Die Einsamen Inseln

Belle pov.

Ich öffnete meine Augen und fand mich auf einer Treppe wieder, die ins Wasser führte. Zur Hälfte befand auch ich mich darin.
Erst jetzt fiel ich auf, dass ich keine Sachen mehr am Leib trug. Und das Schlimmste war: es standen Menschen um mich herum und beobachteten mich.
»Solch eine Unverschämtheit. Hinfort mit euch! Verschwindet! Das ihr es wagt, eine Lady anzuschauen, während sie nichts trägt!«, hörte ich eine ältere Frau rufen.
Sie kam zu mir und wickelte mich in eine Decke. Hinter ihr standen ein Mann und zwei Kinder - ein Junge und ein Mädchen.
»Was habt Ihr euch nur gedacht, Mädchen? In diesem kalten Wasser baden, nein nein. Ihr erkältet Euch doch noch!«
»Sie ist aus dem Nichts aufgetaucht, Großmutter!«, rief das kleine Mädchen. Sie war jünger als Lucy.
»Na dann kommt erst einmal mit.« Die Frau stützte mich und lief mit mir zu einem Haus. Ihre Familie folgte ihr. Als wir bei ihrem Zuhause angekommen waren, gab mir eine junge Frau ein Kleid. Ich erfuhr, dass es die Tochter der Großmutter war, und der Mann, ihr Ehemann und die Kinder die ihren.
Wir setzten uns an einen Tisch und die alte Frau gab mir ein Schälchen heiße Suppe. Ich nickte dankbar.
»Wer seid Ihr?«, fragte der Junge. Ich schätzte ihn auf zirka achtzehn.
Ich legte den Holzlöffel zur Seite und erhob mich. Neugierig wartete die Familie ab. Ich verließ das Haus und hörte das Mädchen sagen: «Was ist denn nun schon wieder? Kann sie nicht sprechen?«
Ich wartete draußen bis der Junge mich eingeholt hatte.
»Wohin wollt Ihr?«
Ich lächelte zaghaft und lief wieder los. Er folgte mir. Ich ging zum Marktplatz, auf welchem eine Statur stand. Sie bestand aus Marmor. Hell und weiß, wie das Aslans Land - oder das, was vor ihm liegt.
Ich deutete darauf und der Junge blieb wie angewurzelt stehen. Hinter ihm tauchte seine Familie auf. Auch andere Menschen versammelten sich.
Sie verglichen mich mit meinem Abbild.
»Eure Majestät!«, bemerkte der Junge und sank auf die Knie. Die anderen taten es ihm gleich.
Ich lief zu ihm, griff unter sein Kinn und hob es sanft an. Langsam schüttelte ich den Kopf und er verstand.

Peter pov.

Ich lief unruhig in meinem Zimmer auf und ab.
Eingeschlossen! Wie ein Tier!
Wütend trat ich gegen das Bett, dann schlug ich dagegen.
Nein. Nein. Nein! Ich werde hier nicht abwarten und Tee trinken!
Auf einmal wurde die Tür aufgeschlossen. Ich zückte mein Schwert und stellte mich hinter Tür, die in diesem Moment geöffnet wurde. Ich stürmte aus meinem Versteck hervor und schlug zu, doch sogleich wurde Klinge gekreuzt.
»Pass auf, Brüderchen. Sonst tust du noch jemanden weh!«, rief Edmund.
Freudestrahlend klopfte ich ihm auf die Schulter, als plötzlich Kaspian und Susan hinter ihm auftauchten.
»Du!«, sagte ich wütend. »Das du es noch wagst, dich hier blicken zu lassen!«
»Peter, nein. Das ist ein Irrtum!«, meinte Edmund, doch ich hörte nicht auf ihn. Ich schubste meinen Bruder zur Seite und drückte den König gegen die Wand.
»Du hast alles zerstört. Alles!«, schrie ich. »Du hast ihr wehgetan, sie geschlagen! Wärst du nicht gewesen, wäre sie noch hier!« Ich drückte seine Kehle zu, Kaspian wehrte sich nicht.
»Peter, hör auf!«, kreischte Susan. »Das war nicht er. Es war ein Gestaltenwandler. Er hat sich in Kaspian verwandelt! Bitte, Peter, hör uns zu!«
Augenblicklich ließ ich ihn los.
»Wir müssen uns beeilen«, sagte Kaspian und fasste sich an den Hals. »Ich habe schon eine Idee!«

Wir alle waren versammelt im Thronsaal. Die Lords, meine Geschwister, einige Soldaten und Kaspian. Er erklärte ihnen allen die ganze Geschichte. Als er fertig war, sagte er: »Wir werden die Morgenröte aufrüsten, um die Königin zurückzuholen!«
Ein schwarzer Minotaurus trat einen Schritt nach vorne. »Viele meiner Art sind auf der Seite der Weißen Hexe, doch auch viele sind Narnia und Aslan stets treu geblieben. Für Narnia!«, rief er. Andere Minotauren taten es ihm gleich.
Der Anführer der telmarischen Soldaten drängte sich an uns vorbei und verbeugte sich tief. »Auch wir werden Euch begleiten. Für Narnia und für die Königin!«
»Nein, wir brauchen Euch hier!«, beharrte Kaspian. »Kapitän Drinian wird mit mir segeln. Ihr müsst den falschen Aslan aufhalten!«
Der Soldat nickte steif und trat zurück.
»Wir werden ebenfalls mitkommen!«, sagte Edmund.
»Ja. Wie beim letzten Mal!«, meinte Lucy grinsend.
»Wie beim letzten Mal«, wiederholte Kaspian nickend.

Sieben Tage später:

Vor uns tauchten die Einsamen Inseln auf. Lucy und Edmund kannten sie bereits, doch für Susan und mich war es ein vollkommen neues Bild. Ich kannte die Geschichte, wie meinen beiden kleinen Geschwister mit Kaspian den Sklavenhandel dort beendet hatten.
»Geht es dir gut, Peter?«, fragte Kaspian mich, der plötzlich neben mir stand. Es war das erste Mal, dass wir miteinander redeten, seitdem wir uns auf diesem Schiff befanden.
Ich nickte nur stumm, doch innerlich war es eine Lüge.
»Das ist nicht die Wahrheit«, bemerkte der König. »Du fühlst dich alleingelassen und benachteiligt, weil ich alles besitze, was du anstrebst. Belle hatte mich das gelehrt. Durch einen Blick, das Innere der Menschen zu sehen. Was sie fühlen, wie es ihnen ergeht.«
»Darin war sie schon immer gut gewesen«, sagte ich.
»Ja, schon immer.« Kaspian drehte seinen Kopf zu mir. »Du liebst sie noch, oder?«
»Sie gehört dir. Ihr seid verheiratet ...«, antwortete ich.
»Sie gehört nicht mir«, beharrte der Mann. »Sie ist kein Gegenstand, nicht mein Eigentum. Das einzige, was sie mir hätte schenken können, wäre ihr Herz gewesen. Doch auch das hatte sie behalten. Sie hatte es aufgehoben. Für jemand anderen.« Er sah wieder hinauf aufs Meer. »Hat sie dir erzählt, warum wir geheiratet haben?«
Ich nickte.
»Nicht aus Liebe, Peter. Doch sie dachte, ich würde der Schlüssel zu dem Schloss sein. Sie dachte es, da du eh nicht wieder nach Narnia hättest kommen können. Jedenfalls nach Aslans Worten. Doch dies war ein Irrtum.
Du bist ihre wahre Liebe. Du warst es schon immer und wirst es auch immer bleiben. Ganz tief in ihrem Herzen weiß sie es. Und ich weiß, dass du sie liebst. Mehr als ich es jemals tat. Du besitzt das, wofür ich sterben würde. Susan. Wir hatten nicht den besten Beginn und wir kennen uns nicht sehr, doch ich würde für sie sterben. Würdest du auch für Belle sterben?«
Nun sah er mich wieder an. Seine Worte trafen mich sehr. Ich war unfähig zu antworten.
Plötzlich hielt die Morgenröte. Die Mannschaft setzte sich in Bewegung. Kaspian klopfte mir auf die Schulter und rannte zu den Beibooten.

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