Der letzte Atemzug Narnias
Belle pov.
Ich stand in meinem Zimmer und schaute aus dem Fenster. Obwohl es Sommer war, wirkte die Natur, als ob sie gleich einfrieren wolle - die Blätter fielen von den Bäumen, das Gras wurde welk und die Vögel ließen sich nicht mehr blicken.
Vor wenigen Tagen waren wir wieder in Kaspians Schloss angekommen. Seitdem hatte ich mich auf meinem Zimmer eingeschlossen. Ich hatte vieles zu überdenken. Zum Beispiel, wo Aslan war, ob ich Edmund retten konnte und wie ich die Weiße Hexe besiegen könnte. Das alles und vieles mehr schoss mir durch den Kopf.
Jadis war stärker als bei ihrer früheren Herrschaft und ich besaß keine Kraft. Alles, was hätte helfen können, hatte ich verloren. Aslan, meine Zauberkraft (obwohl sie eh nicht so stark gewesen war) und ... Peter.
Aber liebte ich ihn wirklich so sehr?
Plötzlich klopfte es an der Tür - mal wieder.
»Belle? Belle, hörst du mich?«
Wenn man vom Teufel spricht …
Peter klopfte wieder - lauter. »Öffne bitte die Tür. Du hast seit Tagen nichts gegessen!«
Ich zögerte erst, aber dann drehte ich den Schlüssel um, drückte die Klinke hinunter und zog langsam die Tür auf. Vor mir stand nun Peter, der wieder ein königliches Gewand trug.
»Was?«, fragte ich leicht sauer.
»Hier, bitte. Eine Kleinigkeit zu essen«, meinte er und hielt mir einen Teller entgegen mit Obst und Brot.
Ich fuhr mir über die Stirn, seufzte und sagte: »Komm rein.«
Er nickte und betrat mein Zimmer.
»Stell ... stell den Teller einfach dort hin.« Ich kratzte mich am Kopf, deutete auf den Tisch und schloss dann die Tür.
Peter stellte den Teller ab und betrachtete die Bücher, die daneben lagen.
»Daran hast du also die ganzen Tage gearbeitet.« Interessiert blätterte er darin herum.
Hastig rannte ich zu ihm und stellte mich genau vor ihm, damit er nichts mehr sah. »Es ist besser, wenn ... oh schau mal da, ein Vogel!«, versuchte ich Peter abzulenken.
Der Mann wollte an mir vorbeischauen, doch ich folgte seinen Bewegungen.
»Ehrlich ... dein Ernst? Darf ich keinen Blick darauf werfen?« Er zog mich zur Seite und sah nun den Titel des Kapitels, welches ich gelesen hatte. »Die Wahre Liebe ... Du suchst ihn also immer noch. Den Adamssohn... Wenn du mich fragst, hast du ihn schon gefunden. Er steht genau vor dir.« Er deutete auf sich und ich schüttelte den Kopf.
»Peter ... hör auf, bitte.«
»Warum? Warum sollte ich aufhören?«, rief er.
»Weil ich dich nicht liebe!«, schrie ich wütend zurück.
Auf einmal wurde die Tür aufgerissen. Es war ein Diener.
»Eure Majestäten, Ihr solltet mitkommen und Euch das ansehen!«, sagte er und eilte davon. Peter und ich folgten ihm. Der Mann brachte uns zum Wall, wo auch Lucy, Susan und Kaspian standen.
Ich trat neben meinen Mann und dieser deutete nach unten. Ich folgte seinem Blick und erschrak. Vor dem Schloss versammelte sich ein riesiges Herr und es gab nur einen, der für mich in Frage kam.
»Jadis«, flüsterte ich.
»Wenn es zum Angriff kommen sollte, sind wir tot«, sagte Lucy.
»Versammelt die Lords und Heerführer. Wir treffen uns in der Halle!«, rief ich und rannte davon.
Im Thronsaal herrschte lautes Gemurmel. Alle riefen wild durcheinander. Kaspian und ich saßen auf unseren Thronen, während Susan, Lucy und Peter mit einigen Befehlshabern der verschiedenen Heere an der Eingangstür standen. Die Lords der Telmarer saßen wie üblich auf ihren großen Stühlen.
»Ruhe!«, brüllte plötzlich der Mann neben mir und ich lächelte ihm dankbar zu.
Ich erhob mich und stolzierte langsam vor meinem Thron hin und her. Auf meinem Haupt lag ein Diadem aus Diamant und ich trug ein weißes Kleid - nach langem mal wieder.
»Wie ihr wisst«, begann ich, »ist die Weiße Hexe Jadis zurückgekehrt. Viele von euch kennen sie nicht, doch ich war dabei, als sie an der Macht war. Und glaubt mir: Es hat 100 Jahre gebraucht, bis man sie besiegen konnte. Damals war es Aslan gewesen, der sie in den Tod geschickt hatte.
Doch unser treuer Löwe ist verschwunden. Mir ist zu Ohren gekommen, dass der Verräter, der sich als Aslan ausgeben hatte, während meiner Abwesenheit gefangen genommen und nach gerechter Strafe hingerichtet wurde.« Ich machte eine kurze Pause. »Nun bin ich zu einem Entschluss gekommen. Ich habe mir das sehr lange und gut überlegt. Und deswegen erdulde ich keine Widersprüche!«
Ich sah die bleichen Gesichter. Abwartend, auf meine nächsten Worte.
»Ich werde gegen Jadis kämpfen! Doch bevor ich in die Schlacht ziehen werde, muss ich noch einige Dinge loswerden: Ich trenne den Bund zwischen Kaspian und mir. Wir haben uns nie geliebt, vielleicht nur wie Bruder und Schwester, aber nie mehr. Ich will keine Fragen hören. Bitte akzeptiert es einfach. Außerdem wünsche ich die Hochzeit zwischen Kaspian und Susan - falls ich ...« Die letzten Worte brachte ich nicht mehr heraus.
Die Menschen und Wesen schwiegen. Sie schauten betrübt und verängstigt.
»Für Narnia!«, brüllte plötzlich jemand.
»Für Narnia!« Nach und nach stimmten die anderen mit ein und ich setzte mich erschöpft wieder. Kaspian ergriff meine Hand und drückte sie sanft. Ich lächelte leicht - und dies sollte mein letztes Lächeln sein.
Ich saß auf einem weißen Pferd und trug die Farben Narnias. Ein rotes Kleid, ein Löwe war darauf bestickt, und ein Kettenhemd, welches vergoldet war. Wie auch davor ging es nur bis zur Brust.
Neben mir saß Peter auf seinem Pferd. Kaspian und Susan befanden sich weiter hinten und Lucy saß auf einem Greif - bereit für die erste Welle.
Eine dünne Eisschicht überzog das Gras und ich begann zu frieren. Ich blickte zu dem jungen Mann neben mir. Er trug seine Rüstung, die ich ihm damals geschenkt hatte. Es war wie die erste Schlacht, nur dass ich diesmal mehr Angst hatte als vor vielen Jahren.
Einige Meter vor uns, stand die Weiße Hexe in einem Streitwagen. Wie damals wurde er von Eisbären gezogen. Sie lächelte mich böse an. Jadis trug ein weißes Kleid und darüber einen dicken Pelz. In der rechten Hand hielt sie ihren Stab, der anscheinend wieder repariert sein musste, und mit der linken führte sie die Zügel. Hinter der Frau standen ungefähr 10000 Wesen. Ich hatte keine Ahnung, woher sie diese hatte.
Ich ergriff Peters Hand und drückte sie. Er schaute mich nur an, sagte aber nichts und zog seine Hand auch nicht weg.
»Ergibst du dich?«, rief plötzlich Jadis rüber.
»Erst, wenn du es tust!«, brüllte ich zurück.
Die Hexe lachte, antwortete aber nicht. Dann blies ein Minotaurus von ihr in ein Horn: der Befehl zum Angriff!
Peter riss sich nun los, hob sein Schwert und befahl Lucy anzugreifen. Die erste Welle brach an. Die Greife erhoben sich mit einem Schrei in die Luft. Sie trugen riesige Steine mit sich, um sie über der feindlichen Armee abzuwerfen. Das Mädchen flog an der Spitze und mein Herz klopfte wild.
»Ihr wird nichts passieren. Jadis kann nichts so hoch über ihren Kopf anrichten«, versicherte Peter mir. Doch das beruhigte mich auch nicht.
Da kamen Lucy und die Greife auch schon an ihrem Ziel an und sie ließen die Steine fallen.
Plötzlich rammte die Hexe ihren Stab in den Boden und ein Windstoß erhob sich, direkt auf Lucy. Die Greife stürzten schreiend zu Boden - zusammen mit dem Mädchen.
Ich schrie auf und gab meinem Pferd ohne zu Überlegen die Sporen.
»Nein, Belle, nicht!«, brüllte Peter mir hinterher. Ich hörte Hufgetrappel und ich wusste, dass er mir folgte.
Jadis lächelte mich böse an und sah, wie Lucy sich am Boden stöhnend wälzte. Zum Glück hatte ein Greif ihren Sturz ein wenig abgefangen.
Ich hatte sie bald erreicht. Mitten im Galopp sprang ich ab und landete vor dem Wagen der Hexe. Sie stieg ab und zog ihr Schwert.
»Töte mich, aber lass die anderen am Leben!«, flehte ich.
»Ich will dich gar nicht töten«, sagte sie. Ich schaute sie verdutzt an. »Ich will dich nur loswerden!« Und mit diesen Worten rammte sie mir ihren Stab in den Bauch. Alles um mich herum verdunkelte sich und ich fühlte mich schwerelos. Ich riss meine Augen noch einmal mit Gewalt auf und sah, wie alles um mich herum erstarrte, dann verließen auch mich meine Kräfte - wahrscheinlich für immer.
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