Kapitel 4

Der Tag vor Legolas' Geburtstag war angebrochen, und die Lichtung des Trainingsplatzes war von der Morgensonne beleuchtet. Lúthëa und Legolas hatten sich bereits seit neun Stunden im intensiven Training befunden. Ihre Pfeile flogen durch die Luft, doch trotz aller Bemühungen gelang es ihnen nicht, die winzigen Ziele in der Ferne zu treffen.

Legolas war sichtbar erschöpft, aber auch entschlossen. Er nahm sich einen kurzen Moment, um seinen Atem zu sammeln, bevor er erneut versuchte, das winzige Ziel zu treffen. „Noch ein Versuch, Lúthëa. Wir geben nicht auf," sagte er mit fester Stimme.

Lúthëa seufzte, ihre Hände waren von den wiederholten Versuchen schmerzerfüllt. „Ich weiß nicht, wie oft ich das noch machen kann. Es ist so frustrierend, nicht einmal einen Treffer zu landen."

„Es ist verständlich, dass du dich so fühlst," antwortete Legolas. „Aber jeder Versuch bringt uns ein Stück näher ans Ziel. Ich habe heute morgen etwas Klarheit darüber gewonnen, wie ich den Bogen noch besser anpassen kann."

„Und wie stellst du das an?" fragte Lúthëa, während sie ihren Bogen wieder aufnahm. „Vielleicht kann ich das auch versuchen."

„Es geht um die Feinjustierung der Technik und der Konzentration," erklärte Legolas, während er sich bereit machte. „Manchmal liegt es an einem kleinen Detail, das wir übersehen. Wir müssen uns auf die kleinsten Nuancen konzentrieren."

Lúthëa beobachtete, wie Legolas seinen Pfeil anlegte und sich präzise auf das Ziel fokussierte. Er schloss die Augen, atmete tief durch und ließ den Pfeil los. Der Pfeil schwebte durch die Luft und traf das winzige Ziel mit einem präzisen Knall.

Lúthëa starrte ungläubig auf das Ziel, das nun von dem Pfeil durchbohrt war. „Du hast es getroffen!"

Legolas lächelte erleichtert und sah zu Lúthëa. „Endlich. Es war eine lange Reise, aber ich habe es geschafft."

Lúthëa schüttelte den Kopf, ein bisschen frustriert. „Das ist beeindruckend, aber es macht mich nur noch mehr ungeduldig, weil ich immer noch Schwierigkeiten habe."

Legolas kam zu ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Du musst dich nicht entmutigen lassen, Lúthëa. Es gibt Tage, an denen alles perfekt läuft und andere, an denen man kämpft. Heute war mein Tag, und morgen wird vielleicht deiner sein."

„Ich hoffe es," murmelte Lúthëa, während sie den Bogen in ihre Hand nahm und einen weiteren Pfeil anlegte. „Ich werde es noch einmal versuchen."

Legolas nickte ermutigend. „Das ist die richtige Einstellung. Lass uns zusammenarbeiten und versuchen, den Tag bestmöglich zu nutzen."

In den nächsten Stunden schossen die anderen Elben weiterhin präzise und trafen die kleinen Ziele fast mühelos. Doch trotz der intensiven Anstrengungen von Lúthëa gelang es ihr nicht, auch nur einen Treffer zu landen. Die Enttäuschung war spürbar, aber Legolas ließ sich nicht davon abbringen, ihr weiterhin Ratschläge und Unterstützung zu geben.

Schließlich, als der Tag sich dem Ende neigte und die Sonne tief am Himmel stand, setzte Legolas sich neben Lúthëa und nahm einen tiefen Atemzug. „Es ist spät geworden. Vielleicht sollten wir für heute eine Pause machen."

Lúthëa seufzte und ließ ihren Bogen sinken. „Vielleicht hast du recht. Ich habe mein Bestes gegeben, aber es scheint nicht genug zu sein."

Legolas lächelte sanft. „Das ist in Ordnung. Du hast hart gearbeitet, und das ist schon bemerkenswert. Wir werden morgen einen neuen Versuch starten, und ich bin sicher, dass du Fortschritte machen wirst."

„Ich hoffe, dass ich es schaffen kann," sagte Lúthëa und sah auf das noch immer unberührte Ziel. „Aber ich habe das Gefühl, dass ich einfach nicht weit genug komme."

„Das ist normal," antwortete Legolas. „Jeder von uns hat Tage, an denen nichts funktioniert. Das Wichtige ist, dass du nicht aufgibst und weiterhin versuchst."

Sie packten ihre Ausrüstung zusammen, und Legolas schlug vor, dass sie gemeinsam einen Spaziergang machen könnten, um den Kopf freizubekommen. „Vielleicht hilft es, einfach ein wenig abzuschalten. Wir haben den ganzen Tag intensiv trainiert, und ein wenig frische Luft könnte uns beiden guttun."

Lúthëa nickte zustimmend. „Das klingt nach einer guten Idee. Vielleicht kann ich meine Gedanken neu ordnen."

Sie verließen die Lichtung und schlenderten durch den Wald, der von der untergehenden Sonne in ein sanftes, goldenes Licht getaucht wurde. Die Natur um sie herum schien in Ruhe zu sein, und der Geräuschpegel des Waldes beruhigte ihre Nerven.

„Legolas," begann Lúthëa nach einer Weile des Schweigens, „wie war es für dich, als du anfänglich versucht hast, die Ziele zu treffen? Warst du damals auch so frustriert wie ich jetzt?"

Legolas lächelte leicht. „Ja, ich war sehr frustriert. Es hat lange gedauert, bis ich die Präzision und die Technik perfekt beherrschte. Aber ich habe immer daran geglaubt, dass ich es irgendwann schaffen werde, und diese Überzeugung hat mir geholfen, weiterzumachen."

„Das hilft mir, es etwas besser zu verstehen," sagte Lúthëa. „Vielleicht muss ich einfach mehr Geduld mit mir selbst haben."

„Genau," stimmte Legolas zu. „Geduld ist entscheidend. Jeder Fortschritt, auch der kleinste, zählt. Und du machst bereits bemerkenswerte Fortschritte."

Als sie zurückkehrten, war es dunkel geworden, und die Sterne funkelten am Himmel. Legolas und Lúthëa trennten sich vor dem Quartier, beide müde, aber etwas beruhigter durch den Spaziergang.

„Gute Nacht, Lúthëa," sagte Legolas. „Wir werden morgen einen weiteren Versuch starten. Ich bin sicher, dass du dein Ziel bald erreichen wirst."

„Gute Nacht, Legolas," erwiderte Lúthëa. „Danke für deine Unterstützung und Geduld. Ich werde mein Bestes geben."

Mit diesen Worten kehrten sie in ihre Unterkünfte zurück, bereit für eine wohlverdiente Ruhepause. Lúthëa wusste, dass der nächste Tag neue Herausforderungen bringen würde, aber sie war fest entschlossen, nicht aufzugeben und die Unterstützung von Legolas und den anderen Elben zu nutzen, um ihre Ziele zu erreichen.

Lúthëa wachte noch vor dem ersten Licht des Morgens auf. Die Dunkelheit war allumfassend, als sie sich leise aus ihrem Bett schlich. Der Gedanke an Legolas' bevorstehenden Geburtstag ließ sie aufgeregt und entschlossen an das Geschenk denken, das sie ihm überreichen wollte. Sie hatte den gesamten letzten Abend damit verbracht, das Geschenk fertigzustellen, aber es fehlte noch der letzte Schliff.

Mit geduldigen und präzisen Bewegungen ging sie an die Arbeit. Im Zelt, das sie als ihre Werkstatt benutzt hatte, hatte sie Pflanzen und Erde gesammelt, um daraus ein besonderes Zeichen zu formen. Es stellte eine Krone dar, ein Symbol für das kommende Jubiläum und für die Bedeutung von Legolas' 2000. Geburtstag. Während ihrer Zeit in Mordor hatte sie oft ähnliche Anhänger gemacht, um sich selbst zu beschäftigen und Trost zu finden.

„Noch ein bisschen hier, ein bisschen da," murmelte sie leise vor sich hin, während sie die letzten Details ihrer Arbeit hinzufügte. Der Anhänger hatte eine tiefere Bedeutung für sie, als es auf den ersten Blick schien. Er war ein Symbol für ihre eigene Reise und die Schwierigkeiten, die sie überwunden hatte.

Nachdem sie den Anhänger fertiggestellt hatte, nahm sie ihn behutsam in die Hand und betrachtete das Ergebnis ihrer Mühen. Die Krone war aus getrockneten Pflanzen geformt und wirkte sowohl zart als auch widerstandsfähig. Sie hatte die Details sorgfältig ausgearbeitet, um sicherzustellen, dass das Zeichen sowohl ästhetisch ansprechend als auch bedeutungsvoll war.

„Es ist fertig," sagte sie zufrieden, während sie den Anhänger in ein kleines, handgemachtes Tuch wickelte. Dann machte sie sich auf den Weg zum Lagerplatz, um ihn in einem sicheren Versteck zu platzieren, wo Legolas ihn am Morgen finden würde.

Als sie das Lager erreichte, war der Himmel bereits von ersten, zarten Farben durchzogen. Die Elben waren noch in den frühen Stunden des Morgens beschäftigt, aber Lúthëa wusste, dass es bald Zeit war, sich vorzubereiten. Sie versteckte das Geschenk an einem Ort, an dem Legolas es leicht finden konnte, aber gleichzeitig sicher vor neugierigen Blicken war.

„Ich hoffe, er wird es mögen," flüsterte sie, während sie den Platz für das Geschenk überprüfte und sicherstellte, dass alles perfekt war. „Es bedeutet mir viel, und ich hoffe, das wird ihm auch zeigen, wie wichtig er mir ist."

Lúthëa kehrte in ihre Unterkunft zurück und versuchte, ein wenig Ruhe zu finden, bevor der Tag richtig begann. Es war eine lange Nacht gewesen, und sie wollte frisch und ausgeruht für den besonderen Anlass sein.

Als die Sonne aufging und die ersten Elben sich auf den Tag vorbereiteten, begab sich Lúthëa zum Trainingsplatz, wo sie Legolas hoffentlich bald begegnen würde. Die Stimmung war festlich, und der Tag war voller Vorfreude auf das bevorstehende Ereignis. Sie bemerkte, wie sich Legolas und andere Elben bereits versammelten, um den Geburtstag zu feiern und die letzten Vorbereitungen zu treffen.

Legolas sah sie und lächelte. „Guten Morgen, Lúthëa. Bist du bereit für den großen Tag?"

Lúthëa erwiderte das Lächeln und nickte. „Guten Morgen, Legolas. Ja, ich bin bereit. Ich hoffe, du wirst heute viel Spaß haben."

„Das hoffe ich auch," sagte Legolas und schien aufgeregt. „Ich kann es kaum erwarten, was der Tag noch bringen wird."

In der Zwischenzeit begann Thranduil, die Feierlichkeiten vorzubereiten. Der Palast war mit Lichtern und dekorativen Elementen geschmückt, die den Anlass würdig machten. Die Elben bereiteten sich darauf vor, Legolas einen besonderen Empfang zu bereiten.

Lúthëa wartete geduldig und beobachtete die Vorbereitungen. Schließlich trat Legolas zu ihr und sah ein wenig unsicher aus. „Hast du schon etwas Besonderes für mich geplant?"

Lúthëa lächelte geheimnisvoll. „Vielleicht. Aber ich möchte es dir erst später zeigen. Es ist eine Überraschung."

Legolas sah neugierig aus. „Ich bin gespannt. Ich hoffe nur, dass es etwas ist, das du dir für diesen besonderen Tag ausgedacht hast."

Der Morgen verging schnell, und die Feierlichkeiten nahmen Form an. Lúthëa und Legolas verbrachten Zeit miteinander, und die Stimmung war fröhlich. Als der Moment kam, an dem die Gäste ihren Geschenken überreicht wurden, führte Lúthëa Legolas zu dem Ort, an dem sie das Geschenk versteckt hatte.

„Hier," sagte sie und deutete auf das Versteck. „Ich hoffe, du magst es."

Legolas beugte sich vor, um das Geschenk zu entdecken, und seine Augen weiteten sich vor Überraschung, als er den Anhänger entdeckte. Er nahm ihn behutsam heraus und betrachtete die feine Arbeit.

„Das ist wunderschön," sagte er tief bewegt. „Woher hast du das gemacht?"

„Ich habe es selbst gemacht," erklärte Lúthëa. „Es ist ein Zeichen, das ich oft während meiner Gefangenschaft gemacht habe. Es stellt eine Krone dar und symbolisiert deinen besonderen Tag und alles, was du erreicht hast."

Legolas lächelte warm und nahm Lúthëa in die Arme. „Es bedeutet mir viel, Lúthëa. Danke, dass du dir so viel Mühe gemacht hast."

Lúthëa fühlte sich erleichtert und glücklich. „Es war mir eine Freude, es für dich zu machen. Ich hoffe, es wird dir gefallen und dich an diesen Tag erinnern."

Die Feierlichkeiten setzten sich fort, und Legolas' Geburtstag wurde zu einem unvergesslichen Ereignis. Die Elben genossen die Festlichkeiten, und es gab Musik, Tanz und Geschichten. Lúthëa und Legolas verbrachten viel Zeit miteinander und genossen die Feierlichkeiten. Trotz der Herausforderungen der letzten Tage war es ein Tag voller Freude und Zufriedenheit.

Als der Abend sich dem Ende neigte, fand sich Legolas auf einem ruhigen Balkon des Palastes, wo er den klaren Sternenhimmel betrachtete. Lúthëa trat zu ihm und setzte sich neben ihn.

„Es war ein großartiger Tag," sagte Legolas. „Und dein Geschenk hat diesen Tag noch besonderer gemacht."

„Ich freue mich, dass dir das Geschenk gefallen hat," antwortete Lúthëa. „Es war eine lange Reise, aber ich bin froh, dass wir diesen Tag zusammen erleben konnten."

„Wir haben viel erreicht," sagte Legolas, während er in den Himmel blickte. „Und ich bin dankbar für all die Unterstützung, die ich von dir erhalten habe. Du hast mir gezeigt, was wahre Freundschaft bedeutet."

Lúthëa lächelte und lehnte sich zurück. „Das Gefühl ist gegenseitig, Legolas. Ich habe viel von dir gelernt und freue mich auf die kommenden Herausforderungen, die wir gemeinsam meistern werden."

Mit diesen Worten genossen sie gemeinsam die Stille und den Glanz der Sterne, während sie die besondere Nacht und den gelungenen Geburtstag von Legolas reflektierten. Der Tag war ein Symbol für die Fortschritte, die sie gemacht hatten, und für die tiefere Freundschaft, die zwischen ihnen gewachsen war.

Die bedrohliche Stille im Düsterwald war für Lúthëa ein unheilvolles Vorzeichen. Sie spürte es in den Tagen zuvor, wie sich die Atmosphäre verdichtete und ein düsterer Schatten über dem Wald lag. Die Nachrichten von den Patrouillen, die an den Rändern des Waldes Wache hielten, waren besorgniserregend. Eines Morgens war es dann soweit: Orks griffen an. Die Schreie der Elben, das metallische Klirren der Schwerter und das Grollen der Orks hallten durch den Wald.

Lúthëa war in ihrer Kammer, als die ersten Alarmrufe durch die Hallen des Palastes drangen. Sie sprang auf, ihr Herz raste, und sofort krochen die Erinnerungen an ihre schreckliche Vergangenheit in Mordor in ihren Geist. Bilder von Folter, Schmerzen und Dunkelheit stiegen in ihr auf, und sie fühlte, wie Panik sie übermannte. Ihre Hände zitterten, und sie war unfähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.

Legolas stürmte in den Raum, sein Gesicht vor Anspannung versteinert. „Lúthëa, die Orks sind hier. Wir müssen kämpfen!" rief er, während er nach seinem Bogen griff, der immer bereit an seiner Seite war.

Doch Lúthëa blieb wie erstarrt. „Ich... ich kann nicht," flüsterte sie, ihre Stimme brüchig und voller Angst. „Ich kann nicht... ich sehe sie wieder vor mir... die Orks... was sie mir angetan haben..."

Legolas trat näher zu ihr und legte seine Hände beruhigend auf ihre Schultern. „Lúthëa, ich weiß, dass es schwer ist. Aber du bist nicht mehr die gleiche wie damals. Du bist stärker geworden. Du hast so viel gelernt. Du kannst das schaffen."

Doch Lúthëa schüttelte den Kopf, die Angst schien ihren ganzen Körper zu lähmen. „Nein, ich kann nicht," flüsterte sie verzweifelt. „Ich kann nicht rausgehen und kämpfen. Sie werden mich wieder fangen, mich wieder..."

Legolas zog sie in eine feste Umarmung. „Ich werde dich beschützen, Lúthëa. Niemand wird dich jemals wieder so behandeln. Du bist in Sicherheit. Aber ich muss rausgehen und unseren Leuten helfen. Wenn wir nicht alle zusammenstehen, wird der Düsterwald fallen."

Sie konnte das Zittern in seiner Stimme hören, die Entschlossenheit, die seine Worte untermalte. „Bitte, verstehe mich," sagte er sanft. „Ich muss gehen. Unsere Freunde brauchen mich. Aber ich verspreche dir, dass ich zurückkomme."

Lúthëa kämpfte mit ihren eigenen Emotionen. Sie wusste, dass er recht hatte, dass er gebraucht wurde, aber die Angst hielt sie wie in einem eisigen Griff gefangen. „Sei vorsichtig," flüsterte sie schließlich, und ihre Augen waren von Tränen erfüllt.

Legolas küsste sie sanft auf die Stirn. „Ich werde es sein, Lúthëa. Bleib hier, wo es sicher ist." Dann griff er nach seinen Waffen und eilte hinaus in die Schlacht.

Lúthëa blieb allein zurück, das Herz schwer vor Sorge und Angst. Sie konnte die Schlacht von draußen hören, das Grollen der Orks, das Klirren der Schwerter und die Schreie der Elben. Jeder Laut ließ sie zusammenzucken, als ob sie selbst getroffen würde. Die Panik stieg in ihr auf, die Erinnerungen wurden immer lebendiger, und sie konnte kaum atmen.

Sie versuchte, sich zu beruhigen, doch ihre Gedanken kehrten immer wieder zu den Schrecken ihrer Vergangenheit zurück. Sie fühlte sich wieder wie das verängstigte Kind, das in den dunklen Verliesen von Mordor gefangen war, hilflos und allein. Jede Faser ihres Körpers schrie danach, sich zu verstecken, die Welt da draußen zu vergessen und einfach nur in Sicherheit zu sein.

Doch tief in ihr regte sich etwas anderes, ein Funke, der sich gegen die Dunkelheit wehrte. Sie erinnerte sich an die Worte von Legolas, an all das, was er ihr beigebracht hatte, an die Stunden des Trainings, an die Zeit, die sie miteinander verbracht hatten. Sie war nicht mehr die gleiche wie damals. Sie war stärker geworden, sie hatte überlebt. Doch noch war sie nicht bereit, sich dieser Realität zu stellen.

Stattdessen zog sie sich in eine Ecke des Raumes zurück, hielt die Knie an ihre Brust und versuchte, die Geräusche der Schlacht auszublenden. Die Minuten zogen sich wie Stunden dahin, und sie fühlte sich wie gelähmt. Jeder Moment schien endlos, und die Ungewissheit darüber, was draußen geschah, nagte an ihr.

Sie konnte nicht aufhören, an Legolas zu denken. War er in Sicherheit? Kämpfte er noch? Jede Sekunde ohne eine Antwort brachte sie an den Rand der Verzweiflung. Aber sie war nicht in der Lage, sich zu bewegen, nicht in der Lage, hinauszugehen und sich der Realität zu stellen.

Die Zeit verging, und die Geräusche der Schlacht wurden leiser. Lúthëa wusste nicht, ob das gut oder schlecht war, und die Ungewissheit machte sie fast verrückt. Schließlich hörte sie Schritte vor ihrer Tür, und ihr Herz setzte einen Schlag aus. Die Tür öffnete sich langsam, und Legolas trat ein. Er war blutverschmiert und erschöpft, aber lebendig.

„Legolas!" rief Lúthëa, sprang auf und lief auf ihn zu. Sie war erleichtert, ihn zu sehen, aber die Angst und die Anspannung waren noch immer in ihrem Inneren.

Legolas lächelte schwach, als sie ihn umarmte. „Es ist vorbei," sagte er leise. „Die Orks sind zurückgeschlagen. Wir haben es geschafft."

Lúthëa konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. „Ich habe solche Angst gehabt... Ich konnte nichts tun... Ich fühlte mich so hilflos."

Legolas hielt sie fest. „Du musst dir keine Vorwürfe machen, Lúthëa. Du hast in deinem Leben so viel durchgemacht. Es ist in Ordnung, Angst zu haben. Aber ich bin stolz auf dich, dass du hiergeblieben bist und nicht weggelaufen bist. Du hast dich deiner Angst gestellt, auch wenn es schwer war."

„Aber ich habe nichts getan," murmelte Lúthëa und verbarg ihr Gesicht an seiner Brust.

„Manchmal ist das Überleben schon eine Heldentat," sagte Legolas sanft. „Und du hast überlebt, Lúthëa. Das ist wichtig. Du bist stark, und du wirst weiter kämpfen, wenn die Zeit dafür reif ist."

„Ich hoffe, dass ich eines Tages auch kämpfen kann," flüsterte Lúthëa.

„Das wirst du," versicherte Legolas ihr. „Du bist auf dem richtigen Weg. Und ich werde an deiner Seite sein, um dir zu helfen."

Die beiden standen noch lange in der Umarmung, während die Dunkelheit des Waldes sich langsam zurückzog und die ersten Anzeichen von Ruhe einkehrten. Die Schlacht war gewonnen, aber Lúthëas innerer Kampf ging weiter. Doch nun wusste sie, dass sie nicht allein war und dass sie die Unterstützung von Legolas und den anderen Elben hatte, um sich ihren Ängsten zu stellen und sie zu überwinden.

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