I'm a Genius

9. März 2019

Ja, ich bin ein Genie, aber fangen wir mal am Anfang an:

Heute morgen war ich auf Ärger getrimmt. Die Periode ist gerade vorbei, mein Schlafkonsum lässt so ganz leicht zu wünschen übrig und ich war zickig wie eine gereizte Wespe die einen starken Kater nach einer langen Partynacht hat, die ich nicht hatte.

Kurz gesagt, ich bin eben ein Mädchen.

Und da heute Samstag ist, dachte ich mir, dass ich mich mal der Jackentasche widme, die mein schöner Mantel nicht hat. Es ist wirklich ein schöner Mantel und kombiniert mit meinem coolen Hut fühle ich mich wie ein richtiges Cowgirl. Aber dem Mantel fehlen Taschen für die Hände. Da mich das schon lange stört, wollte ich dem Mantel heute welche nähen und dafür Stoffe von Kleidung verwenden, die ich nicht mehr trage und extra für solche Anlässe gesammelt habe.

Zusätzlich hat mir meine angeheiratete Tante vor ein paar Tagen einen Haufen ihrer alten Kleidung geschenkt, in den sie nicht mehr passt. Und ich betone, die ihr nicht mehr passt. Ich bin jetzt nicht das schlankste Mädchen der Welt, aber meine Maße kann man definitiv nicht als mollig oder korpulent bezeichnen. Und wenn doch, leidet derjenige wohl an enormer Blindheit.

Dennoch musste ich mich in einige der Klamotten bei der Anprobe bei uns zuhause rein zwängen, da sie wirklich sehr ... atemraubend sind. In einigen fühlte ich mich total eingeengt und hatte fast schon Platzangst, weswegen ich sie kurzerhand zerstört habe, um raus zu kommen. Und da meine Tante eh nicht dabei war, musste ich mich auch nicht verantworten, immerhin kam all das, was ich von den Klamotten nicht wollte, auf die Kleidersammlung.

Allerdings hasse ich es wie die Pest, Klamotten anzuziehen und wieder auszuziehen, dann wieder anzuziehen und auszuziehen. Deswegen verschob ich die Anprobe der restlichen Sachen auf den nächsten Tag. Und auf den nächsten Tag und auf den nächsten Tag. Mama meinte dann, wenn ich die Sachen nicht weg packe, würde sie alles weg schmeißen, was ich noch nicht anprobiert habe.

Ich aber wollte alles behalten, da ich die Stoffe für Tage wie heute nutzen wollte. Und heute wollte ich die Stoffe für die Tasche nutzen, aber sie waren weg. Mama hat sie weg geworfen. Und da ich trotzig und faul bin, nahm ich nicht die Stoffe, die ich oben in meinem Zimmer lagerte, sondern die Sachen vom Wäscheständer im Wohnzimmer und begann dann vor Ort mit den Vorbereitungen für die Näharbeiten.

Den Stoff, den ich mir raus gesucht habe, war eine Jogginghose, die, wie sich dann raus stellte, meiner Mutter gehörte und diese wollte die Hose überhaupt nicht gerne hergeben. Wie Teenies so sind, bin ich einen Krieg mit meiner Mutter eingegangen und meinte, wenn sie will, dass ich einen anderen Stoff nehme, soll sie mir gefälligst die von oben bringen oder sie hätte einfach diese verdammten Klamotten nicht wegwerfen sollen.

Der Krieg ging dann solange, bis sie, mehr oder weniger, nachgegeben hat, oder besser gesagt beendet hat, indem sie mir schlicht und einfach verbot, ihre Hose zu zerschneiden und das Wohnzimmer verließ.

Und da ich, wie gesagt, trotzig und dickköpfig bin, wollte ich auf keinen Fall nachgeben und begab mich in die Vorbereitung. Ich zeichnete auf Papier einige Schablonen und schnitt sie aus, um sie auf den Stoffen nachzuzeichnen. Allerdings hatte ich doch Hemmung, die Hose zu zerschneiden, denn sie war einigermaßen neu und ich zerstöre generell nur ungern Dinge, die man noch irgendwann gebrauchen könnte.

Da kam es mir gerade recht, dass Papa mit mir und meinem Bruder nach Weserpark wollte und ich meine Arbeit kurz zum Abreagieren ruhen lassen konnte. Damit Mama ihre Hose nicht zurück stahl, versteckte ich sie vorsichtshalber, denn ich wollte auf keinen Fall nachgeben. Wenn sie nicht wollte, dass ihre Hose nicht als Jackentasche endete, sollte sie die anderen Stoffe runter bringen.

Bei Weserpark habe ich dann einen coolen schwarzen Pulli mit einem Totenkopf und der roten Zahl 69 gefunden, der mir nicht gepasst hat, eine Swetshirt-Jacke in schwarz mit richtig cooler Kapuze und Handschuhe, die richtig eng an den Fingern anliegen.

Zuhause habe ich die Hose wieder raus geholt, denn Mama war auch stur geblieben und hatte die Stoffe nicht runter gebracht. Stattdessen ist sie beleidigt in die Küche verschwunden, als sie sah, dass ich mich wieder der noch unfertigen Tasche gewidmet habe. Also habe ich eine Notlösung mit zerschnittenen Socken versucht, was nicht so funktioniert hat und ich aufgegeben habe.

Deswegen setzte ich mich ins Wohnzimmer und gab mich der Zeichnung des grausamen Kelpie hin, die ich schon seit gestern angefangen habe. Später kam Mama wieder rein ins Wohnzimmer und ignorierte mich sogar noch, als ich ihr das Bild zeigen wollte. Sie war sauer, da ich ihrem Glauben nach die Hose zerschnitten hatte und in dem Moment konnte ich als Psychisches Genie auftreten.

Ich drückte nicht nur auf die Tränendrüse, sondern rastete auch in gewissem Maße aus, reagierte sehr heftig und paranoid. Ich behauptete, sie wäre eine Lügnerin und Unterstellerin, die irgendeinen Mist erfindet, wie es ihr gerade passt. Dann habe ich ihrer Wut auf mich einen Dämpfer verpasst, indem ich ihr entgegen schmetterte, dass ich, 'extra um ihre Hose zu verschonen' auf Socken umgestiegen bin.

Eigentlich bin ich nur auf die Socken umgestiegen, weil der Jogginghosenstoff doch nicht mehr ganz so gut umzusetzen war und weil ich keinen Bock mehr auf Generve hatte. Und so schlimm, wie ich es dargestellt habe, war die Arbeit mit den Socken gar nicht.

Dann habe ich darüber geheult, dass sie meine Bilder nicht ansehen will und dass sie mir einfach Sachen unterstellt, die gar nicht stimmen, weil die Hose doch noch heile ist. Damit entzog ich ihr laut und schimpfend das Recht, mein Bild noch sehen zu dürfen und als mein Bruder ins Wohnzimmer reinschaute, verklagte ich meine Mutter beleidigt bei ihm und wiederholte noch einmal, dass sie das Bild nicht mehr sehen dürfte. Dabei habe ich großen Profit aus meiner Stimme gezogen, die sehr hoch und kindlich ist.

Dadurch habe ich Mama unterschwellig ein schlechtes Gewissen vermittelt, da sie ihre arme kleine Tochter im Stich lässt und ihr unrechtmäßig die Aufmerksamkeit entzieht. Und es hat gewirkt, was ich auch dem krassen Ton meiner Stimme zu verdanken habe.

Damit hatte ich sie dann in der Hand und den Rest des Abends so ziemlich meine Ruhe 😁 bin ich nun ein psychisches Genie oder wie oder was?

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