7. Kapitel
Kian stand aufrecht in der Mitte des Zimmers, dass Enola ihre Halle nannte. Sie war wütend, aber das war in der letzten Zeit oft der Fall. Sie lief aufgeregt hin und her und warf ihm ab und zu böse Blicke zu.
„Du willst mir also erklären, dass sie immer noch ein ahnungsloser Mensch ist. Verdammt, Kian, das kann nicht sein. Jason würde sie nie so lange ungeschützt lassen."
Kian zuckte mit den Schultern.
„Das macht er ja auch nicht. Es ist immer ein Vampir oder ein Mondjäger in ihrer Nähe!"
Sie lachte bitter auf.
„Und sie erkennt sie nicht? Hältst du mich für dumm?"
Kian senkte den Blick. Sie durfte auf keinen Fall erkennen, dass er sie anlügt. Lieber gab er sich zerknirscht.
„Selbstverständlich nicht. Die Menschenfrau denkt, es wären Studenten."
Wieder dieses böse Lachen.
„Sie denkt, es wären Studenten und erkennt nicht einmal, dass sich Vampire in ihrem Kurs befinden. Was für ein naives Ding! Ich weiß nicht, warum Jason sie immer noch beschützt!"
Weil er sie über alles liebt! Aber das kannst du nicht verstehen. Du hattest noch nie solche Gefühle!
Kian war Enola immer noch dankbar, dass sie ihn damals gewandelt hatte. Er hatte sehr an seinem Leben gehangen und nun konnte er es in gewisser Weise weiter führen.
Aber in letzter Zeit hatte sie sich verändert. Kian kam es fast so vor, als ob sie langsam wahnsinnig wurde. Sie versteifte sich immer mehr auf diesen dunklen Fürst und seine Braut. Enola wollte unbedingt, dass die Braut von der Bildfläche verschwand, aber als Kian ihr am Anfang vorgeschlagen, es gleich zu tun, hatte sie abgelehnt. Sie wollte Jason wehtun und sie begründete ihre Entscheidung damit, dass es am besten funktionieren würde, wenn die Braut entweder gewandelt worden oder zumindest kurz davor war.
Kian verstand sie nicht. Sie glaubte tatsächlich, dass Jason sich ihr dann zu wandte, was natürlich völlig absurd war.
„Ich will, dass du weiter machst, Kian! Irgendwann muss er sie wandeln! Und dann bin ich zur Stelle! Beobachte sie Tag und Nacht!"
Kian verneigte sich und wollte schon gehen, als sie ihn zurück hielt.
„Kian! Wenn ich erfahren sollte, dass du mich hintergehst, dann wird mein Zorn fürchterlich sein!"
Er nickte ihr noch einmal zu und ging aus dem Saal.
Himmel, jetzt wurde es so langsam eng. Lange würde er sie nicht mehr hinhalten können.
Er nickte den Wachen zu und verließ die Villa. Sie hielten ihn nicht auf, schließlich war er Enolas rechte Hand. Er genoss den Status, aber das würde nicht mehr lange gut gehen.
Er stieg in seinen Wagen und fuhr in den Park, den sein Clan nie betrat, weil er das Revier von Jasons Clan war. Enola hatte den Befehl gegeben, sich nicht blicken zu lassen.
Langsam ging er zu der Telefonzelle, die Einzigste, die noch hier in der Stadt zu finden war und rief Magic an. Er bat ihn, sofort hier her zu kommen.
Es dauerte keine zehn Minuten und Magic kam ihm entgegen.
„Hey, Alter! Was gibt es Neues?"
Kian schnaubte.
„Einen Scheiß gibt es! Enola ist außer sich vor Zorn, weil ich ihr immer denselben Mist auftische. Wenn ich nicht bald Ergebnisse liefere, dann bin ich ein toter Mann!"
Magics unbekümmerte Miene verschwand.
„Ach du Scheiße! Das ist wirklich Mist!"
Er setzte sich auf eine Bank und betrachtete seine Hände.
„Was sollen wir machen? Sie ist fast so weit. Kenneth hat ihr alles beigebracht, was er wusste und ist schon wieder auf den Heimweg. Jason kommt auch bald wieder zurück. "
Kian setzte sich neben ihn.
„Aber sie ist noch keine Mondjägerin!"
Es war keine Frage.
Magic schüttelte den Kopf.
„Obwohl man es fast meinen könnte. Sie kann alles, was ein Mondjäger braucht, aber sie ist noch keiner. Wir haben keine Ahnung, was es auslösen könnte!"
Kian schluckte hart.
„Dann kann es noch Wochen, ach was sag ich, Monate dauern, bis sie sich wandelt!"
Magic nickte ernst.
„Das geht nicht, Magic. Ich muss etwas liefern!"
Wieder ein Nicken von Magic.
„Das ist mir klar!"
Dann kam ihm eine Idee.
„Gut, Kian, ich werde sie ins kalte Wasser schmeißen! Mal sehen, ob es sie aufrüttelt!"
Kian hob fragend eine Augenbraue.
„Lass mich nur machen. Heute Nacht nehme ich sie mit auf die Jagd!"
„Was hast du vor?"
Magic stand in seiner Ledermontur vor Ava und grinste sie an.
„Ich nehme dich heute Nacht mit. Komm schon, Ava! Das macht Spaß!"
Sie wirkte immer noch kritisch.
„Weiß Jason davon?"
Er wackelte mit den Augenbrauen.
„Kann es sein, dass du ein Feigling bist und dich hinter Jason verstecken willst?"
Sie schlug ihm hart gegen die Schulter.
„Du bist ein Arsch! Natürlich habe ich Schiss. Du bist ein Mondjäger und ich ein Mensch. Himmel, was passiert, wenn ich versage?"
Er seufzte theatralisch auf.
„Ich bin doch immer in deiner Nähe, Ava. Außerdem schwirrt Manolo bestimmt auch um dich herum. Also, was ist jetzt?"
Sie zog ihre Nase kraus.
„Jason wird dich umbringen, wenn er davon erfährt und mir etwas passiert. Das ist dir doch klar!"
Er grinste.
„Das nehme ich gerne in Kauf. Zieh dich an. Ich habe auch eine Überraschung für dich!"
Ava war zwar noch skeptisch, ging aber in ihr Schlafzimmer und zog sich eine bequeme Jeans und einen Pulli an. Sie hatte sich schon vor ein paar Tagen schwere Stiefel besorgt, was eigentlich nicht ihr Stil war. Aber nun hatte sie das Gefühl, dass sie damals schon eine gewisse Vorahnung hatte.
So praktisch angezogen betrat sie wieder das Wohnzimmer. Magic betrachtete ihre Kleidung kritisch.
„Da fehlt noch etwas!"
Er zog einen Koffer aus dem Flur ins Wohnzimmer herein und öffnete ihn. Er zog eine Lederjacke und ein Schwert heraus und reichte beides Ava. Kaum berührte sie das schwere, aber weiche Leder durchzuckte es sie wie ein Blitz.
„Das ist meine! Die habe ich von Jason geschenkt bekommen, weil er meine zerrissen hatte. Nach dem Kampf gegen die Werwölfe."
Magic nickte.
„Er hat sie aufgehoben. Und nicht nur das. Nimm das Schwert!"
Das Schwert hatte die gleiche Wirkung auf sie.
„Mein Gott! Sebastian! Er war auch ein Mondjäger?"
Magic grinste.
„Er war dein Mentor und hat dich gewandelt!"
Ava betrachtete das Schwert.
„Konrad und Violett auch? Haben sie auch noch die Mondjägergene in sich?"
Magic schüttelte traurig den Kopf.
„Nein! So wie ich gehört habe, waren sie schon tot, als Helios sie wieder zurück schickte. Er wollte ihnen ein normales Leben ermöglichen. Aber sie haben doch eine Kampfschule, oder? Etwas muss also noch in ihnen sein, auch wenn sie nie wieder Mondjäger werden können!"
Ava wurde einen Moment traurig.
„Konrad hat es gefallen, ein Mondjäger zu sein. Er war ein wenig wie du! Immer ein Scherz auf den Lippen. Immer sorglos! Violett war die Flippige, aber kämpfen konnte sie! Sebastian...er war traurig. Ich glaube, er ist der Einzigste, der dem alles hier nicht nachtrauern würde."
Magic kannte die Geschichte der Geschwister nicht, deswegen zuckte er hilflos mit den Schultern.
„Es war zwar nicht alles richtig, was Helios gemacht hat, aber ich glaube, deine Geschwister sind glücklich! Trauere nicht um sie! Sie haben doch ihren Weg gemacht."
Ava setzte sich in den Sessel und nickte geistesabwesend. Sacht streichelte sie über die Schwertscheide.
„Mein Vater hat mir von dem Schwert erzählt. Mein Vater...er war überhaupt nicht mein Vater, oder?"
Magic nickte.
„Biologisch gesehen nicht, aber er hat euch alle geliebt. Das ist mehr, als andere von sich behaupten können. Er war ein Sonnenjäger, der auch bei der Schlacht gekämpft hatte. Allerdings hatte er keinen getötet, weil er diese Schlacht nicht gut hieß. Helios vertraute ihm euch Kinder an und ich denke, er machte seine Sache gut. Deine Mutter war ein Mensch. Sie wusste von nichts und ihre Gedanken wurden so manipuliert, dass sie wirklich der Meinung war, sie hätte euch geboren."
Ava stand auf und schnallte sich das Schwert auf den Rücken, so wie sie es früher immer getan hatte.
„Gut, ich bin bereit!"
Wieder schüttelte Magic den Kopf.
„Tut mir leid, aber das sehe ich immer noch anders. Du bist zwar viel schneller geworden, allerdings kannst du mit mir immer noch nicht mithalten. Deswegen habe ich in Jasons Garage gekramt und tatsächlich etwas gefunden. Du wirst es auch gleich wieder erkennen."
Sie gingen nach unten und Ava blieb stehen, als sie ihr altes Motorrad wieder sah. Es war ihr alte Ninja und sie sah aus, als ob sie frisch vom Werk kommen würde.
„Er...Jason hat alles aufgehoben?"
Magic lachte.
"Nicht nur aufgehoben, sondern auch gepflegt. Sie ist zwar schon älter, aber die Maschine schnurrt wie ein Kätzchen. Jetzt komm schon. Wir haben noch etwas zu tun und keine Zeit in Erinnerungen zu schwelgen. Das kannst du morgen früh noch machen!"
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