55. Kapitel Tobias

Ich gehe durch die Gänge und versuche einen klaren Gedanken zu fassen. Gerade wird Tris von den Ärtzten noch einmal untersucht. Es sieht schlecht aus für sie. "Tobias?"

Ich schaudere, als ich die Stimme höre. Es ist Caleb. Schon seit Tagen gehe ich ihm aus dem Weg. Und auch heute will ich ihn nicht sehen, geschweige denn mit ihm reden. Ich beschleunige meine Schritte und suche nach einem Fluchtweg.

"Warte, bitte", sagt er.

Ich will ihn nicht anschauen, will nicht wissen, wie sehr er sich um sie sorgt.

"Es tut mir leid, Tobias", flüstert er mit zitternder Stimme.

Ich zögere, doch dann drehe ich mich genervt zu ihm um.

"Es tut mir leid, dass ich sie nicht aufgehalten habe, es wäre meine Aufgabe gewesen, ins Waffenlabor einzubrechen. Es tut mir leid, dass sie jetzt an meiner Stelle im Koma liegt. Das habe ich nie gewollt."

Ich sehe ihn ein paar Sekunden lang an, dann drehe ich mich um und gehe weg. Ich kann nicht länger in seiner Nähe bleiben, er erinnert mich zu sehr an Tris.

Doch weit komme ich nicht, denn Christina kommt auf uns zugerannt. Ihr Gesicht ist rot und geschwollen, sie wirkt abwesend.

"Da seid ihr ja!", keucht sie. "Kommt es wird Zeit, sie schalten bei ihm die Geräte ab."

Ich zucke zusammen. Schuldgefühle plagen mich. Ich hätte besser auf ihn aufpassen sollen. Ich habe es versprochen. Seit Hana und Zeke hier angekommen sind weichen sie nicht mehr von Uriahs Seite. Auch wenn er eigentlich schon fast tot ist. Ich habe Zeke seit dem auch nicht mehr gesehen. Das ist für den Anfang wahrscheinlich ganz gut so. Auch wenn Christina und die anderen sagen, dass es nicht meine Schuld ist, ich fühle mich trotzdem als ob es so wäre.

Caleb und ich folgen Christina zurück zum Krankenhaus. Wir bleiben vor Uriahs Beobachtungsfenster stehen und blicken hindurch. Cara undEvelyn sind schon dort - Amar hat Evelyn vor einigen Tagen auf meine Bitte hin abgeholt. Sie versucht mich zu trösten, aber ich weiche ihr aus. Ich will keinen Trost.

Hana und Zeke sitzen im Zimmer und halten beide jeweils eine von Uriahs Händen. Sie wirken müde und deprimiert. Ein Arzt steht am Herzmonitor und drückt ein paar Knöpfe. Er fragt irgendetwas, was ich durch die Scheibe nicht hören kann. Nach kurzem Zögern nicken sie. Dann hält der Arzt einem Mann im Rollstuhl ein Klemmbrett hin. Es ist David, er ist mir bis gerade eben garnicht aufgefallen. Vornübergebeugt und benommen wie alle anderen, die ihre Errinerungen verloren haben, unterschreibt er auf dem Klemmbrett, dreht sich um und rollt zur Tür. Wut sammelt sich in meiner Brust und verteilt sich in meinem ganzen Körper, bis in die Fingerspitzen. Mein ganzer Körper ist angespannt. Ich höre ein Pochen in den Ohren.

Er hat auf Tris geschossen. Das ist mein einziger Gedanke. Ich will ihm an die Gurgel springen, aber mehrere Arme halten mich mit eisernen Griffen an den Schultern fest. "Tobias", sagt Christina,"beruhige dich."

"Warum hat ihn niemand eingesperrt?", frage ich scharf. Cara blickt mich einen moment an und antwortet:" Weil er immer noch für die Regierung arbeitet. Und die Regierung wird ihn nicht einsperren, weil er unter Druck eine Rebellin angeschossen hat."

"Eine Rebellin", wiederhole ich,"Ist das alles was sie jetzt ist?"

"Nein, natürlich nicht",antwortet Christina ruhig."Aber in den Augen der Regierung verhält es sich so. Und außerdem Tobias, ist das nicht der Mann, den du gekannt hast. Er existiert nicht mehr. Er ist so gut wie tot. Dieser Mann erinnert sich an nichts."

Ich atme tief durch und versuche mich zu beruhigen. Sie haben ja recht. Die Griffe lockern sich.

Ich wende mich wieder dem Geschehen in Uriahs Zimmer zu. Zeke und Hana geben sich über Uriah hinweg die Hände.  Ich kann das nicht länger mitansehen, es errinert mich zu sehr an Tris und an das was auch mit ihr passieren könnte. Ich habe Angst das die Trauer mich überkommt und ich dann nicht mehr aufhören kann zu weinen. Ich drehe mich um, lasse Uriah und seinen Tod hinter mir und mache mich auf den Weg zu Tris.

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