Kapitel 9
Ja, ich war nach Hause gefahren. Die Sache war so: Heute war Montag. Drei Tage bis Donnerstag. Drei Tage.
Noch an dem selben Tag, kurz vor sechs, wurde ich von Andy angerufen. Seine Stimme war etwas aufgeregt. Hm... wenn ich so nachdenke, passt das „etwas“ nicht in den Satz. Er meinte, ich soll sofort zurückkommen. Er hatte mich zum ersten Mal angeschrien.
Meine Freunde standen mit gesenkten Köpfen in einer Reihe vor dem Fenster und Andy vor ihnen, sodass er mit dem Rücken zu mir stand, als ich vorsichtig eintrat. Die Köpfe meiner Freunde - wie ich sie im letzten Satz genannt habe - waren immer noch gesenkt, aber ihre Blicke nicht mehr. Auch Andys Aufmerksamkeit galt mir, schlecht.
„Ach noch so eine! Sofort zu den anderen!“, befahl er mir.
Ich tat das. Und blieb zwischen Ely und Jo stehen.
„Du hast den ganzen Spaß verpasst. Andy hatte uns angebrüllt, als er herkam.“, erzählte Ely im Flüsterton.
„Was fällt euch ein?! Ich sagte euch, ihr sollt trainieren und ihr streitet euch! Welche Uneinigkeiten hattet ihr? Was ist zwischen euch so plötzlich passiert?“, fragte Andy angepisst.
„Das sagt er schon zum dritten Mal in dieser Stunde.“, murmelte Ely mir zu.
„Das ist einfach so passiert, von selbst. Wir wissen nicht, wie.“, beantwortete Iris Andys Frage.
Er war empört, überrascht, er glaubte ihr nicht.
„Von selbst?! Iris, wie alt bist du? Du hättest alles unter Kontrolle haben sollen.“
„Andy, es -“
„Das interessiert mich nicht. Was ist nur in euch gefahren?“ Er wurde ernst. „Ich will das nicht nochmal sehen. Ihr habt zehn Minuten. Dann komme ich wieder.“ Andy verließ den Raum.
„Was ist los?“, fragte ich.
„Andy hat's eigentlich schon gesagt. Wir haben uns gestritten.“, erzählte Ely.
Es schien mir so, als ob nur sie mit mir sprechen würde.
„Gestritten? Euer Ernst?“
„Jeder streitet sich mal.“, meinte Jo ruhig.
„Wir hatten uns kaum gestritten, vergessen? Aber jemand musste ja anfangen.“, widersprach Ely und sah zuerst Jo, dann Iris und dann Toni an.
Ich hätte es mir denken können.
„Warum immer ich?“, rief Toni.
„Fangt jetzt nicht nochmal an.“, kam Mat dazwischen und verdrehte die Augen.
„Noch tun wir das nicht.“, entgegnete Iris ein bisschen giftig.
„Von wegen.“, schmollte Mal und verschränkte die Arme vor der Brust.
Es hätte kindisch aussehen können, tat es aber nicht.
Ne, oder?, dachte ich. Ich bin nicht hier um es mir anzuhören. Ich fühlte, wie mein Körper Kälte ausstrahlte. Die Stimmen bebten ab und alle sahen mich an.
„Was ist das?“, fragte Ely.
„Der Tod, wie er sich anfühlt. Ich bitte euch, Leute, lasst uns uns gegenseitig entschuldigen und wie vorher weitermachen:“
Mit vielen Seufzern schafften wir das noch bevor Andy kam.
„Habt ihr's jetzt?“ Wir nickten. „Gut. Ich habe einen Plan.“
***
In letzten drei Tagen, ja, Montag mitgezählt, hatten wir besonders viel trainiert. Es durfte nichts schiefgehen. Aber auch am Donnerstag fuhr ich zu Andy. Zügig gingen wir alles nochmal durch. Ich hatte sogar etwas Hoffnung. Yeppi! Gemeinsam fuhren wir dann zum Flughafen. Doch ich war mir immer noch sicher, dass er in die Luft fliegen wird. Wir hätten zumindest die Polizei informieren sollen. Vielleicht hat Andy das heimlich getan? Glaubte ich kaum. Vom Gefühl her hatten wir noch so ungefähr zwei Stunden bis zur Explosion.
Als wir am Flughafen ankamen, waren die Männer, die Ely und ich gesehen hatten, schon da. Ich war enttäuscht. Es blieb uns wirklich nicht viel Zeit.
„Sei vorsichtig.“, flüsterte Ely zu mir.
„Was?“, fragte ich nach.
„Sei einfach vorsichtig.“
Hm. Ich nickte. Ich wollte fragen, ob sie etwas gesehen hatte, doch ich wusste, dass sie mir nicht antworten würde. Schade. Aber jetzt hatten wir so oder so keine Zeit für Gespräche. Wie noch am Montag besprochen, teilten wir uns gleich auf. Wir mussten zuerst ja herausfinden, wo die Bombe versteckt wurde. Schwer bei einem solch großen Flughafen.
Iris blieb am Eingang. Sie musste mit allen in Verbindung bleiben. Andy und Mat durchsuchten den Terminal A. Ob Mat den Kontakt zur Bombe finden konnte? Da es wirklich sinnlos war, wenn ich und Ely zusammen arbeiten - wir hatten schließlich ähnliche Fähigkeiten - waren Ely und Toni Partner und zuständig für Terminal B. Jo und ich - was für ein Zufall - hatten den Terminal C.
Etwas Seltsames?, meldete sich Iris.
„Nein.“, sagte ich laut. „Noch nichts.“
Jo sah mich fragend an.
„Iris.“, meinte ich mit einem Schulterzucken.
„Wie sieht's bei den anderen aus?“, fragte Jo.
War das eine Frage für mich oder für Iris? Ich glaubte, eher für Iris.
Sie haben auch nichts. Sucht schneller., antwortete sie.
Jo und ich gingen mehrere Meter im schnellen Schritt weiter, bis ich abrupt stehen blieb.
„Was ist?“ Jo war etwas besorgt. „Wo gehst du hin?!“
„Das ist sinnlos! Ich habe eine bessere Idee. Wir gehen jetzt zu Ely.“ Jetzt fand ich es doch logischer, mit Ely zu arbeiten.
Überraschung! Auf dem halben Weg trafen wir Ely und Toni.
„Was macht ihr hier?“, rief Jo in die Weite.
Nein, es war gar nicht seltsam, dass eine Gruppe Jugendlicher durch den Flughafen ohne einen Ziel marschierte. Nichts Verdächtiges.
„Euch suchen.“, rief Ely zurück. Dann wartete sie ab, bis wir näher kamen. „Ich dachte, zusammen mit Anna wird’s schneller gehen.“
Aha, schlaue Leute haben oft gleiche Gedanken.
„Und wo geht ihr hin?“, fragte Toni.
„Zu euch. Ich habe einen Plan.“, antwortete ich.
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