7

Brooke

„Sie haben mehrere Unterblutungen im Gesicht. Besonders der Unterkiefer und die linke Wange sind betroffen. Die Umblutung des linken Auges und Ihre Risswunde an der Lippe lassen mich davon ausgehen, dass sie einen kräftigen Faustschlag abbekommen haben. Zu Ihrem Glück sind aber keine Frakturen zu erkennen und auch das Trommelfell ist intakt. An den Unterarmen kann ich erkennen, dass Sie versucht haben, sich zu wehren." Der Doktor, welcher meine Untersuchung vorgenommen hatte, schloss die Akte, in welcher meine Untersuchungsergebnisse standen. „Ich kann aber nicht nachvollziehen, woher ihre Verstauchung am Fuß kommt."

Ich saß in dem Krankenbett und sah auf meine Hände, welche auf meinem Schoß lagen. „Ich habe versucht wegzulaufen und bin über meine Tasche gestolpert." Das war tatsächlich die Wahrheit.

„Miss Elliott", begann er. „Ich muss Sie fragen, ob der Angreifer Sie..."

„Nein!", sagte ich bestimmt. „Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Das hat er nicht getan."

Er nickte und sah von mir zu John, welcher auf einem Stuhl an der Seite meines Bettes saß. „Ich muss das zuständige Police-Department benachrichtigen. Sie werden im Laufe des Abends sicherlich vorbeikommen."

„Danke Peter." John erhob sich und reichte dem Doktor seine Hand.

„Ich würde dich gerne einen Moment mit mir nach draußen bitten", forderte er John auf. „Keine Sorge. Er wird gleich wieder bei Ihnen sein", sprach er dann an mich gerichtet und verabschiedete sich.

Die nächsten Minuten, auch wenn es nur wenige waren, erschienen mir wie Stunden. Zwar mochten John und ich uns nicht sonderlich, aber ich war dankbar, dass er da war. Alleine wäre ich vermutlich nicht zum Arzt gegangen und ein solches Zimmer hätte ich mir erst recht nicht leisten können. Doch am meisten überraschte mich, dass er keine Fragen stellte. Er war einfach da und seine Anwesenheit nahm mir einen Teil meiner Angst. Nie hätte ich gedacht, dass mir so etwas passiert. Ich war immer vorsichtig, was die Wahl meines Partners anging, doch diesmal griff ich eindeutig daneben.

Ich hatte nichts falsch gemacht. Er wollte mich von Thalias Party abholen, doch Jo bestand darauf, dass wir mit einem Taxi zurückfahren sollten. Ich schrieb ihm und keine fünfzehn Minuten später stand er vor meiner Tür. Noch ehe ich reagieren konnte, hatte ich die erste Ohrfeige kassiert. Er schrie irgendwas, doch ich war so geschockt, dass ich nicht verstand, was er meinte. Bei dem Versuch, mich vor ihm zu verstecken, stolperte ich und irgendwann wollte ich nur noch, dass es vorbei war.

„Es tut mir leid, aber ich denke, mein Dad wird gleich hier sein." John hatte ein entschuldigendes Lächeln im Gesicht und nahm wieder auf dem Stuhl platz. „Ich habe eben noch schnell mit ihm telefoniert und musste ihm sagen, dass die Kostenübernahme über unsere Firma läuft."

„Es ist in Ordnung. Er wird mich schon nicht verurteilen, oder?" Ich bemühte mich darum, gleichgültig zu klingen, doch in Wahrheit wollte ich mich verkriechen. Norman sollte mich nicht so sehen. „Darf ich dich etwas fragen?"

John nickte. „Nur zu."

„Woher kennt ihr euch?" Ich brauchte nicht zu erwähnen, dass ich damit auf die Verbundenheit zwischen John und dem Doktor anspielte. Sie kannten sich bereits und ich wollte wirklich wissen woher. Es lenkte mich auch gut von meinen Schmerzen ab. Den körperlichen, wie den seelischen.

„Vor einigen Jahren hat er Thalia behandelt." Den innerlichen Kampf, welchen er mit sich führte, sah man ihm an. „Ihr ist das Gleiche passiert wie dir. Aber das Monster hat sie regelrecht ins Koma geprügelt. Über mehrere Wochen war sie hier und aufgrund eines Formfehlers wurde der Mann von der Anklage freigesprochen."

„Das ist schrecklich."

„Es geschah einige Monate bevor du bei uns angefangen hast und Thalia brauchte beinahe ein Jahr um sich davon zu erholen. Sie ließ keinen Mann, abgesehen von Dad und mir in ihre Nähe und erst eine Therapie konnte ihr helfen."

Thalia war eine beeindruckende Frau. Sie besaß ein Selbstbewusstsein, welches selbst mich so einiges Mal mit offenem Mund dastehen ließ. „Was ist mit dem Mann geschehen?"

„Keine Ahnung. Er ist untergetaucht."

Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile, bis wir von einem Klopfen unterbrochen wurden. Das nächste, was ich sah, war ein riesiger Blumenstrauß, welcher durch die Tür manövriert wurde.

„Ich dachte, ich bringe schöne Blumen für eine schöne Frau." Norman war noch nicht einmal ganz im Zimmer, als von hinten schon eine Schwester mit einer Vase kam. „Ich hoffe, man behandelt dich hier gut."

„Danke. Man kümmert sich gut um mich."

Die Schwester platzierte die Vase auf dem großzügigen Tisch, welcher ebenfalls an meinem Bett stand und verließ daraufhin schnell das Zimmer.

Norman drapierte daraufhin die Blumen in die Vase und zupfte den Strauß an einigen Stellen zurecht. „Das freut mich zu hören. Ich werde euch auch nicht weiter stören und wollte nur kurz nach dir sehen. Nimm dir Zeit. Für die nächste Woche habe ich schon eine Vertretung gefunden."

„Aber ich kann wieder arbeiten gehen." Ich wollte Norman keine Umstände bereiten und eine Aushilfe wäre mit weiteren Kosten verbunden.

„Du wirst bis auf weiteres nicht in die Firma kommen", machte er seinen Standpunkt klar.

„Aber ..."

„Willst du wirklich, dass Bridget dich so sieht?" John brachte es auf den Punkt. Schlagartig wurde mir bewusst, dass sie die letzte Person war, welche mich in einen solchen Zustand sehen sollte. Ich mochte mich ja nicht einmal selbst ansehen.

Norman sah mich noch einmal an und lächelte. „Gut. Da das ja nun geklärt ist, wünsche ich euch noch einen schönen Abend. Der Termin morgen ist übrigens gecancelt und wir distanzieren uns vorerst von jeglicher Zusammenarbeit."

„Du hast den Vertrag bekommen?"

Es war faszinierend, dass Norman meinem Zustand keinerlei Beachtung zu schenken schien und so tat, als wäre alles in Ordnung. Auch John ging relativ normal mit mir um, abgesehen davon, dass wir uns gegenseitig keine Beleidigungen an den Kopf warfen und ich empfand es als recht angenehm zwischen uns.

Die zwei unterhielten sich noch kurz über die Arbeit und ich wurde tatsächlich von John für meine gute Recherche gelobt. Diesen Tag sollte ich mir rot im Kalender markieren, denn so schnell würde es wohl nicht mehr vorkommen, dass er mir ein Kompliment aussprach.

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