Kapitel 1

Jede Stadt ist unterschiedlich und doch irgendwie gleich. Jede Stadt hat etwas was andere nicht haben. Ich habe schon so viele Städte bereist. Ich kenne so viele Gesichter, nur ein paar sind mir in Erinnerung geblieben. Die nächste Stadt wartet. Sie hat auch viele berühmte Dinge. Es ist und bleibt aber nur wieder eine neue Stadt in meinem Gedächtnis.

Es war leer. Die ganzen Gänge, wie leergefegt. Überall hörte ich das Murmeln der Lehrer und Schüler. Von Zimmer zu Zimmer 104, 105, 106, 107 und da 108. Da musste ich hin. Wieder eine neue Schule und wieder eine neue Klasse. Ich sollte es nach so vielen Malen gewöhnt sein. Diese ständigen Wechsel. Doch ich war so aufgeregt wie immer. Ich schaute mich nochmals im Gang um. Niemand. >>Auf in ein neues Leben!<<, dachte ich mir so und mir wurde wieder ganz komisch.

Ich holte tief Luft, hob die Hand und klopfte am Zimmer 108 und auf einmal verstummte das Gemurmel, dass ich bis vor einigen Sekunden noch gehört hatte.

„Ja bitte?“, ertönte es hinter der Tür. Ich holte nochmal tief Luft und drückte die Klinke herunter und trat in das Zimmer 108 ein.

Wie ich erwartete waren alle Augen auf mich gerichtet. Ich hörte nichts, es war Totenstille und ich versuchte die löchernden Blicke auszublenden.

„Ah, guten morgen. Du bist bestimmt Lola, unsere neue Schülerin aus Duisburg, oder?“ „Ja, die bin ich.“ Ich schluckte. „Na dann, willkommen in der 9a des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums in Köln. Ich bin Frau Kliech, ab sofort deine neue Klassenlehrerin. Lola, willst du der Klasse nicht mal etwas über dich erzählen?“

>>Nein, eigentlich nicht.<< Aber das konnte ich ihr nicht sagen. Ich kannte mittlerweise das „Ritual“ das jeder Neuankömmling zu befolgen hatte: Ich würde meine kurze Geschichte erzählen, einige Mädchen (oder wie ich sie immer nenne Tussen) würden kichern und tuscheln, die Jungs die sich cool fühlten würden sich dumm angrinsen und die Lehrer hörten mit gespielten Interesse zu und würden gegeben falls die Tussen ermahnen.

Ich spielte also mein Programm ab: „Ich bin Lola Miraseau, bin 15 Jahre alt und komme aus Duisburg.“ „Und warum bist du umgezogen?“, fragte Frau sowieso. „Mein Vater hat hier in Köln eine neue Stelle gefunden und musste deshalb umziehen.“ „Und als was arbeiten deine Eltern?“ „Ähm, ich möchte diese Frage nicht beantworten.“

„Wieso denn?!“ „Der Vater ist Zuhälter und die Mutter geht anschaffen!“,  erklang es nun aus der Klasse und alle mussten lachen. Ich wurde knallrot (>>Ich musst sogar beinahe heulen!<<) und Frau Kliech hatte große Mühe die Schüler der 9a wieder zu beruhigen: „Schhhht!“ „Jetzt ist aber Ruhe!!“

Nun wandte sie sich wieder mir zu: „Nein, du musst die Frage nicht beantworten wenn du nicht willst. Dein Name klingt so ausländisch. Kommst du aus dem Ausland?“ „Ja, ich wurde in Frankreich geboren und bin mit 5 Jahren nach Deutschland gekommen.“ „Na gut. Sooo… Mhh.. Wo hätten wir denn noch einen Platz für dich frei?“ Ich sah wie sie sich den Hals verbog und sich im Zimmer umsah. Da fiel ihr Blick auf die leere Bank ganz vorne am Lehrerpult. „Ah. Da kannst du dich hinsetzen.“  Ich nickte kurz und ging auf den Platz, packte mein Zeug aus und versuchte aufzupassen, doch das Gekicher wollte und wollte nicht enden.

Als ich mein Stundenplan mit den jeweiligen Zimmer drauf, bei Frau Kliech abgeholt hatte, ging der Spießrutenlauf auch schon los: Ich ging zu dem nächsten Zimmer und alle drehten sich nach mir um, tuschelten und lachten. Ich hab mich nur noch nach Hause gewünscht.

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