Träume

Ich hörte ein Geräusch und zuckte erschrocken zusammen. Erleichtert seufzte ich auf, als ich bemerkte, dass es nur das Holz unter meinen Füßen war. Leise schlich ich weiter durch das Haus des Professors - suchend nach dem Raum mit dem Schrank. Nach einer Weile fand ich ihn. Obwohl alle Türen gleich aussahen, strahlte diese für mich eine besondere Aura heraus. Unter dem Türspalt schien Licht hervor und auf einmal sah ich Schatten. Was war das bloß?
Neugierig betrat ich das Zimmer und musste enttäuschend feststellen, dass es leer war. Ich wollte gerade gehen, als ich ein eigenartiges Geräusch wahrnahm - eine Art Knurren. Ich drehte mich langsam um und stieß einen spitzen Schrei aus. In der Ecke saß ein riesiger Löwe, der langsam auf mich zulief.
»Brav, kleiner Löwe. Bleib da. Nicht bewegen«, versuchte ich das Tier von mir fernzuhalten. «Ich tu dir nichts. Guck. Bleib!« Ich hielt meine Hände vor den Körper, als Geste, dass er stehen bleiben sollte.
Zu meinem Glück tat er das auch. Er setzte sich auf sein Hinterteil und schaute mich aus seinen wunderschönen Knopfaugen an. Er sah so einzigartig aus. Also ich wusste, wie Löwen aussahen, aber dieser hier war anders.
Langsam ging ich auf ihn zu und berührte vorsichtig sein Fell. Komischerweise bewegte er sich nicht.
»Danke ...«, flüsterte ich.
Auf einmal begann das Tier zu lachen. Ja, es lachte.
»Was zum ...?«, begann ich und stolperte mitten im Satz nach hinten, als die Raubkatze sich auf mich zu bewegte.
Ich fiel auf den harten Boden und konnte nur die Hände zur Wehr vor mich halten.
»Bleib! Fass mich nicht an!«, schrie ich.
»Ich werde dir nichts tun, Sally«, sagte plötzlich der Löwe mit solch einer wunderbaren Samtstimme.
Moment mal. Sprechen? Samtstimme? Löwe?
»D-du k-kannst s-sprechen?«, stotterte ich fassungslos.
»In Träumen ist alles möglich«, meinte das Tier nickend.
»Wie ... wie ist das möglich?«
»Das ist jetzt nicht wichtig. Wir haben keine Zeit. Ich bin Aslan und ich komme aus Narnia. Du musst mit Peter sprechen an ihn glauben, damit du zurück und den Bann brechen kannst!«
Bevor ich nachfragen konnte, verschlang mich der Löwe, und ich bemerkte, wie alle meine Knochen zerbrachen und mein Herz schlussendlich stehen blieb.

Schreiend wachte ich auf. Ich war schweißgebadet und es wurde schon hell. Zitternd ließ ich mich wieder ins Kissen fallen. Was war nur los mit mir? Vielleicht sollte ich doch mal mit Mr. Pevensie reden. Seitdem er mich geküsst hatte, hatte ich das nicht mehr getan.
Entnervt riss ich meine Decke weg und rannte im Schlafanzug die Treppen hinunter. Ohne anzuklopfen öffnete ich die Tür meines Dads und zog ihn von seinem Bett.
»Was machst du?«, rief er ein wenig sauer.
»Ich will das jetzt geklärt haben!« Augenblicklich ließ ich ihn los und er fiel auf den Boden.
»Oh, Mann, Sally. Ich bin noch nicht mal wach!«
»In fünf Minuten in der Bibliothek!«, sagte ich bestimmt und rannte davon.

»Also?« Ungeduldig saß ich auf dem Stuhl und starrte den Mann vor mir an. Simon lief unruhig vor mir auf und ab. »Du weißt, was mit mir los ist. Ich möchte Antworten!«
»Ich glaube, es ist zu -«
»- früh. Ich weiß«, beendete ich den Satz. »Aber genau aus diesem Grund weißt du, dass es der richtige Moment ist!«
»Okay, hör zu: Du wirst es eh nicht verstehen! Es ist alles ... kompliziert!«
Nun sah er mir nach langer Zeit wieder in die Augen und dieses Mal wusste ich, dass ich nicht Sally war. Ich war nicht das 16-jährige Mädchen, welches keine richtigen Eltern hatte und noch zur Schule ging. Ich war nicht das Mädchen, welches im Jahr 2015 in London lebte.
Ich erhob mich automatisch und ging zu dem jungen Mann, wessen Hände ich dann ergriff.
»Peter ...«, flüsterte ich.
Er atmete erleichtert auf, da er dachte, dass ich mich an alles erinnere, aber ich tat dies genau nicht.
»Du bist nicht Simon. Du bist Peter Pevensie und lebst seit vielen Jahren hier in London, ohne zu altern. Wieso? Wie geht das? Ich sage es dir: Du bist in diese Welt gereist, damit du deine große Liebe wiederfinden kannst. Du alterst nicht, da du mit ihr seelenverwandt bist. Aber eine Frage stelle ich mir. Wieso sollte ich Belle sein? Wie kann das gehen?« Innerlich musste ich mir ein Grinsen verkneifen.
So ein Schwachsinn! Ja, ich verarschte ihn.
»Du hast recht!«, sagte er zu meinem Erstaunen. Ich öffnete den Mund, aber er unterbrach mich.

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