144. Der Zauber

Unangenehmes Schweigen begleitete uns nun während der Zugfahrt. Anscheinend hatte ich nicht das richtige gesagt und Richard schien verletzt zu sein. So kannte ich ihn gar nicht, denn er nahm meine Neckereien niemals zu ernst.
"Bist du jetzt echt deswegen böse?", fragte ich entsetzt. Er schüttelte mit dem Kopf und begann schelmisch zu grinsen, "Natürlich nicht, wie könnte ich dir böse sein, Aries?", schmeichelnd sah er mich an und ich verdrehte grinsend meine Augen.
Er setzte sich zu mir herüber auf die Bank und stieß mich lachend zur Seite.
"Wie ist eigentlich das apparieren? Hast du es schon mal geschafft?"
Richard seufzte enttäuscht und zog mich zu sich heran, "Nein, leider nicht wirklich. Aber einige andere Kursteilnehmer sind zersplintert, das war wirklich komisch.", sagte er lachend und starrte verträumt gegen die Wand.
"Ich kann es kaum abwarten, bis ich es lernen darf. Ich bin mir sicher ich werde es im nu können, das kann ja wohl nicht so schwer sein.", sagte ich selbstsicher.
"Ach ja? So leicht wie Verwandlung?", gemein sah er nun zu mir, "Na ja, früher oder später werden wir alle apparieren können.", nickend lachte er.
Ich erzählte ihm anschließend von den vielen Hausaufgaben und der lästigen Lernerei.
"Ich wäre gerne mit einem Streber aus der fünften befreundet, der all meine Aufgaben macht.", genervt stöhnte ich auf und lehnte mich mit dem Rücken gegen seinen Arm. Der Blick aus dem Fenster sagte mir, dass es nicht mehr weit sein konnte.
"Am Ende bringt es dir nichts, wenn jemand anderes deine Aufgaben übernimmt. Es gibt nichts, womit du in der Prüfung schummeln kannst.", sein Tonfall war belehrend. Plötzlich lehnte er sich in den Sitz zurück, so dass ich nach hinten kippte und nun mit dem Kopf auf seinem Bein lag. Laut lachend sahen wir beide uns an, bis er mit seinem Kopf langsam näher kam und mich schließlich küsste.
Verwirrt von der Situation und seinem Handeln richtete ich mich auf. Ich wagte es nicht ihn anzusehen und zu meinem Glück öffnete sich kurze Zeit später die Tür, "Komm Aries, wir sind gleich da.", sagte Volans drängelnd. Er durchbohrte dabei Richard mit einem hasserfüllten Blick. Schnell erhob ich mich und huschte, ohne auch nur mich ein einziges Mal umzudrehen oder mich zu verabschieden, an meinem Bruder vorbei.
Nun drehte ich mich um und wartete auf Volans, der immer noch damit beschäftigt war Richard anzusehen. Abrupt schob er laut die Tür zu und schob mich den Gang voran, "Draco wartet vorne.", sagte er ruhig. Ich war froh, dass Volans nicht bemerkt hatte, was einige Sekunden vor seinem Auftauchen passiert war.

Als der Zug im Bahnhof zum stehen kam, stiegen wir mitunter als erste aus, "Dort hinten ist er.", sagte Draco und bahnte uns schnell einen Weg durch die immer dichter werdende Menschenmasse.
Selbst Volans umarmte unseren ältesten Bruder fast schon herzlich, was für ihn total untypisch war.
"Hey Caelum.", sagte ich ein wenig beschämt, denn ich musste immer noch an Richard denken. Caelum umarmte mich fröhlich, "Alles okay, Aries? Du wirkst mitgenommen.", sagte er besorgt, doch ich setzte ein lachen auf und schüttelte mit dem Kopf, "Ich bin nur sehr müde, das ist alles."

Im Manor unseres Onkels angekommen, ging ich sofort ins Bett, schließlich war es schon spät und ich war dadurch, dass ich den letzten Abend in der Schule so lange wach war wirklich sehr müde.
In meinem Zimmer öffnete ich das Fenster ein Stück und öffnete Gros Käfig. Wie jedes mal sprang er sofort in den naheliegenden Baum und verschwand auf den Ländereien.

Am nächsten Morgen erwachte ich dafür sehr früh. Es war gerade mal halb sieben.
Gähnend sah ich mich in meinem Zimmer um, bis mir schließlich bewusst wurde, dass Ferien waren und ich Zuhause war.
Überglücklich schwang ich mich aus meinem Bett, zog meine ordentliche Kleidung an und steckte nur zur Sicherheit meinen Zauberstab in meinen Stiefel.
Da noch niemand im Haus auf den Beinen war, begab ich mich in das Büro meines Onkels, welches seit seiner Festnahme nicht mehr verschlossen war. Volans sagte schließlich, dass hier Bücher über die dunklen Künste und besonders über die Unverzeihlichen Flüche stehen sollten.
Vor dem riesigen Bücherregal ging ich einige Male auf und ab, bis ich endlich ein passendes Buch gefunden hatte. Es stand genau unter der hohen Decke, in unerreichbare Nähe. Zögernd sah ich mich um und schloss schnell die Tür des Zimmers.
Schnell zog ich meinen Zauberstab hervor, doch ich musterte ihn zögernd. Ich wusste nicht, ob ich es riskieren sollte, denn in nicht mal mehr einem Jahr würde ich schließlich siebzehn werden.
Doch ich entschied mich einfach dafür es zu tun, ich wäre nicht ich, wenn ich keine Regeln brechen würde.
Ich richtete den Zauberstab auf das Buch und sprach leise den Zauberspruch. Das Buch kam sanft herunter geflogen und landete in meiner Hand.
Grinsend legte ich es auf dem großen Schreibtisch ab und steckte hastig meinen Zauberstab zurück in meinen Stiefel.
Ich wollte schnell in den Salon, wo ich vor dem brennenden Kamin Platz nehmen wollte, "Guten Morgen.", ertönte eine strenge Stimme, als ich durch die Eingangshalle ging. Erschrocken sah ich hinauf zur Treppe, die mein Onkel nun hinunter kam. Glücklich überkam mich ein großes Lächeln, "Onkel Rabastan!", rief ich laut, als er bereits unten ankam. Er blieb vor mir stehen und lachte kurz auf, anschließend drückte er mich, grob wie er nunnmal war, an sich. Er machte eine höfliche Handbewegung in Richtung des Salons und ich ging voran.
Wir setzten uns gemeinsam vor das Feuer. Das Buch, welches ich im Büro fand, hielt ich stets versteckt und verstaute es schnell unter einem Sofakissen. Es dauerte nicht lange, da war im ganzen Manor wieder Leben eingekehrt und der Salon füllte sich.

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