Lyla
Den Rest des Tages blieben Matthew und ich am Fluss und genossen unsere Zweisamkeit.
Natürlich befanden sich die Wachen ganz in unserer Nähe, doch ich hatte mich langsam daran gewöhnt, sie auszublenden.
Somit lag ich in Matthews Armen unter einer Trauerweide, während mein zukünftiger Ehemann mich mit Erdbeeren fütterte. Wir hatten eine Picknickdecke auf den Boden gelegt, da das Gras noch leicht feucht war.
Ich strahlte innerlich vor Glück und Zufriedenheit, doch ich wusste, es würde nicht von Dauer sein. Wenn ich erst einmal Königin war, dann gab es Pflichten und strikte Regeln für mich: Angelegenheiten des Landes mit dem König beiwohnen, keine Alleingänge mehr, vorbildliches Verhalten, Verantwortung übernehmen und dem König einen Thronerben schenken.
Eine Pflicht, die einen als Königin ganz schön unter Druck setzen konnte...
Früher wollte ich nie Kinder haben, da meine Familie und ich unter keinem guten Stern standen, doch als ich Jason begegnet war, da wuchs der Wunsch nach einer eigenen Familie immer mehr.
Wie schön es gewesen wäre, Kinder in einem wunderschönen Haus auf dem Land aufzuziehen. Mit ihnen im Matsch zu spielen und ihnen zu zeigen, sich selbst zu versorgen.
Doch nun sah das alles etwas anders aus.
Wahrscheinlich würden meine Kinder von einer Amme gestillt und von Kindermädchen groß gezogen werden, da mein Mann und ich andere Aufgaben hatten. Und sie würden nie wirklich frei sein, da sie mit Etikette und Anstand aufwachsen werden.
Es war traurig darüber nach zu denken, dass das Leben, was ich mir immer erträumt hatte, nicht mehr in greifbarer Nähe war. Auch wenn die Aussichten damals schlecht gewesen wären, ein glückliches Leben zu führen ohne Geld und anständige Kleidung, so hätte ich das Beste daraus gemacht.
Als ich länger darüber nachdachte, schniefte ich leise vor mich hin. Es war gar nicht zum Aushalten, dass ich auf einmal so emotional wurde bei jeder Kleinigkeit.
Matthew schien meinen Stimmungswechsel zu bemerken und schaute besorgt auf mich herab. Unsere Blicke begegneten sich und ich las Unsicherheit in ihm.
"Was bedrückt dich, meine Schöne?" ,fragte er sanft und strich eine einzelne Träne beiseite. "Gibt es einen Grund zu weinen?" Mein Schniefen ebbte ab, aber dafür liefen mir nun doch ungewollt die Tränen über die Wangen. Beschämt wischte ich sie beiseite und setzte mich auf, um mich zu beruhigen.
"He", erklang seine Stimme leise. Dann setzte auch er sich auf und nahm mein Gesicht in seine Hände, sodass ich ihn ansehen musste. "Los, sprich mit mir."
"Nun" ,begann ich zögerlich. Ganz so sicher darüber, wie er es aufnehmen würde, wusste ich nicht. Schließlich war er König und wuchs in der Obhut des Königshauses auf.
"Ich habe nur daran gedacht, wie es wohl sein wird, wenn unsere Kinder eingesperrt im Schloss aufwachsen werden...", gab ich zu und er zog überrascht die Augenbrauen zusammen.
Dann lächelte er auf einmal und tätschelte beruhigend meine Hand, als er sagte: "Oh Lyla. Mach dir darüber keinen Kopf. Unsere Kinder werden alles bekommen, was sie brauchen"
Somit war das Thema für ihn beendet und ich sprach es nicht nochmals an.
Als ich am nächsten Morgen erwachte, schien die Sonne schon durch meine Vorhänge in mein Gemach hinein. Das Licht, dass sie mir schenkte, schien beinahe zu lächeln, was mich sofort in eine losgelöste Stimmung versetzte.
Es war endlich soweit. Ich würde heute heiraten! Der Gedanke in meinem Kopf war ein reiner Freudenschrei und kein Schauermärchen mehr, denn ich wusste nun, es würde alles gut werden. Matthew war der Richtige und daran würde sich nichts ändern.
Ich hüpfte wie ein kleines Mädchen von meinem Bett und lief zu Fenster, um es zu öffnen. Danach streckte ich meinen Kopf hinaus und lächelte. Draußen herrschte schon sehr viel Trubel: Bedienstete schmückten den Hof mit Blumen, Sträuchern und festlichen Tüchern. Pferde wurden gestriegelt und zu Recht gemacht und der Hof wurde fein säuberlich abgefegt und geschrubbt.
Einen Moment später klopfte es an meine Tür und meine Zofen Ella und Lena traten ein. Sie begrüßten mich mit einem Lächeln, als ich mich zu ihnen herum drehte. "Es ist soweit", begrüßt meine Zofe Lena mich freudig und holt aus meiner Garderobe das Hochzeitskleid hervor und hängt es an eine Kleiderstange, damit es nicht auf dem Boden hängt.
Währenddessen bereitete Ella mir ein Bad vor. Es würde mein letztes Bad in diesen Räumlichkeiten sein, denn ab dieser Nacht würde ich zu Matthew in die königlichen Gemächer ziehen und dort für immer bleiben. Das alles fühlte sich noch schrecklich weit weg an, auch nachdem ich ein heißes Bad genommen und vollständig hergerichtet wurde.
Die Aufregung in mir stieg, schließlich heiratete man nicht alle Tage einen König, noch dazu einen, der monatelang wegen mir durch die Wälder gestreift war, nur um mich wiederzubekommen. Das zeigte einem doch, dass es echt war und Matthew mich bedingungslos liebte. Und was wollte ich mehr?
Natürlich blieben Zweifel, ob Jason nicht doch die besser Partie gewesen wäre, doch diese rückten an dem heutigen Tag vollständig in den Hintergrund. Es gab nur einen Mann für mich und der stand wohl gerade genauso wie ich vor dem Spiegel und wurde zurecht gemacht.
Ob sein Herz auch so schnell schlug wie meines?
"Ihr seht bezaubernd aus, Mylady", stellten meine beiden Zofen lächelnd fest. Darauf drehte ich mich einmal um meine eigene Achse und betrachtete mich gründlich im Spiegel. Sie hatten recht. Ich sah wirklich schön aus. Mein Haar, mein Kleid, meine Schuhe - alles war perfekt.
"Oh, ich danke euch", brachte ich freudestrahlend hervor und sah die beiden dankbar an. "Nun, dann wünschen wir Euch einen wundervollen Tag, Mylady.", kam es von Lena. Sie knicksten erneut und wollten schließlich den Raum verlassen, doch ich hielt sie zurück, als mir etwas durch den Kopf ging.
"Halt", begann ich und die beiden stoppten sofort in ihrer Bewegung und sahen mich fragend an. "Ich möchte, dass ihr an meiner Hochzeit teilhabt."
Ella fiel das Lächeln aus dem Gesicht und fragte leicht entrüstet: "Aber wir sind nur Bedienstete, Mylady" Und Lena ergänzte ebenso geschockt: "Und Zofen haben dort nichts zu suchen."
"Aber, aber. Ihr seid nicht nur meine Zofen, sondern auch einige der Menschen mit denen ich hier am Hof guten Kontakt pflege. Und auch wenn es wenige sind, sind sie mir doch wichtig. Also los greift nach ein paar Kleidern aus meinem Schrank und seid für den heutigen Tag nicht meine Zofen, sondern meine Freundinnen."
Mein Lächeln war einladend und meine Worte mehr als ehrlich. Sie kamen von Herzen. Während die zwei diese Nachricht erst einmal zu verdauen versuchten, konnte ich beobachten wie ihre Begeisterung wuchs.
"Oh, Mylady, dass Ihr uns diesen Wunsch erfüllt. Wir sind Euch auf ewig zu Dank verpflichtet.", kam es aufgeregt von Ella, während sie dankbar den Kopf neigte. Als ich ihnen zu nickte, huschten sie kichern in meine Garderobe und wühlten in meinen Kleidern herum.
Es war mir so eine große Freude, dass ich begann ihnen zu helfen, die passenden Kleider zu wählen und ihnen Ratschläge zu erteilen, um nicht als Bedienstete entdeckt zu werden.
Zum ersten Mal fühlte ich mich so wirklich wohl in meiner Haut, dass ich endlich das zurückgeben konnte, was sie jeden Tag für mich taten oder noch tun werden.
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