🪦🪦🪦🪦
Bedrohlich langsam ziehe ich mir die Klinge aus dem Rücken und schleudere sie weg.
„Hast du mir gerade ernsthaft ein Schwert in den Rücken gerammt?", meine Stimme ist leise. Gefährlich leise. Ich versuche mich zu erinnern, wann das letzte Mal jemand die unverfrorene Dreistigkeit besessen hat, mich anzugreifen, während ich abgelenkt war, aber mir fällt kein einziges Mal ein. Ein Donnergrollen erklingt in der Ferne und es wird schlagartig mehrere Grad kälter.
Das Mädchen macht eine lasche Handbewegung, woraufhin das Schwert zurück in ihre Hand schnellt. Sie lächelt schmallippig. Ihre Smaragdaugen blitzen.
„Habe ich jetzt deine ungeteilte Aufmerksamkeit?", fragt sie, „Gut. Dann kann ich ja jetzt endlich die Welt retten, indem ich dich töte."
Sie hebt ihr Schwert.
Auch ich lächle. Es ist das Lächeln eines Raubtiers, kurz bevor es sich auf seine Beute stürzt.
„Die Welt zu retten, wird überbewertet", meine Augäpfel färben sich rot, während sie sich auf über 20000 Grad erhitzen. „Glaub mir, ich spreche da aus Erfahrung."
„Halt!", Kass stürmt nach vorne und stellt sich mit erhobenen Händen zwischen uns. „Bitte! Das ist alles nur ein blödes Missverständnis. Wir wollen nichts Böses. Unsere Freundin ist krank und –"
Sie verstummt schlagartig und starrt mit großen Augen das fremde Mädchen an. Dann mich. Dann wieder das fremde Mädchen. Ihr Mund steht speerangelweit offen.
„Mary Sue", fragt Kass schließlich sichtlich erschüttert, „wieso sieht dieses Mädchen aus wie du?"
Ich runzle meine wohlgeformte Stirn. Mir gegenüber verzieht das Mädchen ihr wunderschönes Gesicht. Wir mustern uns gegenseitig. Aber so sehr ich mich anstrenge, ich kann keinerlei Ähnlichkeit zwischen uns erkennen. Sie offenbar auch nicht, denn sie verzieht ihren wohlgeformten Mund zu einem spöttischen Lächeln.
„Netter Versuch, Lakaiin des Bösen", sagt sie an Kass gewandt, „aber du kannst deine Meisterin nicht durch Lügen und erbärmliche Irreführungen retten. Nicht vor mir. Und jetzt geh mir aus dem Weg!"
Kass verschränkt trotzig die Arme und bewegt sich keinen Millimeter. Das Mädchen seufzt und macht eine lasche Handbewegung. Kass reißt entsetzt die Augen auf und ehe ich es verhindern kann, wird sie von einer unsichtbaren Macht zur Seite geschleudert und schlägt einige Meter entfernt hart auf dem Boden auf.
„Kass!", rufe ich entsetzt. Das Mädchen beobachtet mich feixend. Unbändige Wut steigt in mir auf. Ich bin Mary Sue. Wie kann sie es wagen, mich und meine Gefährten so zu behandeln? Dafür werde ich sie büßen lassen.
„Weißt du, ich habe lange auf diesen Moment gewartet", das Mädchen lässt lässig ihr Schwert rotieren und macht einen Schritt auf mich zu. „Die Prophezeiung besagt – "
Mein Super-Laser-Plasmastrahl mit dem Durchmesser eines Kleinwagens trifft sie und schneidet ihr mitten im Satz das Wort ab. Weißer Dampf steigt von der Stelle auf, an der sie sich eben noch befunden hat und vernebelt die Sicht.
„Deine Lebensgeschichte ist mir wirklich scheißegal", sage ich zu dem Dampf, bevor ich mich abwende.
Ich lächle grimmig. Das wäre erledigt. Ich sollte nach Kassandra schauen. Außerdem wird es Zeit, dass ich das restliche Gift aus Amoras Körper entferne, damit wir endlich in eine andere Welt wechseln und den Film der Hamsterkönigin angucken können.
Ein glockenhelles Lachen lässt mich herumfahren. Es durchdringt den Nebel und verursacht mir – ausgerechnet mir – eine Gänsehaut. Grünes Licht strahlt aus dem weißen Dampf hervor und zerfranst ihn, bis nichts mehr davon übrigbleibt. Ich erstarre. Hinter einer Wand aus smaragdfarbenen Licht steht das Mädchen. Vollkommen unbeschadet. Ich schlucke. Wie ist das möglich? Mein Super-Laser-Plasmastahl besitzt die Zerstörungskraft einer Wasserstoffbombe. Von diesem Mädchen sollte nicht einmal mehr ein Staubkorn übrig sein.
„Niedlich", sagt sie und streicht sich eine seidene Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ist das alles, was du draufhast?"
Hinter ihr stehen ihre beiden Begleiter, die ich bis gerade eben schon wieder völlig vergessen hatte, hinter ähnlichen Lichtbarrieren. Ebenfalls unversehrt.
Ich fletsche mit den Zähnen. Das klingt nach einer Herausforderung. Schon sehr bald wird dieses Mädchen bereuen, sich je mit mir angelegt zu haben. Mein Rücken meldet sich schmerzhaft, während die Schwertwunde, die sie mir zugefügt hat, sich langsam schließt. Ich grinse wütend. Oh ja, ich werde jede einzelne Sekunde meiner Rache genießen.
Bläuliche Flammen bilden sich an meinen Fingerspitzen. Das Mädchen scheint ein ungewöhnlich großes Talent zu besitzen, sich vor machtvollen, großflächigen Angriffen zu schützen, sonst hätte mein Super-Laser-Plasmastrahl sie im wahrsten Sinne des Wortes pulverisiert. Mal sehen, wie sie sie sich bei fokussierten, schnell hintereinander folgenden Überraschungsattacken schlägt. Ich pumpe noch mehr Hitze in die Flammen an meinen Fingerspitzen, bis diese bläulich glühen und Blitze an meinen Fingerkuppen herumtanzen. Ich lächle und mache mich bereit, die Blitze abzufeuern.
„Mary Sue!", unterbricht mich eine vertraute Stimme, „kann man dich nicht einmal fünf Minuten allein lassen, ohne dass du anfängst, die Einheimischen umzubringen?"
Ich lasse die Hände sinken. Amora kommt mit verschränkten Armen auf mich zumarschiert, Kassandra im Schlepptau. Sie wirkt wieder völlig normal. Nichts weist darauf hin, dass sie bis vor Kurzem noch mit dem Tod gerungen hat. Ich grinse erleichtert. Nicht, dass ich mir Sorgen gemacht hätte oder so. Meine Heilkräfte sind schließlich unglaublich großartig. Sie bleibt vor mir stehen und mustert mich vorwurfsvoll durch ihre Brillengläser hindurch.
„Also", sagt sie und piekst mich mit ihrem Zeigefinger schmerzhaft in den Arm. „Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?"
Ich ziehe einen perfekt geformten Schmollmund.
„Sie hat angefangen!", sage ich und deute anklagend auf das dunkelhaarige Mädchen.
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