1.Kapitel (Das Date)
"You just can't be replaced"
- (Garret Nash, rosabelle eales)
Sie nahm einen Zug von ihrer Zigarette. Er sah fasziniert auf ihre langen, schlanken Finger. Ein schlichter silberner Ring fiel ihm auf. Er wollte danach fragen, doch sie kam ihm zuvor.
,,Also... Erik?!"
,,Oliver."
,,Wer bist du so?"
,,So direkt hat mich das noch niemand gefragt."
Er schmunzelte verdutzt und kratzte sich die dunklen Bartstoppeln.
,,Ich schätze mal Ich bin Oliver Smith. Manchmal Oli genannt. Ich bin achtundzwanzig und arbeite als Elektriker. Ich wohne im westlichen Teil von London, mit einem Mitbewohner der Philosophie studiert und mir die Haare vom Kopf frisst. Aufgewachsen bin ich in Cornwall. Ich habe zwei Schwestern und eine Hand voll Freunde. Ich mag gutes Essen, gutes Bier, gute Filme, schwimmen, Hunde und Fußball spielen. Ich glaub das wars. Möchtest du sonst noch irgendwas wissen?"
Sie nahm erneut einen Zug von ihrer Zigarette. Der dunkelrote Lippenstift den sie trug hinterließ einen Abdruck.
,,Hast du eine Freundin?"
Er lachte auf, sowohl verdutzt als auch etwas geschmeichelt. ,,Sonst wäre ich wohl kaum grade auf einem Tinder Date."
,,Oh du wärst überrascht." Sagte sie kühl und lehnte sich zurück. ,,Wieviele Typen auf Dates gehen obwohl sie eine Freundin haben."
Es amüsierte sie wenn Männer geschmeichelt von dieser Frage wirkten. Sie nahmen es immer als das ultimative Zeichen, dass sie interessiert an ihnen war. Dabei ging es ihr nur darum das Territorium einer anderen Frau zu respektieren, wenn sie sich eine neue Ablenkung für eine Nacht suchte.
,,Keine Sorge. Ich bin keiner davon."
Versicherte er ihr.
Sie zog einen Mundwinkel hoch. ,,Gut zu hören."
Sie drückte ihre Zigarette aus. Betont gelangweilt.
,,Also... Oliver?! Warum lassen wir das hier nicht einfach und gehen zu mir? Ist nur ein paar Straßen entfernt."
Verdutzt fuhr er sich durch die Bartstoppeln.
,,Ähm Also eigentlich wollte ich es eher langsam angehen lassen, aber wenn du möchtest dann gerne."
Zögerlich winkte er dem Kellner und ließ sich die Rechnung bringen. Ein Tequila für sie, ein Bier für ihn.
Sie zückte ihr Portemonnaie. Er winkte ab.
,,Selbstverständlich lad ich dich ein."
Als hätte sie ihn nicht gehört legte sie einen 20 Pfund schein über die Rechnung und beschwerte beides mit ihrem leeren Tequilaglas. Es war mehr als doppelt so viel Geld wie auf der Rechnung stand.
Oliver staunte leise, während sie aufstand und ihren schwarzen Mantel zuknöpfte. Er fragte ,,Was machst du eigentlich beruflich?"
Sie wandte sich zum gehen.
,,Ich bin im letzten Jahr von meinem Studium und arbeite nebenbei als Model."
,,Als Model?!"
Sie musste sich nicht einmal umdrehen, um zu sehen wie seine Augen aufleuchteten.
Es war immer so. Mit allen Männern.
Sie liebten es ihren Freunden bei einem Bier davon zu erzählen. "Das Mädchen mit dem ich mich zurzeit treffe ist 'n Model." Als wäre das der ultimative Beweis, dass eine Frau schön wäre. Oder elegant.
In Wirklichkeit war nichts an dem Beruf sonderlich schön oder glamourös, aber das wollten die Typen ja nicht wissen.
,,Ja. Kommst du?"
Sie lief voraus und er eilte hinter ihr her.
Das Haus in dem sie lebte war weiß, vier Stockwerke, völlig unscheinbar. Sie ignorierte den Fahrstuhl und führte ihn die Treppe hoch, in den ersten Stock, wo sie ihre Wohnungstür aufschloss und ihren Mantel aufhang, ohne Oliver eines weiteren Blickes zu würdigen.
Er trat zögernd hinter ihr ein und musterte die Inneneinrichtung. Viel zu mustern gab es nicht. Alles war weiß. Möbel gab es kaum. Persönliche Gegenstände auch nicht. Die Wohnung war gradezu kahl.
,,Schön hast du's hier." Fühlte er sich trotzdem verpflichtet zu sagen. ,,Wann, äh, wann bist du eingezogen?"
,,Vor ein paar Monaten." Antwortete sie und öffnete eine Tür. Die Schlafzimmertür.
Nachdem er die mangelde Möblierung im Rest der Wohnung gesehen hatte war er beinahe überrascht zu sehen, dass dort ein Bett, ein Schrank und ein Schreibtisch standen. Letzterer war erst halb aufgebaut.
,,Ein paar Monate erst?! Das erklärt warum es noch ein bisschen leer ist." Sagte er freundlich.
Sollte er einen gemeinsamen Besuch im Möbelhaus als zweites Date vorschlagen, oder wäre das viel zu früh? Er schüttelte den Kopf. Es war noch viel zu früh. Es würde merkwürdig wirken.
Sie stand mit dem Rücken zu ihm und zog sich plötzlich ihren schwarzen Kaschmirpullover über den Kopf. Darunter trug sie nur einen roten Spitzen BH.
Eigentlich hätte das stimulierend wirken müssen, aber Oliver verschluckte sich fast. Villeicht lag es an dem kargen weißen Zimmer mit dem halbaufgebauten Schreibtisch, oder dem viel zu hellen Licht, aber nichts an der Szene war irgendwie sexy.
Ein wenig überfordert sah er zur Tür und zurück, als sie sich vor ihn stellte und ihre Hände auf seine Hüfte legte. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, aber sie sah ihn nicht an.
Er stolperte zurück, als sie sich an seinem Gürtel zu schaffen machte.
,,He! Warte!"
Sie ließ von ihm ab. ,,Ja?"
,,Ich kann das jetzt nicht. Ich kenn dich doch gar nicht!"
Oliver würde sich niemals als einen Romantiker bezeichnen, aber eine gewisse Art von emotionaler Verbindung brauchte er doch, um mit jemandem zu schlafen. Diese Frau war zwar unglaublich attraktiv, aber ihm genauso fremd wie der alte Mann neben dem er auf der Herfahrt in der U-Bahn gesessen hatte.
Sie hob die Augenbrauen. ,,Und weil du mich nicht kennst möchtest du nicht mit mir schlafen?" Fragte sie verständnislos.
Er fuhr sich durch die Haare. ,,Guck mal, du bist wirklich sehr attraktiv und so, aber ich kenne dich wirklich überhaupt nicht. Das hier..."
Er machte eine Handbewegung die den ganzen Raum einfangen zu schien. ,,Das hier fühlt sich eher an wie ein Besuch im Puff, um ehrlich zu sein. Und das wollte ich nicht. Ich wollte ein Date!"
Sie hörte ihm nicht einmal zu.
,,Du kennst meinen Namen, mein Alter, meinen Job und weißt wo ich wohne. Was willst du noch wissen?!"
Er zuckte mit den Schultern. ,,Na ja, halt mehr! Wie du so bist, wer du so bist, was dir wichtig ist, wie deine Kindheit war, was deine Pläne für die Zukunft sind."
Er gestikulierte hektisch mit den Händen. ,,Schau mal, ich möchte ja gerne, aber ich muss mich davor zumindestens ein Mal anständig mit dir unterhalten haben! Wie wäre es wenn wir uns zusammen hinsetzen, eine Tasse Tee trinken, oder meinentwegen auch ein Glas Wein, und du erzählst mir dabei etwas."
Sie überlegte. Noch nie vorher war ihr so jemand untergekommen. Normalerweise liebten Männer unverbindlichen Sex. Eigentlich könnte sie ihm einfach sagen, dass er gehen sollte, wenn er das nicht wollte.
Aber sie konnte heute Nacht einfach nicht alleine sein. Dann kämen die Erinnerungen zurück.
Sie fragte,,Und was soll ich dir erzählen?"
,,Das ist egal. Etwas über dich, oder einfach irgendetwas. Eine Geschichte oder Herrgott... meinentwegen auch ein Märchen! Hauptsache du erzählst mir etwas damit ich ein Gefühl dafür kriege wie du so bist."
Ihre Mundwinkel zuckten. Villeicht würde der heutige Abend doch noch interessant werden.
,,Einverstanden."
Sie zog sich den Pullover wieder über und führte ihn in die Küche. Tee hatte sie nicht da, aber dafür mehr Wein als Essen.
Sie setzten sich einander gegenüber auf den Boden. Einen Küchentisch gab es nicht. Oliver entkorkte die Flasche und goß Wein in zwei Gläser. Erwartungsvoll sah er sie an.
Sie nippte am Wein.
,,Ich kann dir also einfach irgendwas erzählen, ja?"
,,Am liebsten wär mir was über dich, aber tendenziell ja."
Sie nickte. Auf einmal etwas nervös.
,,Also..." hob sie mit leiser Stimme an.
,,Ich erzähl dir jetzt eine Geschichte. Und sie fängt mit einem Jungen an. Leo. Oder Nein. Eigentlich mit der Eiskönigin. Es hat alles mit der Eiskönigin angefangen..."
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