Adamsblut
Belle pov.
Von weitem konnte ich die Segel der Morgenröte erkennen. Seit sieben Tage wartete ich auf sie, seit sieben Tage hatte ich kein Wort gesprochen. Das Kleid hatte ich gegen eine Seemannskluft gewechselt. Ein weißes leichtes Oberteil und eine braune Hose mit braunen Stiefeln und einem schwarzen Gürtel.
Ich sah, wie vier Beiboote auf die Insel zusteuerten. Sie kamen immer näher und mein Herz klopfte wild.
Als sie endlich das Ufer erreicht hatten, konnte ich mich kaum noch zurückhalten. Hinter mir versammelten sich alle Bewohner der Einsamen Inseln. Auch Gael war anwesend. Sie hatte Kaspian, Lucy, Edmund und mich damals begleitet, als wir ihre Mutter gesucht hatten.
Kapitän Drinian stieg aus einem der Boote aus. Er hielt Waffen in der Hand, die ich unschwer als die meinen erkannte.
Danach stiegen die anderen aus - unter anderem die Pevensie-Geschwister und mein Mann.
»Kaspian?«, fragte ich vorsichtig. Er nickte und ich rannte freudestrahlend auf ihn zu und umarmte ihn.
»Sie hat geredet!«, bemerkte jemand hinter mir und alle fingen an zu lachen.
»Dir geht es gut!«, flüsterte ich.
»Ja. Aber es war knapp.« Er löste sich von mir, so, als wäre es ihm peinlich, dass wir uns vor so vielen Leuten in den Armen lagen.
Erst jetzt beachtete ich die anderen hinter ihm. Peter schaute den Boden an und ich bekam Schuldgefühle. Ich lief an Kaspian vorbei zu ihm hinüber und berührte ihn sanft an der Schulter. Ruckartig hob Peter den Kopf und ich umarmte ihn stürmisch. Ein Raunen rollte durch die Menge. Meine Augen füllten sich mit Tränen und plötzlich spürte ich seine Hand auf meinen Haaren.
Ich ging ihm gerade mal bis zur Schulter und deswegen grub ich meinen Kopf unter sein Kinn. Ich begann laut zu weinen an.
»Schht«, machte Peter, doch das verschlimmerte das ganze nur noch.
»Geht! Los geht zurück nach Hause!«, hörte ich Drinian sagen. »Verschwindet!«
Auf einmal hörte ich eine andere Stimme, doch ich erkannte sie nicht, denn ich bekam plötzliche Kopfschmerzen, mir wurde schwindlig und das letzte, was ich spürte, war, dass mich jemand auffing.
Ich öffnete meine Augen und bemerkte, dass ich mich in einem Raum befand. Es sah etwas schäbig aus. Kaum Möbel, alles karg zusammengezimmert. Ich war alleine. Langsam erhob mich, ergriff meine Waffen, die neben dem Bett lagen, verließ den Raum und ging dann nach draußen.
Vor dem Eingang standen zwei Matrosen, die wahrscheinlich als meine Wache eingeteilt waren. Ich grüßte sie knapp und sie verbeugten sich.
Ich lief weiter bis zur Anlegestelle der Boote und fand dort Edmund vor. Er starrte auf das Meer und schien mich noch nicht bemerkt zu haben. Ich stellte mich neben ihm.
»Alles okay, Ed?«, fragte ich langsam.
Er schüttelte den Kopf. »Als du verbannt wurdest, ist der grüne Nebel aufgetaucht. Ich hatte die anderen danach gefragt und sie meinten, sie haben ihn nicht gesehen und ich hätte mir das alles nur eingebildet ... Hast du ihn gesehen?«
»Tut mir leid, Edmund. Ich kann mich an keinen Nebel erinnern«, gestand ich.
Er beobachtete immer noch das offene Meer und ich starrte ebenfalls dort hin.
Auf einmal veränderte sich der Himmel. Aus dem klaren blau wurden schwarze dunkle Wolken. Das Meer verdunkelte sich ebenfalls. Dann sah auch ich es. Der grüne Nebel tauchte auf. Er schoss mit einer hohen Geschwindigkeit direkt auf uns zu. Wenige Augenblicke später berührte er uns fast. Aus dem dichten Rauch formte sich eine Gestalt, die ich nur zu gut kannte.
»Jadis!«, rief ich.
»Schön, dich wiederzusehen, Belle. Aber ich bin nicht deinetwegen hier. Hallo, Edmund!«, sagte sie und sah den Jungen neben mir durchdringend an. Dieser wich ängstlich zurück, stolperte und fiel zu Boden.
»Geh weg von ihm!« Ich zog mein Schwert und richtete es auf die Hexe.
Diese lachte mich aus.
»Ich bin tot, Isabella. Dein Schwert wird nichts gegen mich nützen. Aber bald werde ich wieder aus Fleisch und Blut sein und dann kannst du deine Klinge mit mir kreuzen. Doch das würde deinen Tod bedeuten!«, versprach sie.
Sie nahm mir meine Sicht, indem sie den Nebel vor meinen Augen schweben ließ. Ich hörte Edmund schreien. Mit einem Mal waren die Schwaden verschwunden und mit ihnen der Junge.
Ich rannte hastig zu den anderen. Die Worte sprudelten nur so aus mir heraus, so dass sie sich überschlugen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis sie alles verstanden hatten.
Ohne zu zögern, setzten wir uns in die Boote und ruderten zurück zur Morgenröte. Ich wusste, wo Edmund sich befand. Auf der dunklen Insel. Ich hatte keine Ahnung, wie das Böse wieder zurückkehren konnte, doch nun war es einmal da und wir mussten es bekämpfen.
Kaspian gab knappe Befehle, als wir auf dem Schiff waren und dieses setzte sich in Bewegung.
Das Boot schwankte hin und her - das Meer war unruhig. Es war schon dunkel und das Wasser sah aus wie schwarzes Blut. Peter, Susan, Lucy, Kaspian, Drinian und ich waren in der Kajüte. Die Männer besprachen einen Plan, wie wir Edmund zurückholen würden.
Lucy und ich saßen am Fenster und blickten hinaus auf das Meer. Wir alle trugen Kleidung, die perfekt zum Segeln war. Kaspian, Peter und Drinian standen um einen Tisch herum und betrachteten eine Karte, während Susan an der Wand lehnte.
Kaspian und Peter stritten sich - mal wieder. Jeder wollten den anderen übertrumpfen, besser sein. Sie warfen mit Worten um sich, beschimpften einander und sagten Dinge, die überhaupt nicht zum Thema passten.
»Hört auf! Alle beide!«, rief Lucy plötzlich und erhob sich. »Das bringt Edmund auch nicht zurück. Wir müssen zusammenhalten und nicht hier rumstehen und uns gegenseitig beleidigen!«
Peter drehte Kaspian wütend den Rücken zu. »Er bestimmt doch sowieso alles!«, rief er, bevor er den Raum verließ.
Ich seufzte. Die beiden waren doch keine Kinder mehr!
»Ich stelle mir nur eine Frage«, sagte ich. »Wieso Edmund? Ich meine, du wurdest gefangen genommen, Kaspian. Sie benötigt Adamsblut um wieder auferstehen zu können.«
»Das ist ganz einfach«, begann mein Ehemann. »Vor vier Jahren hatten wir sie besiegt, sie vor der Rückkehr abgehalten. Ihre Kraft ging zu Grunde. Nun will sie zurück und wer ist besser dafür geeignet, als ein Verräter!«
»Rede nicht so über ihn!«, kam es aus Lucy und mir gleichzeitig heraus.
Kaspian hob abwehrend die Hände.
»Wusstest du das etwa alles?«, fragte dann das Mädchen.
»Mehr oder weniger ...«
»Dann bete zu Aslan, dass du ihn wieder heil zurückbringen wirst!«, rief ich, griff nach meinem Mantel und verließ die Kajüte.
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