Feuerwerk


Lyla

"Oh, ich bin ja so aufgeregt", kam es von Miranda neben mir begeistert. Wir standen zusammen mit Lady Lola und Lady Felicitas am Seeufer und starrten in den dunklen Nachthimmel herauf. Lady Julia hatte ich am heutigen Tage noch nicht zu Gesicht bekommen. Villeicht hatte sie sich meiner stummen Nachricht angenommen und würde heute Abend nicht mehr erscheinen. Das wäre mir umso lieber, als dass sie sich zu uns gesellte.

Matthew, der leider andere Verpflichtungen hatte, konnte das Feuerwerk nicht an meiner Seite bewundern, sondern an der Seite einiger Adeliger, mit denen er verkehrte. Es war wichtig, seine Position zu stärken und Bekanntschaften zu schließen.

Weshalb ich es ihm wohl kaum übel nehmen konnte, dass er nicht an meiner Seite stand und meine Hand hielt. Zudem lag mir das Gespräch von gestrigen Morgen noch schwer im Magen. Er hatte sich auf seinen Stand als König berufen, um mich zu unterwerfen. Das hatte er zuvor noch nie getan und schien mir auch noch nie angebracht gewesen. Doch gestern, gestern hatte es mich hart getroffen, dass er mich so angegriffen hatte. Ich wollte doch nur nicht, dass Lady Julia sich ständig in seiner Nähe aufhielt und am Ende noch alles zerstörte.

Denn so wie es mir zu Ohren gekommen war, hatte sich schon vor meiner Ankunft etwas zwischen ihnen angebandelt. Und es lief wohl auf mehr als nur Freundschaft hinaus und das gefiel mir ganz und gar nicht.

Leider hatte sich bis zum jetzigen Augenblick nicht die Gelegenheit geboten, Matthew auf dieses Verhältnis zwischen den beiden anzusprechen. Vielleicht war das alles auch nur Getratsche, an dem nichts dran war. Bedienstete schnappten des Öfteren Gerüchte auf, die nicht wahr sein konnten. So hoffte ich, dass es ebenfalls nur ein Gerücht war.

Sollte es jedoch der Wahrheit entsprechen und Matthew hatte womöglich mit Lady Julia das Bett geteilt hatte, als er mich näher kennenlernte, dann würde ich ihn bitten müssen, seine Freundschaft mit ihr auf alle Zeit zu beenden. Ich konnte nicht mit dem Gedanken leben, dass er sie ebenso berührt hatte wie mich.

Natürlich wusste ich, dass Männer mehr Freiheiten hatten, als wir Frauen. Matthew konnte schlafen mit wem er will, während ich mir meine Zukunft ruinieren würde, sollte ich mit einem Mann ins Bett steigen. Er konnte jede Frau haben, die er wollte. Doch das würde ich niemals erdulden. Dann könnte ich ihn nicht heiraten.

"Oh, schaut doch Lyla", riss Lady Felicitas mich aus meinen Gedanken. Sie zeigte in den Himmel, als ein lauter Knall ertönte und alles in farbenfrohen Lichtern erhellt wurde. "Ist es nicht wunderschön?" Ich nickte benommen und schaute wieder hoch.

Es sah beinahe magisch aus, als der dunkle Nachthimmel voller Farben erstrahlte. Auch die Artisten, die in dem Moment mit ihrer Feuershow begonnen hatten, faszinierten mich ungemein. Sie schleuderten Feuerbälle durch die Gegend, warfen brennende Fackeln hoch und fingen sie geschickt wieder auf. Ein Artist, so sah es zumindest aus, spuckte sogar eine Feuerfontäne aus seinem Mund aus.

Begeistert klatschten wir Beifall und beobachteten das Schauspiel aufgeregt, während um uns herum das Feuerwerk laut knallte und die Umgebung erhellte. Statt das ganze in Ruhe zu genießen, ertönten die Klänge einer wunderschönen Melodie und Mädchen begannen im Kreis zu tanzen. 

Überrascht drehte ich mich herum und merkte wie der Schauplatz voller wurde. Immer mehr Artisten, Tänzer und Musikanten sammelten sich an. Die Atmosphäre wurde sobald geselliger und lauter.

Bedauerlicherweise konnte ich somit die Feuershow und das Feuerwerk kaum noch genießen, da ständig Diener mit Häppchen und Wein an uns vorbeiliefen und uns bedienten. Aus einem kleinen Beisammensein wurde schnell ein großes Fest, welches Trubel mit sich brachte.

Im ganze Gewühl verlor ich Miranda und Felicitas irgendwann und war auf mich allein gestellt. Orientierungslos bahnte ich mich durch die Menge und hielt nach bekannten Gesichtern Ausschau. Es sollte wohl jemand unter den Gästen sein, der mir bereits vorgestellt wurde.

Doch weder rechts noch links von mir konnte ich jemanden entdeckten.

Seufzend gab ich es auf, entfernte mich von dem Fest mit einem Glas Wein und durchkämmte den schwachbeleuchteten Weg durch den Schlossgarten. Das Einzige, was ich in diesem Moment wollte, war ein wenig Abstand.

An diese ständige Ansammlung an Menschen hatte ich mich immer noch nicht gewöhnt. Es gab kaum einen einzigen Abend, der ohne Festlichkeit von statten lief. Immer wurde irgendetwas gefeiert oder bekannt gegeben, was einen Anlass zum Feiern brachte. Nie konnte ich mich einen Tag mal nur in meinen Gemächern einsperren und entspannen.

Mir fehlte meine Ruhe. Mir fehlte das Alleine sein. Viel zu oft wurde ich von fremden Menschen gemusterte und beurteilt, nie konnte ich für mich sein und die Etikette ganz weit von mir wegschieben.

Ohne, dass ich es bewusst wahrgenommen hatte, lief ich gerade Wegs auf die verborgenen Stelle am See zu, an der Matthew und ich Bogenschießen und schwimmen gewesen waren. Das alles lag gefühlt schon Wochen zurück.

Langsam schlenderte ich auf den kleinen Tisch zu, stellte mein Glas ab und ließ mich seufzend auf eine Stuhl fallen.

Endlich einmal allein, dachte ich zufrieden und schloss die Augen. Das Gelächter des Festes erklang nur schwach in meinen Ohren und auch das Knallen des Feuerwerks war verstummt. Einzig allein die Grillen zirpten im Gras.

Es war herrlich. Lächelnd öffnete ich die Augen, griff nach meinem Glas und nahm einen großen Schluck, ehe ich den Kopf in den Nacken legte und hoch in den Sternenhimmel sah. Es war so faszinierend, wie viele kleine Punkte in der Dunkelheit erstrahlten und auch der Mond, in seiner halbrunden Form.

Ein Phänomen, was sich schon seit meiner frühsten Kindheit bewunderte.

Völlig versunken in den Anblick der Sterne, bekam ich viel später mit, dass ich nicht mehr allein war.

"Du kannst nicht einfach so weiter leben, als wäre nie etwas zwischen uns gewesen", ertönte eine Frauenstimme vorwurfsvoll. Das war der Moment, in dem ich aufsprang und panisch hinter einem der Büschen verschwand. 

Mein Handeln kam mir erst im Nachhinein vollkommen sinnlos vor. Vor wem versteckte ich mich eigentlich? Schließlich hatte ich doch das Recht hier zu sein. Doch dann erklang eine mir bekannte Stimme.

"Julia, versteh doch", wehrte er ab. "Ich bin mit einer anderen Frau zusammen" Ich hörte die Frau schnauben und zuckte bei ihren nächsten Worten zusammen. "Mit einer Göre vom Land, Matthew! Denkst du wirklich, sie kann dich glücklich machen?"

Verwundert tastete ich mir vor und erblickte im schwachen Licht der Fackel Matthew und Lady Julia, wie sie heftig miteinander stritten. Da war sie also. Also war sie doch zum Fest erschienen und hatte Matthews Nähe gesucht - wie vorhersehbar.

Am liebsten wäre ich aus dem Busch hervorgekommen und hätte sie zur rede gestellt, aber meine Neugier, dieses Gespräch weiter zu belauschen, besiegte meine aufkommende Wut und ich blieb still.

"Ja", donnerte Matthew. Er verteidigte mich, wie ehrenvoll von ihm. "Sie kann mich glücklich machen. Sie tut es schon seit ihrer Ankunft" Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Es stimmte also, dass er mit mir eine gemeinsame Zukunft sah.

"Und davor habe ich es getan, Matthew", säuselte Julia und ich musste sehen, wie sie ihm näher kam und eine Hand auf seine Brust legte. Er stieß sie zu meinem Bedauern nicht weg, sondern strich ihr über die Wange, so wie er es noch vor wenigen Stunden bei mir getan hatte. "Aber das ist jetzt vorbei", erwiderte er leise. War es Bedauern in seiner Stimme?

Julia presste nun auch den Rest ihres Körpers gegen Matthew und ich hörte ihn leise knurren. Ich fragte mich fieberhaft, ob es eine Zurückweisung oder eine Einladung war.

"Das muss es nicht, Matthew", versuchte sie ihn zu überzeugen. "Ich kann immer noch an deiner Seite bleiben, als deine Mätresse. Wir können da weitermachen, wo wir immer aufhören mussten"  Also hatten sie noch nicht das Bett geteilt. Das beruhigte mich ein wenig. Doch als Matthew nichts erwiderte, schaute ich hinter dem Busch hervor und sah wie sie ihm durch das Haar strich und er die Hände um ihre Taille legte.

Was hatte das zu bedeuten.

"Ich kann nicht, Julia", seufzte er schwer und senkte den Kopf. "Lyla hat mir klar zu verstehen gegeben, dass sie mich verlässt, sollte sich eine andere Frau zwischen uns drängen" Beinahe klang es so, als würde es ihm missfallen, nur eine Frau zu lieben, doch in dem Moment schob er Julia ein Stück von sich und sagte fest:" Und ich kann sie nicht verlieren"

Eine klare Abfuhr seinerseits. Das Lächeln stahl sich wieder auf meine Lippen. Matthew ließ sich von ihr also nicht um den Finger wickeln, doch hätte ich gewusst, was dann passiert, hätte ich mich wohl nicht erhoben, um auf ihn zu zu eilen.

Denn Julia ließ sich nicht beirren. Sie säuselte ein:" Sie muss es ja nicht erfahren" und fiel Matthew dann um den Hals. Erschrocken zog ich die Luft ein und wich zurück.

Julia küsste Matthew und er schien den Kuss zu erwidern, denn nach einer Weile der Blockade, schlang er dann doch die Arme um sie und zog sie näher an sich, während er sich ihr seufzend hingab.

Mein Herz brach in tausend Teile...


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