Der Irrtum
Während die anderen drei angeregt über Fluffy, Nicolas Flamel und jegliche Verschwörungstheorien diskutierten, stocherte Aurelia lustlos in ihrem Mittagessen. Sie war nur mitgekommen, weil Harry sie höflich darum gebeten hatte.
Seufzend gab sie es schließlich auf und schob den Teller weg. Vielleicht sollte sie wirklich mit Snape reden. Aber was würde es bringen? Bestimmt würde sie nur rumstammeln und am Ende würde es ihr schrecklich peinlich sein. Am besten ignorierte sie ihn einfach. Darum verließ sie schnell die Halle und würdigte den Tränkemeister keines Blickes, als er in die Halle eintrat.
Verdutzt blickte er ihr nach. Hatte er etwas falsch gemacht? Genervt rollte er mit den Augen. Frauen! Kinder! Eine schlimme Kombination. Wenn er schon ein Kind haben musste, warum konnte es dann nicht ein Junge sein?
Er ließ sich neben Dumbledore auf einen Stuhl fallen. Um sich zu beruhigen rieb er sich die Schläfen.
„Na, Probleme? Es scheint fast so, als ob der Haussegen schief hängt“, scherzte der Schulleiter und fing sich einen flammenden Blick ein.
„Sag mal, warum hat sie denn geweint? Ich habe sie gesehen … was hast du denn gesagt?“, stocherte Flittwick. Ja, dem kleinen Professor war es nicht entgangen, dass sie zu weinen begonnen hatte, nachdem der Kollege etwas gesagt hatte.
War denn heute jeder gegen ihn? „Im Grunde habe ich nichts gesagt! Wer weiß was diese Kinder für Stimmungsschwankungen haben!“, fuhr er seine Kollegen an. Er wollte doch einfach nur seine Ruhe.
„Tja Severus. Kinder spüren es, wenn ihre Eltern schlecht drauf sind. Das schlägt auch ihnen aufs Gemüt“, erklärte Sprout. Anscheinend war heutzutage jeder ein Familienberater! Warum war er bloß hierhergekommen?
„Ich weiß, was sie hat!“, meldete sich Hagrid zu Wort. Doch er sagte nicht was, sondern begann langsam ein Stück seines Steaks abzuschneiden und in den Mund zu stecken. So ging das eine Weile weiter, bis Severus entgültig der Geduldsfaden riss und er nachfragte. „Sie glaubt, dass Sie sie hassen, nur weil sie Ihre Tochter ist!“
Nicht nur der Zaubertränkelehrer starrte Hagrid verdutzt an, sondern die gesamte Lehrerschaft. „Warum weißt du das?“, fragte der Schwarzhaarige abfällig.
„Weil ich Kindern zuhöre und mich um sie kümmere“, meinte der Halbriese herausfordernd. Es war normalerweise nicht seine Art, aber er konnte es nicht leiden, wenn seine kleine Freundin traurig war. „Vielleicht sollten Sie mit Aurelia sprechen und alles klar stellen!“
Severus funkelte den Halbriesen an. Was brauchte er einen Rat von diesem Trampel zu befolgen. Er war alt genug, selbst zu wissen, was zu tun war. Der Appetit war ihm mittlerweile vergangen, also rauschte er besonders dramatisch aus der Halle.
***
Da keiner der beiden mit dem anderen reden wollte, ignorierte Aurelia den Tränkemeister einfach. Außer, wenn er ihr im Unterricht eine Frage stellte. Sie antwortete korrekt und erntete für Gryffindor Punkte.
Doch das war es auch schon. Snape bemühte sich auch nicht gerade darum, mit seiner Tochter mehr Worte zu wechseln. Ihn störte es zwar, dass er ihre Hausaufgaben nicht kontrollierte, aber es schien ihren Noten nicht zu schaden.
Doch er machte sich Sorgen. Das Mädchen war nicht mehr in der großen Halle zu sehen, also aß sie nichts mehr. Warum dachte sie, dass er sie hasste? Er wollte zwar nie ein Kind, aber er hatte die Umstände akzeptiert.
Auch Hermine machte sich Sorgen um ihre Freundin. Die junge Halliwell distanzierte sich immer mehr von ihren drei Freunden. Sie saß lieber auf ihrem Bett und dachte nach. Der Traum fiel ihr wieder ein. Dabei kam sie zum dem Schluss, wie dumm sie eigentlich war.
Das Mädchen bereute, was sie dem Schwarzhaarigen gesagt hat, er wäre ihr Schutzengel. Eine Träne rann ihr über die Wange. Es waren bereits 2 Wochen vergangen, seit sie das gesagt hatte. Sie wollte diesem Mann nie wieder sehen. Wenn er sie hasste, wollte er sie ja sowieso nie wieder sehen. Was machte sie also noch hier?
Aurelia sprang aus ihrem Bett und begann ihre Sachen in den Koffer zu werfen. Sie musste hier weg. Hier hielt sie nichts mehr. Zwar hatte sie gute Freunde gefunden, aber es war ihr unangenehm immer wieder unter Snapes Augen zu treten.
Doch sie würde schnell einen Brief voraus an ihre Schwestern schicken. Schließlich würden die sich wundern, wenn sie plötzlich mit Sack und Pack in Halliwell Manor auftauchte. Schnell kritzelte sie eine Nachricht auf einen Zettel. „Komme wieder nach Hause. Ich halte es hier nicht mehr aus. Lg Aurelia.“ Wie durch ein Wunder klopfte plötzlich Lily ans Fenster. Als ob das Käuzchen das gewusst hatte, dass sie gebraucht wurde. Die junge Halliwell steckte Lily die Nachricht in den Schnabel und ließ sie los fliegen.
Nachdem sie alles gepackt hatte blieb nur noch eines. Sie musste sich bei Dumbledore abmelden. Es würde nicht leicht werden. Vorsichtig klopfte sie an seine Tür. Gott sei Dank hatte sie das Passwort nicht vergessen.
„Herein?“ Das Mädchen stieß die Tür auf und trat schüchtern ein.
„Guten Tag, Aurelia. Gibt es etwas, dass du mit mir zu besprechen hast?“ Dumbledore sah sie aufmerksam über seine Halbmondbrille an. Das Kind sah nicht besonders gesund aus. Aber was wollte sie hier?
Aurelia holte tief Luft. „Ich würde mich gerne von dieser Schule abmelden. Es ist nichts für mich. Dafür bin ich nicht geschaffen. Ich sollte mich auf meine anderweitige Ausbildung konzentrieren.“
Dumbledore nickte und schwieg eine Weile. „Und du bist sicher, dass das der einzige Grund ist? Wenn du über etwas reden möchtest, kannst du gerne mit mir darüber reden!“ Doch die junge Halliwell schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht darüber reden. „Nun denn. Es hat mich gefreut, dass du hier warst und ich wünsche dir eine erfolgreiche Zukunft.“
„Danke, Sir. Ich werde noch heute abreisen. Mir tut es leid, falls ich irgendjemand Umstände bereitet haben sollte.“ Damit war sie fertig hier. Aurelia erhob sich und verließ das Büro des Schulleiters.
***
Severus Snape saß an seinem Schreibtisch und starrte in sein aufgeschlagenes Buch. Seine Augen folgten nicht dem Lauf der Buchstaben, sondern waren starr auf eine Stelle gerichtet. Dies war nur für seine Fassade. Er wollte mit keinem Reden.
Minerva jedoch beobachtete ihn die ganze Zeit über. Er sah nicht gut aus, stellte sie gedanklich fest. Ihr jüngerer Kollege erschien zwar zu jeder Mahlzeit in der Halle, aß aber nichts. Sein Blick war dabei immer auf den Gryffindortisch gerichtet und suchte nach jemand. Geschlafen schien er auch schon länger nicht zu haben, zumindest würde es die dunklen Ringe unter seinen Augen erklären. Langsam ging sie auf ihn zu.
„Vielleicht solltest du das Eis brechen. Wie es scheint hat sie deinen Sturkopf, also wird sie bestimmt nicht mit dir sprechen. Außerdem liegt es sowieso an dir, dich zu entschuldigen!“, erklärte sie ihm. Genervt sah Severus über den Rand seines Buches hinweg.
„Wofür? Ich habe weder etwas falsche getan, noch gesagt“, rechtfertigte er sich. Er schlug das Buch zu. Es hatte keinen Sinn, seine Tarnung aufrecht zu halten, wenn man sowieso mit ihm sprach. Minerva presste ihre Lippen aufeinander und sah ihn streng an. Diese Haltung erinnerte ihn schrecklich an seine Schulzeit. Sie sollte damit aufhören.
„Okay, okay. Ich werde mit ihr reden! Aber hör auf dich hier so aufzuplustern. Das ist ja schrecklich!“ Seine ältere Kollegin grinste ihn jedoch an. Wäre er noch Schüler, hätte er eine saftige Strafe kassiert.
„Na bitte, geht doch. Vielleicht solltest du es gleich tun“, hackte die Schottin nach. Genervt atmete der Tränkemeister aus und erhob sich. Doch zu mehr kam er nicht, denn plötzlich erschienen zwei Gestalten in Lehrerzimmer.
Sobald Phoebe sich materialisiert hatte, stapfte sie auf den Schwarzhaarigen zu und baute sich vor ihm auf. „Ich habe Sie gebeten auf sie Acht zugeben! Und nicht sie von hier zu vergraulen!“ Bei jedem einzelnen Wort tippte sie ihm hart auf die Brust.
„Und Sie sollten hier nicht einfach so reinplatzen!“, fuhr er sie an, doch die mittlere Halliwell ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
„Sie müssen ja ein richtiges Ekelpaket sein, wenn sie aufgibt. Aurelia lässt sich normalerweise nicht so einfach kleinkriegen! Was haben Sie getan?“ Sie stemmte ihre Hände in die Hüfte und funkelte Severus böse an. Er hatte keine Ahnung worum es ging.
„Ich habe nichts getan. Ihre Schwester glaubt nur etwas, was nicht stimmt! Und jetzt verschwinden Sie wieder!“ Er verschränkte die Arme und sah auf die Halliwell herab. Es war praktisch etwas größer zu sein.
Phoebe atmete wütend aus. Sie hatte es nicht nötig, sich so herablassend ansehen zu lassen. Sie wollte einen Schritt auf ihn zu machen, doch jemand hielt sie zurück. Die Halliwell hätte fast auf Paige vergessen, die sie hierher gebracht hatte. Lily, Aurelias Käuzchen, war mit einer Nachricht angekommen und Phoebe hatte sofort einen Verdacht gehabt.
„Phoebe lass es! Streit bringt nichts, dass solltest du aber am besten wissen!“, erinnerte die jüngere ihre ältere Schwester. Diese nickte und sah sie an.
„Ah zwei der drei Halliwells. Guten Tag, die Damen. Ihre Schwester hat vor, heute noch abzureisen!“ Alle Köpfe fuhren zur Tür. Dumbledore war eingetreten und hatte amüsiert das Schauspiel beobachtet.
Severus wusste nicht, was er denken sollte. Er wollte nicht, dass sie ging. Vielleicht hätte er sich doch mehr um seine Tochter kümmern müssen. Lily hatte damals recht gehabt. Er nahm immer alles so hin, ohne sich weiter um die Beziehung zu kümmern. Wenn er so nachdachte, hatte die Rothaarige immer recht gehabt.
„Wo ist sie jetzt?“, rutschte es ihm zu besorgt heraus. Minerva konnte sich ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen. Der Schwarzhaarige schien endlich etwas aufzutauen. Wie zur Antwort vernahmen sie einen Schrei.
Die beiden Halliwell und Severus sahen sich an und liefen einen Augenblick später los. Es gab keinen Zweifel daran, wer geschrien hatte.
Aurelia war der Meinung gewesen, dass sie sich von den Ländereien Hogwarts verabschieden musste. Auf dem Weg hierher war sie ihren Freunden begegnet, doch sie hatte sie ignoriert. Sie konnte Abschiede noch nie ertragen. Hermine hatte ihr zwar irgendetwas hinterher gerufen, aber sie hatte es nicht gehört.
Sie war ziellos umher gewandert und machte schließlich vor dem See halt. Die Wasseroberfläche glitzerte durch das wenige Sonnenlicht, das durch die Wolken drang. Sie war tief versunken in ihren Gedanken und bemerkte nicht die Gestalt die hinter ihr auftauchte.
Plötzlich packte sie jemand von hinten und legte ihr ein Messer an die Kehle. „Du dachtest wohl, dass du kurz in die Feuerhöhlen kommst, dort Tristan vernichtest und dann wieder nach Hause kannst und spielst? Aber ich habe eine Nachricht. So einfach ist das nicht. Du hast unseren Anführer getötet und dafür will ich etwas von dir Kleine. Und zwar deine Kräfte!“ Er drehte sie herum und sprach eine Zauberformel. Sofort durchzuckten das Mädchen höllische Schmerzen und sie schrie auf. Der Schrei hallte über das Gelände.
Es war alles zu schnell gegangen. Aurelia konnte sich nicht mehr bewegen. Sie fühlte es wie sich etwas aus ihrem Körper zog. Vor ihr bildete sich eine kleine Lichtkugel, die immer größer wurde.
„AURELIA!“ Hermine, Ron und Harry waren der jungen Halliwell gefolgt und mussten nun mit ansehen, wie ihrer Freundin Schmerzen zugefügt wurden. Hermine überlegte nicht lange sondern holte sofort Hilfe. Doch sie musste nicht lange laufen. Snape und zwei Frauen kamen ihr entgegen.
„Wo ist sie?“ Als Antwort zeigte Hermine die Richtung. Sie war außer Atem. Keuchend folgte sie den drei Erwachsenen zum See zurück.
Harry und Ron rappelten sich gerade auf, als Snape bei ihnen ankam. Sie funkelten ihn wütend an, doch er beachtete sie nicht. Sein Blick war auf das Mädchen gerichtet und auf die Lichtkugel, die vor ihr schwebte.
„Lassen Sie das Mädchen in Ruhe!“, befahl er mit fester Stimme und richtete seinen Zauberstab auf den Dämon. Dieser lachte nur amüsiert auf.
Inzwischen waren Phoebe und Paige neben ihm zum Stehen gekommen. „Verdammt er versucht Aurelias Kräfte zu klauen“, stellte Paige fest, „Ich hole schnell Piper!“ Und schon war sie verschwunden.
Aurelia sah auf. Die Schmerzen waren unerträglich, doch sie zwang sich nicht mehr zu schreien. Mit zusammen gebissenen Lippen sah sie zu dem Mann, der ihr Vater war. Er sah besorgt und verzweifelt aus. Würde so ein Vater aussehen, der seine Tochter hasste? Sie konnte den Gedanken nicht zu Ende führen. Der letzte Rest ihrer Kraft war ausgesaugt, der Schmerz verzog sich und sie brach zusammen.
Triumphierend sah der Dämon auf die Fußballgroße Lichtkugel, die über seiner Handfläche schwebte. Er hatte es geschafft. Er hatte die Kräfte einer Halliwell, auch wenn es nur die kleine war.
Snape lief zu dem leblosen Körper seiner Tochter und ließ sich neben ihr nieder. Er schüttelte sie leicht, doch sie bewegte sich nicht. Der Puls war nur schwach. Wäre es auch passiert, wenn er sich die letzten zwei Wochen um sie gekümmert hätte und sie nicht im Glauben gewesen wäre, dass er sie hasste? Er würde es nie erfahren.
Wütend sah er auf und fixierte den Dämon, der seine Umgebung vergessen zu haben schien. Severus erhob sich und richtete seinen Zauberstab auf das Herz des Angreifers. Wie konnte er es wagen, seiner Tochter weh zu tun?
Aurelias Schrei hatte nicht nur die Lehrer angelockt, sondern auch fast alle Schüler. Die Zuschauermenge wuchs stetig. So konnte Severus nie einen unverzeihlichen Fluch unbemerkt anwenden. Aber wie sollte er es sonst mit diesem Monster aufnehmen. Erst einmal brauchte die junge Halliwell ihre Kräfte zurück.
Ohne lange zu überlegen ging er auf den Dämon zu. Ohne ein Wort, aber mit einer Zauberstabbewegung flog das Monster von der Lichtkugel weg. Snape eilte zu dem hellen Ding. Was sollte er nun machen? Ihm blieb keine Überlegungszeit. Der Dämon war schnell wieder auf den Beinen und hatte auch schnell ein Messer bei der Hand. Die Bewegung war zu schnell um etwas dagegen zu tun. Plötzlich spürte der Tränkemeister nur einen stechenden Schmerz in seiner rechten Schulter und entdeckte das, das Messer dort steckte.
Schelmisch grinste der Dämon ihn an und entblößte seine gelben Zähne. Gerade als der Zaubertränkelehrer einen Gegenangriff starrten wollte, flog der Angreifer in die Luft. Er wurde in tausend Stücke zersprengt.
Nun standen die mächtigen Drei vor ihm. „Das war ja gerade noch rechtzeitig“, bemerkte er trocken. In seiner Welt war das so etwas wie ein Dankeschön. Sein Blick fiel wieder auf die Kugel. Auch die Schwestern sahen verwirrt darauf.
„Sie stirbt, wenn wir nicht gleich was machen!“, meinte Phoebe besorgt. „LEO!“ Eine bessere Idee kam ihr im Moment nicht.
Der Wächter des Lichts erschien sofort. Er kapierte auch sofort worum es ging. Er schnappte sich die Lichtkugel und brachte sie zu Aurelia. Die Kugel glitt nach unten und verschwand langsam wieder in dem Körper des Kindes. Dieser begann kurz zu leuchten. Doch das Mädchen rührte sich immer noch nicht.
Severus ließ sich neben ihr nieder und hob sich hoch. Sie musste in den Krankenflügel. Sofort. Das Messer in seiner Schulter hatte er bereits vergessen. Der Schmerz war nebensächlich. Er erhob sich, mit dem Kind auf seinen Armen und machte sich auf dem Weg. Er sah ein, dass er das Kind in sein Herz geschlossen hatte.
Flatternd öffneten sich die Augen des Mädchens. „Was … Professor Snape?“ Ihre Stimme klang schwach.
„Du lagst falsch. Ich hasse dich nicht! Ich wollte zwar nie ein Kind, aber ich habe eines und ich akzeptiere es“, erklärte er ihr. Langsam begann er sich durch die Menge zu drängeln.
„He, warum trägt Snape den diese Gryffindor auf dem Arm? Dafür gibt es doch Zaubersprüche, damit man diesen Gryffindorabschaum nicht anfassen muss!“, rief ein Slytherin durch das allgemeine Gemurmel.
Hermine schluckte. Sie stand in der Nähe. „Professor Snape trägt Aurelia auf dem Arm, weil sie seine Tochter ist!“, rief sie in die Menge. Schlagartig wurde es alles still. Alle starrten Severus und Aurelia an. Zur Bestätigung von Hermines Worte, nickte der Tränkemeister. Aurelia begann zu lächeln und sah zu ihrem Dad hoch. Dabei blieb ihr Blick an einem Messerschaft hängen.
„Du bist verletzt! Lass mich runter, ich kann gehen!“ Doch er hörte ihr nicht zu. Vorsichtig hob sie ihre Hand um nach dem Messer zu greifen. Sie schaffte es nicht, da sie wieder Ohnmächtig wurde. Besorgt sah er das Kind an. Sie wirkte so schwach und zerbrechlich. Er würde viel besser auf sie aufpassen müssen. Ungeachtet der Umgebung küsste er sie auf die Stirn.
Der Weckzauber ließ ihn aufschrecken. Das Buch, das auf seiner Brust lag, glitt zu Boden. Er war doch tatsächlich auf der Couch eingeschlafen. Severus fuhr sich über sein Gesicht. Ein Traum, alles nur ein Traum. Vielleicht hatte er die Erlebnisse der letzten Monate auch nur geträumt. Bestimmt war es kurz vor Schulbeginn. Doch ein Blick auf seinen Kalender ließ seine Hoffnung verblassen.
Aber der Traum hatte ihm etwas gezeigt. Der Schwarzhaarige erhob sich. Er musste unbedingt mit dem Kind reden und die Sache klären. Es war bald Zeit fürs Abendessen, aber Aurelia würde bestimmt wieder nicht erscheinen. Aber irgendetwas sagte ihm, dass seine Tochter auf dem Weg zum See war.
***
Nachdem sie mit dem Schulleiter gesprochen hatte, brauchte sie ein wenig frische Luft. Doch gerade als sie aus dem Schulgebäude treten wollte, vernahm hinter sich ihren Namen. Ihre drei Gryffindor Freunde waren ihr gefolgt.
„Ich habe gehört, dass du bei Dumbledore warst! Hast du was vor?“ Hermine war auch immer top informiert.
„Ich habe mich von der Schule abgemeldet, dass bedeutet, dass ich Hogwarts verlasse und das noch heute.“ Entschuldigend lächelte die junge Halliwell ihre betrübt dreinschauenden Freunde an.
„Nur wegen dieser Kerkerfledermaus haust du einfach so ab? Was soll das? Du bist doch nicht auf ihn angewiesen!“, meinte Ron empört. Plötzlich räusperte sich jemand hinter ihnen. Der Rotschopf wurde knallrot, als er Snape erblickte.
„Ich glaube, dass es besser wäre, wenn Sie drei mich und Aurelia alleine lassen würden!“ Snape sah Ron an, der sofort abzog. Hermine wünschte Aurelia stumm Glück und zog Harry mit sich.
Doch Aurelia selbst hatte keine Lust. Sie setzte ihren Weg nach draußen fort. Snape folgte ihr stumm. Die junge Halliwell hielt am See an. „Was wollen Sie? Es tut mir leid, dass ich Ihnen Unannehmlichkeiten beschert habe. Das wird nicht weiter vorkommen. Ich … werde verschwinden!“ Tränen stiegen ihr in die Augen.
„Du musst nicht gehen. Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, dass ich dich hassen könnte? Erkläre mir das einmal!“, bat er ruhig und sah auf das Kind, dass vor ihm stand und auf den See starrte.
Verwirrt wandte sie sich um. „Naja … du warst so gemein … du verleugnest mich … gib es zu, du magst mich nicht!“ Das Mädchen senkte ihren Blick.
Ach daher wehte der Wind. Sie war seit zwei Wochen beleidigt auf ihn, nur weil er sie wie alle anderen Schüler behandelt hatte. Sie fühlte sich verleugnet. Was er jetzt sagen würde, verlangte viel Überwindung von ihm. Vor allem weil es in der Öffentlichkeit war. „Kinder gingen mir schon immer auf den Geist, deswegen wollte ich auch nie welche. Aber da du da bist, akzeptiere ich es. Es hat zwar lange gedauert, aber ich habe mich mit dem Gedanken mehr oder weniger angefreundet.“
Aurelia spürte, dass er es ernst meinte. Da Severus Snape nicht der Typ war, der sich einfach entschuldigte, fasste sie das als Entschuldigung auf. Glückliche umarmte sie ihn, bis er sie von sich weg schob und „Nicht in der Öffentlichkeit!“ zischte.
Beide waren froh dass das jetzt endlich geklärt war. Aber da fiel Aurelia was ein. Sie ließ wieder den Kopf hängen. „Dad, ich habe mich bei Dumbledore schon von der Schule abgemeldet. Was soll der von mir denken, wenn ich doch noch da bin!“
Severus zog eine Braue nach oben und formte ein schwaches, kaum merkliches Grinsen. „Er denkt vermutlich, dass du zur Vernunft gekommen bist!“ Aurelia lachte.
„Dad … da das jetzt geklärt ist, darf ich dann bei dir schlafen?“ Mit großen Augen sah sie ihn an. Er nickte. Was sollte er auch anderes tun? Sonst würde sie vermutlich wieder irgendetwas anderes denken. Am liebsten hätte er sie in den Arm genommen. Doch er ließ es bleiben. Irgendwie fühlte er sich beobachtet. Aurelias plötzliches Magenknurren erinnerte ihn an seine Sorgen.
„Aber nur wenn du was isst! Ab in die Halle, bevor du wieder umkippst. Was fällt dir überhaupt ein, nichts zu essen!“ Er warf ihr einen strengen Blick zu. Sie sah blass und mager aus.
Frech sah sie ihn an. „Achja … schon mal selbst in den Spiegel geguckt? Die fetten Augenringe und das blasse Gesicht kommen wohl vom Entspannen, was?“
„Wo bleibt dein Respekt? Du willst doch keine Strafarbeiten erledigen, oder soll ich lieber Gryffindor Punkte entziehen?“ Geschockt sah Aurelia ihren Vater an und schüttelte ihren Kopf.
„Verzeihung, Sir. Ich wollte doch nur scherzen!“, entschuldigte sie sich sofort. Zumindest wusste sie, was anstand war. Severus nickte mit dem Kopf in Richtung Schloss und die beiden machten sich auf zur großen Halle.
Erfreut stellte Dumbledore fest, dass Severus und Aurelia nebeneinander die Halle betraten. Er hatte schon das Schlimmste befürchtet. Vor wenigen Minuten hatte ihn nämlich ein Brief ereilt. Der Absender war Phoebe Halliwell. Da die junge Frau keine Möglichkeit gefunden hatte nach Hogwarts zu kommen, hatte sie den Schulleiter gebeten ihre Schwester zur Vernunft zu bringen und zu bleiben. Anscheinend musste er das nicht. Zufrieden schrieb er eine Nachricht, die sogleich nach Halliwell Manor geschickt wurde. So wie es aussah, würde die jüngste Halliwell wohl doch noch eine Weile hier bleiben. Und die Weile würde sich über 7 Jahre hinstrecken.Als Severus neben ihm Platz nahm und sich großzügig verschiedene Speisen auf den Teller auftischte, zwinkerte er dem jungen Mann zu. Dann war ja alles wieder im Lot. Auch Aurelia aß wieder. Wie der Vater so die Tochter, dachte er belustigt.
Hoffentlich würde es zwischen den beiden nie wieder so weit kommen. Was wohl der Ausschlag für die plötzliche Versöhnung war, würde er vermutlich nie erfahren.
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