Kapitel 65

„Das ist schrecklich Senn. Ich konnte ja nicht ahnen..." Alyn verstummte, dann umschlangen ihre Arme meinen Oberkörper, aber anders als bei dem Handlanger des Sklavenhändlers fühlte ich mich in ihnen geborgen. Für einen kurzen Moment gestattete ich es mir, ihre Umarmung zu genießen. Dann hatte ich mich wieder einigermaßen unter Kontrolle. „Ich habe mich damals um den Jungen gekümmert. Tag und Nacht. Ich habe seinen entzündeten Rücken mit dem Wasser, das ich zum Trinken bekommen hatte, gewaschen und mit meinem Schal verbunden. Keines der anderen Kinder war so fein gekleidet wie ich. Der Sklavenhändler hat sie alle von der Straße aufgelesen. Niemand würde sie vermissen. Manchen von ihnen fehlten bereits einige Zähne, ein Mädchen besaß nur ein Auge und an der Stelle, wo ihr zweites hätte sein sollen, befand sich nur ein Loch. Obwohl wir so unterschiedlich waren, verband uns sofort eine tiefe Freundschaft, entstanden und gefestigt durch das gleiche Leid, das wir durchmachen mussten.

„Was ist mit dem Jungen passiert?", fragte Rosena.

„Er hat knapp überlebt, aber hässliche und runzelige Narben haben seinen Rücken verunstaltet. Von da an hatte er immer Probleme beim Bücken. Mangelware."

„Lebt er noch?"

Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Er ist bei dem Überfall ums Leben gekommen." Meine Stimme klang belegt und meine Augen brannten.

„Du hast dich auch gewehrt, nicht wahr? Daher stammen deine Narben. Von einer Peitsche."

Für einen Moment schwieg ich, während meine Albträume in meinem Geiste kurz wieder Wirklichkeit wurden. Noch immer flüchtete ich fast jede Nacht vor dem Sklavenhändler. „Ja", meinte ich schließlich. Dabei war diese Zeit fast noch harmlos im Vergleich zu dem, was folgte.

Alyn öffnete den Mund, aber ich schüttelte den Kopf. „Du willst es nicht wissen. Irgendwie habe ich es trotzdem überstanden. Besser als alle anderen Kinder. Dem Sklavenhändler gefiel das natürlich außerordentlich. Immer wenn er mich schlug, sinnierte er darüber, dass ich als verwöhntes Kaufmannskind - denn für das hielt er mich - mehr aushielt als die Jungen und Mädchen aus der Gosse."

„Du sprachst von einem Überfall..." Rosena war näher gerückt.

„Die Assassinen haben das Haus des Sklavenhändlers hier in Skaramesch überfallen. In Agba befand sich nämlich sein Hauptsitz. Ich weiß nicht, warum sie es getan haben. Vielleicht hatte der Sklavenhändler sich mit den Falschen angelegt. Möglicherweise war irgendein reicher Kunde unzufrieden mit der Ware und fühlte sich um sein Geld betrogen. Es kann auch sein, dass er das falsche Kind aus der Gosse geholt hat. Den Grund weiß ich nicht. Aber sie haben ihn ermordet und die überlebenden Kinder zusammengetrieben. Manche haben sie einfach getötet, weil sie nicht zu gebrauchen waren. Andere sind immer noch Sklaven in den Diensten der Assassinen, wenn sie nicht bereits an ‚Verbrauchsspuren' verendet sind."

„So darfst du nicht reden!", rief Alyn aus.

Ich zuckte mit den Schultern. „Gewöhne dich daran. Denn es handelt sich um Tatsachen. In den Augen der Weltbevölkerung ist ein Sklave kein Mensch. Das solltest du wissen. Vielleicht habt ihr in eurem Haus auch den ein oder anderen unentgeltlich beschäftigten Dienstboten gehabt."

„Sei nicht so gemein", sagte Rosena leise, mit einem Seitenblick auf Alyn, die kalkweiß geworden war.

Entsetzt wurde mir bewusst, was ich gesagt hatte. „Mein Vater war immer gegen Sklaverei", hauchte Alyn.

„Bei den Göttern, es tut mir leid. Ich bin so ein Esel." Schuldgefühle überkamen mich.

Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht und lächelte müde. „Ich schätze, ich bin ein Narr. Egal, wie dumm du dich auch anstellst, ich kann dich nicht nicht lieben."

„Ich habe dich nicht verdient."

Sie winkte ab. „Sag nicht sowas. Erzähl lieber, was weiter geschehen ist."

Ich räusperte mich verlegen und fuhr fort. „Ich hatte Glück. Der damalige Großmeister hatte an mir einen Narren gefressen und erwählte mich als persönlichen Sklaven. Er fand Gefallen an mir. Ja, er zog sogar die Gegenwart eines elfjährigen Jungen dem der restlichen Ordensmitglieder vor. Irgendwann machte er mir ein Angebot. Er würde mir die Möglichkeit geben, eine Ausbildung zum Mörder zu erhalten. Zwar würde ich danach immer noch in Diensten der Assassinen stehen, aber ich würde wenigstens eine gewisse Freiheit besitzen. Damals war ich von Hass auf die ganze Welt angetrieben und es erschien mir wie ein Geschenk der Götter, an die zu glauben, ich bereits aufgegeben hatte. Ich wurde schnell der Beste, war ich schließlich von einem Ehrgeiz angetrieben, den die anderen Rekruten nicht besaßen. Oh, anfangs verehrte ich die Assassinen, glaubte an ihre höheren Ziele. Kurzum ich war vollkommen indoktriniert."

„Wie konntest du nur diese Monster verehren?", stieß Alyn entsetzt hervor.

Ich kratzte mich am Kopf. „Inzwischen frage ich mich das auch. Aber damals haben sie mir ein Heim gegeben. Ich wurde nicht ausgepeitscht, bekam regelmäßige Mahlzeiten und ein eigenes Bett. Sie haben mich wie einen der ihren behandelt und endlich hatte ich die Macht, etwas an meinem Schicksal zu ändern und all diejenigen, die mich so schlecht behandelt hatten, bezahlen zu lassen, sofern es mir möglich war. Ich denke, diese Macht ist mir irgendwann zu Kopf gestiegen."

Sinnierend starrte ich auf die Flamme, die unveränderlich in der Luft brannte. Kurz grübelte ich über ihre Nahrung nach. War das Rosenas Werk oder Alyns? Dann jedoch erinnerte ich mich an unsere begrenzte Zeit. Eilig ergriff ich wieder das Wort. „Als ich das erste Mal einen Auftrag allein übernehmen durfte, war ich furchtbar stolz. Ich war jünger als die meisten und obwohl ich später angefangen hatte, war ich meinen Altersgenossen weit voraus. Allerdings war die Außenwelt nicht so, wie ich erwartet hatte. Zeit meines Lebens war ich eingesperrt gewesen. Zuerst im Haus meines Onkels, dann beim Sklavenhändler und schließlich hier in der Felsenfeste. Ich wusste gar nicht, wie das Leben außerhalb einengender Mauern war, aber in meiner Vorstellung waren alle Menschen böse oder Feiglinge. Dann jedoch traf ich im Zuge meiner Nachforschungen zu meinem Opfer auf Malik und dann auf Sina. Obwohl ich inzwischen vierzehn Jahre zählte und eigentlich zu alt für Spiele war, rissen sie mich mit ihrer Leidenschaft mit. Ich genoss die unbeschwerte Zeit mit ihnen so sehr, dass ich begann, meinen Mentor zu belügen, womit ich die ganzen Tage über beschäftigt war. Für sie war ich immer der Assassine, während Malik sich prahlerisch den Spitznamen Emir gegeben hatte. Erst jetzt haben wir herausgefunden, dass keiner von uns beiden übertrieben hatte. Sie wurden meine ersten Freunde. Menschen, die sich freiwillig mit mir abgaben und nicht aus einem Zwang heraus wie die anderen Sklaven. Ich führte den Auftrag erfolgreich aus. Der Händler war vermutlich nicht einmal ein böser Mensch und nach vollbrachter Tat habe ich mir die Seele aus dem Leib erbrochen. Ich glaube an diesem Tag starb ein weiterer Teil von mir und es war ein weiterer Schritt zu dem Menschen, der ich jetzt bin."

„Aber dich macht doch so viel mehr aus. Ein Mensch setzt sich nicht nur aus all den schlechten Taten zusammen, die er begangen hat, sondern auch aus seinen Träumen und Wünschen und den guten Dingen, die er vollbracht hat."

Ich lächelte. Alyn, die immer etwas Positives finden konnte. Ich liebte ihren unerschütterlichen Optimismus genauso, wie ich den Rest an ihr anbetete. „Die Assassinen vertrauten mir wohl nie vollkommen, denn sie ließen mich nur selten nach Agba. Deshalb genoss ich die Zeit, die ich dort verbringen durfte, umso mehr. Als ich einmal einen schlechten Tag hatte, ging ich in die Schenke von Jintah." Ich lachte. „Der Sturkopf hat sich tatsächlich geweigert, mir Alkohol zu verkaufen. Stattdessen hat er mich zu Amina geschleppt. Von dem Tag an war ich ständig bei ihnen. Adam war damals noch ein Säugling und seine Geschwister noch nicht einmal geboren. In Agba konnte ich für eine Weile vergessen, wer ich war und leben wie der, der ich immer hatte sein wollen. In Agba fand ich auch Wüstenwind. Das klügste Pferd der ganzen Welt. Ihm konnte ich die Wahrheit anvertrauen und in sein Fell weinen, wenn mich die Vergangenheit zu sehr quälte. Tiere richten nicht. Ich habe oft Stalldienste schieben müssen. Die Pferde haben mir stets Trost gespendet. Denn wem auch sonst hätte ich meine wahren Gefühle verraten können? Jintah wusste nicht, wer ich war und ich habe es ihm nie erzählt, aber ich vermute, er hat es sich zusammengereimt. Behutsam hat er versucht mir klarzumachen, dass die Assassinen nicht meine Retter waren, sondern gefühlslose Monster, die anderen Menschen den Tod brachten. Als..."

Schritte wurden laut und ich verstummte.

Stimmen drangen zu uns und Gelächter. Ich erhob mich und löste mich dabei sanft aus der Umarmung Alyns. „Sie kommen zurück."

Die Flamme erlosch, ohne auch nur zu flackern und ließ uns in vollständiger Schwärze zurück. Ich konnte den Atem der beiden Frauen hören. „Ich weiß nicht, wann ich wiederkommen kann."

„Was musst du tun?", fragte Alyn angespannt. Ihre Stimme hauchte mir beinahe ins Ohr, so nah stand sie und ich leckte mir die Lippen, als ich mir ausmalte, was wir alles in der Dunkelheit hätten tun können, wenn uns nur genug Zeit geblieben wäre.

In der Ferne durchbrach ein flackernder Lichtschein die Schwärze. „Wenn jemand namens Sphen zu euch kommt, vertraut ihm." Ich redete hastig. „Er ist ein alter Bekannter von mir und ein wertvoller Verbündeter."

„Bitte geh nicht", flehte Rosena. „Bleib hier."

Ich seufzte und schüttelte den Kopf, ehe mir bewusst wurde, dass niemand es sehen konnte. „Ich kann nicht. Ich bin einen Handel eingegangen und muss nun meinen Teil dazu beitragen. Gebt mir etwas Zeit. Alyn, bitte versuch nicht zu entkommen. Ich weiß, dass ihr es vielleicht schafft, hier herauszukommen. Aber um uns ist Wüste und niemand kennt diese so gut wie meine alten Freunde. Ihr seid beide unvorstellbar mächtig. Aber auch ihr könnt nicht gegen Naturgewalten ankommen. Ich... will euch nicht verlieren. Gebt mir Zeit. Ich finde einen Weg."

Das Klappern des Schlüsselbundes unterband jegliche Art von Einwänden vonseiten der Frauen. Derselbe Wächter wie schon zuvor hielt seine Fackel vor die Gitterstäbe und spähte in die Zelle. „Ich weiß zwar nicht, warum sie dich da reinlassen und dann wieder rausholen, geschweige denn was an dir so besonders ist. Aber für mich bist du ein Nichts. Also schwing die Hufe." Er schloss die Tür auf und bedeutete mir ungeduldig, herauszukommen. Ich warf einen letzten Blick auf die gefassten Gesichter von Rosena und Alyn, dann gehorchte ich dem Befehl des Wächters.

Wir gingen denselben Weg zurück, wie wir schon gekommen waren. Zumindest ging ich davon aus, denn in diesem Labyrinth ähnelte sich alles. Eigentlich erstaunlich, dass ich in all den Jahren nie hier gewesen war. Man hatte mich stets woanders eingesperrt. Nun schenkte ich den Wänden mehr Aufmerksamkeit und so entging mir nicht, wie sehr der Zahn der Zeit bereits am Felsgestein genagt hatte.

Ich ließ Alyn und Rosena nur ungern zurück. Ich konnte nur hoffen, dass sie auf sich selbst aufpassen konnten. Sollte das Höhlensystem jedoch der Last nachgeben und zusammenbrechen, würden nicht einmal sie selbst sich vor dem Tod retten können.

Einerseits war ich erleichtert, als wir an die Oberfläche zurückkamen, andererseits wäre ich lieber noch länger dort unten bei den beiden Frauen geblieben.

Die Wache mit dem Schlüsselbund steckte die Fackel wieder in die dafür vorgesehene Halterung; danach begleitete sie mich gemeinsam mit den anderen Assassinen zu der prunkvollen Tür, hinter der die Gemächer des Großmeisters vermutet wurden.

Dahinter erwartete mich ein hochrangiger Assassine. Ich kannte ihn noch von früher, schließlich waren wir erbitterte Konkurrenten gewesen.

Als ich eintrat, warf er mir einen abschätzenden Blick zu. „Ich hätte wissen müssen, dass ich dich niemals loswerde", meinte er stirnrunzelnd.

Ich feixte. „Das haben schon viele gehofft. Aber ich bin wohl wie die Pest. Einfach nicht auszurotten. Ich komme immer wieder."

Mein Gegenüber ließ sich nicht auf meinen Spott ein. „Das stimmt wohl", meinte er nachdenklich.

Ich runzelte die Stirn. „Du bist offenbar besonnener geworden. Vor ein paar Jahren hättest du mich sofort zu einem Duell auf Leben und Tod aufgefordert."

Karim lachte. „Ich war immer neidisch auf dich. Du warst der Liebling des Großmeisters, alle haben dich bewundert. Du, der Goldjunge, ..." Ich zuckte zusammen, als ich den ungeliebten Spitznamen hörte, den mir einst die Assassinen gaben und den manche Leute, die mehr wussten als es schien, immer noch gebrauchten. Karim ignorierte mein Unwohlsein. „... ein Niemand aus den Gassen einer Großstadt in einem fernen Land, hast es innerhalb der kürzesten Zeit zu einem vollwertigen Mitglied in der Gemeinschaft der Assassinen gebracht. Du hättest der nächste Großmeister werden können, wenn du gewollt hättest, aber stattdessen brichst du mit dem Orden und erschütterst alle in den Grundfesten, indem du das vollbringst, was noch niemand geschafft hat. Ich weiß nicht, ob ich dich bewundern oder einen Dummkopf schelten soll, weil du nach acht Jahren wieder hier vor der Tür stehst, als wäre nichts geschehen."

„Ich bin nicht freiwillig hier und jeder, der etwas anderes glaubt, ist ein Narr", erwiderte ich ungerührt.

Karim zuckte mit den Schultern. „Das mag sein. Tatsächlich hat mir deine Flucht zu denken gegeben. Warum sollte jemand, der nur einen Schritt davon entfernt ist, zum mächtigsten Mann der Welt aufzusteigen, plötzlich alles hinwerfen und untertauchen?"

„Ich hatte meine Gründe", meinte ich unverbindlich.

„Sicher hattest du die. Genauso wie du welche hast, um hierher zurückzukehren."

„Du weißt sicher davon", sagte ich in Anbetracht seiner Position.

„Natürlich. Aber du solltest wissen, dass es mehrere gibt, die von den jetzigen Zuständen nicht angetan sind und gerne einiges daran ändern würden. Nur hat niemand von uns deinen Mut oder deine Torheit. Wie auch immer du es nennen willst. Wir brauchen jemanden, der verzweifelt genug ist, uns anzuführen und mit dem wir eine reelle Chance haben, lebend aus diesem fehlgeleiteten Konzept zu entkommen."

Ich hob eine Braue. „Hochgestochene Worte. Du und deine Mitverschwörer wollt mich also anwerben? So ein Zufall, dass ich jetzt zurück bin."

Karim ignorierte den sarkastischen Tonfall. „Ja, so ein Zufall. Oder vielleicht sind es auch die unergründlichen Entscheidungen eines Gottes. Wer weiß das schon."
„Du bist ja zu einem richtigen Philosophen geworden."

Der andere Assassine ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Er stieß sich von der Tischkante ab, an die gelehnt er bisher gestanden hatte, und wanderte zum Fenster. Mit verschränkten Armen starrte er durch die Scheiben. „Deine Flucht hat mein ganzes Weltbild ins Wanken gebracht. In stürmischen Zeiten braucht man einen Anker und der meine war die Philosophie. Du weißt, dass es sich bei den meisten unserer Brüder um Waisen handelt? Oder um Kinder, deren Eltern es als Ehre betrachteten, ihre Zöglinge den Assassinen zu überlassen, damit diese eine gesicherte Zukunft haben."

„Wer kann seinen Kindern wünschen, einmal Massenmörder zu werden?" Ich konnte die Verachtung in meiner Stimme nicht unterdrücken.

„Hier in Skaramesch gilt das in manchen radikalen Haushalten sowohl als Ehre als auch als Lebensversicherung. Es herrscht immer noch der Glaube, Familienverbindungen würden alle Probleme lösen. Manche jedoch handeln mehr aus der Not heraus. Sie sind zu arm, um all ihre Kinder ernähren zu können und bei den Assassinen haben diese wenigstens eine gesicherte Zukunft."

„Bis sie einen Fehler begehen und bei einem Auftrag sterben."

Karim drehte sich zu mir um. „Immerhin sind sie dann alt genug geworden, ihr Brot selbst zu verdienen. Seit wann bist du so moralisch?"

Ich musste lachen. „Du hast recht. Meine Freundin hat wohl auf mich abgefärbt." Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss, als ich jenes Wort aussprach.

„Ah ja, ich habe schon gehört, dass du einer der Frauen sehr verbunden bist."

Ich seufzte. „Ich hätte wissen müssen, dass eine Rückkehr nach Skaramesch nur Ärger mit sich bringt."

„Allein, dass du zurückgekommen bist, besagt, dass du gute Gründe hast. Dürfte ich erfahren...?"

„Du meinst abgesehen davon, mein eigenes Leben zu retten?"

„Wenn es nur um dein Leben ginge, wärst du nicht hierhergekommen."

Ich lächelte. „Du gehst mir immer noch genauso auf die Nerven wie vor zehn Jahren."

Er ignorierte meinen Seitenhieb. Offenbar hatte er tatsächlich sein besseres Ich entdeckt. „Du weichst mir aus."

„Ich weiß nicht, anscheinend habe ich mich vom Altruismus der anderen anstecken lassen und versuche, einen Krieg zu verhindern."

„Hehre Ziele. Ich wusste schon immer, dass du besser als der Rest von uns bist."

Ich wollte etwas erwidern, aber er unterbrach mich rüde. „Dann bringe ich dich mal zu deinem neuen Herrn und Meister."

Ich schnitt eine Grimasse. Karim grinste und bedeutete mir zu folgen. „Wie kommt es eigentlich, dass du ein Meister bist?"

„Nun, ich war der Zweitbeste in meiner Ausbildungsgruppe. Ist das so verwunderlich? Außerdem habe ich in dieser Position vielmehr Möglichkeiten. Ich..." Er verstummte als wir drei anderen Meistern begegneten, erkennbar an der roten Schärpe, die sie trugen. Karim nickte ihnen zu und sie taten es ihm gleich. Dann beäugten sie mich neugierig. Zwei von ihnen erkannten mich offenbar wieder, weil sich Erkenntnis auf ihrem Gesicht ausbreitete, der dritte war jedoch zu jung, sodass er von seinen Mitbrüdern rasch aufgeklärt wurde. Bevor sie Karim in ein Gespräch verwickeln konnten, eilte dieser weiter.

Als wir außer Hörweite waren, fuhr er fort. „Ich versuche Informationen zusammenzutragen, die beim Sturz des Ordens hilfreich sein könnten. Außerdem kann ich so andere Rekruten leichter überzeugen, dass hier das Gras nicht so grün ist, wie der Großmeister und seine Anhänger sie gern glauben lassen würden."

Er blieb vor einer Tür im Gang der Ausbilderräume stehen. „Ach ja, Rashkel ist keiner von uns."

Ich schluckte. „Rashkel Ali?"

Karim lachte, als er mein Unwohlsein bemerkte. „Eben der. An deiner Stelle wäre ich vorsichtig. Er ist ziemlich hart zu seinen Rekruten. Wer seinen hohen Anforderungen jedoch gerecht wird, zählt recht schnell zu den Besten. Vielleicht kannst du ihn ja für unsere Sache gewinnen."

Er wollte klopfen, aber ich hielt ihn mit einer entschlossenen Geste davon ab. Ich musste lernen, anderen Leuten zu vertrauen. Mir blieb nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass Karim sich dieses Vertrauens würdig erweisen würde. „Eines noch. Kennst du einen Assassinen namens Sphen?"

Karim überlegte kurz. „Nein, der Name sagt mir nichts."

„Er wird bald hier eintreffen. Versuch mit ihm ins Gespräch zu kommen. Sag ihm, dass ich dich schicke und übermittle ihm folgende Botschaft..." Ich sprach leise, in der Hoffnung der Mann hinter der Türe könne mich nicht hören. Ich kannte ihn noch von früher, oder vielmehr seinen gefürchteten Ruf und war alles andere als erpicht darauf, dem Ausbilder gegenüberzustehen.

Karim klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. „Du bist besser als er. Du warst besser als wir alle."

„Das war vor einer Ewigkeit. Jetzt bin ich nur noch ein Schatten meiner selbst."

Karim lachte. „Dann ist es ja gut, dass es niemand Geeigneteren als Rashkel gibt, um jemanden in Rekordzeit zum neuen Turniersieger aufzubauen."

Ich seufzte. „Wahre Worte."

Dann klopfte ich an.

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