Plötzlich leuchtete ein Licht auf, der Kristall an der Spitze von Gandalfs Stab glimmte immer stärker in einem weißen Licht.
Sein Träger erhob leise seine Stimme: „Seid wachsam, es gibt in den Tiefen der Welt noch ältere und gemeinere Geschöpfe als Orks. Still jetzt, bis zur anderen Seite ist es ein Fußmarsch von vier Tagen. Lasst uns hoffen, dass unsere Gegenwart unbemerkt bleibt."
Also folgten wir Gandalf schweigend.
Vor uns lag eine breite Treppe, die zweihundert Stufen hoch war und hinter welcher ein Gang noch tiefer ins Dunkel der Mine führte.
Als wir am oberen Ende angelangt waren, fragte Frodo in die Stille hinein: „Wollen wir uns nicht hier auf den Treppenabsatz setzen, ausruhen und etwas essen, da wir kein Speisezimmer finden können?"
Niemand von uns war der Idee abgeneigt, eine Mahlzeit zu sich zu nehmen, denn unser Frühstück lag schon lange zurück.
Anschließend nahm jeder einen letzten Schluck miruvor, denn der Weinschlauch war nahezu leer.
Danach kamen wir wieder in Bewegung und gingen um Ecken, auf Treppen und in unzähligen Gängen.
Immer voran führte uns Gandalf mit seinem Zauberstab, dicht gefolgt von Gimli.
Wenn der Zauberer nicht weiter wusste und wir kurz warteten, besprachen sich die beiden. Hinter dem Zwerg folgten Frodo, mit gezogenem Schwert, Sam, Legolas, ich, die beiden Hobbits Merry und Pippin, Boromir und zuletzt Aragorn, der mürrisch drein blickte.
Je weiter wir nach unten gingen, desto wärmer wurde es. Hin und wieder wehte uns aber eine kühle Brise entgegen.
Im Halbdunkeln, nur durch das Leuchten des Zauberstabs erkennbar, konnte man auch die Quelle der Luftzüge ausmachen.
Es waren Öffnungen, die zu Gängen und Treppen in allen Richtungen führten.
Obwohl ich das Dunkel nicht fürchtete, fühlte ich mich dennoch unwohl. So war ich keine große Hilfe bei der Suche nach dem Weg.
Es war lange her, dass ich hier war, und ich war die andere Richtung gegangen.
Als wir aus dem nächsten Gang hinaus traten, eröffnete sich uns ein atemberaubender Blick, denn vor uns lag eine große Schlucht von enormer Tiefe. Ob diese Schlucht natürlich entstanden war, konnte man schlecht sagen, außer Frage stand jedoch, dass die Zwerge sie bei ihren Grabungen ausgeweitet hatten.
Während wir darauf zu gingen, erklärte Gandalf: „Der Reichtum Morias beruhte nicht auf Gold oder Edelsteinen, sondern auf mithril."
Nun standen wir direkt vor dem Abgrund und starrten in die dunkle Tiefe. Gandalf erhob seinen Zauberstab und der Kristall an der Spitze begann, Licht in die Dunkelheit zu bringen. Jetzt konnte man vielerlei Gerüste und andere Aufbauten entdecken, während es an den Wänden silbrig schimmert.
Gandalf fuhr fort: „Allein hier und sonst nirgends in der Welt wurde Moria-Silber gefunden, oder Wahr-Silber, wie manche es genannt haben: mithril ist der elbische Name. Die Zwerge haben einen Namen, den sie nicht sagen. Sein Wert betrug das Zehnfache von Gold und ist jetzt unermesslich; denn oberirdisch ist wenig davon übrig, und nicht einmal Orks wagen, hier danach zu graben. Man konnte es wie Kupfer hämmern und wie Glas glätten; und die Zwerge wussten ein Metall daraus zu machen, leicht und trotzdem härter als vergüteter Stahl. Seine Schönheit glich der des gewöhnlichen Silbers, aber die Schönheit von mithril wurde nicht matt oder trüber. Die Elben liebten es sehr; und abgesehen von manchem anderen machten sie daraus ithildin, Sternenmond, wie ihr auf der Tür gesehen habt."
Einige von uns standen jetzt so dicht an der Kante, dass ich mir Sorgen machte, sie würden jeden Moment hinunter fallen, sollten sie noch zwei Schritte gehen.
Besonders Meriadoc; doch Pippin hatte ähnliche Sorgen, denn als Merry sich weiter nähern wollte, wurde er von seinem Freund zurückgehalten.
Dann verlosch das Licht und der Kristall glimmte wie zuvor.
Etwas in Gedanken verloren redete der Zauberer weiter: „Bilbo hatte einen Harnisch aus Mithrilringen den Thorin ihm geschenkt hatte."-
„Wahrlich ein königliches Geschenk", erwiderte Gimli stolz.
Nun war Gandalf wieder bei der Sache und erzählte weiter: „Oh ja, ich habe es ihm niemals gesagt, aber er war mehr wert als das ganze Auenland."
Die Hobbits blickten einander überrascht an und ich meinte, aus dem Augenwinkel gesehen zu haben, wie sich Frodo bedächtig an die Brust fasste.
Gandalf begann weiter zu gehen und forderte uns auf, ihm zu folgen, was wir auch prompt taten.
Einmal mussten wir eine sehr steile Treppe erklimmen, sie bereitete den Hobbits einige Schwierigkeiten, aber mit etwas Hilfe erreichten wir alle den oberen Absatz.
Die Wanderung durch das Halbdunkel ging weiter, hin und wieder machten wir Pause, aber den Großteil des Weges legten wir schweigend zurück.
Die meiste Zeit war ich in Gedanken versunken und dachte darüber nach, wann wir das Schattenbachtal und Lorien erreichen würden.
Wir kamen an eine Gabelung, an der sich der Weg in drei Gänge aufteilte, alle drei führten nach Osten, jedoch stieg einer an, während der andere abfiel und der letzte eben blieb.
Da blieb Gandalf plötzlich stehen und sagte: „An diese Stelle kann ich mich nicht erinnern."
Er versuchte etwas zur Orientierung zu finden, scheiterte allerdings.
Resigniert schüttelte er den Kopf.
„Ich bin zu müde. Ich brauche Zeit zum Nachdenken."
Damit ließ Mithrandir sich auf einen großen Stein vor sich sinken und zündete sich eine Pfeife an.
Wir verteilten uns in dem kleinen, in den Stein gehauenen Raum, jedoch mussten wir vorsichtig sein, denn an einer Seite ging der Raum in einen tiefen Schacht über, der den sicheren Tod bedeutete, sollte man hineinfallen.
Da wir nicht wussten wie lange es dauern würde, zündeten Aragorn und Boromir ein kleines Feuer an.
Die meisten unterhielten sich im Flüsterton.
Ich gesellte mich zu Legolas, damit ich nicht so alleine war.
Außerdem strahlte der Elb etwas beruhigendes aus und das konnte besonders hier gut gebrauchen.
Wir schwiegen eine Weile und ich konnte zwei Hobbits miteinander flüstern hören.
Der Elb brach das Schweigen zwischen uns mit einer Frage: „Garidh trenari annin man en lín bar? Sî mai tiritham i-daur côl."
(Kannst du mir etwas von deiner Heimat erzählen? Jetzt, da wir den goldenen Wald sehen werden.)
Ich blickte ihn verwundert an, aber erwiderte: „Na glass, narnidh tennio nea ennas?"
(Mit Freude, warst du schon einmal dort?)-„Penin, en ú." (Nein, noch nie.)
Jetzt war ich umso verblüffter. Ich hatte angenommen, dass er ebenso umhergereist war und da Lorien von Düsterwald nicht weit entfernt lag, hatte die Vermutung nahegelegen, dass er den goldenen Wald bereits besucht hatte.
Also begann ich zu erzählen: „Nossen ar im, dortham bo a sui orn ne gland o Charas Galadhon. Naris i-'aled dae ban mi i-ath, ned Anduin. Garis tiri pen fuin ennas na venel-lim i-'îl. Ae thelidh garin teitho ten le."
(Meine Familie und ich wir wohnen auf dem selben Baum am Rand von Caras Galadhon. In der Nähe ist eine sehr schöne Lichtung, direkt am Anduin. Man kann dort nachts bei klarem Himmel die Sterne beobachten. Wenn du magst, kann ich sie dir zeigen.)-
„Merithon nin dae." (Ich würde mich sehr freuen.)
Plötzlich sagte Gandalf gut hörbar: „Oh, das ist der Weg."
Sofort richten wir unsere Aufmerksamkeit auf den Zauberer und Merry stellte fest: „Gandalf erinnert sich."
Jedoch wurde er prompt von Gandalf korrigiert: „Nein, das ist es nicht, aber die Luft ist hier nicht ganz so unangenehm. Und im Zweifelsfalle, Meriadoc, sollte man immer seiner Nase folgen."
Acht Stunden lang gingen wir auf diesem Weg weiter und hielten nur zweimal kurz an. Einmal erkannte ich eine Gravur an der Wand, ein gutes Zeichen dafür, dass wir auf dem richtigen Weg waren.
Wir hatten Glück, denn wir begegneten keiner Gefahr und sahen und hörten auch nichts anderes als den Lichtschein von Gandalfs Stab und das Echo unserer eigenen Schritte.
Gandalf musste uns auf eine ehemals wichtige Straße geführt haben, da der Boden eben und ohne Risse war und der Gang kontinuierlich breiter und höher wurde.
Aufgrund dieser Umstände kamen wir schneller voran als zuvor und gelangten so irgendwann in eine große Halle.
Staunend blieben wir am Eingang stehen, da sagte Gandalf: „Lasst mich ein wenig mehr Licht riskieren."
Und sofort wurde der Schein, welcher von Gandalfs Stab ausging, um ein Vielfaches heller. Jetzt konnte man bis an die Decke der Halle und weit voraus sehen.
„Seht, dies ist das große Reich und die Stadt Zwergenbinge." Gandalf machte eine ausschweifenden Geste, während er dies verkündete.
Vor mir hörte ich Samweis murmeln: „Ein wahrer Augenöffner, gar keine Frage."
Mit dem Licht von Gandalfs Stab erkannte ich nun endlich, wo wir uns befanden. Wir mussten kurz vor der Brücke von Khazad-Dum sein, dies war einer der ersten östlichen Hallen. Die Wände waren rabenschwarz und glatt. In regelmäßigen Abständen ragten hohe Säulen mit kunstvoll behauenen Kapitalen in die Höhe.
Plötzlich wurde ich jäh aus meiner Betrachtung gerissen, denn Gimli stieß einen lauten Schrei aus.
Er hatte eine Kammer zu unserer rechten entdeckt und rannte nun darauf zu.
Gandalf rief ihm nach und folgte ihm schließlich auch. Schnell kamen wir anderen Gimli und Gandalf hinter.
Der Raum, den wir betraten, war groß und rechtwinklig.
Auf dem Boden lag eine dicke Staubschicht, die wir aufwirbelten, als wir den Raum betraten.
Ich musste an mich halten, nicht zu niesen, so sehr kribbelte meine Nase.
Obwohl der Raum nicht hell beleuchtet war, konnte man genug darin erkennen, denn unsere Augen waren nur ans Licht von Gandalfs Stab gewöhnt.
Als meine Augen anfingen zu tränen, wusste ich nicht mehr, ob es wegen dem Staub oder der Helligkeit war.
Ich muss ein paar mal blinzeln, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen. Dann konnte ich in der Mitte des Raumes einen großen, länglichen Steinquader erkennen, vor dem Gimli auf die Knie gesunken war.
Gandalf trat zu ihm, betrachtete die Runen und sagte dann: „Das sind Daerons Runen, wie sie früher in Moria gebräuchlich waren. Hier steht in Sprache der Menschen und Zwerge: Hier ruht Balin, Fundins Sohn, Herr von Moria."
Gandalf machte eine Pause, bevor er weiter sprach: „Er ist also tot. Ich hatte es gefürchtet."
Traurig nahm der Zauberer sein Spitzhut ab.
Gimli stieß einen von Trauer und Wut geprägten Schrei aus.
In der Stille, die dann folgte, konnte ich mir die Kammer noch einmal genauer ansehen, sie war definitiv von Orks geplündert worden, denn keine andere Rasse, abgesehen von Menschen im Dienst von Sauron, verstand es sich so gut darauf, so viel Zerstörung zu hinterlassen.
Alle Kisten und Truhen waren mit Gewalt aufgebrochen und geleert worden. Neben einer von ihnen lag sogar noch ein zerschlissenes Buch.
Die Orks hatten es wahrscheinlich als wertlos angesehen.
Gandalf musste das Buch auch gesehen haben. Denn er gab Hut und Stab an Pippin, welcher neben ihm stand, und hob das Buch auf.
Während er den Staub wegblies und langsam begann, das Buch durchzusehen, wandte sich Legolas an Aragorn und mich, die wir weiter zurück geblieben waren. „Wir dürfen hier nicht verweilen. Wir müssen weiter."
Ich konnte seine Anspannung verstehen, schließlich ging es mir ähnlich, aber wir sollten abwarten, was Gandalfs Nachforschungen ergaben.
Nach einer Weile blickte Gandalf auf und erklärte: „Es scheint eine Chronik über das Schicksal von Balins Leuten zu sein."
Gandalf blättert weiter und begann dann vorzulesen: „Sie haben die Brücke und die zweite Halle genommen. Wir haben das Tor versperrt, können es aber nicht lange halten. Die Erde bebt. Trommeln, Trommeln in der Tiefe. Wir können nicht hinaus. Ein Schatten bewegt sich in der Dunkelheit. Wir können nicht hinaus. Sie kommen."
Es herrschte betretenes Schweigen.
Doch dann ertönte ein großer Krach.
Abrupt drehten wir uns zu der Ursache: Pippin.
Er hatte sich an den Brunnen gestellt und musste an das Skelett darauf gekommen sein, denn dieses war nicht mehr da.
Stattdessen rumpelte es im Brunnenschacht und schlug gegen dessen Wände.
Schlussendlich fiel auch der Brunneneimer, ausgelöst durch das Skelett, hinterher.
Als der Lärm aufgehört hatte herrschte wieder Stille.
„Närrischer Tuk wirf dich nächstes mal selbst hinein dann sind wir dich und deine Dummheit los.", wurde Peregrin von Gandalf harsch angefahren.
Der Hobbit blickte schuldbewusst drein.
Kurz lauschten wir nach Geräuschen, aber es war nichts zu hören, vielleicht hatte wir Glück gehabt.
Dann drängte Gandalf zum Aufbruch: „Zurück zur Halle. Ich weiß jetzt, wo wir sind. Wir sollten durch den Ostbogen gehen und uns nach rechts und Süden halten. Unser Weg führt uns abwärts. Kommt nun! Zurück zur Halle!"
Wir wollten gerade folgen.
Da ertönten plötzlich Trommeln, Trommeln in der Tiefe.
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