2

Ich könnte jubeln. Ich könnte kreischen. Mit allem hatten die Wächter wahrscheinlich gerechnet. Aber mit der Reaktion von mir sicher nicht.

Ich bekam einen Wutanfall. Nicht wegen der Zusage, dass ich auf der Lightfire Akademy aufgenommen war, Nein, weil meine Mutter in der letzten Reihe stand und mich anlachte.

Das einzige was ich mir von ihr gewünscht hatte, war, dass sie nicht auftauchen würde. Eine winzige Angelegenheit. Und ich hatte tatsächlich geglaubt das Aglesca Lightstone sie erfüllen würde. Aber wozu war meine Mum bekannt? Zum heilen. Und gerade deshalb wollte ich, dass sie nicht kam.

Was würden die Wächter, oder gar meine neuen Mitschüler von mir denken, wenn sie erfuhren, das eine Lichtkriegerin die Tochter einer bekannten Tränenheilerin war.

Ich fing an zu schreien. Nein, Nein, Nein! Das durfte jetzt nicht passieren! Ich schlug mir gegen den Kopf. Das war meine Schwachstelle. Oft prügelte ich mich selbst, danach blutete ich manchmal, aber es ging mir innerlich dann besser.

Orna legte den Finger auf die Lippen. Sie hatte Mum auch bemerkt und lief zu ihr nach hinten. Hektisch redete sie auf Mum ein. Meiner Mutter standen Tränen in den Augen, als Orna sie heraus führte. Ich fühlte mich schon wieder schlecht, weil ich so geschrien hatte und gleichzeitig meine Mutter verletzt hatte.

„Entschuldigung ", flüsterte ich heiser und sprang vom Podium. Dann setzte ich mich wieder auf meinen Platz und die Wächter zählten weiter Jugendliche auf, die sich als Lichtkrieger beworben hatten. Von den vierzehn Leuten, die aufgerufen worden waren, wurden außer mir noch drei andere aufgenommen. Zwei Jungen und ein Mädchen.

Ihre Namen hörte ich nicht, ich war viel zu viel mit mir selbst beschäftigt. Es hatten alle gesehen, das ich mich selber geschlagen hatte. Aber war das normal? Eigentlich nicht, dass wusste ich.

Aber jeder hatte Schwächen und das war nun mal meine. Niemand hatte es gewusst. Nicht einmal meine Mutter. Und nun wusste es jeder in Cavellon. Wenn sich die Nachricht nicht verbreiten würde und auch die anderen Länder es erfuhren.

Ich konnte mich kaum darüber freuen, dass ich morgen anreisen konnte. Meine Lunge war wie ausgedorrt und ich schnappte müde nach Luft. Ich wollte gehen. Weg von diesem Ort.

Glücklicherweise gaben die Wächter den Fyue zu verstehen, dass sie gehen konnten. Doch uns winkten sie noch einmal zu sich.

„Morgen früh, wartet auf uns vier, wenn wir nicht gekommen sind am falschen Ort ihr", meinte June und lächelte. Ich wusste aus Büchern, dass sie viel und gerne in Rätseln sprach. Doch dies waren Gerüchte. Ob es stimmte? Ich wandte mich zum Ausgang und glaubte einen Moment die schwarz gekleidete Frau zu sehen, die mich beobachtet hatte. Doch dann war sie verschwunden.

Verwirrt sah ich wieder zu June..., zumindest zu der Stelle an der sie gerade gestanden hatte. Denn dort war die Wächterin des Südens eben noch gewesen war, blieb nur blauer Rauch zurück, der sich langsam verflüchtigte. June war längst verschwunden.


„Ich bin anders, anders als die anderen. Das spüre ich einfach. Heute hat mich eine Frau beobachtet. Ich bin mir sicher, sie wollte mich umbringen!", schrie ich Orna an, da sie mir nicht glauben wollte, dass ich irgendetwas an mir hatte, das sich als etwas Besonderes erklären würde.

Ein paar Leute sahen sich schon nach uns um und eine kleine Fee, die neben ihrer Mutter flog,  zeigte mit dem Finger auf mich und kicherte. Ich konnte so etwas nichts ausstehen, doch gerade hatte ich wirklich Wichtigeres zu tun. Meine Schritte wurden schneller, warum war denn bloß alles so kompliziert? Ich wusste doch, dass sich in dem Moment, in dem ich erfahren hatte, dass ich auf der Akademy aufgenommen war, etwas in mir verändert hatte.

Ich hatte etwas gefühlt, dass ich vorher noch nie gefühlt hatte. Etwas Besonderes, etwas Mächtiges.

Doch irgendwie schien Orna mir nicht zu glauben. „Rae, ich weiß, dass ist alles sehr schwer für dich. Du musst dein Zuhause verlassen, deine Familie und den Wald, in dem du mehr warst als in dem Haus deiner Familie. Lichtkrieger zu werden, ist eine große Chance für dich. Aber ich muss dich enttäuschen. Es gibt nichts, was mächtiger sein könnte als der Virus, der sich im Norden ausbreitet. Der alles tötet, angeführt vom sagenumwobenen Herrscher der Welten. Du wirst dein Element erlernen, aber du wirst sehen, Du bist genauso wie alle anderen auch."

Diese Worte waren sehr schlimm für mich. Sie versetzten mir einen Stich und ich wollte nur noch weg. Für immer. Ich würde versuchen,  an der Lightfire Akademy ein neues Leben zu beginnen. Und mein altes hinter mir zu lassen.


Durch die Hitze wurde alles nur noch schlimmer. Sobald wir den Marktplatz von Cavellon verließen umschlang sie uns so unerwartet, dass ich es wirklich nicht erwartet hätte, obwohl es immer so war. Innerhalb ein paar Sekunden klebte mir die Kleidung am Körper.

Meine eine Hand umklammerte immer noch den Dolch und obwohl ich mich nicht erinnern konnte, weshalb ich es besaß, fühlte es sich gut an, ihn zwischen meinen Handflächen  zu spüren.

Ich achtete nicht wirklich auf die anderen Bewohner Cavellons. Ich wollte nur noch in den Wald und mir einen ruhigen Platz verschaffen, um das Rätsel von June lösen zu können. Denn ich könnte mir immer noch keinen Reim darauf machen.

Doch leider befand ich mich immer noch auf den Straße des südlichen Reiches. Bei mir Orna Lavendra, eine der berühmtesten Lichtkrieger des Fyue Universums.

Ich zog den Hut mit der Feder eines exotischen, magischen Vogels auf, den meine Mutter mir gegeben hatte, damit mich die schwüle Luft nicht erdrücken konnte. Es war zwar immer noch heiß, nicht gerade angenehm warm, aber zumindest ließ es die winzigen Eiskristalle auf meiner Haut schmelzen. Diese waren unglaublich groß geworden, als ich das Schloss, in der die Zeromonie stattgefunden hatte, verließ.

Andererseits war es irgendwie merkwürdig dass sich Eiskristalle auf meiner Haut gebildet hatten. Wie konnte dies sein? Es war zwar kalt in der Höhle, aber so dass Eiskristalle sich bilden konnten, war es eigendlich nicht gewesen. Wurde dort etwa mit dunkler Magie gespielt? Und hatte es etwas mit meiner Verfolgerin zu tun? Was wurde hier um mich getan? Und wer führte dieses Spiel an? Worum ging es? War es der Auftrag, mich zu töten? Und warum hatte ich dass Gefühl, Macht in mir zu spüren?

Ich sah zu Boden während ich durch die Menge von Fyue eilte, die die Kleider in den Schaufensterscheiben betrachteten, sich unterhielten oder ihre Fähigkeiten ausprobierten. Die Gassen waren rappelvoll von Musikanten und Fyue die ihre Fähigkeiten mit der Menge teilten.

Von einer Sekunde auf die andere stand plötzlich jemand vor mir. Ich war in einem so schnellen Tempo unterwegs, dass ich die Person nicht bemerkte und ihn sie herein krachte. Mein Kopf stieß gegen etwas Hartes.

„Au, kannst du nicht aufpassen?", motzte ich den jungen Mann vor mir an. Ich hatte jetzt echt keine Lust, mich zu entschuldigen. Das konnte ruhig er tun.

Erst dann sah ich auf und verfing mich sofort in seinen azurblauen Augen. Er sah verlegen aus und strich sich nervös durch die dunkelbraunen kurzen Haare.

„Alastair", meinte er mit dunkler, angenehmen Stimme.

Ich verdrehte die Augen. „Ja?"

„Dies ist mein Name, Darling."

Ich lächelte kühl. „Raelin", meinte ich zuckersüß. Ich wollte mich gerade an ihm vorbei drängen, da sagte er mir noch etwas.

„Ich weiß ", flüsterte er.

„Was?" Ich fuhr wieder herum und sah schon wieder in die azurblauen Augen. Auch wenn ich es nicht wollte. Mit diesem charmanten Lächeln uns diesen Augen hatte er bestimmt schon einer Menge Frauen den Kopf verdreht. 

Ich musterte ihn von oben bis unten. Er war mit einem weißen Hemd gekleidet, auf dem Blutspuren zu erkennen waren und trug eine weite dreckige Hose, die für Männer in unserer Welt sehr bekannt waren. Insgesamt wirkte er ein bisschen abgeschabt, was mich nicht wirklich störte. Warum sah dieser Typ mich gerade in so einem piekfeinen Kleid? Normalerweise hatte ich schließlich auch eher schlichte Klamotten an, die mich nicht so wirken ließen, als wäre ich reich.

Trotzdem sah er süß aus.

Ich hätte mir fast auf den Kopf geschlagen. Was dachte ich denn da für einen Unsinn?

Erst jetzt bemerkte ich, wie sehr er mich anstarrte. „Äh, ist etwas?", fragte ich verlegen und lächelte zaghaft.

„Du bist sie. Die Auserwählte. Die, die die vier Elemente beherrscht, dunkle und helle, die die die Gabe dazu hat, zu heilen und zu kämpfen. Die die der Meister sucht. Raelin. Raelin Lightstone. My Girl, sie müssen mit mir kommen."

„Woher weiß ich, das ich dir vertrauen kann?", flüsterte ich und vergaß alles um uns herum. Ich senkte den Kopf und sah zu den Spitzenschuhen an meinen Füßen zu Boden. Nur nicht in seine Augen sehen.

Ich konnte nicht riskieren, dass ich sterben würde, weil ich einem fremden Mann vertraute, der mir über den Weg lief und behauptete ich wäre irgendeine Auserwählte. Und das ein Mann, den Alastair Meister nannte, mich zu irgendetwas brauchte, weshalb ich ihm vertrauen und folgen sollte.

Doch war dies richtig? Sollte ich Alastair vertrauen? Von einem Tag auf den anderen, von einer Nacht auf die nächste, hätte sich mein Leben sehr verändern können. Das wäre vielleicht noch normal gewesen. Aber stattdessen war es eine Sekunde gewesen, in der ich mich verändert hatte. Ich war anders geworden, strukturierter, aber nachdenklicher. Und ich musste jeden meiner Schritte gut überlegen, vertraute ich den Falschen könnte es vielleicht den Tod bedeuten, und nicht nur ich würde dabei sterben.

Leider war das ja das komische daran. Warum wusste ich so etwas? Was hatten diese Gedanken in meinem Kopf zu suchen? In dem Kopf von Raelin Lightstone! 

Gab es jemanden der mir diese Gedanken in den Kopf setzte? Woher sonst sollte ich so etwas wissen? Oder hatte alles eine ganz andere Erklärung?

Eine wirkliche Lichtkriegerin hätte ihm wahrscheinlich ohne zu Zögern ihren Dolch in die Brust gerammt. Aber so brutal war ich nicht. Ich wollte Unschuldigen nicht ihr Leben nehmen und hasste den Anblick, wie Sklaven auf der Straße die Arbeiten für ihren Besitzer erledigten.

Besitzer. Niemand sollte jemandem besitzen! Ich fand, dass jeder das Recht haben wollte, so zu leben, dass man nicht hungern oder verdursten musste. Das jeder das Leben leben konnte, wie man wollte. Doch es gab nun mal arme und reiche Fyue, Sklaven und Könige. 

Und so jemand unbedeutendes wie Ich konnte daran nichts ändern. Und dies würde so bleiben, wenn kein Wunder geschah und ich Königin des Südens werden würde. 

Ich wurde von Alastair aus meinen Gedanken gerissen, der klopfte mir leicht auf die Schulter und mit fiel auf, dass ich mich von ihm abgewandt hatte und ziellos durch die Gegend starrte. Ich konnte überall hinsehen. Nur nicht in seine Augen. 

„Raelin, ich weiß da ist schwer, es zu verstehen, aber du musst mir vertrauen. Es könnte unser und das Leben anderer gefährden, entscheidest du dich dagegen. Und ich glaube nicht, dass du meinen Augen widerstehen kannst?" Er grinste selbstsicher, ich lief erst rot an und verpasste ihm dann einen gehörigen Hieb mit meinem Dolch. Ich hasste so etwas. 

Tatsächlich schien Alastair damit gerechnet zu haben. Blitzschnell zog er sein Schwert aus der Scheide und begann mit mir zu duellieren. 

Einmal zog er sein Schwert genau über meinen Kopf hinweg und hätte mich fast erwischt, stattdessen jedoch rollte ich mich zur Seite ab und versetzte ihm wieder einen Hieb, diesmal jedoch strukturierter und fester als der vorige. 

Man konnte das Klirren hören, das jedes Mal an unsere Ohren drang, wenn mein Dolch und sein Schwert aufeinander trafen. Ich war flinker, er ausgebildeter. Mir machte es Spaß, obwohl ich wusste dass wir in ernster Lage gegeneinander kämpften. Naja, ernst war übertrieben, ich wollte ihn schließlich nicht enthaupten, nur necken. 

Auch ich schaffte es ein paar Mal fast ihn zu Boden zu bringen. Aus Versehen gelang es mir einmal ihm einen blutigen Schnitt am Bein zu verpassen. Ich entschuldigte mich mit einem kühnen Grinsen auf dem Gesicht. 

Unerwartet stieß er mich einmal fast nach hinten, da ich wenige Sekunden unaufmerksam war. Natürlich musste ich Rache nehmen und zog ihm meinen Dolch so über den Kopf, dass Alastair zu Boden sank. 

Ich hatte gesiegt. Selbstgefällig grinste ich ihn an, während er sich aufrappelte und sein Schwert wieder in die Scheide steckte. Auch er grinste, jedoch matt. 

„Du hast mich geschlagen, Darling ", meinte er und zog die Augenbrauen nach oben. 

„Das habe ich wohl ", meinte ich neckend und verstaute meinen Dolch ebenfalls. Und das  obwohl ich immer noch eine Robe trug, über die ich fast gestolpert und hingefallen wäre.

In diesem Moment fasste ich einen Entschluss. „Ich werde mit dir kommen ", sagte ich im ruhigen Tonfall und lächelte. 

Dr hob den Kopf. Er war erleichtert, dass konnte ich sehen. „Danke ", flüsterte er, so leise das ich es kaum verstand. 

„Fass meine Hand ", befahl Alastair mir und ich befolgte seine Anweisungen. Es fühlte sich merkwürdig an, seine Hand zu nehmen. Gleichzeitig pochte mein Herz wie wild. Was war nur mit mir los? 

„Bereit?", fragte er. 

„Bereit", antwortete ich. 

„Wohin gehen wir...", fing ich noch an, kam aber nicht weiter. Alastair teleportierte und ich konnte nur hoffen, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte...



Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top