Kapitel 22 - Der Mond

England, Westküste
Devonshire, Dartmoor
St. George, Friedhof zum Heiligen St. Georg
5. November 1898, 02:41 Uhr


Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke voller beklemmender Vorahnung. Dann setzten sich die Sucher schlagartig in Bewegung. Um Hilfe gellende Schreie stachen in die Nacht. Das Rufen schien aus allen Richtungen zu kommen, doch war Benjamin sich sicher, dass es nur der Ebene und ihrem Abstand zum Dorf geschuldet war. Ein lautes, markerschütterndes Heulen legte sich dazu und Benjamin spürte sein Herz stolpern. Crowford erfasste die Tatsache genauso schnell wie er: Das Heulen hatten sie im Wald gehört. Doch jetzt klang es viel näher.

Wie ein Herzschlag trommelten die Schritte unter ihnen. Erde und Laub schmatzte, während sie über den Friedhof rannten und aus dem Tor stürzten. Bei einem der Bäume blieb Crowford dann plötzlich stehen und griff nach seinem Mantel. Durch den Schwung riss er den schlankeren Sucher jedoch mit. Dieser verlor daraufhin auf dem rutschigen Pfad den Hügel hinab fast das Gleichgewicht. Vom Momentum erfasst, wären sie deshalb beinahe beide gefallen. So taumelten sie einen Schritt und Ben griff gerade noch Crowfords Arm, wodurch jener sich wieder fing und in festeren Stand kam.

Während Ben kaum außer Puste schien, rang Crowford schon jetzt um Luft. »Sie dürfen... uns nicht vom... Friedhof kommen sehen!«, stieß Kyle zwischen schweren Atemzügen hervor. Er deutete auf den schmalen Pfad zum Dorf. »Geh du ins... Dorf. Ich sehe, was ich... herausfinden kann!«, fuhr er fort.

Bens Stirn runzelte sich, tausend Fragen auf seinen Lippen. Aber sie hatten keine Zeit zu verschwenden. Was, wenn deshalb noch jemand ein Opfer wurde oder ihnen Hinweise entgingen? Also nickte er schnell und sein Mantel flatterte hinter ihm, während er den Häusern entgegeneilte.

Als Ben den Rand des Dorfes erreichte, bremste er gerade noch rechtzeitig ab. Crowford hatte recht, es wäre nur verdächtig, wenn er aus der Richtung des Friedhofes kommen würde. Vor allem um diese gottlose Zeit und in seinem jetzigen, mit Erde verschmierten Zustand. So schlich er durch die hinteren Gassen. Entlang schmaler, ausgetretener und teilweise von wildem Gras überwucherter Trampelpfade. Hinter dem Gebäude des Skirrid Inn, in dessen Hinterhof, griff Ben hastig in ein Wasserfass. Es war gefüllt mit Regenwasser, doch es musste für den Augenblick genügen. Er schaufelte sich etwas des kalten Wassers ins Gesicht, um Dreck und Schmutz fortzuwaschen. Fahrig klopfte er Erde und Blätter von seinem Mantel, strich sich einmal durch das Haar und griff danach nach dem Türgriff des Hintereinganges.

Bens Herz klopfte wie ein Gast in seiner Brust, der Einlass in das Gebäude verlangte. Doch dann blockierte der Riegel. Die Tür war verschlossen. Ben stieß einen leisen Fluch aus, doch es half nichts. Stimmengewirr hallte durch die Seitengasse zu ihm und vorsichtig schlich er sich an die Hausecke, um hindurch zu spähen.

Ein paar Leute hatten sich auf dem Marktplatz versammelt. Er sah Fackeln und Laternen, Kerzen hinter schützenden Händen, Menschen in Nachtkleidung und übergeworfenen Mänteln. Ein Durcheinander, das er ausnutzte. Schnell schlüpfte er durch die dunkle Gasse und von dort hinter ein paar heraneilende Männer in das Gewirr der Menschentraube, sodass hoffentlich niemand bemerkte, als er sich dazu mischte. In den Häusern leuchteten immer mehr Lichter auf. Aus einem der Fenster sah müde blinzelnd eine Frau hinaus.

Eine größere Menschentraube hatte sich neben dem Brunnen gebildet. Auch Elly stand mit vor der Brust zusammengefasstem Stricktuch in Pantoffeln dort und Baltimore bildete das Zentrum des Auflaufs. Eine Frau zerrte an seinem Mantel und beruhigend legte er die Hände auf ihre Schultern.
»Bitte, beruhige dich«, flehte Baltimore eindringlich, doch die Frau schien vollkommen außer sich.

»Steht nicht herum!«, schrie sie aufgebracht. Ihre Schultern zitterten und Tränen verschmierten ihr Gesicht. Ihre Augen waren weit aufgerissen und an ihrem Hals pochte der rasende Puls.

Männer warfen sich angespannte Blicke zu, Laternen baumelten und ließen mit dem unruhig flackernden Lichtschein die Szene noch aufgewühlter wirken. Ein paar eilten mit Gewehren, sogar Mistgabeln heran, brachten Mäntel und weitere Lichter. Neben einem der Männer bellte aufgeregt ein Hund, der an einer straffen Leine gehalten werden musste.

»Was ist passiert?« Ben ließ den Blick schweifen. Was er sah, waren Unruhe, Furcht und Gesichter, die davon zeugten, dass die Menschen mit dem, was geschehen war, nicht umzugehen wussten. Er hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache.

Baltimores Augen hafteten sich an den Doktor. »Ein Wolf hat angegriffen«, begann er knapp, doch seine Worte klangen seltsam rau und ungeschliffen. Dass mehr dahintersteckte, wusste Benjamin sofort.

»Es war kein Wolf! Es war eine Bestie!« Die Finger der bleichen Dame wühlten erneut in den Mantel des Constable. »Er war gewaltig, Henry!« Ihre Stimme zitterte, so wie ihr ganzer Körper, doch gewiss nicht von der Kälte. Einer der Männer legte ihr fürsorglich einen Mantel über die Schultern und Baltimore griff nach den verkrampften Händen an seinem Revers. »Bitte, Sophie, beruhige dich«, meinte er betont, doch vergeblich. Es waren schale Worte.

»Ich mich beruhigen?« Es fachte das Feuer ihres verzweifelten Zorns an und ihre Stimme überschlug sich. »Steht hier nicht herum! Dieses Biest jagt meine Tochter!«, stieß sie aus und zog umso fester an dem Büttel.

»Das tun wir doch Sophie! James und Lyle holen ihre Gewehre, dann nehmen wir sofort die Verfolgung auf«, versuchte dieser die aufgewühlte Mutter zu beschwichtigen, aus deren Kehle ein Schluchzen in die Nachtluft drang. »Es hat sie geholt... es hat sie einfach aus unserem Haus gerissen!«

Benjamins Blick glitt von den Menschen ab, hin zu Baltimore. Die Frau war außer sich und vollkommen durch den Wind. Der Constable selbst schien ebenso überfordert mit der Situation und Benjamin verstand ihn. Keiner konnte so recht fassen, was vor sich ging. Ein älterer Mann mit grauen Schläfen erzählte es Ben in gesenktem Tonfall: Ein großer Wolf hätte die hintere Tür des Hauses aufgebrochen und das Mädchen hinausgezerrt. Ihre Mutter war wohl als Erste unten und schlug aus blanker Panik mit einer Eisenpfanne auf das Monstrum ein. In ihrer Verzweiflung schien das junge Mädchen in die Nacht geflohen zu sein und der Wolf setzte ihr nach. Er trieb sie fort vom Dorf in den Nebel und in Richtung Wald. Die Mutter behauptete, es sei eine Bestie gewesen. So groß, dass sie kaum durch die Tür gepasst hätte, mit glühenden, gelben Augen. Was davon Wahrheit und was Hirngespinst vom Schock gewesen war, war schwer zu sagen. Doch ihre Tochter war fort. Ihr Schluchzen war herzzerreißend und obwohl ihr Gatte sichtlich versuchte, ihr eine Stütze zu sein, war auch sein Gesicht sorgenvoll und bleich.

»Haben Sie eine Waffe?«

»Verzeihung?« Ben drehte den Kopf zu Henry Baltimore, der an ihn herangetreten war. Dieser blickte zu ihm und der Sucher benötigte einen Moment, bis er den Faden des Gespräches wieder aufnahm. »Ja, ich bin bewaffnet. Ich besitze zwei Revolver«, antwortete er wahrheitsgemäß.

Ben fragte sich, ob Crowford eine Waffe bei sich trug. Er wirkte nicht wie der Typ dafür und das bereitete ihm ein wenig Sorge. Er wusste nicht, wo der andere Sucher war, was er tat oder vorhatte. Geschweige denn, ob er sich verteidigen konnte. Würde man später auch Crowfords Leiche finden? Der Gedanke setzte ihm einen groben Klumpen in den Magen. Bisher schien in diesem sorgen-beschwerten Durcheinander zumindest niemandem Kyles Abwesenheit aufzufallen.

Baltimore nickte zufrieden. »Sehr gut. Wenn wir gleich einem Wolf im Wald nachsetzen, der ein Mädchen aus ihrem Heim gezerrt hat, will ich, dass jeder eine Waffe bei sich hat.« In diesem Moment kamen endlich auch die sehnsüchtig erwarteten Männer zurück. Sie brachten über der Schulter an Lederriemen noch weitere Gewehre mit sich.

Eilig stapften die Männer in Richtung Wald. Der dichte Forst in der Ferne erhob sich hinter den wabernden Schwaden wie eine pechschwarze Mauer. Der Herbstdunst lag über Wiesen und Feldern, dicht wie eine undurchsichtige Suppe und machte die Sicht schwer. Besonders in der Nacht und mit Nebel waren Sumpf und Felder gefährlich, denn man stolperte schnell über verborgene Löcher oder blieb im nahen Moor stecken. Doch die Männer wussten zum Glück, welche Pfade es zu nutzen galt.

Die Fährtensucher fanden zum Glück rasch die Spur, welche von einem der Häuser am Rande des Dorfes, zwischen hohem Gras, in Richtung des Waldes führte. Lange Halme waren hier zur Seite gebogen und zogen eine Schneise durch Nebel und Grün. Benjamins Blick glitt von den feuchten Halmen und dem Nebel ab, hinauf zum Himmel. Rund und voll stand der Mond dort, umarmt von silberweißem Licht.

»Das kann kein Zufall sein«, murmelte er leise zu sich selbst, während sie die Schritte eilends voran setzten. Ein Toter war aus seinem Grab verschwunden und Ben dachte an all die toten Tiere, die sie gefunden hatten. Die Erinnerung an das Klackern und Rasseln der Knochen, die Kyle geworfen hatte, trieb seinen Herzschlag schneller an. Ben spannte seine Finger fester um den Knauf seines Revolvers.

Wo die Spur auf den Torffeldern im hohen Gras eindeutig gewesen war, wurde es in der umschlingenden Finsternis des Waldes sofort schwerer. Sie folgten einer Fährte aus geknickten Ästen und Blut. Einer der Männer fand es verschmiert an Blattwerk und im Laub. Die Stimmung war zum Zerreißen gespannt. Unter den Wipfeln der Tannen verschlang der Wald das Mondlicht fast gänzlich. Nur unter den Laubbäumen, die im Herbst ihr Gewand abwarfen, schafften es hellere Flecken auf den Grund. Die schwankenden Laternen ließen Schatten finsterer werden und erzeugten fliehende Phantome im Augenwinkel. Jedes Knacken und Rascheln war alarmierend. Doch zugleich knisterten und knackten unter ihren eigenen Schritten Blattwerk und Geäst. Immer wieder huschten Blicke umher, Laternen hoben oder senkten sich. Kaum jemand wagte zu sprechen, zu angespannt waren sie alle. Niemand sprach es aus, doch die Chance, das Mädchen lebend zu finden, schwand mit jeder Sekunde. Dennoch lauschten sie alle in die Dunkelheit in der Hoffnung, etwas zu hören.

»Warum entführt ein Wolf ein Mädchen aus ihrem Haus?!«, raunte einer der anderen Männer seinem Kumpel zu. Ben hingegen glaubte die Antwort bereits zu kennen: Hier ging es nicht mit rechten Dingen zu. Obwohl er sich damit sicher war und diese Gewissheit fahl auf der Zunge schmeckte, konnte er es jedoch zwischen diesen Männern nicht aussprechen. Es war besser, wenn all diese Schafe weiter in Unwissenheit blieben, wie viele dieser Wölfe dort draußen wirklich ihr Unwesen trieben. Statt darauf einzugehen, zischte er den Männern daher zu und legte den Finger an die Lippen. »Leise! Sonst hören wir sie vielleicht nicht.« raunte er. Tatsächlich wollte er nur weitere Panikmache unterbinden. Ben blieb wachsam und angespannt, sein Blick fuhr immer wieder konzentriert in das Dunkel.

Eine Weile stapften sie in den Wald. Doch schließlich mussten sie innehalten und sich kurze Zeit später eingestehen, dass sie die Spur verloren hatten. Hier, wo weniger Buschwerk stand, sondern sich nur Bäume, Wurzelwerk und bewachsene Moosflächen aneinanderreihten, fanden sie keine abgeknickten Zweige oder gedrückten Gräser. Im zahlreichen Laub und Unterholz verlor sich jede Fährte. Der Hund des Jägers winselte nur noch und hielt sich nahe bei seinem Herrn.

»Das hat keinen Wert. Wir teilen uns hier auf«, verkündete dann mit einem Mal einer der Fährtensucher und Baltimore unterstützte die Entscheidung. Ben war alles andere als wohl bei dem Gedanken, in einem Sumpfgebiet, mitten in der Nacht und unter den gegebenen Umständen, die Gruppe aufzuteilen. Allgemein hatte Benjamin aktuell kein gutes Gefühl bei allem, was sie hier taten.

Zögerlich fächerten sich die Männer ein Stück auseinander und suchten die Umgebung ab. Jetzt riefen Vereinzelte des Suchtrupps auch nach dem Mädchen namens Sandra. Sie hielten nach Hinweisen Ausschau, doch Nebel und Dunkelheit machten es schwer. Die grauen Schwaden waberten über den Waldboden. Manchmal erhob sich ein von Farnen oder Moos überwachsener Baumstamm, ein kleiner Hügel oder ein Busch aus seinem Schleier. Ben suchte nach Anzeichen, dass dieser Wolf oder das Mädchen hier durchgekommen sein konnten. Geknickte Äste, platt-getretene Stellen von Gras, aufgewühltes Laub – vielleicht sogar Blut.

Bald schon wurde es schwieriger, die anderen im Blick zu behalten. Entfernt schwankte ein Licht, dann schritt Benjamin um einen größeren Felsen, der aus dem Laub herausragte. Dahinter fiel das Gelände etwas ab und tiefe Risse durchfurchten die Erde. Manche der Spalten waren gefüllt mit Laub, in anderen stand das Wasser wie schwarze Tinte. Ben hob die Laterne, deren Schein sich in wallenden Nebel und in finstere Ecken tastete und doch nicht mehr preisgeben wollte. Knorrige Bäume, verwachsen mit Moosen, versperrten weite Sicht. Benjamin wandte sich zur Seite. Doch in diesem Moment war das Licht der anderen bereits verschwunden.

Mist. »Baltimore!«, rief er, denn es war der einzige Name, den er kannte. »Hallo? Henry?« Seine Stimme hallte in das Dunkel. Vermutlich wurde sein Rufen schnell von den Reihen dichter Stämme verschluckt. Irgendwo entfernt glaubte er, ein Rascheln zu hören und stapfte darauf zu. Doch nachdem er nach Minuten nichts und niemanden fand und auch keine Seele antwortete, musste er sich den bitteren Fakt eingestehen: Er hatte sich verirrt und die anderen verloren.

Ben stieß einen unterdrückten Fluch aus. Seine Hose war genauso klamm wie seine Schuhe. Inzwischen wäre niemandem die Erde auf ihm noch aufgefallen. Auf dem Boden zeichnete das Mondlicht fleckige Bilder aus silberweißen Tupfen. Es roch nach Moos und Harz, der schwere Geruch von Gräsern und Sumpf.

Plötzlich stach ihm etwas ins Auge. Zwischen all dem Dunkel, ein Lichtschimmer. Vielleicht eine Laterne, denn es flackerte und wand sich. Als kämpfte es mit Wind, doch Ben spürte keine Brise. Nur den klammen Atem des Nebels.

»Hallo!«, rief Ben in die Dunkelheit des Waldes. Er kniff die Augen zusammen, hob die Laterne etwas höher und hielt den Griff des Revolvers fest umschlungen. Die Flamme tänzelte unruhig beim moos-bewuchertem Astwerk eines umgestürzten Baumstamms. Die Wurzeln waren aus dem Erdreich gerissen und reckten sich wie erstarrte Tentakel mattem Mondlicht entgegen, das durch die Baumkronen fiel.

Bens Herz schlug bis zum Hals. Eine schattige Silhouette, dann zwei glimmende Flecken von Augen, die ihm das Blut in den Adern gefrieren ließen. Sein Herzschlag stolperte, Ben erstarrte und sein Körper wurde so steif, dass es schmerzte. Dann war es plötzlich weg. Einfach so, als wäre es nicht mehr als eine Spiegelung im Licht gewesen! Ben verharrte noch einen Moment, dann setzte er sich wieder in Bewegung. Mit pochendem Herzen drückte er sich nahe an einen Baum, dann an den nächsten und näherte sich so Stück für Stück der Stelle. Seine Augen suchten nach der unheimlichen Gestalt im Nebel. Der Rhythmus in seiner Brust eilte, doch Ben atmete stetig und gleichmäßig. Er kannte diese Hatz aus dem Krieg, doch es war wichtig, ruhig zu bleiben. Zu gerne hätte er jetzt einen Schluck getrunken, doch er wollte weder Licht noch Waffe aus der Hand geben.

Seine Finger waren kälter geworden, als er sich mit dem Rücken an den nächsten Baum presste. Etwas mehr Licht drang durch die Wipfel und Ben wagte es, kurz aufzublicken. Astwerk war gebrochen, nach unten gebogen und Blätter an dieser Stelle ausgedünnt. In der endlosen Ferne sah er den Mond am Firmament. Sonst nichts.

Plötzlich erklang ein flaches, heiseres Stöhnen. Ben presste sich fester an den Baum. Die Rinde war kalt und rau. Jeder Muskel seines Körpers stand unter Anspannung. Ebenso angestrengt hielt er den Atem an und schlich geduckt an die knorrigen Wurzeln. Blätterrascheln verriet ihn jedoch, ein kleiner Ast knackte und am liebsten hätte er geflucht. Er atmete tief ein, bis die Knöpfe seines Mantels spannten. Dann sprang er um den umgefallenen Baum, die Waffe im Anschlag. Die Laterne wankte, das Licht daraus ließ Schatten aufgeregt um ihn tanzen. Ben riss die Augen auf und kurz wurde ihm übel.

Dort im Laub, zwischen Dreck und mit Blattwerk im zerzausten Haar, lag Crowford. Er war bleich wie der Tod, Schweiß glänzte im matten Licht seiner Laterne. Er hing an den Stamm gestützt auf der aufgehäuften Erde wie eine weggeworfene Marionette, deren Fäden achtlos durchtrennt worden waren. Ein Arm lag einfach regungslos neben ihm, der andere presste die Hand auf seine Brust. Sein Atem ging schwer und stoßweise.

»Kyle?« Ben wollte seinen Augen einen Moment nicht trauen. Dann riss er selbige auf und eilte auf den anderen Sucher zu. Etwas hatte seine Lippen und sein Kinn verschmiert, im wenigen Licht bemerkte Ben erst jetzt die dunklen Flecken, die seine Brust besprenkelt hatten. Sie schwärzten wie gesprenkelte Tinte die sonst so penibel gepflegte Kleidung. Blut. Der Doktor stellte die Lampe ab, sein Blick glitt erneut umher, dann tasteten seine kühlen Finger nach dem Hals des Suchers und dessen Puls.

»Bitte«, murmelte er. »Bitte sei nicht tot...«


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