Kapitel 3
Lúthëa saß in einer der großen Hallen des Palastes, als Thranduil sie zu sich rief. Sie war überrascht über die plötzliche Einladung, aber auch neugierig, was der König von ihr wollte. Als sie den prächtigen Thronsaal betrat, fand sie Thranduil in Gedanken versunken vor, doch sein Blick hellte sich auf, als er sie sah.
„Lúthëa, komm näher", rief er ihr zu, während er sich von seinem Thron erhob. „Ich wollte mit dir über etwas Wichtiges sprechen."
Lúthëa trat respektvoll näher, blieb aber auf gebührendem Abstand stehen. „Was gibt es, mein König?" fragte sie höflich.
Thranduil lächelte leicht und setzte sich auf einen der kunstvoll geschnitzten Stühle, die den Raum säumten. Er deutete auf den Stuhl neben ihm, und Lúthëa nahm zögerlich Platz. „Du hast dich in den letzten Monaten gut in unserem Reich eingelebt", begann Thranduil. „Legolas spricht oft von dir und deinen Fortschritten. Ihr seid gute Freunde geworden."
Lúthëa nickte, aber ihr war klar, dass dies nicht der einzige Grund für das Gespräch war. „Ich bin dankbar für alles, was Legolas mir beigebracht hat", sagte sie. „Er hat mir mehr gezeigt, als ich je zu hoffen gewagt hätte."
Thranduil neigte zustimmend den Kopf. „Er ist ein guter Lehrer und ein noch besserer Freund. Aber es gibt etwas, das du vielleicht nicht weißt, etwas, das dich überraschen könnte."
Lúthëa sah ihn fragend an. „Was meinst du, mein König?"
„Legolas wird bald 2000 Jahre alt", sagte Thranduil ruhig und beobachtete aufmerksam ihre Reaktion.
Lúthëa erstarrte. „2000 Jahre?" wiederholte sie ungläubig. „Aber... aber das bedeutet..." Sie stockte und suchte nach den richtigen Worten. „Ich bin erst 40 Jahre alt. Das ist ein enormer Unterschied."
Thranduil nickte leicht und ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Lippen. „Für Elben ist es in der Tat ein Unterschied, aber keiner, der von Bedeutung wäre. Du siehst, Elben werden erst mit 2000 Jahren als erwachsen angesehen. In unseren Augen bist du noch ein Kind, genauso wie Legolas es bis zu seinem kommenden Geburtstag ist."
Lúthëa starrte den König fassungslos an. „Ein Kind?" murmelte sie. „Das bedeutet, dass ich..."
„...noch sehr jung bist", ergänzte Thranduil mit einem Lächeln. „Aber du hast in diesen kurzen Jahren schon viel durchgemacht und gelernt. Elbenalter ist nicht so einfach zu vergleichen, wie du vielleicht denkst. Es ist mehr eine Frage der Reife als der Jahre."
Lúthëa schwieg eine Weile und versuchte, die Informationen zu verarbeiten. „Also... Legolas wird in 8 Tagen 2000 Jahre alt?"
„Genau", bestätigte Thranduil. „Er wurde in der letzten Woche des Frühlings geboren, kurz nachdem mein Vater im Kampf gefallen war. Einen Tag nach seiner Geburt musste ich den Platz meines Vaters als König einnehmen. Es war eine Zeit des Umbruchs und der Trauer, aber auch der Hoffnung, denn mit Legolas' Geburt kam ein neues Leben in unsere Familie."
„Das ist eine bewegende Geschichte", sagte Lúthëa nachdenklich. „Es erklärt, warum Legolas so stark und verantwortungsbewusst ist."
Thranduil nickte zustimmend. „Er ist ein Produkt dieser Zeit, geprägt von Verlust, aber auch von der Hoffnung, die in ihm als nächstem Erben liegt. Doch trotz seines Alters ist er in gewisser Weise immer noch ein Kind, das lernt und wächst, so wie du."
Lúthëa seufzte tief und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Das ist schwer zu begreifen. Ich habe nie wirklich über das Alter von Elben nachgedacht, zumindest nicht in diesen Dimensionen."
Thranduil lachte leise. „Das ist verständlich. Die Zeit fließt anders für uns, und es ist oft schwierig für andere, dies zu verstehen. Aber es ist auch eine der größten Stärken unserer Art – die Fähigkeit, über Jahrhunderte zu lernen und zu wachsen."
„Und dennoch..." Lúthëa hielt inne, unsicher, wie sie ihre Gedanken in Worte fassen sollte. „Fühlt es sich für mich seltsam an, dass ich in den Augen von euch Elben noch ein Kind bin. Ich habe so viel durchgemacht, so viele Kämpfe ausgefochten..."
„Das hast du, Lúthëa", stimmte Thranduil zu. „Und genau deshalb wirst du von uns geschätzt. Es spielt keine Rolle, ob du jung oder alt bist, was zählt, ist die Stärke deines Geistes und deines Herzens."
Lúthëa sah Thranduil dankbar an, doch in ihrem Inneren brodelten die Gedanken weiter. Wie würde sich ihre Freundschaft mit Legolas verändern, wenn sie diese neuen Erkenntnisse wirklich verinnerlichte? Was bedeutete es, dass sie im Vergleich zu ihm noch so jung war? Und würde sie jemals in der Lage sein, wirklich als seinesgleichen zu gelten?
„Du denkst zu viel nach", sagte Thranduil mit einem weichen Lächeln, als ob er ihre Gedanken erraten hätte. „Mach dir keine Sorgen um das Alter. Du und Legolas – ihr habt eine besondere Verbindung, die über das einfache Verständnis von Zeit hinausgeht. Genieße die Freundschaft, die ihr habt, und lass die Zukunft sich selbst entfalten."
Lúthëa nickte langsam. „Ihr habt recht, mein König. Ich sollte mich nicht von solchen Gedanken ablenken lassen. Aber... es wird schwer sein, nicht daran zu denken."
Thranduil erhob sich von seinem Stuhl und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Das ist der Lauf der Dinge, Lúthëa. Aber du wirst deinen Weg finden, so wie wir alle. Und jetzt solltest du dich vielleicht darauf vorbereiten, Legolas' Geburtstag zu feiern. Es wird ein besonderer Tag für ihn – und für alle von uns."
„Ja, das werde ich", sagte Lúthëa mit einem entschlossenen Lächeln. „Ich werde ihm eine Freude bereiten, die er nicht so schnell vergessen wird."
Thranduil lächelte zufrieden. „Das hört sich nach einem guten Plan an. Und vergiss nicht, es ist nicht nur ein Geburtstag – es ist der Beginn eines neuen Kapitels in Legolas' Leben."
Mit diesen Worten verließ Thranduil den Raum und ließ Lúthëa allein mit ihren Gedanken zurück. Sie saß noch eine Weile da, tief in Überlegungen versunken. Der Gedanke an Legolas' bevorstehenden Geburtstag und die Bedeutung dieses Ereignisses für ihn beschäftigte sie. Sie wollte, dass es ein besonderer Tag wurde, aber sie wusste auch, dass sie in der kurzen Zeit, die ihr blieb, viel zu tun hatte.
„Ein neues Kapitel", murmelte sie vor sich hin und stand schließlich auf. „Es ist Zeit, dass ich meinen Teil dazu beitrage, dass dieses Kapitel ein gutes wird."
Mit festem Entschluss machte sie sich auf den Weg, um Vorbereitungen zu treffen. Sie hatte nur acht Tage Zeit, aber sie wusste, dass sie mit der Hilfe der anderen Elben des Düsterwaldes etwas wirklich Besonderes auf die Beine stellen konnte. Legolas bedeutete ihr so viel, und sie wollte sicherstellen, dass dieser Geburtstag ein unvergesslicher Moment in seinem langen Leben wurde.
Am nächsten Morgen, als die ersten Sonnenstrahlen durch das Blätterdach des Düsterwaldes brachen, machte sich Lúthëa auf den Weg, um Legolas zu finden. Ihre Gedanken kreisten immer noch um das Gespräch mit Thranduil, und sie wusste, dass sie mit Legolas darüber sprechen musste. Sie fand ihn schließlich auf einem der kleineren Trainingsplätze, wo er gerade dabei war, seine Schwerttechnik zu verfeinern.
„Guten Morgen, Legolas", begrüßte sie ihn, während sie auf ihn zuging. „Kann ich kurz mit dir reden?"
Legolas drehte sich um und sah sie mit einem warmen Lächeln an. „Natürlich, Lúthëa. Was beschäftigt dich?"
Lúthëa trat näher und ließ ihre Worte vorsichtig wählen. „Gestern habe ich mit deinem Vater gesprochen... und er hat mir erzählt, dass du bald 2000 Jahre alt wirst."
Legolas hob eine Augenbraue und lächelte verschmitzt. „Hat er das? Ja, das ist wahr. In sieben Tagen werde ich das zweitausendste Jahr meines Lebens erreichen."
Lúthëa zögerte einen Moment, bevor sie weitersprach. „Das hat mich ziemlich überrascht. Ich meine, ich wusste, dass Elben lange leben, aber... 2000 Jahre?"
Legolas konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen. „Es ist eine lange Zeit, nicht wahr? Aber für Elben ist das erst der Anfang des Erwachsenenalters. Ich werde erst dann als wirklich erwachsen angesehen."
Lúthëa betrachtete ihn skeptisch. „Das heißt also... du bist bis jetzt noch als Kind angesehen worden?"
Legolas nickte und grinste. „Genau. In den Augen der älteren Elben bin ich noch ein Jungspund."
Lúthëa schüttelte den Kopf, als sie versuchte, das zu verarbeiten. „Aber du... du hast so viel Erfahrung und Wissen. Es fällt mir schwer zu glauben, dass du noch nicht als erwachsen giltst."
„Das ist eine Frage der Perspektive", erwiderte Legolas. „Für Elben ist das Leben ein langer Weg, und wir nehmen uns Zeit, um wirklich zu reifen. Die ersten zweitausend Jahre sind eher eine Phase des Lernens und Wachsens."
„Und ich?" fragte Lúthëa zögerlich. „Was bin ich für dich? Dein Vater sagte, ich wäre für Elben wie ein Kind, aber ich fühle mich nicht so."
Legolas lächelte sanft, aber es schimmerte etwas Amüsiertes in seinen Augen. „Du bist für uns tatsächlich noch sehr jung, Lúthëa. Aber das bedeutet nicht, dass ich dich weniger ernst nehme. Es ist eher so, dass ich dir manchmal etwas mehr Nachsicht gewähre, weil ich weiß, dass du noch am Anfang deiner Reise stehst."
Lúthëa verschränkte die Arme und sah ihn herausfordernd an. „Nachsicht? Das klingt so, als würdest du mich schonen, weil ich jünger bin."
Legolas lachte leise. „Vielleicht ein bisschen. Ich habe dich nicht immer so hart rangenommen, weil ich weiß, dass du noch viel Zeit hast, um zu lernen und dich zu entwickeln. Aber glaub mir, das mindert in keiner Weise deine Fähigkeiten. Du bist in kurzer Zeit unglaublich gewachsen und hast Dinge erreicht, auf die du stolz sein kannst."
„Aber... du hast mich nicht so hart rangenommen, weil du dachtest, ich bin ein Kind?" fragte Lúthëa und konnte die Mischung aus Frustration und Unsicherheit in ihrer Stimme nicht verbergen.
Legolas legte seinen Kopf leicht schief und musterte sie. „In gewisser Weise, ja. Aber das bedeutet nicht, dass ich deine Stärken und deine Entschlossenheit nicht anerkenne. Du bist außergewöhnlich, Lúthëa, und ich sehe dich als gleichwertige Partnerin, nicht als Kind."
Lúthëa entspannte sich ein wenig, aber die Verwirrung blieb. „Ich verstehe, aber es ist schwer für mich, das alles zu akzeptieren. Für mich bist du..." Sie hielt inne und suchte nach den richtigen Worten. „Für mich bist du ein Freund, jemand, zu dem ich aufschaue. Es fühlt sich komisch an, dass wir in so unterschiedlichen Phasen unseres Lebens stehen."
Legolas trat näher und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Lúthëa, es spielt keine Rolle, wie alt wir sind oder wie lange wir leben. Was zählt, ist die Verbindung, die wir zueinander haben. Und ich sehe dich als meine Freundin, als jemand, den ich sehr schätze und respektiere."
Lúthëa blickte in seine blauen Augen und fand dort eine Ehrlichkeit, die sie beruhigte. „Ich danke dir, Legolas. Ich weiß, dass ich noch viel lernen muss, aber es bedeutet mir viel, dass du mich ernst nimmst."
„Das tue ich", bestätigte Legolas mit einem Lächeln. „Und ich freue mich darauf, noch viele Jahre mit dir zu verbringen, während wir beide weiter lernen und wachsen. Schließlich hast du das Potenzial, eine großartige Kriegerin zu werden – und das, meine liebe Lúthëa, ist unabhängig vom Alter."
Lúthëa lächelte schließlich zurück, beruhigt und gestärkt durch seine Worte. „Dann werde ich weiter an mir arbeiten, und vielleicht werde ich eines Tages sogar im Schwertkampf besser."
Legolas zwinkerte ihr zu. „Das will ich hoffen. Aber sei gewarnt – ich werde dich nicht mehr schonen, jetzt, wo du das weißt."
„Das habe ich auch nicht anders erwartet", erwiderte Lúthëa und schulterte entschlossen ihr Schwert. „Also, was ist das nächste Training?"
„Heute", sagte Legolas mit einem verschmitzten Lächeln, „werden wir an deiner Technik im Nahkampf arbeiten. Ich denke, es ist an der Zeit, dich richtig herauszufordern."
„Ich bin bereit", sagte Lúthëa mit einem entschlossenen Funkeln in den Augen. „Zeig mir, was du drauf hast."
Die beiden nahmen ihre Kampfstellung ein, und während die ersten Schläge ausgetauscht wurden, wusste Lúthëa, dass sie auf einem langen Weg war – einem Weg, der nicht nur ihre Fähigkeiten als Kämpferin, sondern auch ihre Freundschaft mit Legolas weiter vertiefen würde.
Nachdem sie den Schwertkampf beendet hatten, wischte sich Lúthëa den Schweiß von der Stirn. Ihre Arme zitterten leicht vor Anstrengung, aber sie fühlte sich erfüllt. Legolas war ein fordernder Lehrer, doch er gab ihr auch immer das Gefühl, dass sie Fortschritte machte.
„Nicht schlecht, Lúthëa," sagte Legolas mit einem anerkennenden Nicken. „Du wirst immer besser im Nahkampf. Aber ich denke, es ist an der Zeit, dir eine andere Herausforderung zu zeigen."
Lúthëa sah ihn neugierig an. „Was meinst du?"
Legolas grinste und legte seine Hand leicht auf ihre Schulter. „Komm mit, ich möchte dir das Trainingsniveau zeigen, auf dem die erwachsenen Elben hier im Düsterwald trainieren. Es wird dir einen guten Eindruck davon geben, worauf du hinarbeiten kannst."
Mit einem Hauch von Spannung und Aufregung folgte Lúthëa ihm. Sie gingen durch die dichten Bäume, bis sie eine Lichtung erreichten, auf der sich mehrere Elben versammelt hatten. Sie alle hielten ihre Bögen bereit, die Sehnen gespannt, und ihre Blicke waren auf winzige, fast unsichtbare Ziele in der Ferne gerichtet.
Legolas deutete auf die Ziele. „Schau genau hin. Die Ziele sind hundert Meter entfernt, und es geht darum, sie mit absoluter Präzision zu treffen."
Lúthëa kniff die Augen zusammen und folgte dem Weg der Pfeile. Die Zielscheiben waren so klein, dass sie kaum mehr als ein kleiner Punkt in der Ferne waren. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie jemand auf diese Entfernung treffen sollte. „Das ist doch unmöglich," murmelte sie.
„Nicht ganz unmöglich," antwortete Legolas, „aber es ist eine echte Herausforderung. Ich dachte, es wäre interessant, dir zu zeigen, worauf du dich freuen kannst."
Mit diesen Worten nahm Legolas seinen Bogen und legte einen Pfeil an. Er atmete tief ein, konzentrierte sich und ließ den Pfeil los. Lúthëa beobachtete gespannt, wie der Pfeil durch die Luft flog, fast lautlos, aber als er das Ziel erreichte, verfehlte er es knapp. Der Pfeil traf nur wenige Zentimeter daneben ins Holz.
Legolas verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. „Verdammt, ich habe es nicht geschafft."
Lúthëa unterdrückte ein Lachen. „Und das soll das Niveau der Erwachsenen sein? Du hast es nicht einmal geschafft, das Ziel zu treffen!"
Legolas konnte sich ein amüsiertes Lächeln nicht verkneifen. „Es ist schwieriger, als es aussieht. Aber warte, bis du die anderen siehst."
Sie drehte sich um und beobachtete die anderen Elben. Jeder von ihnen zog die Sehne ihres Bogens straff und ließ den Pfeil los. Lúthëa staunte, als sie sah, dass die meisten von ihnen die winzigen Ziele tatsächlich trafen. Die Pfeile flogen mit einer solchen Präzision, dass sie fast wie Teil des Windes wirkten, unsichtbar und doch unfehlbar.
Lúthëa fühlte sich, als wäre sie in eine Falle getappt. „Das ist nicht euer Ernst... Wie können sie das schaffen? Und warum verfehlst du, während sie treffen?"
Legolas lachte leise. „Weil ich auch noch lerne, Lúthëa. Diese Elben trainieren seit Jahrhunderten auf diesem Niveau. Es erfordert unglaubliche Konzentration und Perfektion in der Technik. Und ich wollte dir zeigen, wie weit du noch gehen kannst."
Lúthëa schnaubte leicht, fühlte sich jedoch auch ein wenig entmutigt. „Also hast du mich hergebracht, um mir zu zeigen, dass ich noch ewig weit davon entfernt bin, so gut zu werden?"
Legolas schüttelte den Kopf und legte einen Arm um ihre Schultern. „Ganz und gar nicht. Ich habe dich hergebracht, um dir zu zeigen, dass selbst ich nicht perfekt bin und dass es immer etwas gibt, worauf man hinarbeiten kann. Jeder von uns, egal wie alt oder erfahren, hat noch Ziele und Herausforderungen vor sich."
Lúthëa seufzte tief und ließ ihren Blick wieder zu den Elben gleiten, die weiterhin ihre Pfeile abschossen, fast mühelos die winzigen Ziele treffend. „Es sieht so leicht aus, wenn sie es machen. Aber ich weiß, dass es das nicht ist."
„Es ist nicht leicht, aber es ist auch nicht unmöglich," sagte Legolas aufmunternd. „Du bist auf einem guten Weg, Lúthëa. Und irgendwann wirst du vielleicht auch auf dieses Niveau kommen."
Lúthëa nickte langsam, obwohl sie sich immer noch etwas verunsichert fühlte. „Ich weiß, dass ich noch viel zu lernen habe. Aber es ist irgendwie beruhigend zu wissen, dass auch du nicht alles perfekt kannst."
Legolas grinste. „Selbst die Besten haben ihre Schwächen. Wichtig ist nur, dass wir uns nie von ihnen entmutigen lassen."
Lúthëa nahm einen tiefen Atemzug und nickte dann entschlossen. „Dann werde ich weiter üben. Vielleicht nicht sofort auf diesem Niveau, aber ich werde mich Schritt für Schritt verbessern."
„Das ist die richtige Einstellung," sagte Legolas und klopfte ihr freundschaftlich auf die Schulter. „Und denk daran, dass ich immer hier bin, um dir zu helfen, wann immer du es brauchst."
Lúthëa lächelte ihn an. „Danke, Legolas. Ich werde mir Mühe geben, nicht die Geduld zu verlieren."
„Das wird dir gut tun," antwortete Legolas mit einem verschmitzten Lächeln. „Aber sei gewarnt – beim nächsten Training werde ich keine Gnade walten lassen."
Lúthëa lachte, dieses Mal aus vollem Herzen. „Das will ich hoffen!"
Sie kehrten zusammen zum Trainingsplatz zurück, wo sie den Tag mit weiteren Übungen verbrachten. Trotz der Herausforderungen, die vor ihr lagen, fühlte Lúthëa sich durch Legolas' Unterstützung gestärkt und motiviert. Sie wusste, dass sie noch einen langen Weg vor sich hatte, aber mit einem Freund wie Legolas an ihrer Seite würde sie jede Hürde überwinden können.
Die Sonne war bereits hoch am Himmel, als Legolas und Lúthëa ihr Training auf der Lichtung fortsetzten. Die Anstrengung und die Konzentration, die sie aufgebracht hatten, waren enorm, und sie beide waren von der intensiven Übung erschöpft. Lúthëa versuchte, ihre Form zu verbessern, und Legolas half ihr geduldig, ihre Technik zu verfeinern. Doch die kleine Pause, die sie gerade einlegten, sollte bald durch ein unerwartetes Ereignis unterbrochen werden.
Thranduil, der in der Nähe der Lichtung spazieren gegangen war, kam nun näher. Er hatte das Training von Legolas und Lúthëa beobachtet und deutete mit einem zufriedenen Lächeln auf seine Position. „Legolas, ich habe gesehen, wie du nun zum 70.000. Mal versucht hast, das Erwachsenen-Niveau zu erreichen, ohne es zu schaffen."
Legolas erstarrte und errötete leicht. „Vater, ich... ich versuche nur, mich zu verbessern."
Thranduil nickte, aber sein Gesichtsausdruck wurde ernster. „Das sehe ich. Aber vielleicht solltest du aufhören, dich auf die leichteren Dinge zu konzentrieren. Es scheint, dass du bereits alles über das Anfänger-Niveau hinaus gelernt hast."
Legolas warf Lúthëa einen besorgten Blick zu. „Ich trainiere gerade Lúthëa. Sie ist noch nicht bereit für das fortgeschrittene Niveau. Es wäre nicht fair, sie gleich in diese Herausforderung zu werfen."
„Aber Legolas," entgegnete Thranduil ruhig, „Lúthëa hat die fortgeschrittenen Übungen noch gar nicht ausprobiert. Wie kann sie wissen, ob sie bereit ist, wenn sie es nicht einmal versucht hat?"
Legolas sah sichtlich unbehaglich aus, wusste aber, dass eine Diskussion mit seinem Vater wenig Nutzen bringen würde. „Gut, Vater. Dann machen wir es so. Aber sei bitte nachsichtig, es könnte..."
„Es wird keine nachsichtige Behandlung geben," unterbrach Thranduil, „sondern einfach die Realität der Herausforderungen, die auf diesem Niveau auf einen warten."
Mit diesen Worten zog Thranduil sich zurück und ließ Lúthëa und Legolas allein auf der Lichtung. Legolas atmete tief durch und wandte sich an Lúthëa. „Nun, ich schätze, wir fangen mit den fortgeschrittenen Übungen an."
Lúthëa nickte nervös. „Wenn du meinst, dass es an der Zeit ist..."
„Es wird schon," sagte Legolas mit einem aufmunternden Lächeln. „Aber sei dir bewusst, dass es extrem schwierig ist. Viele Elben, sogar erfahrene, tun sich schwer damit."
Sie positionierten sich wieder an den Schießplätzen, wobei Legolas und Lúthëa nun deutlich anspruchsvollere Ziele anvisierten. Diese waren noch kleiner und weiter entfernt, und die Aufgabe schien nahezu unmöglich.
Legolas nahm seinen Bogen und legte einen Pfeil an. „Sei dir sicher, dass du die Technik gut beherrschst und deine Konzentration auf das Ziel richtest. Wir müssen es einfach weiter versuchen."
Lúthëa nickte und folgte seinem Beispiel. Doch trotz aller Bemühungen und der intensiven Konzentration verfehlten ihre Pfeile die Ziele. Die Stunden vergingen und die Sonne begann langsam unterzugehen, aber weder Legolas noch Lúthëa konnten auch nur eines der winzigen Ziele treffen.
Schließlich zog Legolas nach weiteren Versuchen tief durch. „Das ist frustrierend," sagte er, während er seine Bogensehne entspannte. „Aber wir dürfen nicht aufgeben. Wir müssen es einfach weiter versuchen."
Lúthëa fühlte sich zunehmend demoralisiert. „Wie lange soll das noch so weitergehen? Es scheint, als wäre es einfach unmöglich."
Legolas seufzte. „Ich weiß, es ist hart. Aber es ist wichtig, dass du das auch verstehst, Lúthëa. Das ist der Weg, auf dem die fortgeschrittenen Elben ihre Fähigkeiten perfektionieren. Es ist nicht nur eine Frage von Technik, sondern auch von Geduld und Ausdauer."
„Wie lange hast du gebraucht, um sah nah an diesen Zielen vorbeizuschießen?" fragte Lúthëa, immer noch frustriert.
Legolas sah sie an und antwortete zögernd. „Ich habe etwa 8000 Versuche gebraucht, bevor ich wirklich Fortschritte gemacht habe."
Lúthëa starrte ihn ungläubig an. „8000 Versuche? Das ist... das ist verrückt!"
„Es ist extrem herausfordernd," bestätigte Legolas. „Aber es ist auch ein Weg, um unsere Fähigkeiten auf das höchste Niveau zu bringen. Jeder Versuch bringt uns ein Stück näher zum Ziel."
Lúthëa warf einen Blick auf die noch immer nicht getroffen Ziele und fühlte sich ein wenig verarscht. „Und ich dachte, ich könnte hier etwas lernen und mich verbessern. Stattdessen habe ich das Gefühl, dass ich mich nur in einem endlosen Kreislauf aus Misserfolgen befinde."
„Es ist schwer," sagte Legolas mitfühlend. „Aber denke daran, dass selbst die besten Elben nicht sofort perfekt sind. Jeder von uns muss seinen eigenen Weg finden."
„Das ist leicht gesagt," erwiderte Lúthëa, „aber ich sehe einfach keine Fortschritte."
Legolas legte eine Hand auf ihre Schulter. „Wir sollten eine Pause machen und es morgen wieder versuchen. Es ist wichtig, dass wir nicht den Mut verlieren. Du bist auf dem richtigen Weg, auch wenn es momentan schwer erscheint."
Lúthëa nickte, wenn auch etwas widerwillig. „Vielleicht hast du recht. Ein bisschen Abstand könnte uns helfen, klarer zu denken."
Mit diesen Worten packten sie ihre Ausrüstung zusammen und verließen die Lichtung. Lúthëa war still, ihre Gedanken wirbelten vor Frustration und Müdigkeit. Doch als sie zu ihrem Quartier zurückkehrten, war sie entschlossen, nicht aufzugeben. Es war klar, dass der Weg zur Meisterschaft lang und voller Herausforderungen sein würde, aber sie wusste auch, dass sie mit Legolas an ihrer Seite eine Chance hatte, diese Hürden zu überwinden.
„Ich werde es morgen noch einmal versuchen," sagte sie schließlich, als sie sich von Legolas verabschiedete. „Ich werde nicht aufgeben."
Legolas lächelte und nickte anerkennend. „Das ist die richtige Einstellung, Lúthëa. Und ich werde bei dir sein, um dir zu helfen, so gut ich kann. Wir schaffen das gemeinsam."
Lúthëa lächelte schwach zurück, als sie sich in ihr Quartier zurückzog. Die Entschlossenheit, die in ihrem Inneren brannte, half ihr, die Enttäuschung zu überwinden. Sie wusste, dass der Weg steinig war, aber sie war bereit, ihn zu gehen, Schritt für Schritt, Pfeil für Pfeil.
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