36. Im Krankenflügel
Die Weihnachtsferien waren vergangen. Caelum wieder auf Reisen und Volans, Draco und ich zurück in Hogwarts. Der Unterricht wurde immer interessanter und bald musste ich mich schon für die Prüfungen vorbereiten. Ich hatte keine Angst, im Gegenteil, ich wusste, dass ich es schaffen würde. Die Weasley sollte sich lieber Sorgen machen, denn wer im zweiten Schuljahr den Türöffnungszauber nicht perfekt beherrschte, konnte nur ein hoffnungsloser Fall sein.
Eines Frühlingsabends saß ich in der Bücherei von Hogwarts und blätterte in einem dicken, alten Buch herum. "Der Vogel-Knöterich wird auch als Blutkraut bezeichnet, da er zusammenziehend wirkt und Blutungen verhindert, interessant.", murmelte ich gelangweilt vor mich hin. "Ah, die kleine Lestrange.", hörte ich plötzlich eine Stimme unmittelbar vor mir. Ich sah von meinem Buch auf und seufzte laut, "Was willst du Goyle?", fragte ich ihn genervt. Neben ihm stand, wie konnte es auch anders sein, Crabbe und grinste auf seine dumme Art und Weise. "Er schlug mein Buch zu und stütze sich auf ihm ab, "Malfoy sucht dich, du sollst zu ihm kommen."
Ich lachte nur spöttisch, "Sag dem Troll, er soll zu mir kommen, wenn er etwas will. Und jetzt zisch ab, ich habe zu tun."
Goyle legte den Kopf schief und sah mich an, "Aber...er sagt es.", Goyle kam bei dem Versuch mich zu überreden zu meinem Cousin zu gehen, noch dümmer vor als sonst. "Lern langsam mal selber zu denken, Gregory.", ich sah ihn abschätzig an, packte meine Sachen zusammen und ließ die beiden verdutzt in der Bibliothek stehen.
Ich schmiss mich auf mein Bett und starrte an die Decke. Irgendwie vermisste ich meine fast sorgenfreie Kindheit. Meine schlimmsten Sorgen waren damals, dass meine Brüder mehr Geschenke zum Geburtstag bekamen oder ich früher als sonst schlafen gehen muss.
Heute muss ich mir Sorgen um meinen ältesten Bruder machen, denn ich weiß nie, ob ich ihn wieder lebend zu Gesicht bekomme.
"Was liegst du da so rum, Aries? Es ist doch noch gar nicht Schlafenszeit.", Ida kam in unseren Schlafsaal und legte ihre Schultasche auf ihr Bett.
Ich setzte mich auf und sah sie ein wenig durcheinander an.
"Willst du mir nun vorschreiben wann ich wo liegen darf?!", zischte ich sie bedrohlich an. "Wertloses kleines Halbblut."
Ida verzog das Gesicht, aber antwortete nicht mehr. Sie tat als hätte sie nichts gehört und blätterte in ihren Büchern herum.
Wie gerne hätte ich ihr eines der Bücher über den Kopf gezogen.
Ich stand auf und ging zu ihr rüber und schnappte mir ein Buch. Ida sah zu mir herauf, ihr Gesichtsausdruck zeigte eine Mischung aus Misstrauen und Ängstlichkeit. "Weißt du eigentlich wie gerne ich dir so ein Buch über den Kopf ziehen würde?!", ich lächelte sie fies an. "Das wagst du nicht, Aries.", ihre Stimme zitterte. Sie hatte tatsächlich Angst vor mir und ich genoss die Angst in ihren Augen.
Ich holte aus, um ihr Leid zuzufügen, doch wie aus dem nichts entglitt mir das Buch und schwebte plötzlich über mir. Ich sah zu Ida herab, schützend hatte sie die Arme vor ihrem Gesicht.
"Das wolltest du gerade nicht wirklich tun oder Aries?", Jolka stand mit erhobenem Zauberstab in der Tür des Schlafsaals und beobachtete das Geschehen.
"Dass du immer alles versauen musst Jolka!", fauchte ich, als wäre es das normalste der Welt, seiner Mitbewohnerin ein dickes, altes Buch auf den Kopf zu schlagen.
Jolka ließ das Buch zurück auf Idas Bett schweben und kam zu uns herüber. "Wenn du so weiter machst wie in den letzten Wochen wirst du bestimmt noch der Schule verwiesen.", sie sah mich besorgt an, doch ich fing laut zu lachen an. "Mein Onkel ist im Schulbeirat, die können mich nicht einfach so rausschmeißen.", sagte ich selbstsicher und ließ mich zurück auf mein Bett fallen.
"Alles okay, Ida?", fragte Jolka besorgt. Ida nickte kurz und sammelte ihre Bücher vom Bett ein.
"Wenn du so weiter machst, sag ich es deinem Bruder.", Jolka sah mich tadelnd an. "Meinem Bruder?", wiederholte ich spöttisch. "Volans ist der letzte, den das stören würde."
Am nächsten Morgen fühlte ich mich nicht gut. Ich schlürfte zu meiner Uniform rüber und zog sie mir kraftlos an. Inzwischen konnte ich sogar endlich schon eine Krawatte binden.
Ich schleppte mich in die Große Halle zum Frühstücken. Total fertig von dem Weg ließ ich mich zwischen Volans und Theodore nieder. Volans sah mich erschrocken an, "Du siehst ja gar nicht gut aus.", sagte er, Theodore nickte zustimmend.
Mein Bruder stand auf und ließ sein Essen liegen, "Komm, ich bringe dich in den Krankenflügel."
Ich schüttelte leicht mit dem Kopf, "Ich bewege mich keinen Meter mehr, ich kann nicht mehr.", murmelte ich und ließ meinen Kopf auf den Tisch sinken. Volans zog an meinem Ärmel, doch ich riss mich los, "Nein, lass mich hier sterben.", murmelte ich dramatisch.
"Wenn du meinst, dann gehe ich jetzt zum Unterricht.", sagte er desinteressiert und machte sich auf den Weg.
Ich wollte ihn zurückrufen, doch es kam kein Ton aus mir heraus. Nun erhob sich Theodore, "Sicher, dass du nicht in den Krankenflügel möchtest?", er zog eine Augenbraue hoch und sah mich an. Seit wann interessierte sich Theodore für mein Wohlbefinden?
"Bringst du mich hin?", nuschelte ich beschämend. Theodore nickte und ich erhob mich ebenfalls.
Schweigend brachte er mich in den Krankenflügel, schilderte Madame Pomfray was mir fehlte. Dann verabschiedete er sich von mich und sagte, dass er Volans später Bescheid sagen würde.
Ich lag bereits auf einem freien Bett, denn ich fühlte mich einfach nur mies. Madame Pomfray kam zu mir herüber und gab mir einen Becher mit blauer Flüssigkeit, "Sie haben nichts, was nicht innerhalb der nächsten 24 Stunden verschwunden sein wird. Sie müssen das nur austrinken.", sie tippte mit ihren Fingern auf den Becher in meiner Hand, "Alle 4 Stunden bekommen sie Nachschub.", sie verschwand zu dem Mädchen mir gegenüber, welches anscheinend eine Explosion in Zaubertränke abbekommen hatte. Doch nicht einmal das brachte mich zum Lachen. Ich roch kurz an der blauen Flüssigkeit, dies war ein Fehler, denn mir wurde augenblicklich übel. Es roch nach einer Mischung aus altem Fisch und Koboldpisse. Ich stellte den Becher schnell auf mein Nachtschrank, bevor ich noch brechen musste.
Ich drehte mich auf die Seite und schloss die Augen.
Vielleicht brauchte ich auch einfach nur meinen Schlaf?
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