mondes schimmerte. Hier und da tropfte Wasser von den Decken, und das leise Plätschern eines unterirdischen Baches war zu hören, der irgendwo in der Tiefe vor sich hin murmelt.
Trotz der Dunkelheit konnten sie spüren, dass die Höhle ein Ort der Ruhe und Sicherheit war, ein Ort, an dem sie sich vor den Bedrohungen der Nacht verstecken konnten.
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