1. Wölfe und Kronen

1019NK
Sie holte mit dem Schwert aus, doch ihr Schlag wurde pariert. Ihr Gegner keuchte inzwischen schon, doch so wie die letzten Male ihres Aufeinandertreffens würde er nicht aufgeben. Das tat er nie, war er doch zu stolz sich vor seinen Freunden geschlagen zu geben.

Später in der Nacht, wenn die beiden sich aus Krevmja schlichen, um gemeinsam in Mondlicht zu jagen, würde er sich für sein dickköpfiges Verhalten entschuldigen.
Später, wenn niemand außer sie da war, um seine Schmach zu sehen oder zu hören.

So war es seit den letzten Tagen immer...
Diesmal jedoch schien ihr Gegner zu wissen, dass sie nicht bei der Sache war und schlug zu. Molly konnte sich gerade so unter der wirklich scharfen Klinge hinweg ducken. Sie kämpften immer mit scharfer Klinge und nicht mit den Trainingsschwertern wie Sigtryggur es gerne-Nein böse, böse Gedanken!

Sie hatte sich geschworen, nicht über ihn nachzudenken, der Verräter hatte nicht einmal einen ihrer Gedanken verdient! Von der erneuten Wut über ihre Situation angetrieben, holte Molly aus und verpasste Rickon einen harten Schlag.

Der Heide strauchelte etwas, fing sich dann jedoch wieder. Und kam erneut auf sie zu. Molly holte erneut wütend aus, doch Sigurd stoppte den Kampf, in dem er einen lauten Pfiff ausstieß.
Seit Siggy ihm vor einigen Tagen gesagt hatte, dass sie sein drittes Kind erwartete, ließ Sigurd es kaum noch zu, dass Molly ihre angestaute Wut an ihm ausließ.

Doch nun sprang er mit Leichtigkeit in den Kampfkreis, der eigentliche nur ein Stück flach getrampelter Dreck im Wald war. Der Rest des Rudels hockte auf einigen Ästen oder Wurzeln von einigen höher stehenden Bäumen und schauten zu ihnen hinab in die Grube, wie Oliver sie gerne nannte.

Sigurd nahm Rickon das Schwert ab und baute sich gegenüber von ihr auf. Hier gab es keine leichte Bewegung oder eine Verbeugung bevor man begann zu Kämpfen, wie Ser Leon es so gerne gemacht hatte. Nein, hier im Kampfkreis umgeben vom Rudel gab es nur das Singen des Stahls, das Rauschen des Bluts in den eigenen Ohren und die Schreie des Verlierers.

Molly griff an ihre Bewegung präzise und voller Zorn, ihr Schwert hielt sie mit beiden Händen gegriffen, während sie links antäuschte, aber dann nach rechts hieb. Sigurd, der ihr Verhalten anscheinend vorausgesehen hatte, tänzelte also nach links und wich ihr aus.

Dann wieder und wieder, egal wie oft Molly auch dachte, sie hätte den Alpha in eine Ecke gedrängt, schien er jede ihrer Schritte vorauszusehen und ihr gleich noch zehn eigene voraus zu sein...

Es war so frustrierend, dass Molly wütend begann zu knurren. Doch der Alpha lachte nur. Als sie sich endlich nach einer halben Stunde des Kampfes frustriert geschlagen gab, trat Sigurd auf sie zu, ja kesselte sie glatt ein und schickte den Rest des Rudels mit einer barschen Kopfbewegung weg. »Wir müssen reden...«, sagte er so ernst, dass es Molly fast zum Zittern brachte.

Aber auch nur fast, sie überkreuzte die Arme vor der Brust und lehnte sich betont entspannt mimend gegen einen Baum.
»Ach ja, müssen wir das?«, fragte sie mit scharfer Stimme.

»Wann hörst du auf, ihn wie einen Schwerverbrecher zu behandeln?« Sie wussten beide, wen Sigurd meinte.
»Das letzte Mal als ich mich mit meiner Ehe beschäftigt habe, warst du kein Teil davon, Sigurd, also halt dich da raus!« knurrte sie bitterböse.
Sigurd hob jedoch nur unbeeindruckt eine Augenbraue, bevor er weiter redete, ihre Warnung komplett in den Wind schlagend.

»Du kannst ihn nicht noch länger so behandeln, du bist seine Frau... was glaubst du, wird passieren, wenn er erfährt, dass du dich Nachts mit Rickon vergnügst?«, fragte er bitter. Molly stoppte mit ihrem leisen Knurren und erstarrte. Woher wusste er davon?
»Es ist nicht so, wie du denkst...«
»Oh, ich weiß genau wie es ist, Molly. Ich weiß, dass du ihn liebst und er dich, aber nur auf geschwisterliche Art. Ehrlich ich hätte nicht gedacht das du ausgerechnet ihn auswählst als deinen engsten vertrauten. Ich hätte auf Oliver oder jeden anderen gesetzt, hätte mich jemand gefragt. Aber das ist nicht der Punkt, Molly.
Sigtryggur würd es nicht so sehen, er würde Rickon als einen Feind sehen als jemanden, der ihm das nehmen will, was ihm gehört. Er könnte Rickon umbringen und ich werde nicht daneben stehen, nur um zuzusehen wie dein Mann meinen Rudelbruder umbringt.« fauchte Sigurd wütend.

»Tja Pech, ich gehöre Sigtryggur aber nicht! Und außerdem wird Rickon nichts passieren, da er es nie erfahren wird.« zischte sie giftig.
Sigurd packte sie genauso wütend an den Schultern. »Du gehörst ihm! Du bist seine verfluchte Frau, also benimm dich gefälligst so!«
»Er hat sich das Recht selbst genommen, mich seine Ehefrau zu nennen als er begonnen hat, mich einzusperren, nur um Krieg gegen meine Familie zu führen!« zürnte sie erbost auf und wand sich aus Sigurds Griff.
»Lass mich einfach allein!« Doch Sigurd ging nicht, er schaute sie nur aus seinen dunklen Augen so mitleidig an.
»Bitte Molly. Lass es nicht so weit kommen, dass einer meiner Männer vielleicht sein Leben geben muss. Versuch mit Sigtryggur Frieden zu schließen, du musst nicht auch noch den Krieg zwischen euch beiden aufrechterhalten. Es wäre nicht gut für das Baby. Wenn seine Eltern sich immer noch hassen, wenn es auf die Welt kommt.« blitzschnell hatten Mollys Finger sich um seine Kehle geschlossen und ihn so herumgewirbelt, dass er mit einem lauten krachen in eine alte Baumwurzel gepresst.

»Du weißt gar nichts, Sigurd und wag es ja nicht, mir noch einmal zu sagen, dass ich ein Kind unter meinem Herzen tragen würde! Und solltest du auch nur eine Sekunde darüber nachdenken, mit deiner "Entdeckung" zu Sigtryggur zu rennen, werde ich dich entmannen, hasst du mich verstanden?« knurrte sie wütend. Doch Sigurd schenkte ihr nur ein gurgelndes Lachen, bevor er mit brutaler Kraft ihre Hand von seinem Hals weg riss.
»Wusste ich doch das mein Geruchssinn mich nicht getäuscht hat.« nun grinste er, dann presste er seine Stirn gegen ihre. Eine Geste, mit der sie in den letzten Wochen sehr vertrau geworden war. Sigurd zeigte ihr somit, dass er nicht böse mit ihr war für ihr Verhalten.
»Keine Sorge, ich werde nichts sagen. Zumindest noch nicht. Aber Molly, du solltest wirklich darüber nachdenken ihm zu vergeben. Schließlich hat dein Bruder diesen Krieg angefangen. Sigtryggur will den Frieden, ansonsten hätte er dich damals auch einfach stehlen und König Ferdinand abschlachten können. Dein Bruder hat sein Friedensangebot mit Füßen getreten, in dem er den Heiden, der ihm deinen Brief überbracht hatte, einfach so umgebracht hat.«
Sie zog ruckartig ihren Kopf zurück, glaubte Sigurd das Molly das alles nicht wusste? Sie hatte gefühlte Stunden damit verbracht, sich mit Sigtryggur zu streiten, nachdem er zurück in seine Gemächer gekommen war.

Sie hatte ihm sogar angeboten selbst zu gehen, um mit ihrem Bruder zu reden, doch davon hatte er nichts wissen wollen. Er hatte gemeint, dass ihr Bruder nur versuchen würde, sie ihm wegzunehmen, vielleicht sogar gefangenzunehmen, damit er ein Druckmittel gegen ihn haben würde. Molly hatte versucht ihm zu sagen, dass das ganze bestimmt nur ein Riesenmissverständnis war.

»Lass mich jetzt einfach allein!«, knurrte Molly und Sigurd war so schnell weg, dass Molly nur verwirrt blinzeln konnte. Sie wusste, dass das Rudel außerhalb ihrer Sichtweite auf sie warten würde. Es war eine Sicherheitsmaßnahme, damit sie nicht davon laufen würde. Molly sackte am Boden zusammen und zog ihre Knie an die Brust. Bevor sie es verhindern konnte, begann sie zu weinen. War sie nun doch nicht mehr als eine Gefangene.

Ganz gefangen war sie nicht, sie durfte noch hinaus, solang ihre Wachen sie begleiteten, Sigtryggur wusste nichts davon, dass Molly, die beiden bestochen hatte, damit sie für die Zeit, die Molly mit dem Rudel verbrachte, in irgendeine Taverne gingen und sich betranken. Flynn und Wolle hatten damit kein Problem. War die Bezahlung doch gut und wussten die beiden Männer doch, dass Molly beim Rudel in Sicherheit war.

Sie schreckte aus ihren Gedanken auf, als etwas Kaltes ihren Hals berührte. Molly schaute von ihren Knien auf und erstarrte, die Lichtung lag komplett eingeschneit vor ihr. Als sie jedoch ihren Hals streckte, konnte Molly sehen das der Rest des Waldes noch dieselben Orang roten Blätter trug. Der Winter kam dieses Jahr sehr, sehr langsam. Sie atmete so gut sie konnte langsam ein und wieder aus. Ein und wieder aus. Mit jedem ruhigen Atemzug ließ der Schneefall nach, genauso wie ihre eigenen Tränen.

Träge rappelte sie sich vom Boden auf, ihre Glieder waren steif, ob nun von der plötzlichen Kälte oder aber weil sie schon zu lange saß, vermocht sie nicht zu sagen.
Als sie mit dem Rudel zurück nach Krevmja kehrte, begann es tatsächlich zu schneien. Nicht, dass der Schnee liegen bleiben würde, dafür war es noch zu warm.
»Irgendetwas liegt in der Luft.«, murmelte Oliver neben ihr. Molly versuchte gar nicht erst zu schnuppern, war ihre Nase doch nicht so fein wie Olivers.
Doch dann sog sie doch die Luft ein. Es roch nach frisch gefallenem Schnee und einen Geruch den Molly aus ihrer Kindheit kannte. Sie blieb wie angewurzelt stehen.

»Molly?«, fragte Oliver und berührte sie leicht am Arm. Molly schaute nach rechts, wo eine Gruppe von Leuten aus dem Wald ritten.
»Ist das Red?« hörte sie Sigurd fragen.
Doch es war nicht die wunderschöne braunhaarige Frau, die Mollys Aufmerksamkeit zog. Nein, es war der Mann, der neben der Frau ritt. Seine Haare waren eine dunkles Rotbraun. Seine Augen konnte Molly nicht sehen, doch sie konnte darauf wetten das sie braun waren. Er hatte dasselbe scharfkantige Gesicht wie Vater, auch sein Bartwuchs ähnelte dem seines Vaters. »Johnathan...«, flüsterte Molly leise, während die Gruppe an ihnen vorbeiritt.

So ihr Lieben wie versprochen ein Kapitel. Ich hoffe es gefällt euch. Lasst doch gern einen Like und oder Kommi da... ☺️

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