Unsere Bestimmung

Mum war immer noch mit meinen Haaren beschäftigt, während dad mit Corinnas Haaren kämpfte. Am Ende gaben die beiden es auf und unsere Haare blieben, wie sonst auch, offen. Ich hatte keine Angst vor dem Test, ich war nur aufgeregt. Der enge blaue Rock und diese dämliche, luftabdrückende Bluse nervte einfach nur. Ich freute mich auf jeden Fall darauf, dass Zeug bald los zu sein. Als wir endlich alle fertig waren, brachte mum uns noch zum Gebäude, wo der Test stattfinden würde. Drinnen im Vortragsraum hörte ich der Lady, die vorne stand, nicht zu, denn ich kannte diesen Vortrag schon in und auswendig. ,,Hey Philippa", flüsterte mir mein Zwilling zu, ,,Ganz egal, was der Test sagt, wir werden zusammen bleiben, okay?" ,,Okay", flüsterte ich zurück, ,,Aber da ich 4 Minuten älter bin als du, wirst du dich wohl mit meiner Wahl begnügen müssen!" ,,Ich werd schon damit klar kommen!", flüsterte sie noch eine letzte Antwort, dann sollten wir die Testräume betreten. In dem Raum stand eine junge Frau vor einem großen Spiegel. Ich würdigte den Spiegel keines Blickes, denn ich kannte mein Spiegelbild gut genug, um es nicht sehen zu wollen. ,,Ich bin Tori, ich werde deinen Test leiten", stellte die Frau sich vor. Ich setzte mich einfach in den Sessel und wartete. Tori kam zu mir rüber und hielt mir ein kleines Glas mit einer bläulichen Flüssigkeit hin. ,,Ist das das Serum?", fragte ich. ,,Ja", antwortete Tori, ,,Los, runter damit!" Ich nahm das kleine Gläschen entgegen und leerte es in einem Zug. Tori war verschwunden. Überall um mich herum waren Spiegel. Ich schloss die Augen und sah schließlich auf den Boden. ,,Wähle!", sagte plötzlich eine Stimme in meinem Kopf. Ich wusste, wie das laufen würde, denn ich hatte mich mal ins System gehackt, um den Test auszucheken. Vor mir auf den Sockeln lagen ein Messer und ein rohes Steak. Ich nahm das Messer und steckte es unter der Bluse in den Rockbund. Dann kniete ich mich auf den Boden, schloss die Augen und wartete. Als ich die Augen wieder öffnete, lag ein kleiner Hund vor mir, der sich plötzlich aufrichtete, als ein kleines Mädchen rief: ,,Hundi!" Ich zog das Messer aus meinem Rockbund und schleuderte es auf den Hund, den ich direkt in den Bauch traf. Ich sank in den Boden ein und Tori zerrte mich an meinem Arm aus dem Sessel. ,,Was ist mein Ergebnis?", fragte ich bestimmt, aber verwirrt. ,,Du bist gleichermaßen Ken, Altruan, Amite, Ferox und Candor", antwortete sie und mir stockte der Atem, ,,Du passt in alle Fraktionen gleichermaßen rein!" ,,Ich bin eine Unbestimmte?", fragte ich entsetzt. ,,Ja!", gab Tori zurück, ,,Du gehst jetzt nach Hause und redest mit niemandem über dein Testergebnis! Ich hab dich offiziell als Ken eingetragen. Sag einfach, dass dir schlecht war und du nach Hause geschickt wurdest!" Ich wurde aus der Hintertür raus geschoben und raste los nach Hause, soweit das mit diesen bescheuerten Absatzschuhen möglich war. Als och dort ankam, setzte ich mich als erstes an meinen Computer und hackte mich ins Testsystem. Corinnas Ergebnis war, wie ich erwartet hatte, Ken. Es tat mir leid für sie, doch ich würde nicht bei den Ken bleiben. Ich wusste noch nicht genau, welche Fraktion ich wählen würde, aber ich wusste, dass es nicht Ken sein würde. Als Corinna in unser Zimmer kam fragte sie sofort: ,,Was ist dein Ergebnis?" ,,Und was ist deins?", gab ich zurück. ,,Das hast du doch schon längst!", meinte sie nur lachend, ,,Wieso bist du schon hier?" ,,Mir war schlecht und da durfte ich nach Hause gehen", antwortet ich knapp. Sie schmiss sich auf ihre Betthälfte und sagte dann: ,,Wähl morgen einfach das, was du willst, ich werd das gleiche wählen." ,,Auch wenn ich Amite wählen würde?", fragte ich scherzhalber. ,,Ich würde kurz zögern und mich fragen, wieso ich das mache, aber ich würds machen", antwortete mein Zwilling lachend. Ich schmiss mich kurze Zeit später neben Corinna und wir schliefen schnell ein.

Am nächsten Morgen wachten wir früh auf und zogen das letzte mal wieder unser Kenzeugs an. Mum und dad würden schon im Bestimmungsgebäude sein, da sie die ganze Nacht gearbeitet hatten. Als wir dort ankamen, suchten wir erst mal nach mum und dad und ließen uns neben sie fallen. Jeanine, die Chefin der Ken, trat nach vorne und rasselte ihre Rede runter, die wir auch schon auswendig kannten. Die Liste der Namen zog an meinen Ohren vorbei, bis mein Name aufgerufen wurde: ,,Philippa Collin." Ich stand auf und ging nach vorne. Ich stand kurz unschlüssig vor den Schalen, dann nahm ich das Messer und ließ einen Tropfen Blut in die Feroxschale fallen. Die Ferox jubelten mir zu und während ich auf meinen doofen Schuhen zu ihnen stöckelte, sah ich entschuldigend zu meinem Zwilling rüber, die etwas nervös wirkte. Ich ließ mich auf einen freien Stuhl fallen und sah meinem Zwilling zu, wie sie nach vorne stöckelte, das Messer nahm und einen Tropfen Blut in die Feroxschale fallen ließ. Die Ferox jubelten erneut und sie setzte sich neben mich. ,,Danke", flüsterte ich ganz leise. ,,Ich hoffe nur, ich werde es nicht bereuen!", flüsterte sie ebenso leise zurück. Nach einer Weile wurde aufgerufen: ,,Tobias Eaton." Ein spargeldürrer Junge kam nach vorne. Er war mit Sicherheit nicht als Ferox geboren und auch nicht als Ken. ,,Ferox", wurde seine Wahl verkündet und der Spargeltarzan kam zu uns rüber und ließ sich auf meiner anderen Seite nieder. Diese Zeremonie sollte endlich zu Ende gehen! Ich wollte endlich diese doofen Klamotten los werden! Es kamen wirklich wenige zu den Ferox, aber es gingen viele zu den Altruan und den Ken. Ich bemerkte aus dem Augenwinkel, dass mum zu uns rüber sah und lächelte. Offenbar nahm sie mir meine Wahl nicht übel. Das freute mich. Als die Zeremonie endlich vorbei war, gingen wir Ferox erst als letzte raus und kaum das wir im Gang waren, rannten wir los, aus dem Gebäude und stürmten die Straßen. Irgendwann kamen wir unter den Bahngleisen an. Wir kletterten an den Säulen hoch, wobei Tobias einige Schwierigkeiten hatte, genau wie mein Zwilling und ich hatte auch eine Schwierigkeit, wegen den Schuhen. Kurz entschlossen streifte ich sie schnell ab und ließ sie einfach fallen. Mit 3 cm Absatz kann man einfach nicht klettern! Oben angekommen raste schon kurze Zeit später ein Zug auf uns zu und an uns vorbei. Die älteren Ferox rannten los und dem Zug hinterher, bis sie schließlich ins Innere sprangen. Ich rannte noch vor meinem Zwilling, griff einen der Türgriffe und zog mich ins Innere des Zuges. Ich hielt meinem Zwilling die Hand hin und zog sie hoch. Dieser Tobias hatte deutliche Schwierigkeiten, hochzukommen, doch er schaffte es noch gerade rechtzeitig. Der Zug fuhr eine Weile und hielt nicht an. Irgendwann sprangen die älteren Ferox plötzlich aus dem Zug und rollten sich auf dem Kies ab. Ich sprang und rollte mich so gut ich konnte über die Schulter ab. Mein Zwilling landete jedoch auf ihren Füßen und wankte kurz. Spargeltarzan flog schön auf die Nase bei seiner Landung. Wir versammelten uns vor einem Loch und der Boss der Ferox fragte: ,,Gibt es einen freiwilligen Springer?" ,,Wir müssen springen?", flüsterte Tobias mir ängstlich zu. ,,Unten ist ein Netz", flüsterte ich zurück. Laut sagte ich dann: ,,Ich springe!" Der Boss glotzte mich komisch an, als ich mich in meinem engen Rock durch die Truppe quetschte. ,,Was guckst du so?", fragte ich, ,,Noch nie ein Mädel in engem Rock gesehen?" Einige der Truppe lachten, während der Boss mich nur missbilligend ansah. Ich stieg auf die kleine Mauer, ging etwas in die Hocke und sprang dann ab. Ich landete auf dem Rücken im Netz. Mir wurde eine Hand gereicht. Ich ergriff sie und wurde raus gezogen. ,,Wie heißt du?", fragte der Typ mich, ,,Du kannst deinen Namen auch ändern, aber danach gibt es kein zurück!" Ich überlegte kurz, dann antwortete ich: ,,Freya." Die alte nordische Göttin des Feuers. ,,Erste Springerin: Freya!", verkündete der Typ laut. Ich war wirklich bei den Ferox. Jetzt musste ich nur noch das Aufnahmetraining bestehen.

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